Club der Gaunerinnen - Olivia Goldsmith

  • Hin und wieder begebe ich mich in das weite Meer der Frauen - Unterhaltungsromane. Schließlich bin ich eine Frau und will auch mal unterhalten werden. Aus der längst unübersichtlich gewordenen Flut fischte ich das dicke Buch einer US-Amerikanischen Autorin heraus. Eine Spezialistin hochwitziger Rache-Romane versprach die Werbeabteilung des Verlags. Spaß. Darauf war ich auch aus.
    Die Geschichte läßt sich gut an. Jennifer Spencer, die Heldin, ist eine junge Börsenmaklerin, die es geschafft hat. Angesehene Firma direkt in der Wall Street, angesehener Anwalt als Verlobten, einen dicken Klunker am Finger und im Kleiderschrank bloß Stylishes, Prada aufwärts. In ihren unschuldigen Augen glitzert das Dollarzeichen wie bei Onkel Dagobert. Im Unterschied zu dem gewieften Enterich aber ist die Geldgier Jennifers Stolperfalle. Sie läßt sich nicht nur überreden, bei einem Börsenschwindel des Firmenbosses mitzumachen, nein, sie stellt sich auch noch als Sündenbock zu Verfügung. Ihr wird nichts passieren, versichern ihr die Männer väterlich. So einen kleinen Deal, gerade bevor die Börse öffnet, machen doch alle und selbst wenn es zur Verurteilung kommt, ist ein Knast heutzutage der reine Country Club. Der Aufenthalt dort wird ohnehin höchstens ein paar Wochen dauern.
    Die Richter sehen das anders und das US-Strafsystem auch. Jennifer bekommt fünf Jahre. Nicht im Country Club.
    Der erste Teil des Buchs ist die sehr intensiv geschriebene Geschichte der brutalen Desillusionierung einer jungen Aufsteigerin und zugleich eine überzeugende Darstellung der ganz normalen Verhältnisse in einer Anstalt für weibliche Strafgefangene in den USA.
    Was jedoch in Teil zwei und drei folgt, war anders als erwartet. Jennifer gewinnt Freundinnen im Knast. Das eigentlich Gefährliche aber ist, daß eine Privatfirma das Gefängnis erwerben und in einen Billig-Lohn-Sklavenfabrik umwandeln will. Auch das durchaus noch realistisch.
    Wie von da an mit dem Thema umgegangen wird, ist offenbar auch realistisch, nämlich Buchmarktgesetzen unterworfen. Die Frauen wachsen über sich selbst hinaus. Gemeinsam werden sie nicht nur immer schöner und besser gekleidet, sie werden auch moralisch besser. Selbst die Erzfeindin, eine genial gezeichnete Bitch, tut im Grunde alles nur für Jennifer. Durch Tricks gelingt es ihnen, das Gefängnis selber zu kaufen und, mit der erneut börsenmakelnden Jennifer von der Zelle aus zu einem Geschäftserfolg zu vermarkten. Die bösen Männer vom Anfang bekommen ihre gebührende Strafe (Geldentzug), Jennifer einen neuen Mann und die Leserin eine glanzvolle Hochzeit. Im Knast, versteht sich. Das Muster der Gitterstäbe gibt dem Modellkleid der Braut doch erst den richtigen Touch. Und selbst ein 'lebenslänglich' einer der Freundinnen, (durch eine Rechtsprechung, die Frauen immer noch härter bestraft als Männer, was im Buch auch deutlich gemacht wird), verliert seine Schrecken, wenn die Söhne der Betreffenden, - Millionäre, klar doch - , regelmäßig die Zutaten zu einem ordentlichen Martini in den Knast schmuggeln, damit man damenhafte Cocktailparties abhalten kann.
    Die Botschaft des Buchs ist eindeutig: macht Geld, Mädels, das könnt ihr nämlich noch besser als die Macker. Geht an die Börse, erobert Wall Street und die Welt wird schöner. Weibliches Geld regiert die Welt noch besser.
    Warum macht eine Autorin so etwas? Das heuchlerische Ausnutzen echter Probleme für ein billiges, mieses Talmi-Märchen? Aus Geldgier? Sensationsgier, just-for-fun?
    Sie weiß genau, was sie tut. Sie hat, so lese ich im Nachwort, eingehende Studien betrieben und auch mit weiblichen Häftlingen gesprochen. In meiner US-Ausgabe hat das Ganze auch noch ein Nachwort über weiblichen Strafvollzug und die damit zusammenhängenden Probleme. Sie weiß genau, daß Wall Street und der US-Strafvollzug die zwei Seiten einer Medaille sind.
    Es ist lange her, daß ein Buch bei mir nicht nur einen schalen, sondern einen wirklich schlechten Geschmack im Mund hinterlasen hat.
    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich habe vor einigen Jahren "Rachegöttinnen" vom Club Bertelsmann geschenkt bekommen (bester Kunde der Filiale :-(). Ich fand es beim Lesen schon unmöglich und habe es, weil ich es einfach unzumutbar fand, in den Müll geworfen.

  • Zitat

    Original von Pelican
    Ich habe vor einigen Jahren "Rachegöttinnen" vom Club Bertelsmann geschenkt bekommen (bester Kunde der Filiale :-(). Ich fand es beim Lesen schon unmöglich und habe es, weil ich es einfach unzumutbar fand, in den Müll geworfen.


    Ich hab die Rachegöttinnen zwar gekauft, aber seitdem mache ich einen großen Bogen um diese Autorin.

  • Zitat

    Original von Eli


    [SIZE=7]auf meinem SUB[/SIZE] :cry



    Eli,
    der erste Teil ist tragbar und der Anhang über weibliche Strafgefangene in den USA sowieso. Du kannst den Mittelteil ja überschlagen....


    Oder rausschneiden und anderweitiug verwenden.
    Vielleicht hast Du ein Möbelstück, das wackelt oder Du brauchst saugstarkes Papier für nasse Schuhe oder nasse Säuglinge, Schnellverfahren-Kaffeefilter, Ersatz-Tempos, Konfetti für Sylvester oder....


    :wave


    magali, die Maggi-Fix-Frau der Ideen.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Es ist lange her, daß ein Buch bei mir nicht nur einen schalen, sondern einen wirklich schlechten Geschmack im Mund hinterlasen hat.


    Das klingt als wenn du das zu Ende gelesen hast. Wenn das so grottig war hätte ich das nicht beendet. :lache


    Also mit Frau Olivia Goldsmith habe ich genausowenig am Hut wie mit Frau Donna Leon. Irgendwie können die nicht bei mir landen. :grin

  • oemchenli,


    das war nur, weil ich meinen Augen kaum trauen konnte!
    Ich dachte auf jeder Seite:, nein, das kann doch nicht noch...?
    Und es kam.


    Ich war einfach neugierig, wie tief sie sinken würde. An einer Stelle verkaufen sie dann ausrangierte Knast-Overalls nach Frankreich als neue Mode.


    Du machst Dir keine Vorstellung!

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Eli


    [SIZE=7]auf meinem SUB[/SIZE] :cry


    Och, Eli.... weine nicht! *Taschentuch reich* Du hast bestimmt mal irgendwo einen wackelnden Tisch und kannst das Buch dann ganz dolle dazu nehmen!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)


  • Ich hätte das Buch doch für den nächsten Irland-Urlaub aufheben sollen. Da brauchen wir immer Papier zum Anfeuern...