Kreuzzug - Marc Ritter

  • Kreuzzug, Marc Ritter, Droemer Verlag, München, 2012, ISBN 978-3-426-22618-6


    Zum Autor:
    Marc Ritter, geboren 1967, wuchs in Garmisch-Partenkirchen auf. Nachdem der leidenschaftliche Bergsteiger und Skifahrer einen Lawinenabgang unverletzt überlebte, änderte er sein Leben. Er ist seiner Heimat in inniger Liebe und gelegentlicher Abneigung verbunden und Mitglied im Hornschlittenverein Partenkirchen. Heute lebt er mit seiner Familie in München und schreibt auf seiner Hütte im Zillertal.


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    Meine Meinung:
    Beim Schmökern in der Buchhandlung entdeckte ich auf einem Tisch voller diverser Thriller mit weißen Cover und rot geschriebenem Titel Marc Ritters Thrillerdebüt „Kreuzzug“, das mir eigentlich nur wegen der abgerundeten Ecken auffiel. Was ein Glück, denn das Buch mit den abgerundeten Ecken erwies sich für mich als abgerundeter Thriller!


    Deutschlands höchster Berg, die Zugspitze, ist Ort dramatischer Ereignisse. 06. Januar 2012, ein sonniger Wintervormittag am Feiertag und in der Ferienzeit. Mehr als 5.000 Menschen nutzen den freien Tag für einen Ausflug oder Skitag zur Zugspitze. Auf einmal wird die voll besetzte Zahnradbahn verschüttet. Zunächst denken alle an ein Unglück, doch schnell zeigt sich, dass internationale Terroristen hinter dem Terrorakt stecken. Als die Seilbahn abstürzt wird klar, dass die Attentäter den Anschlag auf die Zahnradbahn nicht als Einzeltat ausgeübt haben, sondern einen detaillierten Plan zur Geiselnahme aller Touristen auf die Zugspitze akribisch vorbereitet und umgesetzt haben. Was keiner für möglich gehalten hätte, wird wahr: Tausende Zivilisten befinden sich in der Hand von einigen wenigen gut ausgerüsteten Attentätern, die den Berg besser zu kennen scheinen als die einheimischen Experten. Gebirgsjäger und Bundespolizei sind im Einsatz, der bayrische Ministerpräsident und der Verteidigungsminister schalten sich ein und bilden Krisenstäbe. Der Terrorakt wird zum medialen Großereignis. Die ersten Geiseln werden getötet, die Zeit verrinnt und eine Lösung ist nicht in Sicht, und was keiner weiß: die CIA ist verdeckt vor Ort und treibt ein doppeltes Spiel...


    Ein Szenario wie geschaffen für Bruce Willis, oder? Aber ganz so einfach macht es sich Marc Ritter zum Glück nicht. Er liefert seinen Lesern keine einfache ein-Mann-rettet-die-Welt-Geschichte, sondern führt mehrere Protagonisten ein, die es dem Leser ermöglichen, das dramatische Geschehen aus unterschiedlichen Perspektiven zu verfolgen. So wechseln Handlungszeit, -ort und handelnde Personen beständig in kurzen Kapiteln. Alle seine Protagonisten haben dabei außergewöhnliche Stärken, die nur herausgebildet werden können, wenn neben Talent und körperlicher Fitness Charaktereigenschaften wie Ehrgeiz, Ausdauer und ggf. sogar Egozentrik vorliegen. So sitzt der Extremsportler Thien Hung Baumgartner, ein Oberbayer vietnamesischer Herkunft, in der Zahnradbahn, und sein Ex-Freundin Sandra, Skitourensportlerin wird beauftragt Pressefotos zu machen, nachdem es selbst mit Flugzeugen nicht mehr möglich ist, sich der Zugspitze zu nähern. Wer Romane bevorzugt, die einen ausgesprochenen Sympathieträger als Protagonist haben, mag daher bei der Lektüre des Thrillers „Kreuzzug“ enttäuscht sein. Wer aber an einem aktuellen, spannenden, gut recherchierten, action-, temporeich und flüssig geschriebenen Thriller interessiert ist, der im Höhepunkt einige überraschende Wendungen beinhaltet, wird mit Marc Ritters „Kreuzzug“ sehr zufrieden sein.


    Marc Ritter geht in seinem Roman auf alle Beteiligten des Geschehens ein. In Rückblenden lernt der Leser die Attentäter und deren Motivation im Sinne der Beleuchtung der Tathintergründe kennen. Mit Ironie und Sarkasmus zeigt Marc Ritter die Ratlosigkeit und Konfusion bei verantwortlichen Behörden und Amtsträgern auf, und obwohl deren Handlungsunfähigkeit traurig real erscheint, trägt der Sprachwitz mit dem dies geschildert wird, sehr zum Lesevergnügen des Lesers bei. Die Charakterzeichnung bei den Protagonisten leidet ein wenig zu Gunsten des Erzähltempos, dies beeinträchtigt den Lesegenuss aber nicht wesentlich.


    Der Roman wird im Anhang durch ein Literaturverzeichnis und ein Glossar ergänzt. Die Anmerkung, in der erklärt wird, dass Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen rein zufällig sind und von Autor und Verlag nicht beabsichtigt, ist mehr als erforderlich angesichts der realitätsnahen Darstellung der Amtsträger.


    Für mich ist der Thriller „Kreuzzug“ von Marc Ritter eine tolle Neuentdeckung und einer der spannendsten und amüsantesten Thriller der letzten Monate. Der Roman zeigt wieder einmal, dass man sich für einen aktuellen und mitreißenden Thriller nicht unbedingt im angloamerikanischen Sprachraum umschauen muss. Marc Ritter beweist für mich, dass er mit den großen Namen des Genres durchaus mithalten kann und daher hoffe ich sehr, dass er noch weitere interessante Buchprojekte in petto hat.


    9 von 10 Punkten

  • Dreikönigstag 2012. Ein Wintertag wie aus dem Bilderbuch. Mehr als 5000 schneebegeisterte Menschen werden auf der Zugspitze erwartet. Womit keiner an diesem Tag rechnet, ist ein Anschlag von Terroristen auf den höchsten Berg Deutschlands.


