Die menschliche Schwäche – Steven Bloom

  • Verlag: Wallstein
    192 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Ein rasantes Gesellschaftspanorama, das uns mit Witz und Tiefgründigkeit bei unseren eigenen Vorurteilen packt.


    »Moses steigt vom Berg herab und sagt: Ich hab eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist, ich hab Ihn auf zehn runtergehandelt. Die schlechte ist, Ehebruch ist noch dabei« diesen alten jüdischen Witz stellt Steven Bloom seinem Roman voran, und in der Tat dreht sich vieles in seinem Roman um eben diese menschliche Schwäche. Aber für alles ist sie nun auch wieder nicht verantwortlich zu machen, selbst wenn sie gar nicht die schlechteste Erklärung wäre für den Mord auf dem Schlossplatz in Heidelberg, der die Stadt in Aufregung versetzt. Der Tote ist Amerikaner. Jude! Jedenfalls sieht er so aus. Oder ist das schon ein antisemitisches Klischee? Nichts fürchten der Oberbürgermeister und der Tourismusverantwortliche der Stadt jedenfalls mehr als politische Verwicklungen und Reisestornierungen. Wilde Spekulationen schießen ins Kraut. Der Stadtrat gerät in höchste Aufregung, und umfassende Untersuchungen voller guter Vorsätze und Ränkespiele nehmen ihren Lauf, in denen unerwartete Geschehnisse, Hilflosigkeiten und Vorurteile von Bloom in einen irrwitzigen Wirbel gebracht werden, der sämtliche gerade Linien verwischt. Es entsteht eine groteske Szenerie, in der hinter einer korrekten politischen Kulisse die merkwürdigsten privaten Verwicklungen sichtbar werden.


    So viele Witze und Pointen wie Steven Bloom bringt kaum ein anderer Autor auf so wenig Platz unter. Und doch geht es dabei nicht nur lustig, ironisch und sarkastisch zu. Denn unter der so leicht erscheinenden Alltäglichkeit ist tiefe Trauer zu spüren.
    Rheinischer Merkur


    Über den Autor:
    Steven Bloom, geb. 1942 in Brooklyn, New York, als Sohn eines polnischen Juden; lebt in , Heidelberg. Er arbeitete als Rundfunkjournalist in den USA und seit vielen Jahren an der Heidelberger Universität als Dozent für amerikanische Landeskunde.


    Mein Eindruck:
    Zunächst war ich von diesem Buch nicht so begeistert wie von Steven Blooms ebenfalls im Wallstein-Verlag erschienener Roman „Stellt mir eine Frage“, jedoch mit der Zeit entwickelt „Die menschliche Schwäche“ auch seinen Reiz.


    Kennzeichnend sind kurze, rasend schnell erzählte, dialoglastige Kapitel mit einer Vielzahl von Figuren. Hier muss sich der Leser erst einmal durchfinden. Erstmals schreibt der New Yorker Steven Bloom über Heidelberg. Hier lebt der Autor seit vielen Jahren.


    In den Dialogen liegt die Stärke des Autors, hier entfaltet er seinen ihm eigenen, originellen Witz rund um das Thema jüdische Identität in der modernen Gesellschaft.
    Ausgangslage ist ein Mord an einem Amerikaner, vermutlich jüdischer Herkunft in Heidelberg. Ein Vorfall, der sich in die verschiedenen Bereiche der Stadt einschließlich der Politik auswirkt. Es ist mehr ein Gesellschaftsportrait als ein Krimi.


    Es gelingt Steven Bloom einige bemerkenswerte Figuren zu entwerfen. Besonders gefallen mir die resolute Linda, schlagfertig, selbstbewusst und wortgewand und Eisenberg, ein Professor. Aber auch negative Figuren, wie dem Republikaner Sigi Speiss oder dem mysteriösen Ari Reich sowie der halbverrückten Bruni verleiht er Profil.


    Steven Bloom verdichtet seinen Roman durch literarische Anspielungen auf jüdische Schriftsteller wie Philip Roth und Isaac Bashevis Singer.


    Am Schluß habe ich das Tempo und den Wortwitz des Romans richtig genossen. 9 Punkte!