Andrej Kurkow las am 25.April 2012 in Hamburg

  • Andrej Kurkow las am 25.April 2012 in Hamburg


    Bereits zum 14.Mal fanden die Vattenfall Lesetage in Hamburg statt, die Lesefreunde von Nah und Fern in die Hansestadt reisen ließen.
    Zu den über 150 lesenden Schriftstellern gehörte auch der ukrainische Schriftsteller Andrej Kurkow, der aus seinem neuen Roman "Der Gärtner von Otschakow" vorlas. Die Veranstaltung, die in der gutgefüllten und mir unbekannten Buchhandlung stories! stattfand, schien ein spezielles Publikum anzuziehen.
    Die wahren Anhänger Kurkows, so mein Eindruck, stellten zwar eine Minderheit unter den knapp fünfzig dicht gedrängt zwischen Bücherregalen sitzenden Gästen dar, taten der Veranstaltung aber keinen Abbruch.
    Nach den herzlichen und knappen Begrüßungsworten durch die Geschäftsführerin erfolgte eine nüchterne Ansprache eines Mitarbeiters von Vattenfall, der nochmals die Wichtigkeit des Sponserings durch den Energiekonzern für die Literatur betonte(mutmaßlich vor dem Hintergrund der Gegenveranstaltung "Lesetage selber machen- Vattenfall Tschüss sagen"), bevor endlich Andrej Kurkow zu Wort kam.


    Der Schriftsteller nutzte die erste halbe Stunde, um sich und sein Leben in deutscher Sprache vorzustellen und zu erklären, wie es dazu kam, dass er mit dem Schreiben begann. Andrej Kurkow erzählte von seinem Vater, der als Testpilot in Kiew arbeitete, seinen Sohn viel allein ließ und ihm zur Beschäftigung drei Hamster schenkte, die alsbald ihr Ende fanden; von seinen ersten lyrischen Versuchen und von einer verhinderten Militärkarriere, die ihn als Aufseher in ein Gefängnis führte und ihm noch mehr Zeit zum Schreiben verschaffte und nur eines bezwecken sollte, keine Reisesperre für die nächsten zwanzig Jahre zu erhalten.
    Immer mit einem Zwinkern in den Augen und einem Schalk im Nacken schloss Andrej Kurkow seinen Bericht mit der Anekdote, wie er seine zwei ersten Bücher, ein Kinderbuch und einen philosophischen Roman, eigenständig verlegte und 75.000 Exemplare innerhalb eines Jahres vertrieb. So mancher Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Geschichten blieb, charmant unterhielten sie das Publikum allemal.


    Den ersten Abschnitt aus seinem aktuellen Roman "Der Gärtner von Otschakow" las der Schriftsteller in russischer Sprache vor und stimmte die Zuhörer auf seinen unambitionierten Protagonisten Igor ein, der sich auf eine Zeitreise ins Jahr 1957 ans Schwarze Meer begibt und die Zuhörerschaft Krimluft schnuppern ließ.
    So wie Kurkow sein Leben beschrieb, so ergeht es den liebenswürdigen und zuweilen unbeholfenen Helden in seinen Romanen: Sie stolpern in die eigenartigsten Situationen, winden sich und lösen ihre Probleme findungsreich und unkonventionell. Und das zur Freude des Lesers.
    Am Ende des Abends stellte sich Andrej Kurkow den Fragen des Publikums und kam auf besondere Weise den Signierwünschen einer Leserschaft nach, die glückselig eine Veranstaltung verließ und sich keine zufriedenstellende Antwort darauf geben konnte, wie die Zukunft von Lesungen ohne finanzielle Unterstützung durch die Wirtschaft aussehen kann.


    Wer sich einen Eindruck von der Buchhandlung verschaffen möchte, in der die Lesung stattfand, schaut bitte hier: stories!

  • Das hört sehr interessant. Herzlichen Dank für diesen sehr anschaulichen Bericht. Hast du schon etwas von diesem Autor gelesen? :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.