Spät war es, so spät - James Kelman

  • Der Autor (Quelle Wiki)
    James Kelman (* 9. Juni 1946 in Glasgow) ist Autor von Romanen, Kurzgeschichten und Aufsätzen, die sich überwiegend mit dem Leben der Arbeiter- und Unterschicht in Glasgow beschäftigen. Kelman begann seine Laufbahn in den siebziger Jahren als Autor von Kurzgeschichten, die zunächst in Zeitschriften erschienen und 1973 in An Old Pub Near The Angel gesammelt erschienen. Zusammen mit Alasdair Gray, Tom Leonard und Liz Lochhead bildete er einen losen Zirkel von Autoren aus Glasgow. Im Jahr 1984 veröffentlichte er mit The Busconductor Hines seinen ersten Roman. Seinen überregionalen Durchbruch als Romanautor hatte er mit A Disaffection (1989), das auf die Auswahlliste des Booker Prize kam, und mit How late it was, how late (1994), mit dem er den Booker Prize schließlich gewann.


    Kurzbeschreibung (Quelle Amazon)
    James Kelmans großer, 1994 mit dem Booker Prize ausgezeichneter Roman liegt nun erstmals in deutscher Übersetzung vor. "Spät war es, so spät" erzählt die tragikomische Geschichte eines Glasgower Kleinganoven, der erblindet und unfreiwillig in die Mühlen des Polizeiapparats gerät. Als der Ex-Häftling und Gelegenheitsdieb Sammy nach einem durchzechten Wochenende an einer Straßenecke aufwacht, kann er sich an die vergangenen zwei Tage kaum mehr erinnern. Auf dem Nachhauseweg provoziert er eine Schlägerei mit zwei Polizisten und wird unter Arrest gestellt. Dort wird er von den diensthabenden Beamten derart mißhandelt, daß er erblindet. Nach seiner Entlassung versucht Sammy verzweifelt, mit seiner neuen Situation fertig zu werden, die sich jedoch nach und nach zu einem regelrechten Alptraum entwickelt. Seine Freundin ist spurlos verschwunden, und in der gemeinsamen Wohnung findet er ein Lager mit gestohlenen Waren vor. Da die Amtsärzte Sammy nicht glauben, daß er wirklich blind ist, weigert sich das Sozialamt, ihn als bedingt erwerbsfähig einzustufen und seine Bezüge anzuheben. Und zu allem Überfluß überwacht ihn die Polizei, da sie glaubt, Sammy habe Kontakt zu einer politischen Untergrundorganisation ... Wenn er sich nur daran erinnern könnte, was an besagtem Wochenende wirklich vorgefallen ist.


    Einfühlsam und mit verzweifeltem Witz schildert James Kelman eine Grenzsituation des Schicksals, in der die Absurdität der menschlichen Existenz mit voller Wucht zu Tage tritt. "Spät war es, so spät" ist eine schwarze Komödie über das Leben, virtuos erzählt, schonungslos und ergreifend zugleich.


    Meinung
    Mein schottischer Ex-Kollege hat mir den Kerl ans Herz gelegt. Er gab mir die Originalausgabe des "Busconductors Hines" und ich verstand zunächst einmal nur Busbahnhof und danach "shit", ein Wort, das bestimmt zwanzigtausendmal vorkommt - auf jeder Seite! Deshalb begnügte ich mich mit der Übersetzung, die soweit möglich, den Glasgower slang einigermaßen gut rüber gebracht hat. Ich war so begeistert vom Hines und habe deshalb gleich danach sein mit dem Booker Prize ausgezeichnetes Werk gelesen.


    Kelman kann Depressionen auslösen. Doch wie er die Loser schildert: schonungslos, skuril, witzig und herzlich zugleich - das können nur wenige. Er macht sich zum Anwalt der Gelegenheitsdiebe, Arbeitslosen und Verlierer, die nie eine Chance gehabt haben, auf der anderen Seite weder moralisch noch intellektuell den Gewinnern nachstehen. Kurz: sie haben einfach Pech gehabt in ihrem Scheißleben und beide, Hines im Busschaffner-Buch und hier Sammy wissen, dass sie es sich selbst eingebrockt haben. Sie stecken bis zum Hals in der Scheiße, doch ihre Hoffnung auf ein besseres Leben verlieren sie nie - ebenso wenig wie ihren Humor.


    Kelman kann reflektieren. Das Buch ist eine einzige Selbstreflexion. Der Autor wechselt oft die Perspektiven - vom Ich zum Er. Fällt kaum auf, weil der Leser einfach mitgerissen wird vom Schicksal eines Hoffnungslosen, der die Hoffnung nie aufgibt.


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