Der 1. Teil der Mission Munroe-Reihe
Originaltitel: The Informationist (2011)
Goldmann Verlag 2012, 445 S.
Über den Inhalt:
Ich spüre deine Angst. Ich weiß, wenn du lügst. Ich kenne deine Schwächen, und ich werde sie nutzen. Ich bin ein Chamäleon. Und ein Jäger. Ich spreche zweiundzwanzig Sprachen. Meine Aufträge führen mich in die gefährlichsten Regionen dieser Welt. Man zahlt mir ein Vermögen, damit ich Informationen aufspüre und manchmal auch Menschen. Mehr als einmal habe ich getötet – ungewöhnlich für eine Tochter von Missionaren, ich weiß. Ich töte, um zu überleben. Doch nun bin ich selbst zur Gejagten geworden. Mein Name ist Vanessa Munroe. Und dies ist meine Geschichte.
Über die Autorin:
Ihre Kindheit war rastlos. Weil ihre Eltern Mitglieder des »Kinder Gottes«-Kults waren, wuchs Taylor Stevens an ständig wechselnden Orten auf der ganzen Welt auf – oft getrennt von ihrer Familie. Mit zwanzig gelang ihr der Ausbruch aus der Sekte. Heute lebt sie mit ihren zwei Kindern in Dallas und schreibt an der Fortsetzung ihrer international erfolgreichen Mission-Munroe-Serie.
Meine Meinung:
Eigentlich ist Vanessa „Michael“ Munroe darauf spezialisiert, Informationen zu beschaffen. Doch diesmal bittet sie der texanische Milliardär Richard Burbank, nach seiner seit vier Jahren in Afrika verschollenen Tochter Emily zu suchen. Begleitet von dem Söldner Miles Bradford reist Munroe dorthin. Neun Jahre sind vergangen, seit sie als 15-jährige Kamerun nach einem gewaltsamen Zwischenfall überstürzt verlassen hat. Während der gefährlichen Suche nach Emily bleibt es nicht aus, dass sie sich auch den Dämonen ihrer Vergangenheit stellen muss.
Ein großer Teil der Geschichte spielt an verschiedenen Orten in Zentralafrika. Stevens beschreibt diese Region lebendig und bildhaft und vermittelt dem Leser einen Eindruck von der Korruption, der Kriminalität und dem Mangel an grundlegenden Menschenrechten, die dort herrschen. Die politische Instabilität von Kamerun und Äquatorialguinea sowie der unberechenbare Charakter Vanessa Munroes sorgen hier für eine explosive Mischung. Wenn alles und jeder potentiell tödlich ist, kann der Leser nie sicher sein, wo die nächste Bedrohung herkommt.
Nach langsamem Beginn nimmt die Geschichte Fahrt auf. Taylor Stevens gelingt es, den Leser zu fesseln. Hohes Tempo, anhaltende Spannung, unerwartete Entwicklungen und Wendungen machen das Buch zu einem Page-Turner. Es gibt einige brutale und blutige Szenen, die aber nicht übermäßig ausgeschlachtet werden. Der Ausgang der Geschichte ließ sich zwar ab einem gewissen Punkt erahnen, letztendlich war die Auflösung dann aber doch überraschend und hat mir gut gefallen.
Wenn man so will, hat die Figur der Vanessa Munroe gewisse Ähnlichkeiten mit Stieg Larssons Lisbeth Salander. Aber seit der Millenium-Trilogie muss sich wohl jede starke Protagonistin irgendwo mit ihr messen lassen. Vanessa ist eine harte, spröde Frau, äußerlich wird sie als androgyn beschrieben, eine intelligente, gefährliche Einzelgängerin, kampferprobt, mit emotionalen und physischen Narben. Ihre Bereitschaft zu töten, auch ihre smarte, kalkulierte Art, an Dinge heranzugehen, lassen sie of männlich wirken und machen sie zu einer Protagonistin, die sicher nicht jedermanns Sache ist. Vieles an ihrem Verhalten lässt sich mit ihrer Vergangenheit erklären, die sie bis heute quält und der sie sich in Afrika stellen muss. Im Verlauf der Geschichte gelingt es der Autorin, auch ihre verletzliche Seite zu zeigen, was der Figur Sympathiepunkte einbringt. Im gesamten Buch ist Vanessa auf eine Weise präsent, dass man nicht anders kann als mit ihr mitzufühlen und sie letztendlich auch zu mögen.
Zum Glück versteht es die Autorin, auch den Nebenfiguren genug Persönlichkeit zu geben, dass sie nicht zu kompletten Stereotypen verkommen.
Auch wenn es zweifelhaft ist, dass solche Menschen tatsächlich existieren oder solche Situationen realistisch sind, Stevens gelingt mit ihrem Debüt ein ungewöhnlicher und aufregender Thriller, der meine Erwartungen mehr als erfüllt hat. Ich freue mich auf die Fortsetzung.
Ach ja: Teil 2 der Serie „The Innocent“ ist im Original bereits im Herbst 2011 erschienen.