Viveca Sten - Die Toten von Sandhamn

  • Über die Autorin
    Viveca Sten, geboren 1959 in Stockholm, studierte Jura an der Universität Stockholm und absolvierte einen Master of Business Administration an der School of Economics. Heute arbeitet sie als Chefjuristin bei 'Posten Norden', dem dänischen und schwedischen Postkonzern. Sie veröffentlichte mehrere juristische Fachbücher, bevor 2008 in Schweden ihr erster Roman erschien, der in zehn Sprachen übersetzt und fürs schwedische Fernsehen verfilmt wurde. Mittlerweile gibt es bereits vier Teile um den Kriminalkommissar Thomas Andreasson, der Mordfälle auf der Stockholmer Schäreninsel Sandhamn löst. Sten selbst verbrachte seit ihrer Kindheit zahlreiche Sommer auf der Insel. Viveca Sten lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in einem Vorort nördlich von Stockholm.


    Kurzbeschreibung
    Thomas Andreasson wird nach Sandhamn gerufen: Ein Mädchen ist verschwunden. Obwohl sofort eine fieberhafte Suche einsetzt, bleibt sie ohne Erfolg. Wo steckt Lina, und wer ist für ihr Verschwinden verantwortlich?Als Thomas Jugendfreundin Nora durch einen Zufall herausfindet, dass ihr Mann sie hintergeht, fährt sie trotz Eis und Schnee mit ihren Söhnen nach Sandhamn, um in Ruhe nachdenken zu können. Knapp 100 Jahre zuvor: Der kleine Thorwald leidet unter den brutalen Ausbrüchen seines Vaters. Dieser vergöttert die Tochter, misshandelt aber den Sohn; die Mutter schaut untätig zu.


    Meine Meinung
    -Lina kommt eines Abends nach einem Besuch bei ihrer Freundin nicht mehr nach Hause. Obwohl sie auf der kleinen Insel Sandhamn verschwindet und schnell eine Suchaktion eingeleitet wird, kann sie auch nach Monaten immer noch nicht gefunden werden.
    -Nora findet durch Zufall heraus, dass ihr Mann sie mit einer Krankenschwester betrügt und flieht mit ihren Kindern nach Sandhamn. Beim Spielen im Wald finden ihre Kinder einen menschlichen Arm.
    -Hundert Jahre früher, auch auf Sandhamn erlebt Thorwald eine schreckliche Kindheit. Sein Vater misshandelt ihn und niemand hilft ihm.


    Viveca Sten erzählt einen äusserst spannenden Krimi, der in kleine Abschnitte aufgeteilt ist und zwischen drei Handlungssträngen hin und her springt. Der Erzählstil bleibt, trotz der Spannung, das ganze Buch über sehr ruhig, selbst in den spannendsten Momenten bricht keine Hektik aus.


    Die beiden Stränge in der Gegenwart haben mir sehr gut gefallen, der Strang vor hundert Jahren, der die Qualen des kleinen Thorvalds beschreibt, allerdings gar nicht. Als Leser komme ich mir schäbig vor, wenn ich über schon Misshandlungen, Wutausbrüche und die schlimmsten Strafen gelesen habe und dann kommt ein Cliffhänger, indem das arme Kind das Gewehr seines Peinigers ins Wasser fallen lässt. Soll ich als Leser etwa mitfiebern, was das kranke Hirn des Vaters sich wieder ausdenkt, um sein Kind zu schikanieren? Ich finde das eine sehr billige Methode des Spannungsaufbaus.


    Zum Schluss laufen die drei Stränge zusammen. Ob alles logisch ist, kann jeder für sich entscheiden. Persönlich hätte ich nicht mit einer solchen Reaktion gerechnet, doch wenn der Polizeipsychologe, der eigens engagiert wurde, diese absegnet, wird wohl alles so stimmen.


    Das ganze Buch über herrscht Winter und mehrmals wird betont, dass noch mehrere Monate nicht mit Auftauwetter zu rechnen ist. Für so ein Buch hätte man besser eine Winterlandschaft als Coverbild gewählt, als diese Sommeridylle.


    Trotz der Kritikpunkte vergebe ich 8 von 10 Punkten.

  • Hach, ich freue mich, wenn ich es endlich lese - danke für die Rezension :-)
    Ich bin mal gespannt, wie mir die "alte" Geschichte gefällt, sonst fand ich immer, dass Viveca Sten egal welchen Hintergrund es hatte, alles toll erzählt hat.