    Die Attentäter sprengen zunächst den Tunnel zur Zugspitze und bringen die darin befindliche Zahnradbahn unter ihre Kontrolle. In der Bahn befinden sich mehr als 200 Passagiere. Unter ihnen auch der Oberbayer Thien Hung Baumgartner, der asiatische Wurzeln hat und sein Geld als Extremsportler verdient.


    Während sämtliche Rettungsdienste und Krisenstäbe vor Ort die Lage einzuschätzen versuchen, ist Thien Hung entschlossen, selbst gegen die zu allem bereiten Attentäter vorzugehen. Zu diesem Zeitpunkt ahnt niemand, welche Rolle der amerikanische Geheimdienst bei dem Anschlag spielt.
    Da die Rettungsmaßnahmen auf dem Berg über die Seilbahn auf der deutschen Seite koordiniert werden sollen, beschließen die Krisenstäbe die Menschen auf dem Berg mithilfe der Seilbahn auf der österreichischen Seite zu Tale zu befördern. Als diese dann aber auch noch mit mehr als 100 Personen an Bord abstürzt, beginnt für die Geiseln auf dem Berg und im Zug endgültig der Kampf ums Überleben.


    „Kreuzzug“ legt einen fulminanten Start hin. Auf den ersten 100 Seiten bleibt keine Zeit zum Durchatmen, weil sich die Ereignisse geradezu überschlagen. Leider verliert das Buch dann im Mittelteil ziemlich schnell an Tempo. Anfangs sind die vielen Ortswechsel und der große Personenkreis noch durchaus spannend, was sich aber mehr und mehr verliert. Das ganze wurde für mich zu einem ziemlichen „Wirrwarr“ dessen Auflösung mir leider auch bis zum Ende der Lektüre nicht vollständig gelang. Das Finale ist rasant und actionreich, war aber trotzdem kein reines Lesevergnügen, da mir an einigen Stellen schlicht der Durchblick fehlte. Eine geringere Anzahl von Protagonisten und weniger verschiedene Blickwinkel hätten dem Roman meiner Meinung nach besser getan.


    Marc Ritter hat für „Kreuzzug“ umfangreich recherchiert, was man dem Buch auch anmerkt. Der Leser bekommt sehr viele Einblicke in und um die Zugspitze, was durch ein ausführliches Glossar und eine schöne Karte noch unterstrichen wird.

  • Der Thriller war eine gute Neuentdeckung.


    Das Buch macht schon einen guten Eindruck. Mit 550 Seiten ist es so gestaltet, das es nach dem Lesen keine Leseknicke bekommen hat. Die Karten und das Glossar muss auch noch lobend erwähnt werden.


    Zuerst musste ich mich an die vielen Abschnitte gewöhnen, aber das ging schnell. Als Überschrift steht immer der Ort, das Datum und die Zeit. Dadurch kam beim Lesen ordentlich Tempo auf.


    Am 6. Januar, einem Feiertag, haben Attentäter den Tunnel der Zugspitzbahn von beiden Seiten gesprengt und die Bahn mit 200 Personen ist eingeschlossen. Die Attentäter waren sehr eiskalt, da wird ruhig mal schnell eine Geisel erschossen, nur weil sie einer Mutter und ihrem Kind beistehen will.


    Dann wird auch noch eine Seilbahn gesprengt und kein Tourist kommt mehr vom Berg herunter. Damit sind es dann 5000 Geiseln. Jetzt fängt ein großes Ringen um Hilfe an. Der bayrische Ministerpräsident und der deutsche Verteidigungsminister kommen zur Unfallstelle.
    Interessant waren die Gespräche der Bundesregierung und der einzelnen Gebirgsjäger und Bundespolozei-Einsatzstellen.
    Zwischendurch kommen immer wieder Zurückblicke, in denen die Bolivianer zu Wort kommen.
    Im anderen kommen die CIA-Zentrale und seine Mitglieder. Erschütternd was denen so einfällt. Die haben im Tunnel und der Bahn Kameras instaliert und können alles miterleben.
    Denen war einiges aus dem Ruder gelaufen.


    Das Ende kam etwas plötzlich und es bleiben ein paar Fragen offen, war aber gut.


    Der Roman lies sich gut und mit Spannung lesen. Es war interessant auf der Zugspitze.

  • Die Zugspitze als Schauplatz für einen terroristischen Anschlag war meine Motivation für die Lektüre des Romans. Ein Ort, der vor allem als Urlaubs, Bergtouren- und Skiparadies bekannt ist, wird zum Synonym für Gewalt und Tod. Auch wenn es mir zu Beginn schwegefallen ist, mich auf das urbayrische Szenario einzulassen, das von viel Lokalkolorit lebt, haben mich die Hintergründe zur Zugspitze durchaus fasziniert. Ich habe jetzt das Gefühl, eine Region zu kennen, in der ich noch nie im Leben war.


    Der Plot der Story hat viele Wendungen, wer konzentriert mitdenkt beim Lesen, wird aber auch Vermutungen bestätigt finden. Zahlreiche Protagonisten und Handlungsstränge wechseln einander ab, kurze Kapitel und häufige Szenenwechsel sorgen für Spannung.


    Ich habe die ersten Zweidrittel des Buches gehört - Detlef Bierstedt macht wie immer einen guten Job. Den Rest habe ich gelesen und konnte dabei seine Stimme nicht wirklich aus dem Ohr kriegen.


    Gut gefällt mir der Titel "Kreuzzug", in den sich viel Unterschiedliches hineininterpretieren lässt - vom Zug zum Gipfelkreuz bis zum Rachezug der Terroristen. Und natürlich passt da auch der Autorenname "Ritter" so gut, dass ich mich im ersten Moment ernsthaft gefragt habe, ob es sich um ein Pseudonym handeln könnte.

