Hier kann zum Vierten Akt geschrieben werden.
'Der Kaufmann von Venedig' - Vierter Akt
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Hallole!
Im 4ten Akt kommt es zur Gerichtsverhandlung.
Alle erwarten vom Juden, daß er Gnade walten läßt. Gnade, die sie nicht bereit sind, gegenüber jemandem Anderen zu geben. Wie Shylock sie zu Recht darauf hinweist, daß sie selber Sklaven halten, wie Vieh, die überhaupt keine Rechte haben. Oder, wie sich später herausstellt, Gnade, die sie Shylock nicht geben.
Nerissa kommt als Bote verkleidet, Porzia als Rechtsgelehrter.
Porzia spricht den Richterspruch, daß Shylock sich das Fleisch nehmen darf, aber nicht zuviel, nicht zuwenig und daß er vor allem kein Blut vergießen darf. Denn davon stehe im Vertrag nichts. Als Shylock dann zurückzieht und doch lieber das Geld haben möchte, wird ihm dieses verwehrt. Stattdessen machen die Oberen wieder das, was sie grundsätzlich tun, sich bereichern und andere ins Unglück stoßen. Gnade geben weder die Rechtsgelehrten, noch Antonio.Die Hälfte von Shylocks Geld geht an den christlichen Ehemann seiner Tochter, die andere Hälfte an Antonio. Der nicht mal ansatzweise auf die Idee kommt, das auszuschlagen. Dann muß Shylock auch noch getauft werden.
Toll, klasse, hervorragend!
*würg*Shakespeare zeigt hier ganz deutlich, mit welch zweierlei Maß gemessen wird.
Armer Shylock!Zum Schluß kommt noch eine Szene, die meiner Meinung nach komplett überflüssig ist. Nerissa und Porzia verlangen als Dank für den Rechtsbeistand die Ringe, die sie als Frauen ihren Ehemännern gegeben haben.
Na ja, es ist ja eine Kommödie und ohne Verwicklungen in der Liebesgeschichte geht gar nichts -
Ach ja, damit wird Shylocks komplette Existenz vernichtet.
Als Christ dürfte er ja auch was anderes machen, als nur Geldverleiher zu sein.
Aber er hat kein Geld mehr, kein Haus, nichts. Und von den Juden bekommt er keine Hilfe mehr, er ist ja zwangsgetauft worden. Und von den Christen bekommt er als ehemaliger Jude und Verlierer eines Prozesses auch keine Hilfe...Es bleibt ihm nur die Möglichkeit, die Stadt zu verlassen.
Zukünftiges Leben als Bettler, Dieb, oä.Sehr gnädig vom Dogen...
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Zitat
Original von HeikeArizona
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Die Hälfte von Shylocks Geld geht an den christlichen Ehemann seiner Tochter, die andere Hälfte an Antonio. Der nicht mal ansatzweise auf die Idee kommt, das auszuschlagen. Dann muß Shylock auch noch getauft werden.
Toll, klasse, hervorragend!
*würg*Shakespeare zeigt hier ganz deutlich, mit welch zweierlei Maß gemessen wird.
Armer Shylock!Dass der gesamte Prozess von der verkleideten Portia umgestürzt wurde, ging schnell und war schlecht nachzuvollziehen. Zum Schluss steht Shylock vor dem Ruin.
Ich habe immer noch auf irgendeine versteckte Kritik gewartet, etwas, was den Antisemitismusvorwurf zu diesem Stück entkräften könnte. Vergebens! Shakespeare war kein Politiker, kein Revolutionär. Er war ein Dichter, der Unmengen von Literatur runter schrieb, um überleben zu können, denn gut bezahlt wurde er wahrscheinlich nicht.ZitatZum Schluß kommt noch eine Szene, die meiner Meinung nach komplett überflüssig ist. Nerissa und Porzia verlangen als Dank für den Rechtsbeistand die Ringe, die sie als Frauen ihren Ehemännern gegeben haben.
