'Jenseits von Eden' - Teil 1 Kapitel 08 - 11

  • Der Roman gefällt mir ausgesprochen gut, trotz seiner hauptsächlich beschreibenden Art und den wenigen Dialogen. Vielleicht macht gerade das seinen Reiz aus. Die Menschen scheinen schweigsam, haben sich und überhaupt nicht so viel zu sagen, weil sie Geheimnisse haben, verbittert sind und aus was auch immer für Gründen. Sam Hamilton ist vielleicht bisher die einzige Ausnahmen.


    Dieser Abschnitt wird von Cathy Ames dominiert. So, wie sie beschrieben wird und schon eingeschlossen, dass Steinbeck Cathy überspitzt zeichnete, stellt sich mir die Frage, ob ein Mensch, so wie es von ihr gesagt wird, wirklich "zum Bösen veranlagt" und schon als Kind verdorben sein kann.


    Was sie will, das erreicht sie, sei es durch Körpereinsatz oder den Einsatz ihres Puppengesichtes, das den Männern wie auch schon ihren Eltern Harmlosigkeit vorspiegelt.
    Erstaunt hat mich immer wieder, wie schnell sie sich anpasst. Dass sie, um weg zu kommen, ihren Eltern das Haus über dem Kopf anzündet, ist schon reichlich skrupellos und zeugt von einer Menge krimineller Energie.


    Adam tut mir jetzt schon Leid. Cathy stürzt wie eine Lawine in sein leeres Leben. Ich glaube, dass sie alles wird von ihm haben können, alles. Und er wird ihr viel zu vergeben haben, wenn er ihre Fehltritte überhaupt bemerken wird.

  • Ich hatte anfangs schon ein wenig Probleme damit, wie Steinbeck Cathy dämonisiert.
    Natürlich, die Menschen sind verschieden und Cathy hat anscheinend eine fatale Veranlagung zur Gefühlskälte, aber so wie Steinbeck sie schildert spielen für ihr Verhalten Einflüsse von Außen keine Rolle und das finde ich kaum glaubhaft.
    Vermutlich aber soll Cathy auch garnicht als glaubwürdige Figur funktionieren, sondern symbolisch als das Verderbnis, dass über die Trask kommt.
    In der Konsequenz von Cathy, die Adam in der Hochzeitsnacht betäubt und ihn gleich mit Charles betrügt, liegt dann auch schon fast Methode.


    Außerdem ist der Abschnitt wieder sehr gut geschrieben, er besass Geschlossenheit. Ein Stilmittel, das funktioniert.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Ich hatte anfangs schon ein wenig Probleme damit, wie Steinbeck Cathy dämonisiert.
    Natürlich, die Menschen sind verschieden und Cathy hat anscheinend eine fatale Veranlagung zur Gefühlskälte, aber so wie Steinbeck sie schildert spielen für ihr Verhalten Einflüsse von Außen keine Rolle und das finde ich kaum glaubhaft.
    Vermutlich aber soll Cathy auch garnicht als glaubwürdige Figur funktionieren, sondern symbolisch als das Verderbnis, dass über die Trask kommt.


    Genau das meinte ich. Wie Menschen sind, ist immer Teil einer Entwicklung, ist Einflüssen von Umgang und Erziehung unterworfen. Von Geburt an ist niemand gut, schlecht, böse, verdorben oder tugendhaft.
    Sicher hast du Recht damit, dass Steinbeck diese Figur des Symbolcharakters wegen so geschrieben hat.


    Zitat

    In der Konsequenz von Cathy, die Adam in der Hochzeitsnacht betäubt und ihn gleich mit Charles betrügt, liegt dann auch schon fast Methode.
    ...


    Schon in diese Szene ist sozusagen das Programm für diese Ehe vorgeschrieben, die unter keinem guten Stern stehen wird.

  • Mal sehen, wie lange die Ehe überhaupt dauern wird.
    Im berühmten Elia Kazan-Filmklassiker mit James Dean hat Cathy als junge Frau keinen Auftritt.
    Die bisherigen Abschnitte handeln alle vor der Zeit bis der Film überhaupt beginnt.
    Es gibt allerdings noch eine TV-Serie von 1981, die nah am Buch sein soll und auch den Beginn zeigt. Ich habe die Serie noch nicht gesehen, aber das klingt viel versprechend.

  • Ich kenne die Serie nicht und habe auch die Verfilmung mit Dean noch nicht gesehen, gehe als völlig unvoreingenommen an den Roman.


    Für die Ehe der Beiden fürchte ich, dass Adam ihr wird sehr viel durchgehen lassen. Sie wird ihn betrügen und belügen. Manches wird er vielleicht nicht mal merken, über Anderes hinwegsehen.
    Mag sein, dass sie ihn auch verlassen wird. Ich hatte ohnehin den Eindruck, dass sie ihn eigentlich und überhaupt nicht heiraten wollte.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Richtig: Seite 148: Die Ehe an sich wünschte sie nicht, aber vorläufig war das eine Zuflucht"
    Daher wird sie ihn zwangsläufig irgendwann verlassen, wenn es ihr am besten passt.