  • Marc Ritter: Kreuzzug
    (Droemer Verlag, München 2012)


    Es passiert immer noch recht selten, dass ein deutscher Thriller sich eines überlebensgroßen Themas annimmt, dessen Wucht über regionale Konsequenzen hinausgeht und ein Szenario entwirft, das sowohl erschreckend aktuell als auch episch in seinen Ausmaßen ist. Im (vor allem) englischsprachigen Ausland sind solche Stoffe, ob in Literatur oder Film, schon an der Tagesordnung, seit Bruce Willis sich in DIE HARD im weißen Unterhemd durch die Etagen eines von Terroristen besetzten Wolkenkratzers drosch, aber hierzulande ist realistische Bodenständigkeit tatsächlich noch eines der verbreitetsten Merkmale eines Thrillers. Vor zwei Jahren begann dann der Erfolg von Christoph Scholders OKTOBERFEST den Weg für moderne High-Concept-Kracher zu ebnen, und mit seiner vergleichbaren Ausgangssituation (Terroristen bringen Tausende von Menschen an einem weltbekannten Touristenziel in ihrer Gewalt) muss sich nun auch Marc Ritters KREUZZUG sowohl an seinem Wegbereiter als auch an den internationalen Vorbildern messen lassen.


    Nun war OKTOBERFEST zwar ein erster mutiger Schritt für die neue deutsche Spannungsliteratur, nur leider kein allzu gutes Buch. Scholder verhedderte sich in dem Versuch, Realismus mit Spannung zu paaren, in seiner eigenen Unschlüssigkeit, wagte dann doch nur wenig und lieferte einen zwar ausführlich recherchierten, aber dennoch seltsam blassen Reißbrett-Thriller ab, dessen Erfolg wohl mehr seiner unfassbaren Prämisse als tatsächlicher Erzählkunst zu verdanken ist. Es blieb ein schaler Nachgeschmack und jede Menge Raum für Verbesserungen. Wie schlägt sich jetzt also der KREUZZUG in diesem Kontext?


    5000 Ausflügler hängen an diesem 6. Januar plötzlich auf dem Gipfel der Zugspitze fest, nachdem Terroristen zuerst die Zugspitzbahn im gesprengten Tunnel festsetzen und später ihrer Skrupellosigkeit mit dem opferreich inszenierten Absturz einer Seilbahn Nachdruck verleihen. Die Lage ist also ernst. Niemand kommt mehr rauf oder runter vom Berg. Und die Attentäter scheinen zu allem entschlossene islamische Gotteskrieger zu sein - doch weder sie noch die eiligst einberufenen Krisenstäbe der Regierung rechnen (laut Klappentext) "mit Thien Hung Baumgartner, der den Berg wie seine Westentasche kennt".


    Um es gleich vorwegzunehmen: Thien Hung Baumgartner, der Partenkirchener Sportfotograf mit vietnamesischem Hintergrund, mutiert nicht zum deutschen Bruce Willis. Mit dieser Formulierung leistet Droemer dem Autoren leider einen Bärendienst, denn KREUZZUG ist eben beileibe nicht die One-Man-Action-Show, die der reißerische Teaser verspricht, sondern (ähnlich wie auch schon der größte Teil von OKTOBERFEST) die mehr oder weniger realistische Simulation eines Katastrophenszenarios und der logistischen wie emotionalen Herausforderungen aller darin involvierten Parteien.


    Darin liegt auch der große Haken: Natürlich ist die Schilderung dieser Handlungsabläufe in einer Story von derart selbstauferlegter epischer Größe notwendig, doch wie alle großen Geschichten erfordert die unerhörte Katastrophe eine menschliche, individuellere Dimension, um die Tragödie rund um den Berg überhaupt fassbar zu machen - durch die Augen eines oder mehrerer Protagonisten, die sich im Angesicht dieser Herausforderung entwickeln und über sich hinauswachsen. Hier scheitert KREUZZUG an seiner eigenen Ambition. Sein selbsternannter Held Thien Hung Baumgartner bleibt durch die Situation bis kurz vor Schluss zur Untätigkeit verdammt, um dann durch einen kleinen Alibiplot seine Berechtigung in der Geschichte zu erlangen, während der Rest des viel zu großen Figurenensembles an viel zu vielen Nebenkriegsschauplätzen seiner Wirkung beraubt wird.


    Neben Thien Hung führt Marc Ritter zwei weitere Hauptprotagonisten ein, die in den Fortgang der Handlung verstrickt werden: Thiens ehemalige Freundin Sandra Thaler und ihren derzeitigen "Neuen" Markus Denninger, seines Zeichens Gruppenführer bei den Gebirgsjägern. Dieses an sich konfliktreiche Beziehungsdreieck wird jedoch in der laufenden Geschichte außer Acht gelassen, als jede einzelne dieser Personen auf ihr eigenes kleines Abenteuer geschickt wird, ohne dass sich ihre Wege erneut kreuzen. Sandras Rolle ist dabei noch kleiner als die von Denninger, der durch seine Profession wenigstens bei einigen Aktionen in vorderster Front dabei ist und entscheidend eingreifen darf. Leider entscheidet sich Marc Ritter um des Realismus Willen gegen den Typus des klassischen Allround-Helden und muss sein Figurenkarussell aus Perspektivgründen mit immer neuen Charakteren bestücken, die nach Erfüllung dieser Aufgabe dann vorübergehend oder endgültig auf's Abstellgleis verschoben werden. Für den Leser gilt es dann, bei all den Ereignissen (die teilweise auch noch durch Rückblicke für Motivnachschub sorgen müssen) nicht den Überblick zu verlieren.


    KREUZZUG hält nur mühsam die Balance zwischen den einzelnen Perspektiven. Freizügig versorgt Marc Ritter den Leser mit Informationen und muss dazu jede einzelne Entscheiderposition in der Geschichte bemühen: Wir begleiten die Terroristen bei der Planung ihres Anschlags, wir stehen einem amerikanischen CIA-Agenten bei einem etwas undurchsichtigen Überwachungsauftrag zur Seite und lernen in kurzen Einschüben auch seinen Chef kennen. Nebenher kehren wir wieder zu unseren Helden zurück, folgen dann der Verhandlungsführerin der Bundesregierung oder den eitlen Eskapaden des Verteidigungsministers, widmen uns den Sorgen des Betriebsleiters der Zugspitzbahn und spielen Mäuschen bei den Treffen des Krisenstabes - in 151 Kapiteln von jeweils nur wenigen Seiten Länge bleibt kaum Raum für weiterführende Spekulationen, weil man in rasantem Tempo die Schauplätze wechselt. Da ist wenig Zeit zum Nachdenken über Motive und Logik, aber eben auch sehr wenig Grund, den rasch durchgehechelten Charakteren weiterhin die Stange zu halten.


