"Pate der Verlorenen" von Dirk Ganser

  • Pate der Verlorenen
    Ein Roman von Dirk Ganser


    Taschenbuch: 320 Seiten
    Verlag: Begedia Verlag (27. April 2012)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3981394658
    ISBN-13: 978-3981394658


    Über den Autor
    Dirk Ganser wurde 1967 in Köln geboren, wo er auch heute noch mit seiner Frau lebt und arbeitet.
    http://dirkganser.wordpress.com/
    (Quelle: amazon.de)


    Inhalt
    Eigentlich wollte Phelan Delft mit den Geschäften seines Vaters nichts zu tun haben. Als er jedoch bei einem Kartenspiel die experimentelle Explorerkogge "Mutters Stolz" gewinnt, deren Mannschaft nur aus Neurosklaven besteht, die zudem an den aufmüpfigen Bordcomputer "Mutter" gebunden sind, wird Phelan mehr und mehr in eine Intrige verstrickt, die nicht nur die Unione Omertá oder seinen Vater Don Carmine betrifft. Eine Organisation namens Spartakus plant schon seit Generationen einen Putsch gegen die Hanse und einen offenen Krieg gegen die Freien Republiken der Milchstraße. Die Unione stellt dabei eine nicht zu unterschätzende Macht im Hintergrund dar. Phelan ist der Schlüssel, um diese Macht zu brechen und zugleich Spartakus den Weg an die Macht über die Hanse zu ebnen. Um den Namen seines Vaters reinzuwaschen und seine restliche Familie zu schützen, muss Phelan Delft einen Weg einschlagen, den er immer vermeiden wollte.
    Er wird der Pate der Verlorenen.
    (Quelle: http://verlag.begedia.de/news.php)


    Rezension
    Das mir vorliegende Taschenbuch macht einen sauber verarbeiteten Eindruck. Auch nach dem Lesen blieben keine übermäßigen Gebrauchsspuren wie Knicke auf dem Einband zurück. Das Layout ist angenehm zu lesen, jedoch scheint es an einigen Stellen kleine Verrutscher gegeben zu haben.
    Vernachlässigbare Kleinigkeiten, wenn ich im Vergleich hierzu Layout und Rechtschreibung einiger Bücher aus großen Verlagen zum Vergleich heranziehe.
    Dennoch sollte hier in Zukunft intensiver geprüft werden, damit der gute, erste Eindruck nicht geschmälert wird.


    Die Geschichte beginnt recht humorvoll, überschreitet aber auch im Verlauf der Geschehnisse nie die Grenze zum Klamauk. Dieser Humor, der sich oft in den Dialogen zeigt, nimmt dann auch viel von der dunklen Stimmung, die sich teilweise doch breitmacht.
    Die Figuren sind nur kurz umrissen, ihre Tiefe wird in erster Linie durch ihre Interaktionen und Handlungen ersichtlich. Ihre Beweggründe werden ebenfalls nur grob umrissen, was als Leser einerseits ein wenig herausfordert, andererseits aber auch eine angenehme Abwechslung zu so manch anderer hochnotpeinlicher Nabelbeschau ist, die andere Autoren ihren Figuren zugestehen.
    Die Technik, die in vielen Science-Fiction Romanen im Vordergrund steht, bleibt hier dankenswerterweise im Hintergrund. Dennoch wirkt sie teilweise archaisch, was sich auch in der eher maritim anmutenden Art und Weise manifestiert, mit denen die Raumschiffe (hier Koggen) beschrieben und betrieben werden. Reizvoll ist es, vor allem bei der einzigen Raumschlacht in diesem Buch, aber man muss sich darauf einlassen.
    Die Sprache von Dirk Ganser wirkt natürlich, ohne aufgesetzt zu wirken. Ich hatte eher das Gefühl einem Erzähler zu lauschen, als ein Buch zu lesen. Es gibt zwar noch Ecken und Kanten, die vielleicht geschliffen werden sollten, aber für ein Debüt ist der Stil wirklich gut gelungen.


    Die Geschichte ist allerdings nicht so richtig Fleisch und auch nicht richtig Fisch.
    Für eine waschechte Space Opera bietet sie zu wenig Oper, für Military Science-Fiction zu wenig Military. Dennoch funktioniert dieser Roman auf eine merkwürdige Weise, die ich nicht so recht in Worte fassen kann. In allererster Linie mag das an den Hauptfiguren liegen, zu denen auch ein aufmüpfiger Bordcomputer gehört, dessen Sprüche mir so manches Schmunzeln entlockten.
    Aber auch die Helden, die zwar gut, aber nicht strahlend sind, ebenso wie der große Antagonist, der auf seine Weise ebenfalls nachvollziehbar in seinen Plänen bleibt.