Na ja, es ist ja eine Kommödie und ohne Verwicklungen in der Liebesgeschichte geht gar nichtsHier schließt Shakespeare fast hektisch den Kreis nach dem Motte: Ach ja, irgendwie muss es noch eine kleine Verwirrung unter die Paaren geben, damit auch die Damen zufrieden sind. Damit entsprach er wahrscheinlich den Erwartungen seines Publikums. Wir können das schwer nachvollziehen, denn unser Geschmack und unser Leben ist ganz anders, da hast du Recht.
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ich kann den Beitrag von HeikeArizona voll und ganz unterschreiben die Leute um Antonio beschuldigen Shylock als hartherzig, dabei lassen sie selbst keine Gnade walten.
Clare
ist denn das hierZitatOriginal von HeikeArizona
Shakespeare zeigt hier ganz deutlich, mit welch zweierlei Maß gemessen wird.
Armer Shylock!keine versteckte Kritik?
ich muss aber auch sagen, dass mich die antisemitischen Züge in diesem Stück sehr sehr nachdenklich stimmen und frage mich, inwieweit diese Kritik ausreichend ist gegenüber den antisemitischen Parolen und ob sie denn auf der Bühne im Spiel auch verdeutlicht werden konnte oder ob dann johlende Leute im Publikum Shylocks Untergang gefeiert haben
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Hallole!
Es ist schon ziemlich lange her, dürfte so 1988 gewesen sein.
Da habe ich dieses Stück in Ulm auf der Bühne gesehen. Modernisiert.Eigentlich bin ich überhaupt kein Freund von Modernisierungen, zumindest nicht bei klassischen Stücken.
Aber die Aufführung war gut.
Verlegt in die Jetztzeit, Shylock hieß Yilmaz (oder ähnlich) und war türkischer Händler...
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Zitat
Original von Mia08
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ich muss aber auch sagen, dass mich die antisemitischen Züge in diesem Stück sehr sehr nachdenklich stimmen und frage mich, inwieweit diese Kritik ausreichend ist gegenüber den antisemitischen Parolen und ob sie denn auf der Bühne im Spiel auch verdeutlicht werden konnte oder ob dann johlende Leute im Publikum Shylocks Untergang gefeiert habenIch denke auch, dass diese antisemitischen Elemente dem Zeitgeist entsprachen. Und das Publikum wird auch begeistert gewesen sein. Neid und Missgunst gab es schon immer. Hat man kein Geld, wird der, der clever sein Geld zusammenhält und vermehrt, argwöhnisch beäugt.
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Zitat
Original von HeikeArizona
Hallole!Es ist schon ziemlich lange her, dürfte so 1988 gewesen sein.
Da habe ich dieses Stück in Ulm auf der Bühne gesehen. Modernisiert.Eigentlich bin ich überhaupt kein Freund von Modernisierungen, zumindest nicht bei klassischen Stücken.
Aber die Aufführung war gut.
Verlegt in die Jetztzeit, Shylock hieß Yilmaz (oder ähnlich) und war türkischer Händler...
Das kann ich mir gut vorstellen. Die Problematik lässt sich von Juden- auf Fremdenfeindlichkeit übertragen und wahrscheinlich auf jede andere Feindlichkeit.
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Zitat
Original von Clare
Ich denke auch, dass diese antisemitischen Elemente dem Zeitgeist entsprachen. Und das Publikum wird auch begeistert gewesen sein. Neid und Missgunst gab es schon immer. Hat man kein Geld, wird der, der clever sein Geld zusammenhält und vermehrt, argwöhnisch beäugt.
Clare : So habe ich das Stück auch die ganze Zeit gelesen. Mir gefallen seine Aussagen nicht, aber zur damaligen Zeit hat es gepaßt.
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Es gibt einfach keine antisemitischem Aussagen in dem Stück. Im Gegenteil kommen eher die Christen schlecht weg. Ihr überbewertet aus deutscher näherer Vergangenheit die Rolle des Shylock als Jude (nicht bestritten, dass das gerade in der Zeit gerne so gesehen wurde) aber hier geht es um den Gegensatz Gnade, Recht und Sinn des Rechtes gegen Buchstabe des Rechtes und Shylock verfängst sich in seiner eigenen Argumentation, weil der die Buchstaben des Rechtes höher setzt als seinen Sinn. Dafür wird er bestraft. Kein Ton davon, dass die Strafe mit seinem Stand oder seiner Religion zu tun habe.