    Von Beginn an schlägt Marc Ritter auch eine Saite an, deren Existenz im postmodernen Thriller geradezu eine Notwendigkeit zu sein scheint - seine Entscheidungsträger in Politik, Militär und Medien bestätigen das tiefe Misstrauen, das ihnen die Bevölkerung entgegenbringt und spielen (oftmals plakativ) nach ihren eigenen Regeln. Natürlich hat hier der amerikanische Geheimdienst Dreck am Stecken, natürlich interessiert die Politiker die Tragweite ihres Handelns nur soweit es ihrem Bild in der Öffentlichkeit und etwaigen parteipolitischen Interessen zuträglich ist, und natürlich besteht der schmierige Medienzirkus, der die Berichterstattung rund um die Großtragödie übernimmt, aus überzeichneten Berufszynikern, die ihre eigene Mutter für fünfzehn Sekunden Ruhm verkaufen würden. Das erscheint in KREUZZUG manchmal ein wenig zu bequem, denn natürlich lassen sich Emotionen im Leser schneller wecken, wenn man Klischees und Vorurteile einfach bestätigt statt sie ironisch zu brechen - und genau diese Ironie fehlt. Auch wenn es seltsam klingt, ist es Marc Ritter mit seinem Sarkasmus bierernst; KREUZZUG gestaltet unverdrossen die meisten seiner politischen Figuren sehr nah an realen Vorbildern und betritt damit gefährliches Glatteis. Ritters Verteidigungsminister Philipp von Brunnstein etwa trägt nicht nur einige Züge des wirklichen Ex-Verteidigungsministers Karl-Theodor von Guttenberg, sondern er IST von Guttenberg oder zumindest das literarische Abbild seiner medialen Präsenz. Hier fällt es schwer zu entscheiden, ob es dem Autor ein Anliegen ist, dass man als Leser die Romanfigur ernst nimmt oder ob hier einfach eine Figur verfeuert wird, um das Klischee des eitlen Politclowns gehörig abzuwatschen. Konsequenterweise schickt Ritter die beiden übertriebensten Politikerkarikaturen nach einem Drittel des Buches auf den Berg und setzt sie dort fest - sie haben mit der stellvertretenden Demontage aller politischen Entscheidungsträger ihre narrative Funktion erfüllt und tauchen ab sofort nur noch in ein paar Nebensätzen auf.


    Sowieso wird der Humor in KREUZZUG oft mit einem gewollt-flapsigen Umgangston verwechselt, dessen Timing ein wenig mehr Subtilität vertragen hätte. Ein Witze reißender Krisenstab mag unkonventionell erscheinen, aber spätestens wenn Kanzlerin und Berater über den "Quatsch Comedy Club" und Kreditkarten im Media Markt parlieren oder der zufällig gleichzeitig stattfindende Australienurlaub zweier (männlicher) Politiker mit einem juvenil-anzüglichen "Oh la la!" kommentiert wird, schießt Marc Ritter übers Ziel hinaus, da den Dialogen in diesen Szenen einfach ein Gespür für punktgenaue Pointen fehlt. Hier hätte etwas Feinschliff gutgetan.


    Unabhängig davon, ob sich der Leser vom vorliegenden Thriller nun realistische Antiterroreinsätze oder eher eskapistische Einzelkämpferaction erwartet - ist KREUZZUG ein gutes Buch geworden? Die Antwort darauf ist ähnlich ambivalent wie der Roman selbst: Jein.


    KREUZZUG ist einer der Fälle, bei denen man schon dankbar ist, dass Büchern wie diesem überhaupt eine Chance in der deutschen Verlagslandschaft eingeräumt wird; noch vor wenigen Jahren hätte man überlebensgroßer High-Concept-Spannungsliteratur von internationalem Format hierzulande wenig zugetraut. Und Marc Ritter macht auch eine Menge richtig, angefangen vom faszinierenden Thema selbst bis hin zu den blitzsauber und detailliert recherchierten Hintergründen. Mit dem betriebenen Aufwand und dem stimmigen Konzept hat er seine willigen Leser schon im Kasten, bevor sie das Buch überhaupt begonnen haben; das können nur wenige Autoren von sich behaupten.


    So weit, so gut ... leider aber begeht Ritter den Fehler, die Story selbst zu seiner zentralen Hauptfigur zu machen und die menschlichen Protagonisten in den Dienst dieser Geschichte zu stellen. Jeder Charakter hat hier eine Funktion, muss in der Handlung und beim Publikum die jeweiligen emotionalen Knöpfchen drücken und wird dann bis zum nächsten Gebrauch ins Kistchen zurückgelegt. Das führt dazu, dass man als Leser irgendwann die im Ideallfall unsichtbare Struktur, die einen Plot magisch zusammenhält, auch als solche wahrnimmt und sich damit automatisch stärker vom Geschehen distanziert. Hinzu kommt, dass Ritter bei weitem nicht genügend Personen an strategisch entscheidenden Positionen seiner Geschichte platzieren kann und so auch die behauptete Bedrohung seltsam vage bleibt: Die in Geiselhaft befindlichen Zugpassagiere sind zuerst ein zentrales Motiv, das mit einer einzigen Aktion dann jedoch in Bedeutungslosigkeit versinkt, weil es nicht mehr benötigt wird. Die 5000 zusätzlichen Geiseln auf dem Berg sind andererseits nur indirekt in ihrer augenblicklichen Situation gefangene Statisten, auf deren Befindlichkeit meist in wenigen Nebensätzen verwiesen wird, wenn es dem Fortgang der Handlung dienlich ist - folgerichtig verliert Ritter sie gegen Ende dann auch fast komplett aus dem Fokus.


    Als zentraler Kern der Geschichte entpuppt sich dann letztlich nicht das klassische Thriller-Sujet vom Kampf des Einzelnen gegen übermächtige Feinde, sondern die Einzelheiten des großen Plans der Terroristen und die Rolle des militärisch-industriellen Komplexes in diesen Ereignissen - allen voran der amerikanische Geheimdienst und die politische Elite dieser Welt. Diese verführerisch chaotischen Verflechtungen als Teil der Struktur von KREUZZUG zu übernehmen, ist tatsächlich legitim, wird dem Roman als ganzheitliches Unterhaltungsprodukt allerdings nicht vollständig gerecht.