    Schwer tue ich mir allerdings mit einer abschließenden Bewertung, wie man schon an der Länge dieser Rezension erkennen mag.
    Der Roman wirkt ein wenig wie ein Autorenfilm, der auf einer Veranstaltung für Actionfilme vorgestellt wird. Er weiß zu überzeugen, aber es ist fraglich, ob er wirklich das gewünschte Publikum erreicht.
    Auch glaube ich, dass gerade die bekannten Bilder, die der Autor in einen neuen Kontext setzt, nicht jedermanns Sache sein könnten. Sie funktionieren nur dann, wenn man sich als Leser darauf vorbereitet, das Unerwartete zu erwarten. Das kann nach hinten losgehen, wenn dieser Roman auf eingefahrene Lesegewohnheiten und –wünsche trifft.
    Wie schon bei „Eobal“, von Dirk van den Boom, dass ebenfalls in einem Kleinverlag erschienen ist, und das ich bereits besprochen habe, bedient sich Dirk Ganser in „Pate der Verlorenen“ bekannter Bilder und Sujets, die jedoch immer nur wie nette kleine Verweise wirken, da die Geschichte einen vollkommen eigenen Verlauf nimmt. Diese Bilder kommen zum Teil aus so bekannten Filmen wie „2001, Odyssee im Weltraum“, „The Godfather I-III“ und auch einem guten Schuss „Star Wars“.
    Auch sind einige Perspektiv- und Szenenwechsel enthalten, die eher einem Film zustehen, als einem Buch.
    Gelungen sind sie, aber sie kommen unerwartet.


    In Schulnoten ausgedrückt:
    Aufmachung (Druck, Bindung, Cover) = 2
    Stil / Handwerk = 3
    Plot, Wendungen = 3
    Debütbonus = 2


    Im Wertungssystem des Forums würde stimme ich am ehesten mit 6-7 Punkten.
    Potenzial für eine Steigerung ist vorhanden. Und da der „Pate der Verlorenen“ ja der erste Band einer mehrbändigen Reihe ist (angedacht ist laut dem Autor eine Trilogie), hoffe ich, dass der Autor dieses Potenzial, dass seine Figuren auch ausnutzen wird.


    Nachtrag:
    Ich sehe gerade, dass nur die Vergabe von vollen Punkten vorgesehen ist.
    Daher vergebe ich 7 Punkte in der Hoffnung, dass der Autor das bereits erwähnte Potenzial seiner Figuren und der Welt, die er entwirft, in einem Folgeband auch ausnutzt.

  • Ein Nachtrag zu meiner Rezension


    Meiner obige Rezension bezieht sich auf die Taschenbuchausgabe des Buchs "Pate der Verlorenen" von Dirk Ganser.
    Vor einigen Tagen gab es diesen Roman als e-book im Rahmen einer Gratisaktion bei amazon. Die e-book Version enthält im Gegensatz zur Printfassung eine Bonusgeschichte, die ich hier ebenfalls für alle Interessierten besprechen möchte.


    "Der letzte Wellenläufer", von Dirk Ganser


    Inhalt und Rezension
    Auf einer Raumstation im terranischen System lebt Sal, der letzte der Wellenläufer. Die Wellenläufer bildeten bis zur Erfindung der Hyperpulstechnik eine Art Pony-Express. Der Autor postuliert hierfür, wie auch in seinem eigentlichen Roman, eine Gravitationskraft, die wie Ebbe und Flut die Milchstraße durchströmt. Dadurch bekommt nicht nur der eigentliche Roman etwas maritimes, diese Theorie bestimmte auch lange Zeit das Leben Sal's, der auf einem speziellen Board diese Wellen "abritt", um Botschaften weiterzugeben.


    Sal ist eine künstliche Züchtung. Äußerlich Mensch, aber durch genetische Manipulation auf diesen Daseinszweck ausgerichtet. Er teilt sein Leben (und seinen Frust) mit dem Bordcomputer Hanc. Die humorvollen Dialoge zwischen den beiden sind so ausgelegt, dass der Computer eine nahezu eingenständige Person darstellt. Es menschelt zwischen den beiden, wie zwischen einem alten Ehepaar.
    Dies, und die Beschreibung seines Kamerauages, erinnerten mich stark an den Film "2001, Odysee im Weltraum", was aber keinsewegs ärgerlich war. Im Gegenteil, die Situation und die Handlung bekommen dadurch ein ganz eigenes Gesicht.


    In dem Roman von Dirk Ganser werden, wie in der Science Fiction üblich, viele neue Techniken eingeführt. In der Kurzgeschichte "Der letzte Wellenläufer" geht er aber auch darauf ein, was diese technische Entwicklung für den Einzelnen bedeuten kann.
    Die Kurzgeschichte ist humorvoll, aber zugleich auch melancholisch.
    Das Ende ist perfekt, ohne dabei in Melodramatik abzugleiten.


    Ich vermute, mit dieser Kurzgeschichte sollten verschiedene Techniken des Universums, das der Autor hier entwirft, gezeigt werden.
    Das ist auf unterhaltsame Weise gelungen, wobei ich allerdings die Entscheidung nicht nachvollziehen kann, diese Kurzgeschichte nicht ebenfalls in die Printfassung aufzunehmen.


    Mein Fazit:
    Es lohnt sich also wirklich, sofern man Besitzer eines Readers ist, diesen Roman doch in der e-book Version zu kaufen, da die Kurzgeschichte einen lohnenden Abschluss des Romans bildet.


    Nachtrag:
    Ich sehe gerade, dass ich die Kurzgeschichte nicht alleine bewerten kann.
    Daher auf diesem Weg:
    9* für "Der letzte Wellenläufer"