'Jenseits von Eden' - Teil 4 Kapitel 44 - Ende

  • Ich bin wirklich sehr beeindruckt von diesem Roman und überlege schon mal, welches Werk Steinbecks ich in entsprechendem Zeitabstand als nächstes lesen werde.



    Alles bewegt sich dem Ende zu.
    Aron erweist sich als das, was zu erwarten war, als schwach. mit der Universität kommt er nicht zurecht. Er stilisiert Abra zu einer Art Heiligenfigur herauf, voll der Reinheit und Perfektion, und sie kann dem nicht gerecht werden. Immer war Aron der Sohn, der den Vater mit Stolz erfüllt, der alles kann. Als Caleb ihm seine Mutter zeigt, der er so ähnlich sieht, bricht sein Kartenhaus, das er um und für sich selbst aus Reinheitsanspruch und Religiosität gebaut hat, zusammen. Wem könnte er so noch vor die Augen treten. Er meldet sich freiwillig für den Kriegseinsatz und fällt schließlich. Er hat nie wirklich eigenständig gelebt, sich nie etwas getraut. Allein dafür kann er einem Leid tun.


    Caleb ist der Unperfekte, der aber lebt, wirklich lebt, mit sich ringt, Fehler macht und weiter macht.
    Kate nennt ihn an einer Stelle im ersten Moment des Sehens "Charles", dem er so ähnelt. Vielleicht war Charles wirklich der Vater? :gruebel


    Adam versagt in diesem Abschnitt. Calebs Geschenk verwirft er. Aron enttäuscht ihn, wofür er krampfhaft Rechtfertigungen und Entschuldigungen zu finden sucht. Seine Vergangenheit holt ihn ein, denn Kate, die ihrem Leben ein Ende macht, vererbt alles Aron und entlarvt Adam, der sich nun positionieren muss, endgültig als Lügner.
    Und er erkrankt. Bei den anfänglichen Symptomen die er zeigt, dachte ich schon an einen leichten Schlaganfall. Schließlich streckt es ihn ganz hin. Sein Einfluss auf das weitere Geschehen ist dahin. Es beginnt eine neue Zeit, für Caleb und Abra.


    Hier tritt auch wieder das Kain-Abel-Motiv zu Tage. Caleb hat den Bruder mit der Mutter konfrontiert, der sich darauf hin in den Krieg stürzte. Hat er ihn ermordet?
    Manche Wahrheit kann nicht jeder tragen. Aron konnte nicht, aber ist das Cals Schuld?
    Ich bin eher geneigt ihn frei zu sprechen.

  • Ich bin im letztem Abschnitt und möchte unbedingt noch die hohe Qualität des Romans in Stil und Themen betonen.


    Das Buch ist verglichen mit den ersten Kapiteln dialoglastiger geworden.
    Und es sind fast durchgängig bedeutsame Gespräche, z.B. zwischen Lee und Cal, oder zwischen Cal und Abra.




    Es stellt sich aber auch die Frage nach John Steinbecks Bedeutung heutzutage.
    Ich habe den Eindruck dass er in den letzten 20 jahren weniger beachtet wurde als andere vergleichbare amerikanische Autoren.
    Von F.Scott Fitzgeralds Büchern sind z.B. in den letzten Jahren gut beworbene Hörbücher herausgegeben worden.
    Oder Ernest Hemingway, der als in Figur in so manchen Roman portratiert wurde.


    Daher wird es vielleicht langsam Zeit für ein John Steinbeck-Revival!


    Außerdem würde ich mich freuen, wenn es wieder enmal eine Leserunde mit einem John Steinbeck-Roman geben würde.

  • Ich greife schon einmal vorweg, obwohl ich beim Lesen noch im 3. Teil bin.
    Da ich aber den Roman schon zwei Mal gelesen und den Film unzählige Male gesehen habe, kenne ich das Ende und lese hier schon mit (was ich nicht tun würde, wenn der Roman für mich neu wäre, da es mir die Spannung rauben würde).


    Ich finde es klasse, dass ihr anscheinend beide von diesem Roman so begeistert seid. Mich würde interessieren, ob es für euch das erste Mal war, dass ihr etwas von Steinbeck gelesen habt.


    An einer weiteren Leserunde wäre ich auch interessiert.
    Früchte des Zorns ist mein persönlicher Lieblingsroman von Steinbeck.
    Von Menschen und Mäusen gibt es schon eine Leserunde hier bei den Büchereulen. Ich war sehr begeistert von dem Buch.
    Die Straße der Ölsardinen habe ich vor einigen Jahren gelesen und Tortilla Flat begonnen, aber nicht beendet. Beide Romane sprachen mich damals nicht so an, aber ich wäre neugierig, ob sich das vielleicht ändert, wenn ich sie noch einmal lese.
    Außerdem wäre ich auch mal an einer Biografie von Steinbeck interessiert.

  • Zitat

    Da ich aber den Roman schon zwei Mal gelesen


    Und, hat sich dein Lesegefühl zwischen erster und zweiter Lektüre bisher irgendwie geändert?


    Zitat

    Original von Charlotte
    Mich würde interessieren, ob es für euch das erste Mal war, dass ihr etwas von Steinbeck gelesen habt.


    Ich habe die meisten Steinbeck-Bücher schon mal gelesen, aber das ist lang her.


    Zitat

    Original von Charlotte
    Außerdem wäre ich auch mal an einer Biografie von Steinbeck interessiert.