    Letztendlich muss der Leser entscheiden, ob die Strategie aufgeht - für Marc Ritter jedenfalls, soviel dürfte sicher sein, ist KREUZZUG trotz aller Mängel ein weiterer Schritt in eine hoffentlich vielversprechende Karriere als deutscher Vorzeigeautor für die internationale Thrillerszene.


    Danke, Marc, für die Begleitung der Leserunde.

    Der Macintosh ist katholisch: das Wesen der Offenbarung wird in einfachen Formeln und prachtvollen Ikonen abgehandelt.
    Jeder hat das Recht auf Erlösung.
    (Umberto Eco)

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  • Wow, was für eine tolle Rezi, Bildersturm.
    Jetzt schäme ich mich fast direkt für meine 5 Sätze zum Buch.


    Im großen und ganzen hat es mir gut gefallen. Auch wenn ich am Ende noch gerne das eine oder andere erfahren hätte.


    Super fand ich die ganzen Informationen zur Zugspitze selbst. Ich war noch nie dort und habe jetzt richtig Lust bekommen, sie bei nächster Möglichkeit ins Programm zu nehmen. Sicherlich werde ich in der Gondel an dein Buch denken, Marc ;-)


    Interessant und auch irgendwie nachvollziehbar wenn auch nicht tolerierbar die Motive der Geiselnehmer. Auch wenn ich nicht verstand, warum nur Deutschland 'bluten' sollte.
    Und auch ein Danke für die geschichtlichen Ausflüge in die Heimat der Bolivianer. Ich hätte diese ohne dein Buch wohl nie erfahren.


    Ich werde die Rezi sicherlich noch ein paar Sätze ergänzen wenn das Ganze etwas gesackt ist. Es ist auf jeden Fall ein Buch, dass noch eine Weile beschäftigt.

  • Ich durfte das Buch im Rahmen einer Leserunde lesen, für deren zumindst in den ersten Tagen relativ engagierte Begleitung ich mich bei dem Autor auch hier noch einmal bedanken möchte.


    Zunächst erwartete ich hinter diesem Titel einen historischen Roman, was ja neben den (Auto)Biografien zu meinen Lieblingsgenres zählt. Aber als ich dann mitbekommen habe, dass es um die Zugspitze geht, dauerte die Enttäuschung nicht lang an, denn diese Gegend hat mich bei einem Besuch sehr beeindruckt.


    Beeindruckt hat mich auch das Buch, man merkt, dass der Autor sehr gut recherchiert haben muss und über sowohl eine ausgeprägte Beobachtungsgabe als auch eine blühende Phantasie verfügt. Er verstand, das Ganze geschickt umzusetzen und glaubhafte Figuren zu erschaffen sowie zu karikieren.
    Abgerundet sind nicht nur die Buchseiten, sondern auch die Story ist es und zwar durch hilfreiche Karten und ein ausführliches Glossar.


    Etwas irritiert haben mich eine etwas vom Covertext abweichende Geschichte sowie einige sich zum fulminanten Ende hin überschlagende Ereignisse. Es war fast ein wenig zuviel an Spannung und Aufregung.


    Trotzdem fühlte ich mich gut unterhalten und empfehle das Buch gern weiter.
    Es verdient es wirklich, in einem Atemzug mit "Oktoberfest", "Opernball" oder "Machtlos" genannt zu werden.

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

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  • Dreikönigstag 2012 - Zugspitze


    In etwa 5 000 Menschen werden an diesem Tag auf Deutschlands höchstem Berg erwartet. Niemand rechnet mit irgendetwas Bösem.


    Bis Terroristen durch Sprengungen im Tunnel einen Zug der Zugspitzbahn und die darin sitzenden 200 Menschen unter ihre Kontrolle bringen. Als kurz darauf auch noch eine Stütze der österreichischen Gondel weggesprengt wird, sind plötzlich alle Bergbesucher Geiseln !


    Interessiert hat mich dieses Buch vor allem wegen seinem Handlungsort: als heimatverbundenes, bayrisches Mädel ist die Zugspitze auch hier natürlich früh schon Thema gewesen.


    Es ging dann auch gleich fulminant los, Marc Ritter lässt dem Leser auf den ersten 100 Seiten kaum Zeit zum durchatmen. Das Szenario wechselt ständig hin und her, so schnell dass man beinahe nicht mitkommt. Immer mehr Menschen greifen in`s Geschehen ein,es gibt Rückblicke auf das Leben der Terroristen, deren Heimat und Ziel. Leider werden es im Laufe des Buches (für meine Begriffe) ein wenig zu viele Handlungsstränge, so dass ich stellenweise nur noch schwer folgen konnte, wer denn nun was und warum tat.


    Anhand des Covers (Aufmachung, Titel) hätte ich fast eher ein historisches Szenario erwartet, auch dachte ich anhand des Klappentextes dass unser Fotograf und Extremsportler Thein Hung Baumgartner, ein echter Partenkirchener mit asiatischen Wurzeln, eine größere Rolle spielen würde. Dem war aber dann nicht so.


    Marc Ritter hat auf alle Fälle unheimlich viel und gut recherchiert, die Zugspitze wurde tatsächlich von innen nach aussen gekehrt und man hat sehr interessante Details erfahren z.B. zu den unterirdischen Gängen und Höhlen.


    Ein ausführliches Glossar und eine recht detaillierte Karte machten es doch noch etwas leichter, den Überblick zu behalten. Mein Fazit: auch wenn ich nicht immer zu 100 Prozent "mitgekommen" bin fühlte ich mich dennoch gut und spannend unterhalten und habe das Buch sehr gerne im Rahmen der Leserunde mitgelesen. Ein herzliches vergelt`s Gott auch an Marc Ritter, für die tolle Leserundenbegleitung.

  • Hallo,


    ich habe auch im Rahmen der Leserunde dieses Buch gelesen und im großen und ganzen bin ich zufrieden mit diesem Buch :-)


    Ein wenig Probleme hatte ich mit den vielen Charakteren, das ist nicht unbedingt schlecht, aber man verliert leicht die Übersicht, bedingt durch die Vielzahl der Charakter, ist der ein oder andere auch etwas zu kurz gekommen.