  • Auf der kleinen Schäreninsel Sandhamn ist eine Jugendliche spurlos verschwunden. Trotz Suche wird das Mädchen weder tot noch lebendig gefunden. Erst Monate später ergibt sich eine Spur, der Thomas Andreasson nachgehen kann.


    Nora Linde findet heraus, dass ihr Mann sie betrügt. Obwohl es in ihrer Ehe schon länger kriselt, ist diese Entdeckung ein Schock für sie und sie fährt erst einmal mit ihren beiden Söhnen nach Sandhamn, um Abstand zu gewinnen.


    Parallel zu diesen Ereignissen in der Gegenwart wird die Geschichte des jungen Gottfrid geschildert, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf Sandhamn aufgewachsen ist und dort seine eigene Familie gegründet hat.


    Lange bleibt unklar, was mit diesen Beschreibungen bezweckt wird. Da sie einen breiten Raum einnehmen, kann man sich als Leser denken, dass sie irgendeine Bedeutung für die späteren Ereignisse haben werden, aber der Zusammenhang wird erst relativ spät aufgeklärt.


    Ich fand diesen dritten Krimi von Viveca Sten wieder einmal einfach gut. Ohne große blutige Szenen gelingt es ihr, so spannend zu schreiben, dass ich das Buch an einem Tag durchgelesen hatte. Die sympathischen Figuren tragen natürlich ihren Teil dazu bei. Sehr gut gefallen hat mir die angedeutete persönliche Entwicklung von Thomas, aber auch die Tatsache, dass Nora endlich die Scheidung einreicht und sich eingesteht, dass es mit ihrem Mann Henrik so nicht weitergehen kann.


    Die Szenen in der Vergangenheit fand ich sehr fesselnd, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wo das hinführen wird. Gottfrids Entwicklung hat mich bestürzt und das Elend seiner Familie einfach nur traurig gemacht.


    Am Ende fügt sich alles zu einem logischen Ganzen zusammen, allerdings erlaubt sich die Autorin einen gemeinen Cliffhanger, der mich hoffen lässt, dass das nächste Buch sehr bald erscheint und ich erfahre, wie es mit Thomas weitergeht!

  • "Die Toten von Sandhamn" ist nach "Tödlicher Mittsommer" und "Tod im Schärengarten" der dritte Fall um Kommissar Thomas Andreasson und seine ihn als Hobby-Detektivin unterstützende Jugendfreundin Nora Linde. Man kann diesen Kriminalroman auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände lesen, profitiert allerdings von Vorkenntnissen.


    Auf Sandhamn ist ein junges Mädchen namens Lina Rosén auf dem Heimweg von ihrer Freundin spurlos verschwunden. Die Polizei ermittelt vergeblich in verschiedene Richtungen, kommt nach der Aussage der Freundin aber zu dem Schluss, dass Lina vermutlich Selbstmord begangen hat und die Leiche auf das offene Meer hinausgetrieben ist. Die Ermittlungen sind so gut wie eingestellt, als vier Monate später die beiden Söhne von Nora Linde beim Spielen im Wald einen abgetrennten Arm finden. Die Armbanduhr an diesem grausigen Fundstück gehört Lina, nun nimmt die Polizei die Ermittlungen mit großem Einsatz wieder auf.
    Neben den Ermittlungen im Vermisstenfall erfährt der Leser auch wieder Neuigkeiten aus dem Leben von Thomas und Nora. Zwischen Thomas und seiner geschiedenen Frau Pernilla kommt es zu einer allmählichen Wiederannäherung, Thomas gesteht sich ein, dass seine Frau nicht die Schuld am plötzlichen Kindstod ihrer gemeinsamen Tochter vor drei Jahren trägt und ganz offensichtlich bestehen zwischen den beiden ehemaligen Partnern noch starke Gefühle. Nora dagegen, in deren Ehe mit dem versnobten Arzt Henrik es schon in den ersten beiden Bänden kriselte, zieht die Konsequenzen, als sie vom Ehebruch ihres Mannes erfährt. Um über ihre nächsten Schritte nachzudenken, begibt sie sich mit ihren Söhnen in ihr Ferienhaus auf Sandhamn und gerät so in die Ermittlungen im Fall Lina Rosén.
    Eingestreut in den Text über die aktuellen Vorgänge im Jahr 2007 finden sich Kapitel, die über das Leben des Fischersohnes Gottfrid und seiner Familie erzählen (1899 - 1928/ 1962). Der selbstgerechte und fanatisch religiöse Gottfrid führt zuhause ein Schreckensregiment, unter dem seine Frau Vendela und sein Sohn Thorwald nicht nur psychisch zu leiden haben. Nur die Tochter Kristina wird vom Vater geliebt und verwöhnt.
    Welche Auswirkungen diese explosive Familienkonstellation bis in die weiteren Generationen hat, erfährt der Leser nach und nach.


