'Die Kuppel' - Kapitel 31 - Ende

  • Das war's auch schon.


    "Schöne neue Welt" kann man da nur seufzen. Das Konzept ist ja hier eher "Matrix"-inspiriert, trotzdem finde ich es erstaunlich gut, dass Markus Stromiedel nicht ausschließlich Schwarz-Weiß-Denken zulässt, sondern am Fall des krebskranken Vaters auch schön die Ambivalenz der Thematik aufzeigt. Natürlich bleibt da noch die Frage des "freien Willens" (speziell bei all den Jüngeren, die nach dem Willen der Regierung in die Matrix verbannt werden sollen), aber gerade in der Altenpflege kann man sich durchaus schon Gedanken machen, ob ein solches Ende nicht von schöneren Illusionen begleitet wird als ein morphiumgestütztes Dahinsiechen in einem muffigen Hospiz. Wirklich interessante Fragestellung und sehr gut zur Diskussion geeignet.


    Bei all den Aktionen am Schluss (Eindringen in die Anlage, Flucht, Bunker in Brüssel, nächste Flucht) habe ich ein wenig die Orientierung verloren, weil Vincent durch gar zu viele Röhren klettert, über Dutzende Flure rennt und ständig irgendwo anders rauskommt, aber im Prinzip ist schon klar, was der Autor hier meint. Spannende Sache und ein sehr schönes Ende, das eigentlich völlig konsequent ist. Immerhin war die virtuelle Realität die einzige Rettung für die beiden (ich nehme an, der Zivilist am Schluss war sein Vorgesetzter, der damit die Ermordung von Vin und Anna verhindert hat). Wie Eddy nun genau da reinpasst, blieb undeutlich, aber das ist eines der vielen Probleme der Egoperspektive; vermutlich hat ihm Vins Vorgesetzter ein Angebot gemacht, dass Eddy in Vincents Interesse nicht ablehnen konnte und so das kleinere von beiden Übeln gewählt. Interessant fand ich auch, dass Vin & Annas Matrix noch nicht richtig fertig war und sie immer warten mussten, bis es weitergeht - ob das auch die Welt der anderen unbequemen Revoluzzer ist? Schwer zu sagen, aber die Möglichkeiten dort scheinen schon faszinierend ...


    Etwas unrealistisch finde ich nur, dass diese Welt mit der realen Welt so verbunden ist, dass Vincent seinen Bericht an die Resistance schummeln kann - damit erfüllt sich zwar sein Ziel, die Öffentlichkeit zu unterrichten, aber allein die Möglichkeit einer Verbindung scheint mir von den Programmierern der Matrix etwas undurchdacht. Wer verbietet jetzt übrigens Eddy den Mund, der ja wieder zurückgekehrt ist? Und wer schützt Vincent und Anna vor der Abschaltung aus Rache, wenn sein Bericht öffentlich wird?


    Noch eine Frage hätte ich: Was hatte es mit dem joggenden Matze auf sich? Ersetzt das Programm ALLE sterbenden Menschen in dieser Kunstwelt durch Hologramme/Illusionen, die nach einer bestimmten Programmroutine funktionieren oder war das nur ein gezieltes Skript für ... ja, für wen eigentlich?


    Ich muss vor der endgültigen Rezension erst mal alles setzen lassen - danke an Markus für die spannenden Stunden und die Begleitung der Leserunde. Ich freu mich auf eine anschließende Diskussion - gerade die ethischen Fragen, die DIE KUPPEL aufwirft, sind unglaublich spannend. Vielen Dank nochmal und bis später ...

    Der Macintosh ist katholisch: das Wesen der Offenbarung wird in einfachen Formeln und prachtvollen Ikonen abgehandelt.
    Jeder hat das Recht auf Erlösung.
    (Umberto Eco)

  • Auch ich habe gerade die letzte Seite gelesen und bin über das Ende - das Resort ist also nur eine Illusion - nicht wirklich erstaunt, es lief irgendwie ja alles darauf hinaus.
    Und die Erklärung, dass sich dort jeder so darstellen kann, wie er möchte, führt auch wieder zu der alten (...) Krankenschwester.


