Tia Traveen ist Speläologin, zu Deutsch Höhlenforscherin. Und sie ist blind. Seit einem Autounfall in ihrer Kindheit ist ihr Sehnerv unwiderruflich geschädigt und Tia seitdem auf ihre anderen Sinne angewiesen. Gemeinsam haben die beiden schon bei einigen Rettungsaktionen mitgeholfen und Tia hat sich einen entsprechenden Namen gemacht. So ist es kein Wunder, dass sie angerufen und um Hilfe gebeten, als mehrere Jugendliche in einer unerforschten Höhle in einem alten Salzbergwerk abgestürzt sind. Die Jugendlichen wollten eigentlich nur ihren Schulabschluss an einem besonderen Ort feiern, doch diese Abenteuerlust ist ihnen nun zum Verhängnis geworden. Da ist es ein wahrer Glücksfall, dass Tia gerade im Nachbarort einen Vortrag gehalten hat und somit kurzfristig zum Einsatz kommen kann. Aber vielleicht gibt es noch andere Gründe, warum man die allein arbeitende, blinde Frau für die Rettung bevorzugt? Denn ganz offensichtlich gibt es in dieser Höhle Dinge, die besser niemand zu Gesicht bekommen sollte!
Die unerschütterliche blinde Forscherin und starke Frau erfüllt schon ziemlich viele Klischees. Tia Traveen ist trotzdem ein interessanter Charakter, auch wenn sie mir an einigen Stellen zu viel konnte und leistete. Gar nicht mal in Bezug auf ihre Blindheit, es ist ja bekannt, dass Blinde erstaunliche Fähigkeiten entwickeln können, so eben auch die geschilderte Orientierungsmethode, durch Schnalzen Räume auszuloten, die von Daniel Kish gelehrt wird. Aber Tia ist nicht nur körperlich unglaublich leistungsfähig, sondern auch in jeder anderen Hinsicht nahezu perfekt, hyperintelligent, emotional (bis auf eine Ausnahme) extrem feinfühlig, humorvoll, gutaussehend, etc. Wenn sie nicht blind wäre, könnte man glatt Komplexe bekommen.
Die Nebenfiguren sind aber auch sympathisch, insbesondere eine der Jugendlichen macht im Verlauf des Buches eine tolle Entwicklung durch, sie war eigentlich mein Lieblingscharakter. Gut gefallen hat mir auch die Darstellung der Journalistin, die hier sehr menschlich dargestellt wird und nicht wie so oft das Klischee des Reporters, der für seine Story über Leichen geht, bedient. Ebenso fand ich es gut, dass hier mal ein jugendliches Pärchen dargestellt wird, bei dem der Junge fest zu seiner Freundin steht, obwohl die nicht dem gängigen Schönheitsideal entspricht und einige Pfund mehr auf den Hüften hat, als sie selbst es gerne hätte.
Die Bösewichte der Geschichte hingegen sind mir ein wenig zu eindimensional geraten, dadurch fand ich auch einen Teil des Rätsels, was in der Höhle wohl passiert ist, sehr vorhersehbar.
Die Handlung in der Höhle ist aber dennoch spannend und unheimlich. Der Autor spielt hier recht gekonnt die Gruselwirkung von Höhlen, Dunkelheit und ungewöhnlichen Lebensformen aus, so dass man das Buch an diesen Stellen kaum aus der Hand legen kann.
Die Szenen, die sich parallel außerhalb der Höhle abspielen, fand ich nicht so spannend, aber um die Geschichte rund zu machen, gehören sie dazu.
Positiv zu erwähnen ist auf jeden Fall auch das schlüssige Ende, an dem alles aufgeklärt wird.
Tia Traveen könnte ich mir durchaus auch in weiteren Büchern als Protagonistin vorstellen und ich bin gespannt, ob der Autor sie irgendwann wiederkommen lässt!