Der Sturz der Astronauten – Barry N. Malzberg

  • Heyne, 1973, 126 Seiten


    Kurzbeschreibung / Rückseite:
    Sie sind zwischen Maschinen aufgewachsen, wurden von Maschinen trainiert, haben ihre ganze Ausbildung hindurch mit Maschinen zu tun gehabt - und sind selbst ein bißchen zu Maschinen geworden, die Astronauten der NASA. Sie funktionieren einwandfrei und perfekt, das wird von ihnen erwartet, sind bis zu einem gewissen Grad austauschbar geworden wie Maschinenteile. Und Helden der Nation sind sie beileibe nicht mehr, das waren höchstens die beiden ersten, die auf dem Mond standen; der dritte, oben in der Kapsel, zählte schon nicht mehr ganz dazu. Sie sind lustig und kameradschaftlich, obwohl sie sich unter den strapaziösen Trainingsbedingungen schon seit Wochen auf die Nerven gehen; sie fluchen nicht und beschimpfen sich nicht, obwohl sie auf engstem Raum und unter menschenunwürdigen Bedingungen ihre körperlichen Bedürfnisse verrichten müssen. Sie passen zu dem Image, das die NASA ihnen verpasst hat; die Show ist ohnehin immer schlechter zu verkaufen, das Publikum gähnt von Mission zu Mission vernehmlicher; jede Panne könnte zumindest Abstriche im Etat, wenn nicht verheerende Folgen nach sich ziehen.
    Und da passiert es.
    Als Oberst Richard Martin, der bis dahin tadellos funktionierte, allein im Mutterschiff den Mond umkreist, spürt er plötzlich das Irrationale seiner Situation und dreht durch. Um ein Haar hätte er die beiden anderen Astronauten hilflos auf dem Mond zurückgelassen. Die Sache lässt sich jedoch vertuschen, aber sein Abstieg nach der Heimkehr ist unaufhaltsam. Er hatte sich als "störanfällig" erwiesen. Er ist erledigt.
    Als bei einer späteren Mission jedoch etwas Ähnliches passiert und das Raumschiff mit einer Ladung Wasserstoffbomben, die auf dem Mond hätten gezündet werden sollen, auf die Erde zurast, ist er die einzige Chance, mit dem Mann in der todbringenden Kapsel zu reden, weil er der einzige Mensch unter Tausenden von Maschinen ist, der sich in dessen Situation hineinversetzen kann.


    Über den Autor:
    Barry N. Malzberg, 1939 geboren, ist ein US-amerikanischer Science Fiction- und Fantasy-Autor sowie Herausgeber.
    Er schrieb auch unter dem Pseudonym K.M.O´Donnell sowie in Kollaboration mit Bill Pronzini und Kathe Koja.


    Mein Eindruck:
    Wie die Kurzbeschreibung schon andeutet, ist die Hauptfigur Richard Martin in diesem Roman in einer verzweifelten, bedrückenden Lage. Sein Versagen bei einer NASA-Mission kann er nicht verwinden. Selbstvorwürfe und Zweifel mischen sich mit Wut auf die Verantwortlichen und Direktoren der NASA, die ihren Hierarchien und Methoden einer erstarrten, emotionslosen Welt Vorschub leisteten. Jedes Versagen in jeder Form führt zu einer Herabstufung.
    Das zerstört letztlich auch Richard Martins Beziehung zu seiner Ehefrau. Er ergeht sich außerdem in unbegründeten Eifersuchtsausbrüchen. Sein Selbsthass macht es für seine Frau unmöglich, ihn noch zu erreichen.


    Richard Martins Bewusstseinszustand bestimmt ganz und gar die Form dieses Romans, der sich ein Leser nur schwer entziehen kann. Es ist ein verzweifeltes Anschreiben gegen starre Konventionen, teilweise mit grimmigem Humor, meist jedoch mit einer fruchtbaren Aggression. Das kann ein Leser auch als „ätzend“ empfinden.


    Malzberg ist kein durchschnittlicher Autor, sein explosivartiger Schreibstil äußerte sich in einer knappen Form, so schaffte er in nur 7 Jahren ein umfangreiches Werk innerhalb der Science Fiction. Vermutlich war er deshalb am Schluß so ausgebrannt, wie auch der Astronaut in diesem Buch.
    Dass Malzberg als seine literarischen Vorbilder jedoch auch Schriftsteller wie Norman Mailer oder Philip Roth nennt, ist ebenfalls zu spüren und so sind seine Romane von einem hohen literarischen Niveau gekennzeichnet.
    „Der Sturz der Astronauten“ ist eins seiner besten Bücher!