    Ich weiß aber nicht wirklich, ob ich absolut begeistert sein soll: Auch für mich sind irgendwie zu viele Fragen ungeklärt. Oder zu viele Punkte, die man spekulieren muss: Ist Eddy bereits in der Simulation der Befreier, und er wurde nur ausgewählt, um die beiden davon zu überzeugen, mit ihm zu kommen und zu fliehen? Die Aussage, dass Brüssel so rein und ohne den Staub ist, ist für mich eigentlich eines der deutlichsten Zeichen darauf. Der "richtige" Eddy weiß also gar nichts von seiner Fluchthilfe.


    Irgendwie inkonsequent finde ich aber Vincents Einstellung am Ende: Er wollte alles bekanntmachen, ja, er sagt, er hofft das funktioniert so - aber wollte er vorher nicht noch gegen alles kämpfen und alles bekannt machen? Ich kann mir schwerlich vorstellen, dass allein die Unterhaltung mit seinem Vorgesetzten ihn zu einem Umdenken bewegt. Das ist irgendwie nicht schlüsslig.


    Schön und wirklich packend beschrieben fand ich die Szenen um den Tank: Mit dem Spinnenroboter - hier war wirkliches Kopfkino angesagt und ich hätte, selbst wenn ich gewollt hätte, sehr ungern das Buch zur Seite gelegt.


    Für mich ist es aber weniger ein Thriller als ein Science Fiction Roman, denn mir bleiben doch zu viele Fragen (s.o.) offen, um von einer wirklichen Auflösung zu sprechen, aber das ist im Endeffekt ja eigentlich auch egal, wie das Buch eingeordnet wird.


    Was ich auch schade finde ist, dass durch die Ich-Perspektive gar nicht Bezug genommen wird auf diejenigen, die Vincent und Anna ggf. mit in einen Strudel gezogen haben, aus dem die nicht wieder herauskommen: Was ist z.B. mit Katharina, mit der Platinblonden, der Krankenschwester? Klar kann man nicht alle Personen, die in einem Buch auftauchen, bis zum Ende hindurch gestalten, aber da ist mir doch zu viel Bezug auf Vincent, auf Anna und das wars. Das finde ich schade.


    Nach dem Lesen finde ich, dass das Cover nicht wirklich passt. Ich kann mich zumindest nicht erinnern, dass irgendeine Rolltreppe im Buch vorkommt ;-) Auch wenn das Bild an sich sehr gelungen und nicht so 08-15 ist. Irgendwer hatte es auch schon in einem vorhergehenden Abschnitt geschrieben: Die matten Cover wirken irgendwie edler, und dem muss ich zustimmen, aber das ist ja (nehme ich an!) Verlagsentscheidung und hat mit dem Inhalt nichts zu tun.


    Die Aussage von Markus auch in einem vorhergehenden Abschnitt, dass dieses Buch weniger politisch ist als die Vorgänger, führen leider bei mir dazu, dass ich für mich auf "leichtere" Kost umschwenken werde. In diesem Buch war die Mischung zwischen Politik, Zukunftsprophezeiungen und fiktiver Geschichte noch ausgewogen, aber mehr Politik... hm, neee, ich für mich möchte doch lieber leichter unterhalten werden. Das kann aber auch durchaus daran liegen, dass mein vorhergehendes BUch auch schon ziemlich tief in Geschichte und Politik steckte, und es nun für mich einfach reicht für den Augenblick mit derartigen Lesestunden.


    Auch ich bin mir, wie Bildersturm, noch nicht einig mit mir selbst, wie mein Schlussurteil ausfällt - und bin gespannt, was alle anderen Leser/innen noch so sagen!

  • Zitat

    Original von dschaenna


    Auch für mich sind irgendwie zu viele Fragen ungeklärt. Oder zu viele Punkte, die man spekulieren muss: Ist Eddy bereits in der Simulation der Befreier, und er wurde nur ausgewählt, um die beiden davon zu überzeugen, mit ihm zu kommen und zu fliehen? Die Aussage, dass Brüssel so rein und ohne den Staub ist, ist für mich eigentlich eines der deutlichsten Zeichen darauf. Der "richtige" Eddy weiß also gar nichts von seiner Fluchthilfe.


    Es werden alle Fragen beantwortet, manchmal allerdings nur als Indiz und sehr versteckt. Ich finde es gut, wenn man nach einem Buch spekulieren und nachdenken kann - Bücher, die alles einfach verraten, empfinde ich als eher langweilig.


