Eugenie Marlitt: Das Geheimnis der alten Mamsell

  • Eugenie Marlitt: Das Geheimnis der alten Mamsell


    Eugenie Marlitt, geboren als Friederike Henriette Christiane Eugenie John (* 5. Dezember 1825 in Arnstadt in Thüringen, † 22. Juni 1887 bei Arnstadt) war eine deutsche Schriftstellerin des Biedermeier.
    Sie wuchs in kleinbürgerlichen Verhältnissen in einer kleinen thüringischen Residenz auf. Zunächst studierte sie Gesang am Wiener Konservatorium, musste dann aber ihren Beruf als Sängerin infolge eines Gehörschadens aufgeben. Vom Krankenstuhl aus schrieb sie von 1863 bis zu ihrem Tod bewegende Frauenromane, die zu den meistgelesenen ihrer Zeit wurden. Die "Gartenlaube", die alle ihre Bücher abdruckte, verdreifachte dadurch ihre Abonnentenzahl. Die gelungene Mischung aus Spannung, Gesellschaftskritik und anrührender Menschlichkeit findet auch heute noch begeisterte Leser.
    Gottfried Keller schrieb über sie: "Ich habe dieses Frauenzimmer bewundert".


    ISBN: 3-89350-614-4


    nun hab ich mich doch getraut*g*
    und jetzt hinein ins kalte wasser.


    in "das geheimnis der alten mamsell" geht es um felicitas, "spielerskind", die als ziehtochter in eine buddenbrookfamilie kommt, dort aber nach dem ableben ihres gönners, des haushaltungsvorstandes, bald zu einer magd, wenn nicht gar zum gegenstand degradiert wird.
    glücklicherweise gibt es da eine verfemte alte tante, die allein unter dem dache lebt, angeblich verrückt, die sich heimlich um des kindes seele und ausbildung bemüht. diese "alte mamsell" hütet ein aus ihrer grossen jugendliebe resultierendes schreckliches geheimnis.
    felizitas erfährt dieses geheimnis. es würde den ruf der familie ruinieren und diese in ernsthafte finanzielle bedrängnis bringen. aber das möchte felizitas nicht, zumal sie gefühle für den sohn der familie hegt, der sich aber zuerst noch von den skrupeln befreien muss, ein "spielerskind" zu seiner frau zu machen. aber zu DIESEM thema gibt es ein weiteres geheimniis. und man stelle sich vor - BEIDE geheimnisse haben sogar irgendwie mit einander zu tun. lassen wir nun mal herzschmerz weg, so bleibt marlitts schonungsloses aufzeigen von bigotter doppelmoral. sonntags in der kirche laut singen, aber die eigenen diener bis aufs blut auspressen. bazare initiieren, aber bettler von der tür weisen. und noch ein zweites schreibt sie auf ihre fahnen: das recht der frau auf (aus)bildung. wenn es auch nur in erster linie damit begründet wird, dass die frau ja als mutter die künftigen männer prägt.
    neben all ihren kitschfiguren war marlitt eine vorkämpferin für die gleichberechtigung der frau. ganz abgesehen davon, dass sie, ebenso wie hedwig courths-mahler, es immerhin erreicht hat, dass gewisse bevölkerungsschichten nach anstrengender arbeit ÜBERHAUPT mit irgendeiner form von literatur in berührung kamen.


    Edit: ich habe bei amazon eine - hoffentlich aktuellere - isbn herausgesucht:
    354823447X

