'Die Kuppel' - Kapitel 21 - 30

  • „[Klischees sind] vorgeprägte Wendungen, abgegriffene und durch allzu häufigen Gebrauch verschlissene Bilder, Ausdrucksweisen, Rede- und Denkschemata, die ohne individuelle Überzeugung einfach unbedacht übernommen werden.“
    – Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur. Stuttgart 1970.


    ??? Wenn du das Verhalten eines auf der Flucht unter Druck stehenden Mannes, der sich so verhält wie geschätzt 98% aller betroffenen Männer als Klischee bezeichnen willst???

  • Zitat

    Original von beowulf
    „[Klischees sind] vorgeprägte Wendungen, abgegriffene und durch allzu häufigen Gebrauch verschlissene Bilder, Ausdrucksweisen, Rede- und Denkschemata, die ohne individuelle Überzeugung einfach unbedacht übernommen werden.“
    – Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur. Stuttgart 1970.


    ??? Wenn du das Verhalten eines auf der Flucht unter Druck stehenden Mannes, der sich so verhält wie geschätzt 98% aller betroffenen Männer als Klischee bezeichnen willst???


    "Unter Druck stehenden Mannes "....trifft es ja auf den Punkt :lache


    Ok, ich bin auch eine Frau, aber ich lasse mir deshalb kein Schubladendenken unterstellen oder das es Frauen stören würde, wenn Männer hormonell angetrieben geschildert werden, aber hier passt es einfach nicht oder besser gesagt schlecht in das beschriebene Szenario, das ist meine Meinung.


    Ich habe mich ebenfalls schon anfangs daran gestört, das beim Einbruch ins Haus, nicht das Leben oder die Haut retten im Vordergrund stand, was der Spannung wesentlich besser gestanden hätte, sondern hier eine Liebesnummer eingeschoben wird, um diesen Faden auch noch einzufügen.


    Wenn 98% aller Männer die auf der Flucht sind um ihr Leben rennen, die Verfolger im Nacken haben, noch eben einen Abstecher über die Matratze nehmen und sich dabei an neuen Liebestechniken erfreuen, beginne ich an diesem Geschlecht zu zweifeln und denke auch, das hier ein bestimmtes Klischee erfüllt werden sollte.der Einschub mit der Herbertgasse, Hamburg, noch einen Füller brauchte :pille


    Mir fehlt hier die Ernsthaftigkeit, zu dem ansonsten spannenden Thema, wenn man sich in solchen Nebensächlichkeiten, die durchaus authentischer geschildert hätten werden können, verliert, seufz!!!

  • Hm, beowulf, Melli hat dazu alles gesagt....


    Dass er sich auf seiner Flucht nicht rein rational verhält, lasse ich mich eingehen, aber für mich ist und bleibt in Hamburg, auf der Herbertstraße, ein Mann, alleine, "schutzbedürftig" oder auch nicht, in einem Buch ein Klischee, das eben, wie du so schön zitiert hast, allzu häufig gebraucht wurde. Und für mich ist das auch abgegriffen. Wie das jetzt einfach und ggf. unbedacht übernommen wurde, muss Markus sagen ;-)


    Man kann nicht alles mit der Flucht begründen, das finde ich zu einfach.

  • ... na ja ... Mercymelli, ganz ehrlich, mir ging es bei keiner dieser Szenen darum, eine Liebesnummer einzuschieben, wie du schreibst. Ich hatte es eigentlich schon geschrieben: Vincent flieht zu der Hure, weil er sich bei ihr verstecken will, als sie ihm anbietet, für 200 Euro zu ihr zu gehen. (Vielleicht hätte ich einen Satz dazuschreiben sollen wie: "Mir war alles andere wichtig in diesem Moment als Sex, ich war einfach nur froh, meinen Verfolgern entkommen und für den Moment in ihrem Apartment sicher zu sein. Doch als sie ...") Ich dachte, das ist sonnenklar. Mein Gott, er hat doch in diesem Moment Wichtigers zu tun als seinen Hormonen zu folgen!! Dann ist er bei ihr, die ganze Nacht. Nun zu schreiben, er wäre in dieser Zeit bei größten Reizen lustlos geblieben ... wie gesagt, ich hätte das verlogen gefunden. Das hätte nicht zu Vincent gepasst, so wie ich ihn sehen, in einer Gesellschaft, die ihre Sexualität immer offener und freier auslebt.


    Aber letztlich, und da hast Du absolut Recht, ist diese Sequenz eine Nebensächlichkeit in dieser Geschichte.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Ehrlich, du meinst er hätte in der Situation eine Runde Schach oder
    Offiziersskat mit ihr spielen sollen ?(


    Ne, nicht wirklich und auch keinen Strip Poker :bonk


    Ich hoffe doch sehr, das der Einfallsreichtum eines Autors mehr hergibt, um sich nicht ausgerechnet an dieser Thematik, Schematik zu bedienen!


    Die Idee mit dem Penner fand ich gut, das ist glaubwürdig, ernsthaft, aber diese Begegnung ist es eben für mich nicht.


    Gewisse Dinge wirkten wie eine Bremse, in dem ansonsten guten Plot auf mich, dazu gehört die Nacht im Bordell und dieser Situation, eben mit dazu.


