Die Passantin – Andrea Blanqué

  • Rotpunktverlag, 2005
    240 Seiten


    Originaltitel: La pasajera
    Aus dem Spanischen von Sybille Martin


    Kurzbeschreibung:
    Die Ich-Erzählerin ist eine Frau von 37 Jahren, alleinerziehende Mutter zweier Kinder, der Expartner lebt in Israel. Sie unterrichtet Geografie in einer Abendschule für Erwachsene. An den freien Tagen schreibt sie ihre Beobachtungen in eine Art intimes Tagebuch.
    Sie schreibt so, wie sie Jahre zuvor um die Welt gereist ist, als »klassische« Tramperin, unabhängig und allein, geleitet von dem, was ihr begegnet und widerfährt. Diese Weltreise war eine Schlüsselerfahrung, und sie nimmt darauf immer wieder Bezug: das Zufällig-an-einem-Ort-Sein, das Unterwegssein, das flüchtige Abenteuer, das Vorübergehen. Die Tagebuchschreiberin ist bemüht um Genauigkeit, Ehrlichkeit, Illusionslosigkeit – das Leben: »eine lange Reise, auf der man Station für Station registriert«.
    Trotz einer bemerkenswert distanzierten Erzählhaltung ist alles andere als ein kalter Text entstanden. Er berichtet von den Erlebnissen einer Mutter, einer Lehrerin, einer Tochter und Schwiegertochter. Keine Sensationen, der Alltag einer modernen berufstätigen Frau. Und doch: ein Text voller Spannungsbögen, der im Laufe der Lektüre einen enormen Zug entwickelt und die Lesenden nicht mehr loslässt.


    Die Übersetzung wurde unterstützt durch die Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika, www.litprom.de, in Zusammenarbeit mit der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia.


    2006 mit dem LiBeraturpreis für Autorinnen aus Afrika, Asien und Lateinamerika ausgezeichnet.


    Über die Autorin:
    Andrea Blanqué, geb. 1959 in Montevideo, in einer katalanischen Familie. Studierte Literatur und Philologie in Uruguay und Spanien. Sie schreibt regelmäßig für El País Cultural (Spanien), wo sie vor allem durch ihre Porträts von schreibenden Frauen bekannt geworden ist. Sie hat zahlreiche Gedichte und Erzählungen veröffentlicht. Für La pasajera (2003), ihren zweiten Roman, hat sie mehrere Literaturpreise in Uruguay und Argentinien erhalten. Sie lebt in Uruguay.


    Mein Eindruck:
    Die Passantin ist aus zwei Gründen ein ungewöhnlicher Roman. Zum einen durch den Schauplatz Uruguay. Bücher aus dieser Gegend werden selten ins Deutsche übersetzt. Zum anderen durch den Notizbuch-Stil der Erzählerin, der konsequent eingehalten wird und deswegen einen ganz subjektiven Eindruck wiedergibt. Die Protagonistin alleinerziehende Mutter zweier Kinder und Lehrerin. Sie führt ein Notizbuch ähnlich einem Tagebuch, das bildet den kompletten Text des Romans und so lernt man die Passantin und ihr bisheriges Leben ganz gut kennen.
    Einige Passagen erinnerten mich aufgrund des leicht poetischen Tons latent an die Bücher von Zaruya Shalev.
    Dazu passt auch, dass der Exmann der Passantin in Israel lebt und sich wünscht, dass seine Kinder ihn dort besuchen. Die Passantin gerät langsam in eine Lebenskrise als sie sich fast gegen ihren Willen zu einem ihrer Schüler hingezogen fühlt. Es ist ein junger Mann, der nach einem Unfall querschnittsgelähmt ist. Dann lernt sie seinen älteren Bruder kennen.
    Als sich auch noch eine Kollegin von ihr erhängt, beschließt sie sich für den Rest des Schuljahrs beurlauben zu lassen.


    Ich mochte an dem Roman, dass durch den gewählten Stil die Gedanken der Protagonistin schnell zwischen Vergangenheit und Gegenwart wechseln konnte, ohne dabei sprunghaft zu wirken. Sie stellt sich dabei sehr ehrlich dar. Das ganze ist nicht langweilig und gut zu lesen. Von mir bekommt der Roman sehr gute 8 Punkte!