    Trotz der kleinen Kritik kann ich dieses Buch nur empfehlen, es hat nicht nur ein schönes Design (runde Ecken, ja ich finde das toll ) sondern auch eine interessante Story. Marc Ritter scheint sich sehr viel Mühe gegeben zu haben und hat zu dem einen zumindest für mich angenehmen Schreibstil.

  • Ich habe das Buch "Kreuzzug" von Marc Ritter ebenfalls in der Leserunde gelesen.


    Es handelt von einem Anschlag von Terroristen auf der Zugspitze. Ein Zug wird in den Berg eingeschlossen, eine Seilbahn stürzt mit über 100 Menschen in die Tiefe, über 5000 Personen sitzen auf dem Berg fest. Eine Herausforderung auf allen Ebenen, Spezialtrupps werden ausgesandt, Politiker versuchen sich zu profilieren.


    Das Schicksal der Massen wie auch einzelner steht im Mittelpunkt. Der Autor beschreibt auf vielen Schauplätzen und Handlungsebenen die Vorgehensweisen sowohl der Attentäter wie auch deren Gegenpart. Sehr vielschichtig und nicht immer leicht zu verfolgen, entwickelt sich die Geschichte immer mehr zum Höhepunkt. Werden die Terroristen ihre Forderungen durchsetzen können oder wird die Gegenseite sie rechtzeitig ausschalten, bevor es zur Katastrophe kommt? Das ist die zentrale Frage.


    Ein sehr actionreicher, spannend geschriebener Thriller, sehr gut recherchiert und mit viel Detailwissen in unterschiedlichsten Bereichen versehen, aber auch mit sehr viel Sarkasmus, viel Witz und Humor, gerade was die Beschreibung einzelner Politiker und Amtsträger angeht.


    Ein Buch, das mich größtenteils überzeugt hat, wenn auch hier und da noch Fragen offen geblieben sind.

  • „Die Zugspitze in der Hand von internationalen Attentätern“, ein Seilbahnabsturz, die Zugspitzbahn verschüttet! Ein Szenario, das Nervenkitzel und Spannung pur verspricht. Auf diese Geschichte hatte ich mich so richtig gefreut – das Buch dann leider ein wenig enttäuscht zugeklappt. Möglicherweise waren meine Erwartungen einfach zu hoch.


    Positiv sind die vielen wirklich interessanten Informationen zu verbuchen, man spürt, dass der Autor sich auf der Zugspitze und in ihrer Umgebung bestens auskennt. Die kritisch-ironische Schilderung von Politikern, Medien und anderen Institutionen hat mir gefallen, manchmal ein bisschen dick aufgetragen, aber die Ideen fand ich klasse. Ebenso wie die gesellschaftskritischen Ansätze über die menschenverachtenden und „ausbeuterischen“ Vorgehensweisen der Industrienationen in Vergangenheit, Gegenwart und naher Zukunft. Leider wurden sie nicht sehr überzeugend vorgebracht und gingen in dem komplexen Geschehen etwas unter.


    Vermisst habe ich in diesem Buch die Atmosphäre, die Gefühle von Panik und Anspannung, das ein oder andere Einzelschicksal unter den so lange festgehaltenen Geiseln. Bei mir kam da nicht viel an, ich blieb eigentlich durchgehend auf Distanz bei einem Thriller, der mich eigentlich atemlos machen sollte. Action und Opfer gab es reichlich, aber auch diese ließen mich seltsam unberührt. Die „Höhepunkte“ fielen quasi aus heiterem Himmel, ich konnte nicht „nägelkauend“ darauf hin fiebern, und dann war es auch gleich wieder vorbei, es ging zu schnell und zu plötzlich, das emotionale „Nachempfinden“ hat mir gefehlt. (Ich hoffe, man versteht was ich meine, ist irgendwie schwer auszudrücken).


    Einseitigkeit kann man den Protagonisten nicht vorwerfen, alle wichtigen Personen hatten ihre guten und schlechten Seiten, blieben jedoch insgesamt recht oberflächlich. Sympathisch war mir keiner, was für mich auch nicht zwingend notwendig ist, nur einigermaßen glaubwürdig und nachvollziehbar in ihren Gedankengängen sollten sie sein - und das waren sie für mich nur selten. Ihre Gefühle, Sprache und Wortwahl haben mich zeitweise sehr befremdet.


    Mein Hauptproblem mit diesem Buch war letztlich die Sprache. Die Ungereimtheiten im Aufbau der Handlung und der Logik, Schreibfehler im Text, die fehlende Tiefe der Protagonisten und mangelnde Emotionen wären mir vielleicht sehr viel weniger aufgefallen, wenn mich Sprache und Erzählstil mitgerissen hätten. Diese empfand ich durchweg als holprig und unrund, auch die humorig-satirischen Dialoge trafen häufig nicht meinen Geschmack. Aber das sind nur meine ganz persönlichen Eindrücke, einer Vielzahl anderer Leser hat gerade dieser Erzählstil sehr gut gefallen.


    Von der Gesamtidee und vielen einzelnen Aspekten her war es eine tolle Geschichte, die mich hätte begeistern können, wenn die Schwerpunkte etwas anders gesetzt worden wären. Meines Erachtens hat Marc Ritter zu viel hinein gepackt und konnte nicht alle angerissenen Handlungsstränge zu einem befriedigenden Ende bringen. Weniger, und das intensiver und sorgfältiger ausgestaltet, wäre für mich mehr gewesen.


    Edit: Noch ein Komma eingeflickt.

  • 200 Menschen – 11 Terroristen – eine Katastrophe.



    Inhalt


    Der Tunnel, durch den die Zahnradbahn fahren muss, um die Zugspitze zu erreichen, wird an neuralgischer Stelle gesprengt. Die 200 Menschen sind im Inneren gefangen, wehrlos der Gewalt von elf Terroristen ausgesetzte. Der Rettungshubschrauber wird gnadenlos abgeschossen, darauf folgt die Warnung, keinerlei Rettungsversuche mehr zu unternehmen. Sonst sterben nicht nur die 200 Touristen im inneren des Tunnels, sondern auch die über fünftausend Menschen, die sich noch auf dem Berg befinden. Dass sie ernst machen wird spätestens klar, als eine Kabine abstürzt und mit ihr hundert Touristen in den Tod.


