Mitternachtskinder - Salman Rushdie

  • Klappentext:
    Um die Mitternacht des 15. August 1947 erlangt Indien die Unabhängigkeit. Alle 'Mitternachtskinder', die zu dieser Stunde auf die Welt kommen, sind mit wundersamen Eigenschaften begabt: mit herkulischer Kraft, der Gabe, unsichtbar zu werden oder durch die Zeit zu reisen, und überirdischer Schönheit, die buchstäblich blind macht. Die Fähigkeit, in Herz und Hirn anderer Menschen einzudringen, besitzt als einziger Saleem Sinai, der Held und Chronist dieser phantastischen Familiengeschichte vor dem bizarren, farbenprächtigen Hintergrund des indischen Subkontinents. Ein märchenhaftes Universum, in dem Realität und Fiktion untrennbar miteinander verwoben sind.


    Salman Rushdie (aus wikipedia/Salman Rushdie):
    Sir Ahmed Salman Rushdie (* 19. Juni 1947 in Bombay, Indien) ist ein indisch-britischer Schriftsteller. Er gehört zu den bedeutendsten Vertretern der zeitgenössischen Literatur. Seine Erzählungen reichert er mit fantastischen Elementen aus der Märchenwelt an. Dieses Vermischen von Mythos und Fantasie mit dem realen Leben wird als magischer Realismus bezeichnet. Rushdie schreibt in englischer Sprache.



    Rezension:


    Dies ist das Buch, das Rushdie weltberühmt machte.
    Im Großen und Ganzen hangelt sich die Handlung um Saleem und seine Familie an der Geschichte Indiens entlang: über eine ellenlange Verkettung war sie an jedem großen Ereignis beteiligt, z.B. an der Unabhängigkeitserklärung (Geburt Saleems) oder den beiden Kriegen gegen Pakistan. Da sind bestimmt massenhaft Allegorien drin, von denen mir höchstens die Hälfte aufgefallen ist. Auch wird politisch scharf geschossen, insbesondere gegen "die Witwe", Indira Gandhi.
    Dazu weist die Handlung einige phantastische Elemente auf, auf die man sich eben einlassen können muss.
    Man erhält eine Reihe Charaktere, die oft sehr widersprüchlich wirken und zu sehr abrupten 180°-Wenden neigen, so z.B. die Verwandlung des Äffchens in Jamila die Sängerin (beides sind Namen für Saleems kleine Schwester). Dennoch merkt man, dass die Figuren wirklich Charaktertiefe besitzen. Aber irgendwie wirken die Wechsel schlüssig, irgendeine Erklärung findet Rushdie immer. Sie haben fröhliche und weniger schöne, starke und schwache Merkmale, insbesondere die Frauen (Jamila/Äffchen, Padma, Parvati...).
    Rushdie wechselt erzähltechnisch zwischen erläuternden Passagen und solchen, die von Metaphern nur so strotzen. Es ist nicht immer ganz einfach zu lesen, macht aber wirklich Spaß - wenn man denn die Zeit hat, und Zeit muss man sich wirklich lassen: das erste Viertel des Buches empfand ich als recht träge. Insbesondere der Mittelteil las sich dagegen flüssig und fast in einem, bevor sich die Ereignisse zum Ende hin verdichten.


    Insgesamt sicher kein einfaches Buch für zwischendurch, sondern eine echte Aufgabe, die sich (für mich) aber lohnte.
    8/10 Punkten würde ich geben.

    "It is necessary to distinguish [...] between languages as such and their speakers. Languages are not hostile one to another. They are, in the contrast of any pair, only similar or dissimilar, alien or akin."
    -J. R. R. Tolkien, "English and Welsh"

  • Ist das wirklich so, dass dieses geniale Werk heute zum ersten Mal bei den Eulen rezensiert wird? Für mich neben Shalimar der Narr Rushdies bestes Stück - ein Meisterwerk!

  • Unglaublicherweise ja! Die Satanischen Verse (dafür hat Ayatollah Khomeini ihn immerhin zum Tode verurteilt) existieren noch gar nicht! Ich habe dafür leider mometan keine Zeit (es zu lesen, meine ich), wenn du kannst, nimm dich der Sache doch bitte an!
    Gruß aus dem Nebel. :wave

    "It is necessary to distinguish [...] between languages as such and their speakers. Languages are not hostile one to another. They are, in the contrast of any pair, only similar or dissimilar, alien or akin."
    -J. R. R. Tolkien, "English and Welsh"

  • Liebe Stimme aus dem Nebel,


    die Satanischen Verse zählen zu den zwei oder drei Werken, die ich abgebrochen habe. Vielleicht versuch ich es in 50 Jahren noch mal. Dafür empfehle ich dir ein weiteres Meisterwerk, das in Indien spielt: Das Gleichgewicht der Welt von Rohinton Mistry. Im Eulenland findest du auch eine Rezi.

  • Alena Nebel : Danke auch von mir für deine Rezension, wirklich erstaunlich, dass es zu diesem Buch bisher noch keine gab. :wow


    Zitat

    Original von beisswenger
    die Satanischen Verse zählen zu den zwei oder drei Werken, die ich abgebrochen habe.


    Das ist ja beruhigend zu hören - wahrscheinlich habe ich also damals gerade mit dem falschen Werk von Salman Rushdie angefangen. Die satanischen Verse habe ich ebenfalls recht schnell abgebrochen und war danach erstmal von Rushdie "geheilt".


    Zitat

    Dafür empfehle ich dir ein weiteres Meisterwerk, das in Indien spielt: Das Gleichgewicht der Welt von Rohinton Mistry.


    Das kann ich nur unterschreiben... :wave

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

  • Durch die Satanischen Verse habe ich mich durch gequält, weshalb ich mich nicht so ganz an einen weiteren Rushdie ran traue....auf der anderen Seite hatte ich Mitternachtskinder schon häufiger in der Hand...ach ich weiß es nicht. Ich glaube ich werds mir mal holen und dann sehen.

  • "Die satanischen Verse" haben mir auch nicht gefallen – während ich "Mitternachtskinder" fantastisch fand. Ich hab's allerdings vor einer Ewigkeit gelesen (25 Jahre!), weshalb ich jetzt keine Rezi schreiben könnte. Meine Empfehlung für einen weiteren Rushdie: "Die bezaubernde Florentinerin".

    Ship me somewhere's east of Suez,
    where the best is like the worst,
    where there aren't no ten commandments
    an' a man can raise a thirst


    Kipling

  • Sieht so aus, als müsste ich die Satanischen Verse bei nächster Gelegenheit doch selberlesen... hatte ich mir eh vorgenommen.
    Cathrine, wie gesagt, "Mitternachtskinder" sind nicht immer nur einfach und nett. Ich musste tw. auch kämpfen. Kannst es ja aus der Bibliothek ausleihen, dann kannst du nur gewinnen :-)

    "It is necessary to distinguish [...] between languages as such and their speakers. Languages are not hostile one to another. They are, in the contrast of any pair, only similar or dissimilar, alien or akin."
    -J. R. R. Tolkien, "English and Welsh"