    "Die Toten von Sandhamn" ist kein blutiger Thriller, dennoch ging mir dieser Roman wegen der schonungslos dargestellten Misshandlung Thorwalds durch seinen Vater Gottfrid sehr nahe. Es ist sehr erschreckend zu lesen, dass noch in der jüngeren Vergangenheit ein "Familienoberhaupt" ohne jede Einmischung von außen seine Aggressionen willkürlich an abhängigen Familienmitgliedern ausleben konnte. Auch die Mutter Vendela, die nach der Geburt von Thorwald offensichtlich an einer postnatalen Depression erkrankte, erhielt keinerlei Hilfe durch Ärzte oder Psychologen. Die Beschreibung des Lebens auf Sandhamn zu Beginn des 20. Jahrhunderts war für mich ausgesprochen fesselnd, sodass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte.
    Durch die Abwechslung zwischen den Kapiteln aus dem 20. und dem 21. Jahrhundert wird Spannung erzeugt, da man wissen möchte, wie es weitergeht. Dieser Aufbau machte zusammen mit dem flüssigen Schreibstil der Autorin und der gelungenen Charakterdarstellung der Figuren, in die man sich gut hineinversetzen kann, für mich das Buch zu einer fesselnden Lektüre, die mich uneingeschränkt begeistert hat. 10 Punkte

  • Ich habe jetzt endlich den dritten Fall gelesen, nachdem es in absehbarer Zeit schon den vierten Band geben wird :chen


    Der Inhalt wurde bereits mehrfach erzählt, deshalb nur einige wenige Worte von mir.


    Die zwei Handlungsstränge von 1919 und der Gegenwart fand ich sehr gut angelegt und äußerst spannend. Vor allem bei den Grausamkeiten Gottfrids gegenüber seinem Sohn mußte ich teilweise ganz schön schlucken. Kristina war als Kind schon die Prinzessin und hochnäsig und blieb das auch als Erwachsene.



    Nora hat in dem vorliegenden Fall nur eine Nebenrolle, sie kämpft mit der Trennung vom Ehemann und gibt aber einen entscheidenden Hinweis. Thomas weiß nicht, ob er wieder mit seiner Ex-Frau soll oder nicht.


    Wie die verschwundene Lina Rosén hier hineinpaßt, das schildert die Autorin in bewährter Weise, packend bis zum Ende.

    Viveca Sten hat sich anscheinend Camilla Läckberg zum Vorbild genommen und das Buch auch mit einem Cliffhanger beendet.


    Ein Kritikpunkt von mir ist auch das Cover. Es paßt zwar zu den Vorgängerbänden, aber wir haben in dem ganzen Buch ständig Schnee, Eis und Winter, gibt davon keine schönen Bilder?


    Von mir eindeutig 10 Eulenpunkte!

  • Gleich vorab muss ich die Punktvergabe vornehmen - 10 von 10 Punkten. Ein tolles, spannendes, überraschendes Buch.


    Bis man den Zusammenhang zwischen den Zeitsprüngen versteht, muss man wirklich bis fast zum Ende lesen. Aber dieses Buch ist absolut lesenswert und kann auch unabhängig von den Vorgängern gelesen werden.


    Mich hat das Buch von Beginn an total gefesselt - ich mochte die beiden Zeitebenen. Und denn Cliffhanger am Ende fand ich auch sehr gut gewählt.

    Es ist interessant zu lesen, wie lange Hass und Wut in einem brodeln, bis nur das kleinste Ereignis ein Auslöser ist, um Vergeltung auszuüben.

    :lesend Viveca Sten - Mörderische Schärennächte

    SuB: 733

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