    Zitat

    Original von dschaenna


    Die Aussage von Markus auch in einem vorhergehenden Abschnitt, dass dieses Buch weniger politisch ist als die Vorgänger, führen leider bei mir dazu, dass ich für mich auf "leichtere" Kost umschwenken werde. In diesem Buch war die Mischung zwischen Politik, Zukunftsprophezeiungen und fiktiver Geschichte noch ausgewogen, aber mehr Politik... hm, neee, ich für mich möchte doch lieber leichter unterhalten werden.


    "Mehr Politik" in meinen anderen Büchern heißt nicht, dass dort weniger Spannung und Fiktion ist. Das "mehr" bedeutet nur aktive Auftritte von Politikern, die in die Handlung einbezogen sind. Ich achte immer darauf, dass meine Bücher spannend und leicht zu lesen sind, im besten Sinne Unterhaltung, die zum Nachdenken anregt.

  • Zitat

    Original von Markus S.


    Es werden alle Fragen beantwortet, manchmal allerdings nur als Indiz und sehr versteckt. Ich finde es gut, wenn man nach einem Buch spekulieren und nachdenken kann - Bücher, die alles einfach verraten, empfinde ich als eher langweilig.


    Mir macht es auch Spaß, zu spekulieren und vor allem finde ich, passt das Buch sehr gut für die Leserunde, weil man zu mehreren natürlich viel besser Annahmen treffen oder verwerfen kann :-)
    Aber (nur als ein Beispiel) finde ich eben die Delfin-Krankenschwester oder den ekligen Mann neben dem Zaun... da weiß keiner so wirklich, was passiert, und vor allem bei der Krankenschwester stehe ich doch vor dem Rätsel, auf welcher Seite die Gute denn nun stand, ob sie deswegen gesoffen hat, weil sie alles weiß, oderoderoder. Es ist schon klar, dass nicht jede Figur am Ende "geklärt" dastehen kann, aber ich finde, sie hatte doch eine relativ tragende Rolle und dass sie am Ende einfach so unter den Tisch fällt, lässt mich eben ein bisschen ratlos zurück.

  • So, auch schon fertig, das ging ja wirklich fix.


    Mein Fall war das Buch leider nicht so wirklich, mir blieb ebenfalls zu vieles ungeklärt.


    Nicht zuletzt die simple Frage, warum die Regierung sich dieser beiden gefährlichen Mitwisser nicht einfach entledigt, sondern ihnen stattdessen ein schönes - wenn auch virtuelles - gemeinsames Weiterexistieren ermöglicht. Die Frage wird ja sogar im Epilog gestellt, aber die Antwort, dass sie ja dort nichts tun könnten, finde ich eher unbefriedigend. Ganz abgesehen davon, dass es Vincent ja irgendwie doch gelingt, seinen Bericht in die Welt zu senden, sind sie doch auch in dieser Form ganz schlicht Kostenfaktoren, oder nicht?


    Vincents Einschleichen in das Resort und wie er dort so nach und nach alles herausfindet, fand ich ganz spannend. Aber mir war das dann auch alles zu viel Sci-Fi, ich hatte nicht ganz so viel "Zukunft" in diesem Thriller erwartet (obwohl ich es bei Markus Büchern ja hätte ahnen können ;-) )


    Die Idee mit diesen Senioren-Resorts an sich ist aber durchaus interessant und ich fand die Überlegungen, gerade im Vergleich zu dem Altenheim, in dem der letzte von der Liste vor sich hinvegetierte, auf einmal gar nicht mehr so schwarz-weiß. Lieber ein glücklicher Geist ohne Körper als beides zusammen, aber in einer grässlichen, unwürdigen Pflegeeinrichtung? :gruebel Wer weiß, was uns in 30-40 Jahren so blüht...