    Und wenn sie die Sicherheit und Ehrbarkeit, die er ihr bietet, nicht mehr benötigt.

  • Auch wenn mir schon die ersten 7 Kapitel ausgesprochen gut gefielen, so wurden diese noch von den darauffolgenden Kapiteln übertroffen.


    Mir gefällt, wie auch hier wieder vieles einfach nur beschrieben wurde. Wie Clare ja schon beschrieben hat, fanden eher wenige Dialoge statt - doch man bekam einen tiefen Einblick in die verschiedensten Personen.
    Vor allem Cathy Ames steht hier im Vordergrund. Mit welch Grausamkeit und Gefühlskälte Cathy von John Steinbeck beschrieben wird ist Wahnsinn - da läuft es einem eiskalt den Rücken runter.
    Herr Palomar hat hier weiter oben eigentlich schon alles zu dieser Figur sehr treffend beschrieben.


    Das Ende dieses Abschnittes unterstrich natürlich noch einmal die Kälte Cathys sehr eindrücklich - einfach nur berechnend und kaltherzig. Adam kann einem wirklich leid tun. Ich bin ja gespannt, wie das noch weitergehen wird...

  • Ich finde es auch erschreckend, wie skrupellos und gefühlskalt Cathy beschrieben wird. Außer ihrer Schönheit ist selbst als Kind keine positive Seite an ihr zu entdecken.


    Aber zum Ende dieses Abschnittes lernt sie, dass auch sie an Grenzen stößt.
    Zum einen ist da Mr. Edwards, den sie nur so lange an der Nase herumführen kann, bis er sie durchschaut hat und fast umbringt. Anscheinend empfindet sie danach zum ersten Mal ein Gefühl der Angst.
    Und dann ist da noch Charles, der sie gleich zu Anfang durchschaut. Er ist wohl der erste Mensch, den sie respektiert.


    Sehr gut gefallen hat mir auch die Stelle, wo Charles sich an die Narbe (Kainsmal) auf seiner Stirn fasst und als Cathy ihn dabei beobachtet, sagt: "Keine Sorge, Sie kriegen auch so eine, vielleicht eine noch schönere"

  • Zitat

    Original von Charlotte
    ...
    Zum einen ist da Mr. Edwards, den sie nur so lange an der Nase herumführen kann, bis er sie durchschaut hat und fast umbringt. Anscheinend empfindet sie danach zum ersten Mal ein Gefühl der Angst.
    ...


    Sie hat Edwards geschickt eingefangen. Hier ein bisschen Lüge, da ein wenig Augenaufschlag, eine Mitleid erregende Geschichte, eine unbeantwortete Frage, scheinbar aus Schmerz um Vergangenes - schon hat sie ihn an der Angel.
    Eigentlich erfährt er schon alles, als sie zusammen trinken und Cathy mit der Wahrheit regelrecht herausplatzt. Zu diesem Zeitpunkt verdrängt er das Erfahrene noch.


    Er schlägt sie fast tot und kann sich nicht mehr bremsen, als Wut, Enttäuschung und das eigene Elend über ihn hineinbrechen. Eigentlich geht nicht nur Cathys sondern auch sein bisheriges Leben hier zu Ende. Sie konnte und wollte nicht bleiben, weil sie hatte, was sie wollte, das Geld, und er konnte und wollte sie nicht gehen lassen.

  • Eine merkwürdige Ehre, die Mr. Edwards da an den Tag legt. Ich habe ihm eine Erfahrung wie Cathy gegönnt, schlägt er doch sonst vornehmlich Gewinn aus den Frauen, die er weder gut behandelt noch bezahlt. Die Frau als Ware. Steinbeck zeigt hier auch gut, dass niemand, egal wie kalt und berechnend, vor einer verderblichen Liebe sicher ist, vor Wahn und Verblendung. Was sich hinter dem Verliebtsein doch alles verbergen kann! Cathy und Edwards sind sich ebenbürdig. Das Edwards sie fast erschlägt fand ich dennoch schockierend und erbärmlich.
    Cathy ist auch meiner Meinung nach überzeichnet, ihr Vater war mir lieb. Das sie mit Adam weiter spielt ist nur konsequent. Dass Charles sie nicht leiden kann und durchschaut fand ich gut, dass er dennoch sein Bett mit ihr teilt und seinen Bruder bewusst verletzt finde ich ... nicht gut! Rächt er sich für Adams unstetes und liebloses Verhalten? Schon komisch, zu welchem Durcheinander allein drei Menschen fähig sind.

  • Zitat

    Original von Charlotte
    Und dann ist da noch Charles, der sie gleich zu Anfang durchschaut. Er ist wohl der erste Mensch, den sie respektiert.


    Ich habe auch überlegt, ob sie ihn wirklich respektiert oder nicht vielmehr als ebenbürdigen Partner in einem Spiel betrachtet. Ihr Sex mit ihm geschah sicherlich auch nicht aus Leidenschaft, sondern dient bestimmt einem dunklen Zweck in der Zukunft. Vielleicht will sie ihn irgendwann erppressen? In sich verliebt machen und ausnutzen? Austesten, ob sie ihn nicht doch manipulieren kann?

