Inhaltsangabe
Hunter Bell versucht verzweifelt, seine Vergangenheit zu vergessen, doch die bitteren Erinnerungen lassen sich nicht abschütteln. Als er eines Tages eine junge Frau vor dem sicheren Tod in einem Schneesturm rettet, scheint sich sein Schicksal zum Guten zu wenden. Zum ersten Mal ist er bereit, sein Herz wieder einem anderen Menschen zu öffnen. Aber Quaye ist bereits verheiratet, und es scheint mehr als das Eheversprechen zu sein, das sie an ihren Mann bindet.
Meine Meinung
Der Klappentext verschweigt, dass die Handlung während des Goldrausches im Amerika des 19. Jahrhunderts stattfindet. Wäre das ersichtlich gewesen, weiß ich nicht, ob ich zu dem Buch gegriffen und an der Leserunde teilgenommen hätte, denn weder zum Wilden Westen noch dem damaligen Goldrausch habe ich „einen Draht“.
Richard Paul Evans schreibt gewohnt gut, das Buch liest sich für meine Begriffe leicht und mit den gerade mal 222 Seiten war ich recht schnell fertig. Und vielleicht liegt – für mich – gerade darin die Schwäche des Buches: Es sind zu wenige Seiten für so viel, was Evans anspricht. Es geht nicht nur um die irische Auswanderungswelle anlässlich der entsetzlichen Hungersnot in Irland, es geht auch um das Einwanderelend in Amerika, um die Gier und Not jener Menschen, die alle nur den schnellen Reichtum wollten, natürlich – und anlässlich des Vorworts des Autors dachte ich, dies würde sein Hauptanliegen sein – geht es um Misshandlung und Missbrauch von Frauen, es geht um Gewalt und Selbstjustiz und außerdem geht es auch noch um den Glauben, den Verlust und das Wiederfinden desselben, nicht zu vergessen den üblichen und alltäglichen Rassismus, diesmal in Bezug auf die chinesischen Einwanderer.
Wirklich leicht gemacht hat es mir Evans auch nicht mit seinem Personal: Die männliche Hauptfigur ist für mich jemand, der mir gewissermaßen gleichgültig blieb; es war zwar angenehm, mit ihm etwas Zeit zu verbringen, aber es fehlt ihm sozusagen ein wenig an Nachhaltigkeit. Die weibliche Hauptfigur war mir zu überzeichnet; nicht alles, was Evans zu ihr sagt, war für mich nachvollziehbar. Auch von den Nebenfiguren konnte mich keine weder im positiven noch negativen Sinn dermaßen beeindrucken, dass sie mir allzu lange im Gedächtnis haften bleiben wird. Da fehlte es mir schlicht an einer gewissen Tiefenwirkung.
Reizvoll wurde das Buch für mich dann doch an den Stellen, an denen Evans etwas zum historischen Kontext schreibt, beispielsweise die Bürgerwehren oder die Situationen der Einwanderer, egal ob sie nun aus Irland oder China kamen.
Das Buch ist für mich zu gewollt, es hat zu viele Themen, ist zu sehr auf seine Botschaft, die Evans in einem Text zu Anfang des Romans und dem Prolog verdeutlicht, fixiert. Es ist allerdings nicht so schlecht, so dass ich es hätte abbrechen mögen, es kann schon unterhalten; letztlich gilt: „Tränen der Vergangenheit“ war für ein paar Stunden eine Ablenkung vom Alltag, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Richard Paul Evans wird für mich als der Autor des Buches „Die wundersame Schatulle“ immer einen gewissen Bonus haben dergestalt, dass ich auch nach den gelesenen zwei - für mein Empfinden - schwächeren Büchern (das vorliegende und „Der Weihnachtswunsch“) weiterhin seine Werke lesen werde.
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