  • Gronik :
    Also die am Ende gestellte Frage nach der ethischen Verantwortbarkeit fand ich eben genau darum am spannendsten - ein Ende in der Matrix würde ich im Alter für mich eindeutig dem Hospiz vorziehen. Natürlich wurde hier zusätzlicher Missbrauch betrieben, in dem man (auch jüngere) Regimegegner dort "reinkomplementiert" hat, aber der Ansatz wurde ja nicht wirklich aufgelöst. Andererseits ist es selbst in diesem Fall wohl besser, in der Matrix zu enden statt in einem schmutzigen Hinterhof umgebracht zu werden oder unauffällig einem tödlichen Autounfall zum Opfer zu fallen.
    Was Vincent und Anna betrifft, hatte ich ja bereits spekuliert, dass sie ihr Weiterleben der Fürsprache von Vins Vorgesetztem zu verdanken haben, der ihnen damit die Beseitigung als unliebsame Mitwisser erspart und ein "humaneres" Schicksal ermöglicht.


    dschaenna :
    Obwohl auch ich die Ich-Erzählung per se als schwächer empfinde (und in der KUPPEL wohl nur wegen des Schlusstwists benutzt), wurden hier ja gar nicht so viel Personen eingeführt, an denen man hinterher noch interessiert ist. Der Dicke war letztendlich auch nur atmosphärisches Beiwerk und nicht weiter von Belang, und auch die Krankenschwester - die macht halt weiter in ihrem Job. Ihr Portät sollte wohl nur den Zwiespalt zwischen ihrer körperlichen Existenz und den Verlockungen der Matrix darstellen, wo eben auch ein Mitarbeiter sein kann, was er will.

    Der Macintosh ist katholisch: das Wesen der Offenbarung wird in einfachen Formeln und prachtvollen Ikonen abgehandelt.
    Jeder hat das Recht auf Erlösung.
    (Umberto Eco)

  • Bildersturm
    Das ist echt eine spannende Frage. Ich weiß gar nicht, ob ich dann überhaupt noch "leben" wollen würde... Andererseits hat das Matrix-Konzept schon was, sicherlich verlockender als sich in einem unterbesetzten schmuddeligen Altenheim wundzuliegen - allerdings sollte die Imagination dann doch bitteschön bewusst sein und nicht als fauler Zauber, so wie hier dargestellt.
    Daher fand ich auch die Frage spannend, ob man den Menschen nicht sagen könnte, was sich hinter den Resorts verbirgt... aber anscheinend trauen die Verantwortlichen sich das nicht.

  • Bildersturm, ich finde schon, dass die Krankenschwester am Schluss noch wichtig wäre - der alte Mann nicht, da gebe ich Dir Recht, der ist nur mehr oder weniger "schmückendes" Beiwerk.


    Aber wie ich schon gesagt habe, für mich stellt sich einfach die Frage, wieso die Krankenschwester in der Gaststätte mit Vincent in Kontakt treten kann, ohne dass es entdeckt wird, da ich annehme, da sie allein aufgrund ihres Arbeitsplatzes auch eher unter spezieller Beobachtung/Überwachung steht.
    Und ich hätte es sozusagen als Hintergrund schon gerne erfahren, wie die Sicht eines direkt Beteiligten (aber nicht so direkt wie dem rotschopfigen Leiter) ist - weiß sie also, um was es geht oder wird den Beschäftigten auch nur was vorgegaukelt? Da wäre also die selbe Frage, wie sie Gronik am Ende stellt, wie viel "Wahrheit" wird den Menschen zugetraut?

  • Also doch nur eine Illusion, die SeniorenResidenz.
    Das der Staatsschutz/Militär mit drin hängt, ja, sieht man ja schon bei der Kampfsimulation als Vincent seinem Vater gegenüberstand.
    Statt Mord ein Weiterleben in der Simulation. Kann mir vorstellen,dass dies für das Militär auch zu Testzwecken gemacht wird, so kann man sehen, was langwierig mit Menschen passiert die in einer Simulation leben und eventuell kann man zu psychologischen Studien auch verschiedene Szenarien einspielen. Da haben die Zwei ja noch Glück da ihnen keine Alptraumwelt vorgesetzt wird.
    Eher unwahrscheinlich finde ich, dass das FirstResort als real ausgegeben wird. Es gäbe zu viele Mitwisser, der wahre Zustand wäre ziemlich schnell bekannt. Schon durch die umfassende Vernetzung. Auch glaube ich, dass die alten Menschen bei der geschilderten Wirklichkeit, freiwillig in diese künstliche Welt gehen würden, vor allem, wenn ihnen nicht nur eine hübsche Kleinstadt, sondern auch zb ein Kreuzfahrtschiff, Strand, tolle Landschaften und perfekte Körper zur Auswahl ständen, ähnlich wie bei Otherland -dem multidimensionalen Universum von Tad Williams.
    Als Alternative ein Achtbettzimmer und Dahinsiechen würden die wenigsten wählen...
    Zur ethischen Verantwortung- so schön diese virtuelle Realität für manche Menschen wäre, wie leicht wäre sie auch zu mißbrauchen....
    Jetzt verstehe ich übrigens auch, warum der Kopfhörer verschwunden ist. Das Eigentum eingelagert wird, ok, es muss nicht entkeimt, sondern eingespielt werden.
    Die DelphinKrankenschwester sah er nur in seinen virtuellen Träumen...sie hat sich etwas verändert eingespielt, ihre Rolle ist mir nicht ganz klar geworden.

