Originaltitel: A Virgin River Christmas
Band 4 der Virgin River Reihe
Klappentext:
Wer kann das sein? Ian Buchanan erwartet keinen Besuch. Er hat sich in das kleine Dörfchen Virgin River zurückgezogen, um alleine zu sein. Nie wird er sich verzeihen, dass er seinen schwer verletzten Freund gerettet und ihm damit drei schmerzvolle Jahre bis zum Tod beschert hat. Doch die junge Witwe, die kurz vor Weihnachten vor seiner Tür steht, scheint fest entschlossen, ihm für diese Tat zu danken. Ian hat das Gefühl, dass Marcie Sullivan ihm direkt bis in die Seele schauen kann. Da sieht sie seinen Schmerz, aber auch den Wunsch, Vergebung zu erfahren. Kann er mit ihr zusammen wirklich lernen, die Geister der Vergangenheit zu bannen und wieder glücklich zu werden?
Meine Meinung:
Marcie Sullivan hat eine Mission. Sie hat sich in den Kopf gesetzt, den ehemals besten Freund ihres verstorbenen Mannes zu finden, der sich irgendwo in den Bergen verkrochen hat. Hatte er einst im Irak ihren Mann gerettet, zwar schwer verletzt, aber noch lebend, womit er ihm noch drei Jahre geschenkt hat. Obwohl Bobby nicht mehr aus dem Wachkoma aufgewacht ist, ist seine Witwe Marcie Ian unendlich dankbar für die geschenkte Zeit mit ihrem Mann. Sie und seine ganze Familie konnten sich verabschieden, mit ihm reden und ihn dann in Würde gehen lassen. Ian sieht das allerdings anders. Nach nur einem kurzen Besuch bei Bobby quittiert er seinen Dienst beim Militär, was keiner wirklich versteht, galt er doch bei seinen Untergebenen als einzigartiger Sergeant, der allen als Vorbild diente. Danach ist er abgetaucht – und Marcie will ihn jetzt wiederfinden, um ihm die Baseballkartensammlung ihres Mannes zu geben. Aber dafür muss sie ihn erst einmal finden, deshalb zieht sie mit ihrem kleinen Käfer los. Die Suche gestaltet sich schwieriger, als gedacht, und schon bald ist sie nicht nur mit ihrem Latein, sondern auch mit ihrem Geld am Ende. Natürlich könnte sie aufgeben oder ihre Schwester um Geld bitten, dazu ist sie dann doch zu stolz. So schläft sie halt im Auto und ernährt sich nur mit dem Nötigsten – bis sie in Virgin River bei Jack und Mel landet. Die beiden nehmen sie erst einmal auf und kurz darauf findet sie auch Ian, der wie ein Einsiedler in einer kleinen Hütte auf einem Berg haust – ohne Strom und fließend Wasser. Marcie stellt ihn zur Rede, aber er will sich nicht mit ihr unterhalten. Erfolglos schickt er sie wieder weg, aber Marcie ist hartnäckig und das Schicksal auf ihrer Seite. Schnee und eine gemeine Grippe zwingen die beiden zum Umdenken und Ian beweist seine Menschlichkeit, indem er sich aufopferungsvoll um Marcie kümmert.
Es ist Weihnachten in Virgin River, der Ort feiert auf seine ganz eigene Art und Weise. Das weihnachtliche Wetter mit viel Schnee zaubert eine besondere Atmosphäre herauf, ein Buch, was man am besten mit einer dicken Decke über den Knien genießen kann. Man trifft eine ganze Menge alter Bekannter und kann wieder ein weiteres Stück des Lebens mit ihnen gehen, selbst wenn sie nur am Rande auftauchen. Der Hauptfokus des Buches liegt natürlich in der Beziehung von Marcie und Ian, Robyn Carr fängt die Gefühle ihrer Hauptpersonen sehr gut ein. Ian gibt den brummeligen Einsiedler, der mit Menschen keine Beziehungen mehr eingehen möchte. Als er Marcie gezwungenermaßen aufnimmt, dezimiert er den Kontakt auf das Nötigste. Mit Marcies Hartnäckigkeit hat er allerdings nicht gerechnet, Stück für Stück gelingt es ihr, die harte Schale zu durchbrechen und den weichen Kern wieder freizulegen. Dies alles geht geruhsam und realistisch zu, das Verhalten beider ist glaubwürdig und emotional. Sensibel erzählt die Autorin eine Geschichte von Verlust und Freundschaft, von Ehre und Verletzung, und vor allem von Liebe und Vertrauen, vom Wiederfinden eines Weges in das eigene Leben.
Natürlich drückt die Autorin auch kräftig auf die Tränendrüsen – wie haben ja immerhin Weihnachten. Zum Glück bedient sie sich dabei nicht grade gängiger Klischees – sie erfindet einfach neue. Der Weihnachtsabend im Pub ist rührend und emotional, er gibt dabei schöne Einblicke auf die Dorfgemeinschaft. Die ja auch der Grund ist, warum die Romane aus Virgin River so beliebt und anrührend sind, es ist ein tolle Gemeinschaft, in der sich selbst der Leser geborgen fühlt. Nicht alles ist rosig oder in Zuckerwatte getaucht, ernsthafte Probleme drängen sich immer wieder hinein. Aber wer solche Freunde hat, der braucht vor den schlimmsten Problemen nicht wegzulaufen, mit ihnen wird selbst der Tod gemeistert und das Leben genossen.
Fazit
Eine Gemeinschaft, wie man sie sich nur wünschen kann. Nachbarn, die helfen und in Freud und Leid zur Seite stehen. Nie ist man alleine mit seinen Sorgen und Nöten, oft finden sich ungewöhnliche Lösungen. Die Weihnachtszeit rührt zusätzlich an die Herzen, die Geschichte passt perfekt. Zwei Menschen, die Tragisches erlebt haben, verarbeiten gemeinsam die Trauer in einer ungewöhnlichen Situation. Zusammengepfercht bleibt ihnen einfach nichts anderes übrig, der Effekt ist unvergleichlich. Sensibel, witzig und emotional begleiten wir zwei Menschen auf den Weg zurück zum Selbst, bei dem ein paar Nebencharaktere kräftig zur Seite stehen. Diesen Teil kann man auch sehr gut außerhalb der Reihenfolge lesen, bekannte Charaktere tauchen zwar immer mal wieder auf, spielen aber keine große Rolle.
LG
Patty