Im Rausch der Freiheit - Edward Rutherfurd

  • Gebundene Ausgabe: 1152 Seiten
    Verlag: Karl Blessing Verlag (2. April 2012)
    ISBN-13: 978-3896674395
    Originaltitel: New York
    Preis: Euro 29.95 / CHF 40.90


    Autor


    Edward Rutherfurd, 1948 in Salisbury geboren, studierte in Cambridge und Stanford. Er lebt seit 12 Jahren in Dublin und New York. Seine Romane "Sarum" (1990), "London" (1998), "Der Wald der Könige" (Blessing, 2000), "Die Prinzen von Irland" (Blessing, 2005) und "Die Rebellen von Irland" (Blessing, 2006) wurden internationale Bestseller.


    Kurzbeschreibung / Klappentext


    Edward Rutherfurd erzählt von mutigen Frauen und mal klugen, mal gerissenen Männern, die die große Freiheit von New York, den Glanz und das Elend dieser pulsierenden Metropole bis zur Neige ausgekostet haben: Da sind die van Dycks, niederländische Einwanderer, die ihren Aufstieg dem Pelzhandel mit den Indianern verdanken. Da sind die aus England stammenden Masters, eine puritanische Kaufmannsfamilie, die während des Aufstands der amerikanischen Kolonien gegen das Mutterland und später auch durch die Sklavenfrage und den Bürgerkrieg zu zerreißen drohte. Aus Deutschland schließlich wanderten im 19. Jahrhundert die Kellers ein, eine Familie von Lebenskünstlern, Gelehrten und Künstlern, die sich in den Roaring Twenties in den Flüsterkneipen und Jazzbars vergnügte. Die schönste, aber auch die tragischste Liebesgeschichte bleibt jedoch den Carusos vorbehalten, die 1901 aus Neapel aufbrachen, sich im Little Italy genannten Stadtteil ansiedelten und anfangs vom Großstadtleben überfordert schienen.


    Rutherfurds farbenprächtiges Familienepos zeichnet die Geschichte New Yorks von seiner Gründung bis in unsere Zeit nach. Zahlreiche historische Persönlichkeiten wie George Washington, Abraham Lincoln, Theodore Roosevelt oder der legendäre Bankier und Großunternehmer J. P. Morgan werden dem Leser in Nahaufnahme porträtiert. Und immer wieder wird deutlich, wie sehr auch deutsche Einwanderer – der aufsässige Gouverneur Johann Jakob Leisler, der unbeugsame Drucker J. P. Zengen oder der Multimillionär Johann Jakob Astor – die Geschichte dieser faszinierenden Stadt prägten.


    Meine Meinung


    New York ist in jeglichem Sinne ein weites Feld und eine der komplexesten Metropolen der Welt. Sie kann nicht mit der zeitlich längeren Historie europäischer Metropolen mithalten aber die fast dreihunderfünfzig Jahre bieten ein riesiges Sammelsurium an Geschichten und Episoden die erzählenswert sind. Mit Mut, Erfindergeist, Willensstärke und Tatendrang geprägt mit vielen Abenteuern und Sensationen wurde eine der wichtigsten Städte der Welt geschaffen. Manche Menschen, Ereignisse und Bauwerke prägten die Stadt tiefgreifend andere sind eher ein flüchtiges Ereignis der Zeitgeschichte.


    Die Erzählung beginnt im Jahre 1664 - Als die Holländer hier ankamen war Manhattan ein grosses indianisches Jagdgebiet, durchzogen von Flüssen und Kanälen, ein Sumpfgebiet. Durch den Handel mit Fellen entsteht eine kleine Siedlung namens New Amsterdam. Durch die geographische ideale Lage wächst die Kolonie schnell und manifestiert sich neben Boston und Philadelphia als wichtigster Ort der frühen amerikanischen Geschichte. Der Westen war zu dieser Zeit unerschlossen und wild aber an der Ostküste entwickelt sich ein Rechtssystem und der technische Fortschritt entwickelte sich fast täglich unaufhaltsam weiter. New York war und ist seit jeher materialistisch aber zugleich auch ein Schmelztiegel der Kunst, der Musik und der Inbegriff für unbegrenzte Möglichkeiten. Die Einwanderer kamen auf der Suche nach Freiheit, der amerikanische Traum war kein Traum, er war Realität - für manche aber auch ein Ort der geplatzten Träume.


    Dieses Buch ist 1150 Seiten lang und ich bezeichne es als Biografie, keine von einem Menschen sondern von einer Stadt, eine "Stadtbiografie". Fiktiven Personen und deren jahrhundertelange Familiengeschichte tragen die Handlung dieses Romans. Die bedeuten Personen der Zeitgeschichte (Benjamin Franklin, Thomas Jefferson, J. P. Morgan usw usw. usw.) haben meistens, aber nicht immer, den passiven Part inne. Es wird von ihnen gesprochen, von ihren Taten, Ansprachen und was das für Auswirkungen für das Land und die Menschen hat. Als Leser muss man sich immer wieder von Personen trennen und bereit sein sich auf immer neue Figuren einzulassen und dies ist nicht immer ganz einfach. Es sind halt zeitlich bedingt in sich abgeschlossene Geschichten.


