Annika Reich - 34 Meter über dem Meer

  • Älterer Herr möchte seine Wohnung tauschen. 6-Zimmer-Wohnung in Charlottenburg zu tauschen gegen 2/3-Zimmer. Kein Aufpreis, keine Nebenkosten, keinerlei Avancen.


    Diese Anzeige klebt an einem Ampelmast und fällt Ella in die Augen. Ohne groß darüber nachzudenken, reißt sie die Telefonnummer ab und ruft den Anbieter an. Dabei denkt Ella sonst über alles nach. Und zwar auf eine Art und Weise, die für andere nicht immer so ganz nachvollziehbar ist. Ihre ältere Schwester Jasmin hält sie für hoffnungslos verträumt. Jasmin hingegen steht schon immer mit beiden Beinen fest im Leben und hat weder Zeit noch Raum für sinnlose Gedankenspiele. Aber Ella ist anders. Ihr neuer Freund Paul vergleicht sie mit Holly Golightly aus Frühstück bei Tiffany, ein Vergleich, der gar nicht so weit daneben liegt.


    Horowitz hingegen ist ein gealterter Meeresforscher, der schon seit Jahren quasi in Berlin gestrandet ist. Das Meer ist seine große Leidenschaft, doch zwischen Praxis und Theorie klafft hier ein weiter Spalt und im Moment möchte er nur noch raus aus seinem Leben, daher die Idee mit dem Wohnungstausch.


    Doch ob die beiden in der jeweils fremden Wohnung ihr Leben und den Sinn darin (wieder)finden?


    Das Buch hat etwas ganz Besonderes, allerdings fällt es mir schwer, dies genau zu beschreiben. Die Geschichte verläuft wie ein sprudelnder Bach, manchmal schneller, manchmal ruhiger, manchmal hat man das Gefühl, da liegen einige Steine im Weg, die Erzählweise ist eher leise und melancholisch, trotzdem gab es immer wieder Stellen an denen ich schmunzeln musste. Die Charaktere werden liebevoll beschrieben, ihre Macken aber nicht verheimlicht oder beschönigt.


    Einzig mit einer Nebenfigur und deren Handlungsstrang konnte ich nicht so viel anfangen, die fand ich eher ablenkend und hätte sie wohl nicht vermisst, wenn sie gar nicht aufgetreten wäre.


    Aber ansonsten eine wirklich schöne Lektüre und für mich mal wieder was ganz anderes!

  • Meine Meinung nach 140 Seiten: Ich gebe es auf, ich kapituliere, ich breche ab...Eigentlich schade, denn ich war zu Beginn noch sehr angetan von dem Buch. Annika Reich hat hier meiner Meinung nach einfach zu viele ungewöhnliche Figuren in eine Geschichte gepackt. Zugegeben, ihre Hauptfigur Ella ist auf den ersten Blick zauberhaft und das, was ihr passiert, ist ungewöhnlich, doch dann kommen noch weitere Personen dazu, die ebenso verschroben und weltfremd sind wie sie und irgendwann begann mich das doch ziemlich zu nerven. Ella sagt nicht, was sie denkt, sie schwebt immer irgendwie über den Wolken und auch die anderen Personen halten sich heraus aus dem Leben, das immer nur um sie herum, aber nie mit ihnen stattfindet. Ella sieht an einer Ampel einen Zettel, auf dem der Meeresforscher Horowitz einen Wohnungstausch anbietet und geht auf die Sache ein - Horowitz, den sie kennenlernt, ist ein älterer (natürlich) ebenso verschrobener Typ wie sie und die Dialoge der beiden zeigen, dass sie einander recht ähnlich sind und auch die Leben der beiden weisen gewisse Parallelen auf. "Sie reden nicht nur um den heißen Brei herum, sie leben auch um den heißen Brei herum". Und dieses Schwimmen in der Wirklichkeit, diese fehlende Konkretheit in ihrem Leben ist es, die mich irgendwann wütend machte.
    Die Sprache ist wirklich schön und möglicherweise hätte ich das Buch auch gemocht, doch ich habe nun mal auch im wirklichen Leben beide Beine auf dem Boden und möchte solche "Traumtänzer" einfach nur wachrütteln, da hilft dann auch kein Rückblick auf eine schwierige Kindheit, die diese Realitätsflucht erklärt.
    Ich denke, dieses Buch wird sicherlich begeisterte Leser finden, die sich mit den Figuren anfreunden können, doch für mich war es nicht das Richtige.


    Vielleicht noch ein Zitat, damit man sich ein Bild vom Stil machen kann: "Manchmal tauchte sie ab, um in einem anderen Leben wieder aufzutauchen. Sie konnte das - verschwinden, und wieder auftauchen in einem anderen Leben. Meist verschwand sie nur in ihren Gedanken, aber manchmal verschwand sie auch ganz und gar. Und wenn sie dann wieder auftauchte, strahlte sie, erzählte von Unfällen und Zufällen und streichelte dabei mit flachen Fingerkuppen sein Bein..."