Final Cut - Veit Etzold

  • Lübbe Audio 2012, 6 CDs, 449 Min.


    Über den Inhalt:
    Ein Killer, der wie ein Computervirus agiert: unsichtbar und allgegenwärtig. Er nennt sich Der Namenlose, und seine Taten versetzen ganz Berlin in Angst und Schrecken. Hauptkommissarin Clara Vidalis und ihr Team haben zwar schon viel erlebt, aber die Vorgehensweise dieses Verbrechers raubt selbst ihnen den Atem. Perfide und genial, lenkt er die Ermittler stets auf die falsche Fährte. Und erst allmählich begreift die Kommissarin, dass Der Namenlose sein grausames Spiel nicht mit der Polizei spielen will, sondern nur mit einem Menschen: mit ihr, Clara Vidalis. Während die Ermittler noch verzweifelt versuchen, die Identität des Killers aufzudecken, startet der Medienmogul Albert Torino eine neue Casting-Show. Und es gibt jemanden, der diese Show für seine eigenen, brutalen Zwecke nutzen wird: Der Namenlose.


    Über den Autor:
    Veit Etzold, geboren 1973 in Bremen, studierte Anglistik, Kunstgeschichte, Medienwissenschaften und General Management in Oldenburg, London und Barcelona. 2005 promovierte er zum Kinofilm „Matrix“. Während und nach seinem Studium arbeitete er für Medienkonzerne, Banken, in der Unternehmensberatung und in der Management-Ausbildung. Veit Etzold lebt in Berlin.


    Über die Sprecherin:
    Franziska Pigulla ist seit 1985 freiberuflich als Sprecherin und redaktionelle Mitarbeiterin für diverse Rundfunk- und TV-Sender, Filmproduktions- und Synchronfirmen aktiv. Ihre unverwechselbare Stimme ist durch zahlreiche Synchronisationen ausländischer Schauspielerinnen (Gillian Anderson, Demi Moore, Fanny Ardant, Lena Olin, Sharon Stone, Sean Young ...) bekannt. Seit 1998 hat sie einigen Hörbüchern ihren individuellen Charakter verliehen. Darunter "Nirgendwo in Afrika" von Stefanie Zweig.


    Meine Meinung:
    Ein Serienkiller, der sich selbst „Der Namenlose“ nennt, sucht sich seine Opfer online aus. Da kommt ihm die neue Internet-Casting-Show von Medienmogul Albert Torino sehr gelegen. Trotz intensiver Bemühungen bleiben die Ermittlungen des Teams um Hauptkommissarin Clara Vidalis erfolglos. Auf die Kommissarin aufmerksam geworden, nimmt der Täter Kontakt zu ihr auf.


    Veit Etzold hat an dem Sachbuch „Dem Tod auf der Spur: Dreizehn spektakuläre Fälle aus der Rechtsmedizin“ von Michael Tsokos mitgearbeitet. Seine gewonnenen Kenntnisse auf dem Gebiet der Forensik breitet er hier sehr ausführlich in vielen langen Sequenzen aus.


    Das Cover finde ich gelungen, die Kurzbeschreibung klingt interessant und vielversprechend und weckte meine Neugier. Doch schon nach der ersten CD machte sich Enttäuschung breit. Vor allem im ersten Drittel des Romans gibt es massenhaft widerwärtige Szenen. Ekelige Beschreibungen der Morde und Leichen wechseln sich mit der eintönigen Ermittlungsarbeit der Polizei und einer höchst obskuren Version von „Germanys Next Topmodel“ ab. Das wiederholt sich im Laufe der Handlung mehrfach, ellenlange, langweilige Ermittlungen, zwischendurch wieder Tote, Ekelszenen usw. Dadurch lässt sich kaum Spannung aufbauen oder Tempo erzeugen. Der moderne Täter benutzt das Internet, um an seine Opfer heranzukommen. Das ist ein aktuelles Thema, das sich gut in einen Thriller einbinden lässt. Hier wirkt die Geschichte recht realistisch, einer der wenigen Pluspunkte aus meiner Sicht.