    Ein so langer und umfangreicher Roman hat natürlich seine Längen, keine Frage. Etliche Geschichten hätten deutlich gekürzt oder sogar weggelassen werden können, es hätte an nichts gemangelt und zwei- bis dreihundert Seiten weniger hätten es auch getan. Aber Rutherfurd wollte wahrscheinlich die 1000 Seiten Marke unbedingt knacken und hat in rauschhaftem Zustand geschrieben was das Zeug hält. Ich habe für dieses epochale Werk fast vier Wochen gebraucht, auch aus dem Grund das man es nicht in einem Stück durchlesen sollte. (zwischendurch habe ich einen anderen Roman gelesen.) Als Langzeitprojekt über Tage und Wochen häppchenweise gelesen macht es Spass, es ist aber auch eine Art Arbeit. Ich habe mich festgebissen und rückblickend hat es sich gelohnt Kapitel für Kapitel "abzuarbeiten". Es ist ein Flirt mit New Yorks faszinierender Stadtgeschichte und ich bewerte das Buch mit 7 oder 8 Eulenpunkten.


    Zwei Wörter: das eine eine Aufforderung, das andere ein Ideal, ein Abenteuer, eine Notwendigkeit. IMAGINE - stell Dir vor, habe eine Vision; FREEDOM - die unbändige Verlockung der Freiheit. Das ist der Geist, die Botschaft der Stadt. Mehr bedarf es nicht, erträume und tu es, aber zuerst muss du es dir erträumen. IMAGINE! FREEDOM!


    Edit: Die fiktiven Personen/Familiengenerationen tragen die Hauptgeschichte, deshalb habe ich die Rezi unter Belletristik eingestellt . Es werden Ereignisse ab 1664 bis 2001 geschildert - unter Historisch schwer einzusortieren. Evtl. wäre auch Biografie korrekt gewesen - ein Krux mit diesem Buch... :zwinker

  • Für dieses Buch muss man sich für New York und die Geschichte interessieren und man muss viel Geduld und eine grosse Portion Ausdauer mitbringen. Es ist vom Sprachstil her recht leicht zu lesen aber das verführt wiederum zum zu schnellen lesen und überfliegen der Seiten, dafür ist es wiederum zu schade da der Preis recht hoch ist. Als Zweitbuch regelmässig darin gelesen ohne Zeitdruck und über Wochen hinweg geht es eigentlich recht gut.


    Ein Buch das wahrscheinlich nur für einen kleinen Leserkreis gedacht ist. Ich habe mich übrigens auch entschlossen "nur" 7 Punkte zu vergeben, einfach der vielen Längen wegen.

  • Edward Rutherfurd: Im Rausch der Freiheit: Der Roman von New York
    Titel der Originalausgabe: New York
    Meine Rezension bezieht sich auf die Originalausgabe


    Kurzbeschreibung bei amazon


    Nach seinen großen London- und Dublin-Romanen entfaltet Rutherfurd ein packendes Panorama von New York.


    Edward Rutherfurd erzählt von mutigen Frauen und mal klugen, mal gerissenen Männern, die die große Freiheit von New York, den Glanz und das Elend dieser pulsierenden Metropole bis zur Neige ausgekostet haben: Da sind die van Dycks, niederländische Einwanderer, die ihren Aufstieg dem Pelzhandel mit den Indianern verdanken. Da sind die aus England stammenden Masters, eine puritanische Kaufmannsfamilie, die während des Aufstands der amerikanischen Kolonien gegen das Mutterland und später auch durch die Sklavenfrage und den Bürgerkrieg zu zerreißen drohte. AusDeutschland schließlich wanderten im 19. Jahrhundert die Kellers ein, eine Familie von Lebenskünstlern, Gelehrten und Künstlern, die sich in den Roaring Twenties in den Flüsterkneipen und Jazzbars vergnügte. Die schönste, aber auch die tragischste Liebesgeschichte bleibt jedoch den Carusos vorbehalten, die 1901 aus Neapel aufbrachen, sich im Little Italy genannten Stadtteil ansiedelten und anfangs vom Großstadtleben überfordert schienen.


    Rutherfurds farbenprächtiges Familienepos zeichnet die Geschichte New Yorks von seiner Gründung bis in unsere Zeit nach. Zahlreiche historische Persönlichkeiten wie George Washington, Abraham Lincoln, Theodore Roosevelt oder der legendäre Bankier und Großunternehmer J. P. Morgan werden dem Leser in Nahaufnahme porträtiert. Und immer wieder wird deutlich, wie sehr auch deutsche Einwanderer – der aufsässige Gouverneur Johann Jakob Leisler, der unbeugsame Drucker J. P. Zengen oder der Multimillionär Johann Jakob Astor – die Geschichte dieser faszinierenden Stadt prägten.