    Den Zuständigen wird schnell klar: das wurde geplant. Und zwar nicht kurzfristig und von ein paar Terroristen, sondern langfristig und gründlich von einer großen Gruppe. Und was die wollen, wird auch sehr bald deutlich. Was sollen sie tun? Die Rettungstruppen sind auf dem Berg völlig orientierungslos, ein Eingreifen so gut wie unmöglich.


    Dennoch wagen sich mehrere Menschen voran: Reporter Thien, der durch einen unglücklichen Zufall mit im Tunnel ist. Denninger, Mitglied der Bundeswehr, der auf dem Berggipfel festsitzt. Sandra, eine Extremsportlerin, die sich mutig voran wagt. Können sie die Terroristen stoppen, bevor noch mehr Menschen sterben?



    Meine Meinung


    Kreuzzug. Ein Titel, der mich erst einmal an das Mittelalter denken lässt und so gar nicht zur eisigen Thematik des Buches zu passen scheint. Doch jetzt, nachdem ich fertig gelesen habe, passt er irgendwie doch. Der Titel ist so ungewöhnlich wie die Gestaltung des Buches. Ein verschnörkelter mittelalterlicher Schriftzug aus hellblauem Grund, darunter eine einsame Gondel. Was mir jedoch besonders gut gefällt, sind die abgerundeten Ecken. Gefällt mir, endlich mal „Ecken“, die nicht so leicht umknicken können.


    Die Geschichte selbst bietet einen rasanten, aktiongeladenen Thriller über einen lange geplanten Terroranschlag an der Zugspitze. Zwischendurch hat die Geschichte so ihre Durststrecken und die Aktion am Ende ist vielleicht ein bisschen too much, alles in allem aber hat mich der Thriller sehr gut unterhalten und wirklich langweilig wurde es eigentlich nie.


    Was mich ein wenig stört, ist, dass ich mit keiner der Figuren so richtig warm geworden bin. Vor allem mit Reporter Thien hatte ich so meine Schwierigkeiten. Es ist für einen Thriller vielleicht nicht gerade von Vorteil, wenn mir das Schicksal der Figuren egal ist, weil sie mir einfach nicht ans Herz gewachsen sind. Aber das ist auch Geschmackssache, Figuren müssen ja nicht immer sympathisch gezeichnet sein. Ich habe es nur lieber, wenn ich mit dem Protagonisten (oder einem der Protagonisten) sympathisieren kann.


    Fazit: ein gelungener, spannender, durchaus lesenswerter Thriller, der hier und da kleine Macken aufweist, aber trotzdem Spaß macht, zu lesen.


    3,5 von 5 Punkten
    Cover 1 Punkt, Idee 1 Punkt, Plot ½ Punkt, Figuren ½ Punkt, Sprache ½ Punkt


    ~*~ Droemer ~*~ 560 Seiten ~*~ ISBN: 978-3426226186 ~*~ Broschiert ~*~ 16,99€ ~*~

  • Das Buch „Kreuzzug“ von Marc Ritter hat mein Interesse aus einem bestimmten Grund geweckt: Ich wollte endlich wieder etwas richtig Spannendes lesen, aber auch etwas Aktuelles. Terrorismus ist aktuell. Leider. Einen besonderen Reiz machte für mich auch noch der Schauplatz des Geschehens aus, nicht etwa die USA oder andere Teile der Welt, nein Deutschland/Österreich stehen hier mal im Fokus, genauer gesagt die Zugspitze. Gut, diese „Zutaten“ versprachen mir schon so viel, mich für dieses Buch zu entscheiden. Und diese Entscheidung sollte nicht bereut werden, im Gegenteil!
    Der Leser wird hier mitgenommen auf eine spannende Reise – beobachtend die Vorbereitungen des Anschlags, sich mitten im Geschehen wiederfindend. Man bekommt die verschiedenen Blickwinkel der agierenden Einsatzkräfte, Politiker usw. gezeigt, welche für mich sehr realistisch, gut recherchiert, stellenweise etwas überzogen dargestellt wurden. Gerade die Einsätze, das Handeln von Bundeswehr, Zugspitzbahnpersonal und – verantwortlichen wurde für mich sehr authentisch dargestellt, denn so könnte es ja durchaus im Ernstfall ablaufen. Mein Gedanke als Laie.
    Die Szenen, in welchen die Herren und Damen Politiker zum Zuge kamen waren herrlich überspitzt, Parallelen zu realen Personen erkennbar. Diese Szenen hatten etwas satirisches, für mich ein gelungener „Gegenpart“ zum real wirkenden Terrorgeschehen.
    Auch der romantische Part kommt in dieser Geschichte zum Tragen, nimmt jedoch ( für mich zum Glück ) nicht so viel Raum ein. Die Spannung hat hier ganz klar Vorrang!
    Marc Ritter hat in meinen Augen ein spannendes, erschreckend real wirkendes, schlüssiges Szenario entstehen lassen, packend erzählt und mich als Leser absolut fesselnd! Dieses Buch mag vielleicht an der ein oder anderen Stelle ausbaufähig gewesen sein, für mich jedoch war es ein wunderbar spannendes, nachhaltiges Leseerlebnis. Marc Ritter ist ein Autor mit viel Potential, welches er mit diesem Buch schon bestens unter Beweis gestellt hat. Ich werde ihn auf jeden Fall im Auge behalten!

  • Nachdem ich „Josefibichl“ äußerst unterhaltsam fand, war ich schon sehr gespannt auf den angekündigten Thriller von Marc Ritter. Wieder ein bayrischer Handlungsort, was ich trotz der teilweise überhandnehmenden bayrischen Regionalkrimis doch immer wieder gerne lese. Nun also ab auf die Zugspitze. Die Buchbeschreibung ließ mich an „Oktoberfest“ von Christoph Scholder denken und meine Erwartungen waren dementsprechend hoch, denn dessen Giftgasanschlag auf die Münchner Wiesn fand ich extrem spannend.