    Am Ende kommt es, wie es kommen muss, das war vorhersehbar. Ärgerlich fand ich auch die Nachlese, die aus dem kleinen Psychologiehandbuch stammen könnte. Ich weiß nicht genau, warum ich dieses Hörbuch überhaupt zu Ende gehört habe. Vielleicht weil ich dachte, da muss doch noch was kommen. Nach Klappentext und Aufmachung hatte ich viel mehr erwartet. Das war leider nichts.

    Figuren, die einen normalen Eindruck machen, sind in diesem Roman eine seltene Ausnahme. Die meisten sind abartig, psychopathisch oder zumindest schwer traumatisiert. Die Personen bleiben blass und emotionslos, ohne Tiefe, eine Annäherung war mir nicht möglich. Hintergrund und Motiv des Serienkillers: nichts Neues. Nur ein weiterer Kandidat, der sich mit einem ermittelnden Kommissar messen will, das Thema ist nicht neu. Wenn Krimikommissare Bücher lesen würden, könnten sie so einiges lernen. Dass man nicht alleine in fremde Häuser geht zum Beispiel. Aber auch hier folgt die Handlung eisern bekannten Mustern und natürlich tappen die Ermittler in die immer gleichen Fallen.


    Ich kann nur sagen: Augen auf bei der Berufswahl! Wer will denn noch zur Kripo, wenn er da ständig in Lebensgefahr gerät? Langsam mache ich mir Sorgen um diesen Berufsstand. Wenn die Krimilandschaft auch nur halbwegs realistisch abbildet, dann gibt es so gut wie keinen gesunden Ermittler, der nicht mindestens ein Trauma mit sich herumschleppt. Als könnte man ansonsten diesen Job nicht ausüben.

    Franziska Pigulla gibt ihr Bestes und legt sich voll ins Zeug. Ihr Engagement, ihre perfekte Betonung sind wie immer ein Genuss. Das kann die Geschichte zwar nicht retten, macht sie aber hörbar. Anfang und Ende jeder CD wurden mit einer markigen Musikeinspielung unterlegt, die passend zum Inhalt gewählt wurde.


    Womöglich liegt es auch an der (unglücklich?) gekürzten Fassung, dass ich keinen besseren Eindruck von dem Roman gewinnen konnte. Bei Audible erscheint Ende Mai 2012 die komplette Fassung. Vielleicht mag die ja auch eine Eule rezensieren.

  • Vielen Dank für die tolle Rezi, JaneDoe. :wave


    Die Inhaltsangabe las sich super, Franziska Pigulla mag ich als Sprecherin sehr gerne und dachte, klasse passt- gekauft.


    Aber nach deiner Rezi überleg ich mir das nun doch noch mal sehr gut. Ich muss nicht von einer Ekelszene zur nächsten rasen.
    Nun ja, klingt nicht so nach dem was ich mir erhofft hatte.

    Es geht uns mit den Büchern wie mit den Menschen. Wir machen zwar viele Bekanntschaften, aber wenige erwählen wir zu unseren Freunden, unseren vertrauten Lebensgefährten.
    Ludwig Feuerbach (1804-1872)

  • Den Namen Veit Etzold hatte ich vorher noch nie gehört, aber ich lese gern neue Autoren und habe dadurch schon sehr viele tolle Bücher - in diesem Fall Hörbücher - kennengelernt. So auch in diesem Fall. Die Geschichte an sich ist nicht so wirklich spektakulär, aber die Sprecherin, deren glühende Verehrerin ich bin, hat einiges rausgerissen. Franziska Pigulla schafft es einfach, den Inhalt mitreißend zu erzählen.


    Zum Inhalt des Buches möchte ich eigentlich nicht allzuviel sagen, denn der Klappentext verrät schon sehr viel. Es geht um eine bestimmte Anzahl Menschen, die ermordet wurden, deren Ermordung aber nicht bemerkt wurde. Wie das geschehen kann? Der Namenlose hackt sich beispielsweise in den Facebook Account des Opfers ein und gaukelt allen vor, dass das Opfer im Ausland ist, die Telefonleitungen nicht stabil sind und daher telefonieren unmöglich ist. Aber Facebook Nachrichten funktionieren und werden auch fleißig genutzt. So hat er es geschafft, die Menschen , die er getötet hat, noch lange Zeit weiterleben zu lassen. Die Ermittlerin Clara Vidalis weiß nicht, wie viele Menschen der Namenlose auf dem Gewissen hat, geschweige denn, wer er ist. Sie macht sich also auf die Suche und wird selbst mit in den Sumpf gezogen. Was Clara Vidalis mit dem Namenlosen verbindet, müsst ihr aber selbst heraus finden.