  • Zitat

    Original von dschaenna
    weiß sie also, um was es geht oder wird den Beschäftigten auch nur was vorgegaukelt? Da wäre also die selbe Frage, wie sie Gronik am Ende stellt, wie viel "Wahrheit" wird den Menschen zugetraut?


    Ich denke schon, dass sie es weiß. Diese Bemerkung, ob Vincent sich für was besseres halte, nur weil er jung ist, weist doch darauf hin, dass ihr klar ist, dass sie alt ist und sich hier nur in einer Rolle jung darstellt.
    Ich kann mir auch vorstellen, dass sie deswegen so säuft, weil eben ihre Vorstellung von sich selbst und die Realität so weit auseinanderklaffen und ihr das sehr wohl bewusst ist.

  • Ein bisschen was geahnt hatte ich schon, aber als Vincent dann in der leeren Kuppel saß, war das doch ein Schock für mich. Alles nur Fassade.


    Zitat

    Original von Bildersturm
    Bei all den Aktionen am Schluss (Eindringen in die Anlage, Flucht, Bunker in Brüssel, nächste Flucht) habe ich ein wenig die Orientierung verloren, weil Vincent durch gar zu viele Röhren klettert, über Dutzende Flure rennt und ständig irgendwo anders rauskommt, aber im Prinzip ist schon klar, was der Autor hier meint. Spannende Sache und ein sehr schönes Ende, das eigentlich völlig konsequent ist.


    Genauso ging es mir auch.


    Also ehrlich gesagt ging mir doch schon auch durch den Kopf, warum sich die Regierung solche Mühe macht, die „Kostenfaktoren“ und vor allen Dingen die politischen Gegner so kostenintensiv ruhig zu stellen. Bei einer Wohntank-Behandlung gegen den Willen und ohne das Wissen der Leute, da ist doch so ein kleiner Mord auch nicht mehr weit … oder?


    Sollten sich Leute tatsächlich bewusst für ein solches virtuelles Resort entscheiden, hätte ich kein Problem damit. Vincents Vater hat das schließlich getan und das muss man auch akzeptieren.
    Was ich machen würde … ? Das kann ich gar nicht beantworten, es kommt sicher auch auf die konkreten Umstände und Alternativen an.


    Mit dem Missbrauch zum Ruhigstellen von Regimegegnern ist die Regierung aber viel zu weit gegangen. Und auch schon damit, die Alten nicht zu informieren, wofür sie sich tatsächlich entscheiden. Tja, und wir, die in dem Alter sind und später als Rentner auch zu „Kostenfaktoren“ reduziert werden? Ich hoffe, keiner kommt auf die Idee, uns später mal so zu „behandeln“ …

  • ... und genau das, was hier in dieser Leserunde passiert, darum geht es mir: Ich möchte mit der "Kuppel" die Gedanken der Leser und Leserinnen anregen. Klar hätte ich schreiben können, wie es z.B. der Krankenschwester weiter ergeht, als sie im Schneetreiben aus der Kneipe flieht und davonfährt. Aber dadurch, dass wir nicht wissen, was ihr passiert ist, bleibt sie uns im Kopf - hätte ich sie z.B. Selbstmord begehen oder besoffen in den Graben fahren lassen (was ich ja auch in der Ich-Perspektive hätte erzählen können), dann wäre ihre Geschichte abgeschlossen gewesen - Ende des Nachdenkens. Und das wäre mir zu wenig gewesen.
    Ich will mit dieser Geschichte Fragen stellen, Antworten soll und muss jeder selber finden. Letztlich mündet es für mich bei jeder erzählten Figur in der Frage: Wie würde ich mich in der Situation selbst verhalten? Und was für Konsequenzen ziehe ich für mich daraus? Denn unsere Zukunft entscheidet sich heute und nicht erst 2035.