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

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  • Hi, frosch,
    du Tapfere!
    Welche Ausgabe hast du denn? Es sind viele auf dem Markt, aber die sind böse gekürzt. Wenn ihr heutzutage eine Ausgabe von Marlitt, gleich von welchem ihrer Romane, in der Hand haltet, könnt ihr davon ausgehen, daß das Original gut ein Drittel länger war.
    Gekürzt wurden Nebenhandlungen und längere Erklärungen zur Rolle der Frau.
    Emanzipation bei ihren Figuren zu erkennen, ist durchaus möglich, aber es ist eine bürgerliche Emanzipation, also das Recht der Frau aufs Menschsein. Das heißt, auf eigenes Denken und Fühlen. Das war in der Zeit, in der die Romane erschienen, noch keine weitverbreitete Vorstellung.
    Und die Bildung, natürlich, ganz wichtig!!
    Erstaunlich für uns, weil wir das nicht mehr kennen, propagieren die Geschichten eine gewisse Feindseligkeit gegenüber dem Adel (Adel und Hof verderben die guten bürgerlichen reinen Sitten) und die katholische Kirche. Sie sind ein typisches Produkt des protestantischen Deutschland. Auch solche Stellen sind heute rausgekürzt, weshalb man manchmal einen Teil der Handlung nicht so ganz mitkriegt.
    Die Romane erschienen übrigens zuerst in der Zeitschrift 'Die Gartenlaube', die die Zeitschrift fürs bürgerliche Wohnzimmer war. Es ist also definitv keine 'Dienstmädchenliteratur', im Unterschied zu Courths-Mahler. Sie sind auch stilistisch - sprachlich Courths-Mahler, aber auch Unterhaltungs - Schriftstellerinnen, die zur gleichen Zeit wie Marlitt publizierten, überlegen.
    Die Verfilmungen, die es mal fürs Fernsehen gab, grade die 'Mamsell' sind zu empfehlen, auch wenn auch sie nur einen Teil des Originals wiedergeben. Aber sie fangen es atmosphärisch weit besser ein als die gekürzten Ausgaben der Romane heute.
    Wer 'echte' 19. Jahrhundert Romane mag, kann sich Marlitts Romane ruhig mal angucken. Größere Bibliotheken haben sie in der Regel in einer der vielen älteren Ausgaben in ihren Beständen. Es sind so richtig farbige Sittengemälde. Spannend, gelegentlich packend - so gibt es gruselige Geistererscheinungen -, schöne Charakterisierungen, besonders die negativen Figuren sind gelungen. Lange Naturschilderungen, Stimmungen und die Dialoge laufen unserem Zeitgeschmack schon zuwider, aber man liest sich schnell ein. Alles in allem eine eher fremde, aber durchaus lohnende Lektüre, wenn mal mal einen Blick auf manche Seiten des 'echten' 19. Jahrhunderts werfen will.
    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • ich hatte eine ca. 25-30 jahre alte, hab sie aber, als die bei einem mehrbuchpäckchen von ebay beilag, gegen eine neuere weltbildausgabe getauscht und weggegeben.
    und auch die HCM werde ich vorstellen*gg*
    nur bin ich momentan mehr am lesen, die fürstin kam nämlich heute an... :wave


    wer mehr wissen möchte:
    in einem KELTER verlag erschien "nach alten quellen zusammengestellt von günter merbach" ein buch unter dem titel:
    e. marlitt - das leben einer großen schriftstellerin.
    es gibt dazu keine isbn, auch bei amazon nicht.


    :wave

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

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  • Was für mich Die Marlitt deutlich interessanter macht als Hedwig Courths-Mahler ist zum einen die Deutlichkeit der Gesellschaftskritik. Zum anderen sind ihre Plots mit einem gewissen Augenzwinkern durchaus plausibel: Das arme Mädchen kriegt den wackeren Handwerker, die unschuldig in Not geratene den Bürgerssohn und so weiter - die gesellschaftliche Hierarchieleiter geht es mit einem großen Schritt nach oben, aber es bleibt ein Schritt und wird nicht zum Sprung.


    Ob die geneigten Lesenden gleich welchen Standes daraus Hoffnung schöpften für sich selbst? Mag sein. Hoffnung beflügelt ja nicht nur Träume, sondern bisweilen gibt sie auch Kraft für den Alltag.


    Leider gibt es das per ISDN-Nummer verlinkte Buch derzeit nicht bei Amazon. Lesenswert wäre es allemal: Ich kann nicht lachen, wenn ich weinen möchte. Die bisher unveröffentlichten Briefe der Marlitt


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag