Kreuzzug, Marc Ritter, Droemer Verlag, München, 2012, ISBN 978-3-426-22618-6
Zum Autor:
Marc Ritter, geboren 1967, wuchs in Garmisch-Partenkirchen auf. Nachdem der leidenschaftliche Bergsteiger und Skifahrer einen Lawinenabgang unverletzt überlebte, änderte er sein Leben. Er ist seiner Heimat in inniger Liebe und gelegentlicher Abneigung verbunden und Mitglied im Hornschlittenverein Partenkirchen. Heute lebt er mit seiner Familie in München und schreibt auf seiner Hütte im Zillertal.
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Meine Meinung:
Beim Schmökern in der Buchhandlung entdeckte ich auf einem Tisch voller diverser Thriller mit weißen Cover und rot geschriebenem Titel Marc Ritters Thrillerdebüt „Kreuzzug“, das mir eigentlich nur wegen der abgerundeten Ecken auffiel. Was ein Glück, denn das Buch mit den abgerundeten Ecken erwies sich für mich als abgerundeter Thriller!
Deutschlands höchster Berg, die Zugspitze, ist Ort dramatischer Ereignisse. 06. Januar 2012, ein sonniger Wintervormittag am Feiertag und in der Ferienzeit. Mehr als 5.000 Menschen nutzen den freien Tag für einen Ausflug oder Skitag zur Zugspitze. Auf einmal wird die voll besetzte Zahnradbahn verschüttet. Zunächst denken alle an ein Unglück, doch schnell zeigt sich, dass internationale Terroristen hinter dem Terrorakt stecken. Als die Seilbahn abstürzt wird klar, dass die Attentäter den Anschlag auf die Zahnradbahn nicht als Einzeltat ausgeübt haben, sondern einen detaillierten Plan zur Geiselnahme aller Touristen auf die Zugspitze akribisch vorbereitet und umgesetzt haben. Was keiner für möglich gehalten hätte, wird wahr: Tausende Zivilisten befinden sich in der Hand von einigen wenigen gut ausgerüsteten Attentätern, die den Berg besser zu kennen scheinen als die einheimischen Experten. Gebirgsjäger und Bundespolizei sind im Einsatz, der bayrische Ministerpräsident und der Verteidigungsminister schalten sich ein und bilden Krisenstäbe. Der Terrorakt wird zum medialen Großereignis. Die ersten Geiseln werden getötet, die Zeit verrinnt und eine Lösung ist nicht in Sicht, und was keiner weiß: die CIA ist verdeckt vor Ort und treibt ein doppeltes Spiel...
Ein Szenario wie geschaffen für Bruce Willis, oder? Aber ganz so einfach macht es sich Marc Ritter zum Glück nicht. Er liefert seinen Lesern keine einfache ein-Mann-rettet-die-Welt-Geschichte, sondern führt mehrere Protagonisten ein, die es dem Leser ermöglichen, das dramatische Geschehen aus unterschiedlichen Perspektiven zu verfolgen. So wechseln Handlungszeit, -ort und handelnde Personen beständig in kurzen Kapiteln. Alle seine Protagonisten haben dabei außergewöhnliche Stärken, die nur herausgebildet werden können, wenn neben Talent und körperlicher Fitness Charaktereigenschaften wie Ehrgeiz, Ausdauer und ggf. sogar Egozentrik vorliegen. So sitzt der Extremsportler Thien Hung Baumgartner, ein Oberbayer vietnamesischer Herkunft, in der Zahnradbahn, und sein Ex-Freundin Sandra, Skitourensportlerin wird beauftragt Pressefotos zu machen, nachdem es selbst mit Flugzeugen nicht mehr möglich ist, sich der Zugspitze zu nähern. Wer Romane bevorzugt, die einen ausgesprochenen Sympathieträger als Protagonist haben, mag daher bei der Lektüre des Thrillers „Kreuzzug“ enttäuscht sein. Wer aber an einem aktuellen, spannenden, gut recherchierten, action-, temporeich und flüssig geschriebenen Thriller interessiert ist, der im Höhepunkt einige überraschende Wendungen beinhaltet, wird mit Marc Ritters „Kreuzzug“ sehr zufrieden sein.
Marc Ritter geht in seinem Roman auf alle Beteiligten des Geschehens ein. In Rückblenden lernt der Leser die Attentäter und deren Motivation im Sinne der Beleuchtung der Tathintergründe kennen. Mit Ironie und Sarkasmus zeigt Marc Ritter die Ratlosigkeit und Konfusion bei verantwortlichen Behörden und Amtsträgern auf, und obwohl deren Handlungsunfähigkeit traurig real erscheint, trägt der Sprachwitz mit dem dies geschildert wird, sehr zum Lesevergnügen des Lesers bei. Die Charakterzeichnung bei den Protagonisten leidet ein wenig zu Gunsten des Erzähltempos, dies beeinträchtigt den Lesegenuss aber nicht wesentlich.
Der Roman wird im Anhang durch ein Literaturverzeichnis und ein Glossar ergänzt. Die Anmerkung, in der erklärt wird, dass Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen rein zufällig sind und von Autor und Verlag nicht beabsichtigt, ist mehr als erforderlich angesichts der realitätsnahen Darstellung der Amtsträger.
Für mich ist der Thriller „Kreuzzug“ von Marc Ritter eine tolle Neuentdeckung und einer der spannendsten und amüsantesten Thriller der letzten Monate. Der Roman zeigt wieder einmal, dass man sich für einen aktuellen und mitreißenden Thriller nicht unbedingt im angloamerikanischen Sprachraum umschauen muss. Marc Ritter beweist für mich, dass er mit den großen Namen des Genres durchaus mithalten kann und daher hoffe ich sehr, dass er noch weitere interessante Buchprojekte in petto hat.
9 von 10 Punkten