    Eigene Beurteilung


    Wer schon ein Buch von Edward Rutherfurd gelesen hat, weiß, was er zu erwarten hat: eine hervorragend recherchierte "Biographie eines Ortes", in der fiktive Familien in einen äußerst detailgenauen historischen Kontext eingebettet sind.
    Dieser Roman befasst sich mit der Geschichte New Yorks. Im Gegensatz zu Rutherfurds anderen Romanen beginnt die Romanhandlung jedoch nicht vor Tausenden von Jahren, sondern setzt mit den ersten europäischen Siedlern im heutigen New York, damals noch Neu-Amsterdam genannt, im Jahr 1664 ein.
    Der Niederländer Dirk van Dyck treibt Handel mit den Indianern und gelangt als Pelzhändler zu einem gewissen Wohlstand. Seine Tochter Clara heiratet Tom Master, der das schwarze Schaf einer puritanischen Familie aus England ist. Im Gegensatz zu seinen Eltern und seinem Bruder, die in Boston ein äußerst ehrbares, von Gottesfurcht geprägtes Leben führen, ist er lebensfroh und geschäftstüchtig. Gemeinsam mit Clara begründet er die Dynastie der Familie Master, der der Leser über elf Generationen bis ins Jahr 2001, bzw. 2009 (Epilog) folgt.
    Die Masters haben im Laufe der Jahrhunderte immer wieder Kontakt zu einigen anderen Einwandererfamilien, den aus Deutschland stammenden Kellers, den O´Donnells aus Irland und den Carusos aus Italien. Bis Mitte des 19.Jahrhunderts wird auch das Schicksal der Haussklaven der Familie Masters eindringlich geschildert.
    "New York" beschäftigt sich nicht nur mit den bekanntesten Epochen der amerikanischen Geschichte wie dem Unabhängigkeitskrieg und dem Sezessionskrieg, sondern auch mit zunächst weniger einschneidenden gesellschaftlichen und politischen Veränderungen. Der Leser erfährt Interessantes über den Zenger-Prozess, der ein Meilenstein in der Geschichte der Pressefreiheit ist, über den Blizzard von 1888 , der zur Verlegung von Verkehrsmitteln (U-Bahn) und Kabeln unter die Erde führte, über den verheerenden Brand in der Textilfabrik Triangle Factory , bei dem 1911 mehr als 140 Textilarbeiterinnen ums Leben kamen und der zur Verbesserung der Sicherheitsstandards führte.
    Weitere Themen sind die gesellschaftlichen Veränderungen nach dem Ersten Weltkrieg, die Börsencrashs von 1907 und 1929, die Prohibition der Zwanziger Jahre, die Errichtung der Wolkenkratzer und das moderne New York mit seinen liebenswerten und weniger liebenswerten Eigenschaften bis zum Schicksalstag 11.09.2001.
    Bei der ungeheuren Fülle von Informationen gelingt es dem Autor, den Romanfiguren sehr "echte" und individuelle Charaktere zu geben, sodass man sich mit ihnen freut und auch mit ihnen leidet. Der Erzählstil der englischen Originalausgabe ist unglaublich fesselnd, man bedauert die Tatsache, dass man Lesepausen einlegen muss, weil man sonst die Fülle der Informationen nicht verarbeiten kann.
    Drei historische Stadtpläne von New York vorn im Buch noch vor dem Vorwort, die sowohl in der englischen als auch in der deutschen Ausgabe enthalten sind, erlauben es, die im Roman vorkommenden Örtlichkeiten besser einzuordnen.


    Fazit: Dieses Buch sollte man nur in Angriff nehmen, wenn man Zeit und Ruhe hat, denn es wirkt wie eine Droge, ohne die man nicht auskommt, bis sie restlos aufgebraucht ist. Für mich ist "New York" unter bisher über 50 gelesenen Büchern im Jahr 2012 das Highlight. 10 Punkte

  • Danke, für diese ausführlichen, interessanten Rezensionen!


    Mich lacht das Buch von meinem SuB aus an, allerdings werde ich es nach diesen Vorstellungen für einen längeren Sommerurlaub ins Visier nehmen - oder noch besser für den Herbst, wenn für mich endlich die Altersteilzeit beginnt.

  • Zitat

    Original von Sylli
    Danke, für diese ausführlichen, interessanten Rezensionen!


    Mich lacht das Buch von meinem SuB aus an, allerdings werde ich es nach diesen Vorstellungen für einen längeren Sommerurlaub ins Visier nehmen - oder noch besser für den Herbst, wenn für mich endlich die Altersteilzeit beginnt.




    Ein wunderschönes Buch für diese ach so triste und Kalte Jahreszeit, kann es nur Empfehlen es zu lesen auch wenn es sehr umfangreich ist.