    Nun ging es aber also auf die Zugspitze! Terroristen sprengen den Tunnel der Zahnradbahn im Berg und nehmen damit über 200 Geiseln im Zug. Damit nicht genug, sind mehr als 5000 Menschen an diesem schönen Januartag oben auf dem Gipfel und somit indirekt auch in der Hand der Geiselnehmer.


    Nachdem man anfangs gar nicht von einem Anschlag ausgeht, läuft im Tal relativ schnell die Koordinierung von Rettungsmaßnahmen an. Aber bald wird klar, dass es sich hier um keinen Unfall handelt!


    Kreuzzug beginnt gut, wenn auch teilweise ein wenig verwirrend. Viele sehr kurze Kapitel mit unterschiedlichen Personen treiben die Geschichte in hohem Tempo voran. Zwischenzeitlich hatte ich allerdings Schwierigkeiten, die vielen vorgestellten Personen gedanklich richtig einzusortieren.
    Bezüglich des im Klappentextes als Hauptfigur genannten Thien Hung Baumgartner hatte ich völlig andere Erwartungen. Als einer der im Zug Eingeschlossenen, hat er eigentlich eine eher passive Rolle und ist keineswegs der Retter der Situation, als der er auf dem Buchrücken dargestellt wird. Eher irritierend fand ich größtenteils seine Gedankengänge, die sich in erster Linie um die Rückgewinnung seiner Exfreundin Sandra drehen (allerdings auch nur, bis ein anderes interessantes weibliches Wesen auftaucht). Besagte Sandra wiederum ist Extremsportlerin und Fotografin und sieht in dem Drama vor der eigenen Haustür die große Chance, sich einen Namen zu machen. Beide Personen machten auf mich einen eher unsympathischen Eindruck. So ging es mir allerdings mit den allermeisten Figuren, die hier eine Rolle spielen. Einzig Sandras neuer Freund Markus, seines Zeichens Gebirgsjäger und ebenfalls auf dem Berg eingesetzt, konnte ein wenig punkten.


    Überhaupt nicht gefallen hat mir die Darstellung der Politiker und sonstigen Verantwortlichen. Teilweise hatte man den Eindruck, hier im Kabarett statt im Kabinett gelandet zu sein. Wo ein bisschen Humor vielleicht noch durchaus in Ordnung gewesen wäre, arten die dargestellten Dialoge oft in Klamauk unterster Schublade aus. Da kommt für mich auch keine Ironie oder Sarkasmus rüber. Vor dem Hintergrund von tausenden bedrohten Menschenleben meiner Meinung nach einfach unangebracht. Dass hier größtenteils sehr reale Vorlagen für diese Figuren genommen wurden, lässt mich sehr hoffen, dass unsere gewählten Volksvertreter in einer Krisensituation nicht ganz so unfähig und dümmlich agieren würden, wie hier dargestellt.


    Nicht beurteilen kann ich die enthaltene Verschwörungstheorie im Hinblick auf die CIA und deren Einsätze in Ländern wie Deutschland. Auch hier hoffe ich, dass der größere Teil der Phantasie des Autors entspringt, fürchte aber doch, dass da durchaus einiges Wahres dran sein könnte.


    Am Ende des Buches blieben für mich (zu) viele Fragen offen, einige Handlungsstränge wurden meiner Meinung nach leider nicht konsequent zu Ende geführt bzw. am Ende zu schnell abgehandelt.


    Interessant fand ich die Ausführungen zur Geschichte der Zugspitze, hier merkt man, dass der Autor aus der Gegend ist und sich gut auskennt.


    Insgesamt konnte mich Kreuzzug leider nicht überzeugen. Da es sich relativ schnell und einfach hat lesen lassen, habe ich zwar bis zum Ende durchgehalten, mich aber dann auch das eine oder andere Mal beim Querlesen ertappt, da ich weder mit der Handlung noch mit den Personen wirklich viel anfangen konnte.

  • Der Handlungsort, die Zugspitze, hat mich von der ersten Seite an begeistert. Die Idee, Deutschlands höchsten Berg und somit ein attraktives Touristengebiet von Terroristen einnehmen zu lassen,
    ist klasse und stellte für mich den Hauptgrund für den Spannungsbogen dar.
    Ebenfalls gelungen fand ich, dass der Autor parallel zum Terrorakt die Reaktionen der führenden Politiker sowie die Vorbereitung der Geiselnehmer in den Thriller eingebaut hat. Die Mischung aus Satire
    und Thriller hat mich angesprochen.


    Der Autor schreibt der CIA eine Rolle zu, die ich erschreckend fand, und deren weltpolitische Bedeutung sowie deren Wahrheitsgehalt ich nicht einschätzen kann. Im Anhang sind alle Bücher, die Marc Ritter
    hinzugezogen hat, aufgeführt, dort kann man sich zur Vertiefung nach weiterer Literatur umsehen. Allein schon deswegen hat sich das Lesen gelohnt. Diese Idee auszubauen, das wäre ein echter Knaller gewesen und bietet
    Stoff für einen weiteren Thriller.


    Der Leser merkt, wie sehr der Autor sich im Wettersteingebirge zu Hause fühlt und wie akribisch er für sein Buch recherchiert hat. Danke für die vielen Informationen! Nach dem Lesen habe ich das Gefühl,
    die Gegend gut zu kennen, obwohl ich dort noch nie war und mich jetzt auch nicht mehr hin traue.


    Marc Ritter verzichtet auf die eine Hauptfigur, die als strahlender Held das Schlachtfeld verlässt, sondern verteilt die Handlung auf mehrere Schultern. Das sorgt dafür, dass die Handlung im Vordergrund
    steht, nicht der Protagonist.
    Ich hätte mir allerdings mehr Einblicke in die Gefühlswelt sowohl der „Rettungscrew“ als auch der Geiseln gewünscht. Das Lesegefühl, mitten dabei zu sein und die Anspannung und Angst oder auch aufsteigende Panik miterleben zu können, hat mir gefehlt.
    Der Sprachstil des Autors hat bei mir zwei Eindrücke hinterlassen. Zum einen passt er sich der Handlung an, bleibt eher im Hintergrund und lässt ebenfalls die Handlung als Star des Buches glänzen. Manche Dialoge waren für meinen Geschmack zu platt, passten nicht und haben den Lesefluss gestört.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin