Die Geliebte des Diktators - Lily Tuck

  • Eine Geschichte aus Paraguay

    Gebundene Ausgabe: 331 Seiten
    Verlag: Insel Verlag
    2006
    Originaltitel: The News from Paraguay
    Aus dem Englischen von Katharina Förs und Thomas Wollermann



    Kurzbeschreibung:
    »Eliza Alicia Lynch hatte Irland im Alter von zehn Jahren verlassen; mit fünfzehn heiratete sie einen französischen Offizier; mit neunzehn, geschieden und mit einem gutaussehenden, aber mittellosen russischen Grafen liiert, mußte sie noch einmal neu loslegen.« Paris, im Jahr 1854. Der Graf zieht in den Krimkrieg, und Ella lernt einen draufgängerischen jungen Südamerikaner kennen. Sie reist mit ihm in sein Land. Francisco, der seinen Vater, den steinreichen Diktator Paraguays, beerbt, macht Ella zu seiner offiziellen Mätresse. Sie wird die Mutter seiner Kinder. In Asunción beginnt ein Leben in Saus und Braus – gefährdet durch die Gewalten der subtropischen Natur, bedroht durch Intrigen und durch die Launen des kindlich-barbarischen Autokraten.


    Über die Autorin:
    Lily Tuck wurde 1938 als Tochter deutscher Emigranten in Paris geboren, verbrachte ihre Kindheit in Peru und Uruguay, ihre Jugend in Paris und Manhattan, wo sie bis heute lebt.
    1991 erschien ihr erster Roman Interviewing Matisse, weitere Romane folgten. Für The News from Paraguay erhielt sie den National Book Award.


    Mein Eindruck:
    Lily Tucks großer, preisgekrönter Roman erzählt auf verdichtete, dennoch gut lesbare Art, ein Stück Geschichte Paraguays. Ihre Hauptfiguren lebten wirklich: Francisco Solano López, Präsident und Diktator von 1862-1870 und seine irische Geliebte Ella Lynch, die obwohl Franco sie nicht heiratete, dennoch viel Einfluß nahm.


    Lily Tuck erzählt Ellas abwechslungsreiches Leben eindringlich und ausführlich. So zeigt sie, wie sie Franco in Frankreich kennen lernte und mit ihm nach Paraguay ging und ihm dort Kinder gebar.
    Lily Tuck schönt ihre Figuren nicht, zeigt sie aber lebendig und tatkräftig.
    Ob Francisco Solano Lopez Volksheld oder Kriegsverbrecher sei, ist umstritten. Passagenweise wirkt er charmant, dann wieder skrupellos und grausam.


    Lily Tuck nutzt verschiedene Erzähltechniken, darunter zum Beispiel Tagebucheintragungen und Briefe Ellas.
    Gut gefallen mir immer wieder kleine, originelle Ideen, z.B. als Ellas Zofe Marie, die sie nach Paraguay begleitete, bei einem Unfall starb, beschließt eine zweite Bedienstete Maries Leben fortzuerfinden, indem sie in deren Namen Briefe an Maries Schwester in England schreibt.


    Dann bricht Franco den Krieg gegen seine Nachbarländer los.
    Für Lily und ihre Kinder brechen harte Zeiten an, da sie vor der gegnerischen Übermacht ins Landesinnere durch den Dschungel fliehen müssen. In diesen Passagen beweist Lily Tuck wiederum sprachliche Brillanz.


    Ich ordne diesen Roman bei Historisch ein, er liest sich allerdings nicht genretypisch. Die detailreiche Erzählweise erinnert an anspruchsvolle Büchern, wie z.B. Mario Vargas Llosas „Das Paradies ist anderswo“ oder „Der Traum des Kelten“.


    Von mir erhält der Roman 8 Punkte.


    Noch ein Hinweis: Als Taschenbuch ist der Roman auch unter dem Titel "Die französische Geliebte" erschienen.