  • Zitat

    Original von Wuermchen
    Bei einer Wohntank-Behandlung gegen den Willen und ohne das Wissen der Leute, da ist doch so ein kleiner Mord auch nicht mehr weit … oder?


    Das wäre dann aber doch zu auffällig. Immerhin geht es um Tausende Menschen. Wenn sie sich freiwilig für das Alten-Ressort entscheiden, fragt niemand nach ihnen, weil alle Welt sie für gut aufgehoben hält. Wenn sie aber einfach verschwinden oder in Scharen umkommen, sind Fragen früher oder später unvermeidlich.


    Mich hat allerdings auch gewundert, dass Vincent und Anna am Ende leben gelassen werden und nur in einen Tank kommen. Man hatte sie schon als Terroristen ausgewiesen, da wäre ein Mord nicht aufgefallen, sondern hätte als "Notwendigkeit" deklariert werden können. Mir wäre eine gelungene Flucht als Schluss lieber gewesen, aber das liegt daran, dass ich einfach auf Happy Ends stehe ...


    Alles in allem fand ich das Buch flott geschrieben und sehr, sehr spannend. Gegen Ende musste ich ein bisschen schneller lesen, weil mein Schatz schon in den Startlöchern saß und es auch lesen wollte, so viel hatte ich zwischendurch davon geschwärmt ...

  • Ich habe das Buch am Freitag bei meinem bevorzugten Bücher-Dealer gesehen, gekauft, noch am gleichen Tag angefangen und am Sonntag Morgen gegen 01.00 Uhr beendet.


    Ich musste mich zwischendurch immer wieder einmal versichern, dass das Buch von Markus Stromiedel, dem Autor von „Zwillingsspiel“ (7/10 Pkt-Buch) und „Feuertaufe“ (9/10 Pkt-Buch), ist.


    Es gehört zu den schwächsten, die ich dieses Jahr gelesen habe und das sind schon einige.


    Insbesondere die Grundidee von „First Resort“ hat sich mir nicht wirklich erschlossen, da sich in dem Roman auch in 24 Jahren keine Abkehr von dem kapitalistischen Profitdenken erkenne lässt.


    Um solche ein First Resort aufzubauen und vor allem zu unterhalten bedarf es einer erhebliche Investition in Gebäude, Ausstattung, IT und Personal (wird im 4.Teil ausreichend beschrieben).


    Warum soll dies ein Staat tun? Und vor allem: Warum sollte das Militär das Projekt mitfinanzieren?
    Die Begründung des Chefs von Vincent ist dafür zu schwach.
    Um einen „Aufstand zu verhindern und Kosten zu sparen ist der Aufwand für ein paar tausend (im Roman bisher knapp 500) „Alte“, deren Kosten/Nutzen-Rechnung immer negativer wird, einfach zu hoch. Ausgehend von den heutigen Alterspyramiden gehören 2030 allein in Deutschland einige Millionen Menschen dazu.


    Allein aus humanitären Gründen würde es Sinn machen. Nur dieses Umdenken auf mehr „Menschlichkeit“ kann ich nirgends im Roman entdecken.


    Auch die „Welt am Draht“ ist für mich in sich nicht schlüssig. Es wird ein heiteres, gutes virtuelles Leben vorgegaukelt, aber was ist wenn der Körper Schmerzen hat, wenn der Mensch dement ist? Was, wenn einer stirbt? Der tote Matze scheint ja noch als eine Art „Endlos-Schleife“ im System zu existieren.


    Diese Art von Lagerung alter Menschen als Idee ja ganz nett, aber die Umsetzung ist für mich einfach nicht durchdachte und daher mangelhaft.


    Auch die Welt außerhalb der Kuppel ist mir zu nebulös. Ein paar Schlagworte reichen einfach nicht, um ein Bild zu geben.