  • Bei Facebook würde ich jetzt auf den Daumen hoch klicken, denn das ist es genau, was ich auch meine, Melli hat das 1a auf den Punkt gebracht.
    Aber ich nehme das jetzt einfach so hin, also Mädchen-Jungs-Unterschiedliches-Denken und lese als nächstes wieder einen Krimi von einer Frau ;-)

  • Naja, zu seinem Intermezzo mit der Dame aus dem horizontalen Gewerbe wurde ja schon alles gesagt, da brauch ich meinen Senf nicht auch noch dazu abgeben. Befremdlich finde ich eher Annas Reaktion ihm einfach zu verzeihen und mit ihm daraufhin wieder sofort in die Kiste zu springen.
    Wäre das mein Kerl, ich hätte ihm die Eier abgerissen und vor seinen Augen gebraten!
    Naja, Anna scheint da zu der Art Frauen zu gehören, die ihren Männern sowas eben verzeihen.
    Ansonsten trau ich mich nicht hier noch viel zu schreiben, da ich das Buch bereits fertig gelesen habe. Aber soviel, für mich wurde es hier dann richtig spannend und ich sah meine Anfangstheorie bestätigt.

  • Ich hab jetzt die Nacht mit der Hure nicht als so abstossend empfunden. Eigentlich passend, dass bei all den technologischen und politischen Veraenderungen Sex als Ware wie auch vor tausend Jahren sich einfach nicht ausrotten laesst ...


    Dieser Abschnitt hat mir insgesamt eigentlich ganz gut gefallen. Eine ganze Menge Action kommt nun zum Tragen. Und Vincent bekommt nun auch Stellen zu sehen, die er selber noch nicht so kennt, hat damit als Ich-Erzaehler die Moeglichkeit dem Leser das auch etwas naeher zu bringen.


    Es bleibt aber doch beschraenkt. Hier macht sich m.M. nach doch ein grosser Unterschied bemerkbar zwischen einem Ich-Erzaehler im Buch und beim Film. Der Film kann ja eine ganze Menge der Umgebung visuell zeigen - zusaetzlich zu den Handlungen des Erzaehlers. Im Buch bekommt der Leser vom Ich-Erzaehler aber nur das mitgeteilt, was der Erzaehler auch ganz bewusst aufnimmt und weitergibt. All das, was als selbstverstaendlich gesehen wird, wird auch nicht extra erwaehnt - kann aber im Film visuell gezeigt werden. Spielt die Geschichte in unserer heutigen Zeit, ist das ja auch kein Problem. Bei historischen Romanen, Fantasy oder Science Fiction kann es da aber doch zu Luecken fuer den Leser kommen.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Also - hier ist schon so viel geschrieben worden, wo fange ich an?


    1. Eigentlich mag ich keine Ich-Erzähler. Aber keine Angst, lieber Autor, hier finde ich passt der Ich-Erzähler super. Vincent macht das sehr gut.
    2. Ich glaube nicht, dass es "typisch Mann" in einem Stundenhotel gleich zur Sache zu gehen. Viele hätten unter solchen Stress gar nicht gekonnt. :lache Normal wäre doch sich einfach gegen die Tür zu lehnen und über den weiteren Fluchtweg nachzudenken.
    3. Die Kostenrechnung
    Sehr gut nachvollziehbar. Der Staat hat bereits heute viele Schulden.
    Und wie sieht es mit der Gesundheit aus? Es steht doch alles schon auf der Gesundheitskarte oder wie das Ding jetzt heißt darauf.
    4. Die Weiterentwicklung der Technik ist logisch. Allein die ganzen Möglichkeiten der Kontrolle des gläsernen Menschen, die das Internet heute bietet...

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Und die wird ja immer mehr...Irgendwann kann man vielleicht wirklich keinen Schritt mehr tun, ohne das es von irgendjemanden sofort registriert wird...

  • So... Diesen Abschnitt habe ich auch geschafft. "Leider" war das Buch aber so spannend, dass ich das Ende des Abschnittes leider etwas verpasst habe und viel zu weit gelesen habe.
    Deshalt werde ich hier mal nicht so viel zu dem Abschnitt sagen, nicht, dass ich euch noch etwas vorwegnehme...


    Dann les ich jetzt mal schnell weiter :lesend

  • Also ich muss noch was zu der Huren-Szene schreiben. :grin Ich habe die Stelle heute morgen gelesen und mich auch etwas gewundert. Gefallen hat mir erstens die Reaktion von Vincent nicht ( und da kann er noch so sehr unter Stress, bzw. Druck ;-) stehen ). Wenn man, wie er, in der Nacht zuvor ca. 5 x Sex mit der Frau, in die man sich auch noch verliebt hat, hatte - dann geht sowas doch echt nicht. :nono
    Und zweitens habe ich auch das Verhalten von Peggy nicht verstanden. Sie hätte doch von ihm alles Geld ( ganz sicher auf jeden Fall die 400 Euro ) allein nur fürs Verstecken haben können! Warum muss es dann auch noch Sex sein? Wahrscheinlich weil ihr ihr Beruf so sehr gefällt und sie soviel Spaß daran hat. ;-)
    Nee, diese Szene hätte echt nicht sein müssen..........


    Ansonsten finde ich die Hamburg-Szenen sehr interessant, vor allem, weil ich immer das heutige Hamburg vor Augen habe.

  • Zitat

    Original von Mercymelli


    Wenn 98% aller Männer die auf der Flucht sind um ihr Leben rennen, die Verfolger im Nacken haben, noch eben einen Abstecher über die Matratze nehmen und sich dabei an neuen Liebestechniken erfreuen, beginne ich an diesem Geschlecht zu zweifeln und denke auch, das hier ein bestimmtes Klischee erfüllt werden sollte.der Einschub mit der Herbertgasse, Hamburg, noch einen Füller brauchte :pille


    :lache :write So sehe ich das auch.