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Zitat
Original von beowulf
Es gibt einfach keine antisemitischem Aussagen in dem Stück. Im Gegenteil kommen eher die Christen schlecht weg. Ihr überbewertet aus deutscher näherer Vergangenheit die Rolle des Shylock als Jude (nicht bestritten, dass das gerade in der Zeit gerne so gesehen wurde) aber hier geht es um den Gegensatz Gnade, Recht und Sinn des Rechtes gegen Buchstabe des Rechtes und Shylock verfängst sich in seiner eigenen Argumentation, weil der die Buchstaben des Rechtes höher setzt als seinen Sinn. Dafür wird er bestraft. Kein Ton davon, dass die Strafe mit seinem Stand oder seiner Religion zu tun habe.Hm, darüber muss ich erstmal nachdenken. Da kann durchaus etwas dran sein
Wie allerdings die Christen schlecht wegkommen, sehe ich auf den ersten Blick nicht. Beispiel?
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Eines der wichtigsten Zitate aus dem Kaufmann ist nicht nur " Es ist nicht alles Gold was glänzt", sondern die Szene "Wenn ihr uns stecht- bluten wir nicht?"
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Zitat
Original von Clare
Hm, darüber muss ich erstmal nachdenken. Da kann durchaus etwas dran sein
Wie allerdings die Christen schlecht wegkommen, sehe ich auf den ersten Blick nicht. Beispiel?
Mich macht das auch nachdenklich. Danke für diesen Denkanstoß!
Eigentlich müßte man das Stück noch einmal lesen und dabei versuchen, den antisemitischen Aspekt außen vor zu lassen und sich auf das von dir, beowulf, Erwähnte zu konzentrieren.Clare, ich habe Shylocks Rede vor Gericht als Spiegel verstanden, der den Christen vorgehalten wird und dabei kommen sie wirklich nicht gut weg. Eigentlich wirken alle ziemlich oberflächlich, bis auf Portia und Shylock.
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Porzia ist hier die Retterin des Tages - wenngleich sie sich auch als Rechtsgelehrter ausgibt (Und alle sofort ihr Urteil annehmen!). Den Schiedsspruch fand ich sehr schön! Eine wirklich gute Idee - weil so kein Blut vergossen wird. Aber Shylock wird hier doch sehr übel mitgespielt - er verliert alles und bekommt noch nicht mal sein Geld zurück! Gnade hat er auch von keinem zu erwarten. Er ist jetzt mittellos - und eine Familie hat er auch nicht mehr!
Auf die "Ringgeschichte" hätte ich auch verzichten können - aber die mußte sicher für die Komödie herhalten.
Danke für den Denkanstoß beowulf. Unter diesem Aspekt hatte ich das Stück noch gar nicht gesehen...
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Die Ringgeschichte ist aber extrem wichtig- geht es doch hier auch um Eidbruch der zwei Herren, ganz leichtfertig gegenüber ihren Ehefrauen. Der Ring als Zeichen der Treue nach abgelegtem Schwur- den darf man(n) nicht so einfach hergeben.
Shylock hatte die Wahl- er hätte dreihundert Prozent seines Einsatzes bekommen und wollte nicht, so was nennt man Spekulationsrisiko.
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Ich fand die Ringgeschichte auch sehr wichtig.
Alles, was ich kritisieren wollte, war dass es zum Schluss dann mal wieder überstürzt und sehr schnell zugeht. Die Auflösung der Verkleidungsgeschichte und die Aufklärung der ungetreuen Ehemänner darüber, wer die Ringe hat, wurde so schnell zu Ende gebracht, dass man kaum folgen konnte. Schade.
Portias Leistung vor Gericht geht dadurch leider etwas unter. -
Den Eidbruch der Herren nehme ich nicht auf die "leichte" Schulter. Aber für mich wird diese Geschichte viel zu nebensächtlich abgehandelt. So nach dem Motto: es fehlt noch was für das Stück - ach, dann nehme ich halt die Sache mit den Ringen. Dadurch kommt die Auflösung der Verkleidung Porzias viel zu kurz und ihre Leistung als Rechtsgelehrter auch. Schade eigentlich - man hätte daraus mehr machen können...