    Das, sowie nicht nachvollziehbare Handlungen (u.a. Warum wird der tote Matze wieder eingekleidet und am Zaun niedergelegt, statt ihn verschwinden zu lassen. Er existiert virtuell ja noch. Warum geht die „Sondereinheit“ überhaupt und dann noch so offen vor?) und die sterile Ich-Erzähler-Form lassen das Buch für mich zu einem 4/10 Pkt-Buch werden und somit eine Fehlinvestition.


    Schade, der Autor stand bisher bei mir auf „Blind kaufen“.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson


  • Die GrundIdee fand ich schon schlüssig, immer mehr alte Menschen, immenser Pflegeaufwand,immense Kosten. Einmal im Tank, können sie einfacher versorgt werden.
    Ich denke nur, dass sich sowas nicht geheim halten liese, dass aber die Menschen, wenn sie eine attraktive Realität inclusive Avatarwahl zur Verfügung hätten, freiwillig in den Tank, statt in ein Altersheim gingen.
    Wahrscheinlich würden auch jüngere Menschen einen "Urlaub im Tank" buchen, der risikoärmer und vielleicht kostengünstiger als ein echter Urlaub wäre.Garantiert Sonne, Erlebnisse buchbar usw.
    Ganz besonders aber, würde das Miliär sich dafür interessieren, um eine effektive Ausbildung zu simulieren, Menschen zu beeinflussen, die zum Schluß nicht mehr wissen was nun real ist. Gezielte, nicht nachweisbare Folter wäre genauso möglich.
    Das Ende hier im Buch ist eigentlich nur auf den ersten Blick schön für die Protagonisten.
    Wahrscheinlich sind sie LangzeitVersuchsobjekte. Was passiert mit ihrem Körper. Wie lange realisieren sie, dass ihre Umgebung nur virtuell ist. Verschiedene Simulationen, um ihre psychischen Grenzen zu testen. Ein vorgespielter gelungener Fluchtversuch, eventuell ein angeblich normales Leben, virtuelle Kinder, Psychotests...

  • Zitat

    Original von dyke
    Warum wird der tote Matze wieder eingekleidet und am Zaun niedergelegt, statt ihn verschwinden zu lassen. Er existiert virtuell ja noch.


    Darüber habe ich auch nachgegrübelt und es mir dann so erklärt, dass dadurch der Mord vertuscht werden sollte. Offiziell war er in dem Ressort untergebracht, und es hätte vielleicht Fragen gegeben, wenn er einfach verschwunden wäre. Nun sah alles nach Erfrieren aus, wie es im Winter vorkommen kann.


    Warum Matze aber immer noch im Ressort "unterwegs" war, darüber bin ich mir auch nicht klargeworden. Außer für Vincent und uns ...
    :gruebel

  • Zitat

    Original von LyFa
    Wahrscheinlich würden auch jüngere Menschen einen "Urlaub im Tank" buchen, der risikoärmer und vielleicht kostengünstiger als ein echter Urlaub wäre.Garantiert Sonne, Erlebnisse buchbar usw.


    Das ist eine coole Idee! Für mich wäre das nix. Obwohl ... nach zwei verregneten Urlaubswochen ist man vielleicht in Versuchung ...

  • So, ich bin auch durch. Wie gesagt, hatte es an einem Rutsch gelesen. Bei dem verregnet Wochenende auch kein Wunder :grin


    First Resort habe ich von der Grundidee her schon verstanden und irgendwo stimmt es ja auch. Ältere Menschen brauchen einfach viel Aufmerksamkeit und Pflege und nicht jeder hat Familie, der sich kümmert. Dafür gibt es Altenheime, aber auch die sind meist nicht optimal.
    Ich denke aber nicht, dass eine Geheimhaltung schwierig wäre. Zumindest nicht, wenn die "Alten" dann keinen Kontakt zur Außenwelt haben. Die Frage ist nur, ob die Angehörigen dann denken, sie seien verstorben und ob das gut wäre.
    Aber die Idee ist auf jeden Fall spannend und hat gut in die Geschichte gepasst.


    Mir hat "Die Kuppel" gefallen, ich bin durch die Geschichte gerast, sprachlich gefällt es mir. Habe eigentlich so gut wie nichts zu meckern. Meine Rezi folgt auch bald. :wave