    Die Geschichte wird auf der einen Seite aus Sicht von Clara Vidalis erzählt, auf der anderen Seite aus Sicht des Namenlosen. Man erfährt einiges über seine Kindheit und warum er zum Namenlosen wurde. Der Autor hat sich ein paar nette Sachen ausgedacht, wie der Namenlose die Menschen überlistet und ich musste darüber nachdenken, dass es in der heutigen Welt wohl wirklich bei manchen Menschen nicht auffallen würde, wenn sie ausschließlich online existieren würden.


    Ich weiß nicht, ob mir das Hörbuch auch als Buch gefallen hätte, aber ich habe noch einen weiteren Thriller von Veit Etzold hier liegen, und zwar "Spiel des Lebens". Spätestens dann werde ich merken, ob es an einer sich mal wieder selbst übertreffenden Franziska Pigulla lag oder an dem Autor.


    Bis dahin kann ich das Hörbuch aber auf jeden Fall empfehlen.

  • Huhu,


    ich muss mich auch mal zu Wort melden, denn das Hörbuch habe ich schon vor einer Weile gehört und wirklich sehr genial gefunden. Also die Spannung, die aufgebaut wird, zusammen mit Franziska Pigullas Stimme, ist meiner Meinung nach kaum auszuhalten. Ich finde auch das der Autor ein sehr aktuelles Thema angesprochen hat (Gefahren im Internet) und hat auch einige Informationen hervor gehoben, die selbst mir neu waren. (Ich sag nur, wie leicht es heutzutage ist, beinahe alles über einen Menschen heraus zu bekommen.)


    Auch die Aufklärung und die Geschichte des Täters fand ich sehr passig und auch logisch, hat halt sehr viel Tiefgang und man erfährt eine Menge aus dessen Psyche. Ich würde das Buch bei Amazon auf jeden Fall auch mit 5 Sternen bewertet und habe mich auch kurz mit dem Autoren ausgetauscht. (Übrigens sehr netter Mensch)


    Für Thrillerfans auf jeden Fall zu empfehlen ;)


    LG
    Waken

  • Hi :)
    Ich hab das Buch angefangen aber nie zu Ende gelesen. Mein Freund hat das für mich übernommen. Er sagte, es wäre an einigen Stellen ein bisschen langweilig und das ist auch der Grund warum ich es nicht weitergelesen habe.


    Dennoch, ich will keinem das Buch verbieten :) Jeder hat ja einen anderen Geschmack.

  • "Final Cut" finde ich als Titel recht gut zur Geschichte ausgewählt. Was mir nicht so gefallen hat, ist der Hinweis auf Facebook und Facebook-Freunde. Hier werden vom Klappentext Erwartungen aufgebaut, die so nicht erfüllt werden. Denn Facebook an sich spielt nur eine recht kleine Rolle im Thriller von Veit Etzold.
    Das Hörbuch in der bearbeiteten Fassung ( ob jetzt viel Story im Vergleich zum Buch verloren ging, kann ich nicht sagen - ich hatte jedenfalls keine Verständnisprobleme und denke, dass evtl. Kürzungen hier gut gelungen sind ) wird von der proffessionellen Sprecherin Franziska Pigulla getragen. Sie liest und spricht das Hörbuch gewohnt gut und fesselnd. Ihre Stimme passt einfach sehr gut zu Thrillern, ich höre sie wirklich immer wieder gerne.
    Die Story an sich ist relativ interessant aufgebaut, wenn auch manche Szenen sehr brutal sind und überdeutlich beschrieben werden. Das hätte ich so nicht unbedingt gebraucht.
    Es gibt ein paar nachdenkenswerte Ansatzpunkte zum Thema Internet, virtuelle Welt und wie leicht es sein kann, Menschen "online weiterleben zu lassen".
    Die Figur der Clara Vidalis gefällt mir recht gut und ich könnte mir weitere (Hör)Bücher mit ihr als Kommissarin vorstellen.
    Alles in allem gute ( wenn auch vom Thema her nicht gänzlich neu und überraschend ) Unterhaltung.


    8 Punkte gibt es dafür von mir.