  • Ich glaube schon, dass die Grundlagen der Seele einem Menschen bei Geburt mitgegeben werden. Und was das Elternhaus und die Umgebung aus einem Menschen machen können?
    Die Eltern waren zu lange passiv. Mit 16 erst die Peitsche war zu spät. Von Anfang an eine feste Hand (keine Schläge!) wären besser gewesen.
    Aber auch die Beschreibung von Cathys Zimmer, als sie weglief. Sie hat noch nie mit Puppen gespielt. Hatte sie überhaupt Spielzeug? Scheinbar nicht. Das Zimmer hatte keinerlei Hinweis, dass ein junges Mädchen es bewohnt. :yikes



    So Teil 1 ist beendet. Hochzeitsnacht mit dem Schwager :bonk

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

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  • Cathy ist mir ja so richtig unheimlich. Sie manipuliert die Leute ja wirklich wo sie nur kann und kriegt auch mehr oder weniger ihren Willen. Vielleicht hätte da eine strengere Erziehung Wunder bewirkt. Sicher bin ich mir da allerdings auch nicht, schon allein wenn man bedenkt, wie berechnend sie die Schläge des Vaters entgegengenommen hat. Dafür wurde ihm ja dann auch das Dach über den Kopf angezündet. :wow


    Charles und Adam, beide Brüder können irgendwie nicht miteinander, aber auch nicht ohne den anderen. Ist schon tragisch, soll es aber auch geben. Und nun kommt Cathy noch dazwischen und manipuliert Adam. Das kann ja nicht gut gehen. Mich wundert bloß, das Charles Cathy sofort durchschaut. Ich bin mir nur noch nicht im klaren, warum eigentlich. Erfahrung? Aber es soll ja auch Leute geben, die eine feine Antenne für falsche Töne haben.

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Zitat

    Original von Macska
    Cathy ist mir ja so richtig unheimlich. Sie manipuliert die Leute ja wirklich wo sie nur kann und kriegt auch mehr oder weniger ihren Willen. Vielleicht hätte da eine strengere Erziehung Wunder bewirkt. Sicher bin ich mir da allerdings auch nicht, schon allein wenn man bedenkt, wie berechnend sie die Schläge des Vaters entgegengenommen hat. Dafür wurde ihm ja dann auch das Dach über den Kopf angezündet. :wow


    Steinbeck stellt Cathy als so richtig von Grund auf, schon seit Kindheit, schlecht dar. Mir stellte sich immer die Frage, ob es das überhaupt gibt: Bosheit als Anlage. :gruebel
    In irgendeiner Weise sind wir immer Produkte unserer Erziehung, Umwelt, Erlebnisse.
    Cathy und ihr Handeln war mir beim Lesen immer schwer zu ertragen. An sich habe ich mit bösartigen, unsympathischen o.ä. Romanfiguren kein Problem. Vielleicht wäre es einfacher gewesen, wenn man mehr in die Gedankengänge der Person schauen könnte, aber Steinbeck lässt sie fast ausschließlich nur handeln und schafft damit eine Distanz zu seiner Cathy, die man schwer überbrücken kann und vielleicht auch gar nicht soll.


    Zitat

    ... Mich wundert bloß, das Charles Cathy sofort durchschaut. Ich bin mir nur noch nicht im klaren, warum eigentlich. Erfahrung? Aber es soll ja auch Leute geben, die eine feine Antenne für falsche Töne haben.


    Vielleicht liegt es auch daran, dass beide sich in manchen Punkten einfach ähnlich sind und er deshalb in gewisser Weise einiges nachvollziehen kann.

  • Zitat

    Original von Lesebiene
    Ich glaube schon, dass die Grundlagen der Seele einem Menschen bei Geburt mitgegeben werden. Und was das Elternhaus und die Umgebung aus einem Menschen machen können?
    Die Eltern waren zu lange passiv. Mit 16 erst die Peitsche war zu spät. Von Anfang an eine feste Hand (keine Schläge!) wären besser gewesen.
    Aber auch die Beschreibung von Cathys Zimmer, als sie weglief. Sie hat noch nie mit Puppen gespielt. Hatte sie überhaupt Spielzeug? Scheinbar nicht. Das Zimmer hatte keinerlei Hinweis, dass ein junges Mädchen es bewohnt. :yikes


    Schön, dass du das hier erwähnst.
    Bevor Steinbeck Cathy im Roman auftauchen lässt, beginnt er eine Abhandlung über genbedingte Abnormalitäten.
    Das hat mich beim Lesen so beeinflusst, dass ich tatsächlich daran glaubte, Cathy sei von grundauf schlecht.
    Während Steinbeck Cathys Kindheit und Jugendzeit beschreibt, neigt man immer wieder schnell dazu Cathy als die/das Böse zu sehen.
    Aber ist sie das wirklich? Oder hat sie vielleicht Dinge erlebt, die sie erst zu dem gemacht haben?
    Hat z. B. sie den Lateinlehrer verführt - oder er sie?