    Hier habe ich mal eine Biographie über Steinbeck rezensiert:
    John Steinbeck – Carol Petersen
    Das Buch ist aber recht kurz.



    Zitat

    Original von Charlotte
    An einer weiteren Leserunde wäre ich auch interessiert.


    Ob "Die Reise mit Charley: Auf der Suche nach Amerika" geeignet wäre?

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Und, hat sich dein Lesegefühl zwischen erster und zweiter Lektüre bisher irgendwie geändert?


    Natürlich hat es sich verändert. Durch Zufall hat es sich so ergeben, dass ich das Buch im Siebenjahresrhythmus gelesen habe (1998, 2005 und jetzt 2012).
    Ich habe dieses Buch bei jeder Wiederholung aufmerksamer gelesen. Ob es so war, weil ich mir in der Zwischenzeit mehr Lebens- und Leseerfahrung angeeignet habe, kann ich nicht beurteilen.
    Auf jeden Fall hängt es aber damit zusammen, dass ich an den Roman drei Mal auf sehr unterschiedliche Weise herangegangen bin.


    Da ich den Film schon vor dem ersten Lesen kannte, war ich unheimlich neugierig darauf, wie nah der Film an den Roman kommt.
    Dadurch habe ich wohl den ersten Teil ziemlich schnell gelesen, weil ich wissen wollte, wann endlich der verfilmte Teil anfängt. Also oberflächlich gelesen.
    Das zweite Mal bin ich schon anders an die Geschichte herangegangen, weil ich wusste, was mich erwartet und habe daher auch sehr viel intensiver gelesen und mir mehr Gedanken gemacht.
    Und beim dritten Mal habe ich mich an dieser Leserunde beteiligt. Ein wieder ganz anderes Lesevergnügen, da man auch Einblicke bekommt, wie andere Leser das Buch lesen und interpretieren. Und das setzt bei einem selbst auch wieder ganz andere Gedankengänge frei.






    Zitat

    Original von Charlotte

    Original von Herr Palomar
    Ob "Die Reise mit Charley: Auf der Suche nach Amerika" geeignet wäre?


    Oh, hatte ich ganz vergessen. Auch dieses Buch habe ich schon gelesen.
    Ich erinnere mich nicht mehr so genau an den Inhalt, nur dass ich etwas enttäuscht war, als ich es beendet hatte. Mag aber einfach daran gelegen haben, dass ich kurz vorher die m. M. n. besten Bücher von Steinbeck (Jenseits von Eden, Früchte des Zorns und Von Menschen und Mäusen) gelesen hatte.
    Wäre wahrscheinlich auch gut, diesem Buch eine zweite Chance zu geben.

  • Nachdem ich gestern "Jenseits von Eden" beendet hatte, habe ich die halbe Nacht an "Tagebuch eines Romans" (Steinbecks begleitende Aufzeichnungen über die Entstehung des Buches) gelesen.
    So schaffe ich es, den schweren Abschied von Ort und Figuren noch herauszuzögern und leicht abzumildern!

  • Ich habe deine Rezi schon gelesen. :wave
    Das klingt wirklich interessant. So Schritt für Schritt den Entstehungsprozess mitzuerleben, muss faszinierend sein.
    Leider ist das Buch nicht mehr lieferbar, es sei denn, man möchte >35 EUR dafür bezahlen. :-(

  • Ich würde das Tagebuch sehr gerne wandern lassen (an LR-Teilnehmer wie an andere Teilnehmer).


    Es ist allerdings schon ein wenig vergilbt, daran sollte man sich bei einem so alten Taschenbuch nicht stören.


    Heute Abend richte ich den Wanderbuch-Thread ein. :wave

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Ich würde das Tagebuch sehr gerne wandern lassen (an LR-Teilnehmer wie an andere Teilnehmer).


    Es ist allerdings schon ein wenig vergilbt, daran sollte man sich bei einem so alten Taschenbuch nicht stören.


    Heute Abend richte ich den Wanderbuch-Thread ein. :wave


    Vielen Dank, Herr Palomar!
    Ich hoffe, ich übersehe den WB-Tread dann nicht, aber schon mal hier gesagt: Ich möchte es sehr gern lesen! :wave

  • Nun ist die Geschichte leider zu Ende. Im letzten Teil passiert noch so viel, dass es schwerfällt auf alles in einem Post einzugehen.


    Es gefiel mir, dass man zum Schluß noch etwas mehr über Kate erfahren hat.


    Sie war ein ganz kleines Mädchen mit einem Gesicht, das ebenso anmutig und frisch war wie das ihres Sohnes, ein ganz kleines Mädchen noch. Zumeist war sie sich bewußt, daß sie gescheiter und hübscher war als alle anderen. Doch hier und da überfiel sie Angst vor ihrer Einsamkeit, und sie kam sich von einem hochstämmigen Wald von Feinden umgeben vor. Jeder Gedanke, jedes Wort, jeder Blick zielten dann darauf ab, ihr weh zu tun, und sie wußte nicht, wohin sie sich flüchten und wo sie sich verstecken solle. Und da schrie sie in wahnwitziger Angst auf, weil kein Ausweg udn keine Zuflucht vorhanden war. Eines Tages jedoch las sie ein Buch ....


    Bei diesem Abschnitt ist zum ersten Mal so etwas wie Sympathie für die kleine Cathy aufgekommen. Schade, dass ich das Buch Alice im Wunderland nie gelesen habe.

  • Diesen kurzen Abstecher in die Kindheit einer anderen Cathy fand ich auch sehr interessant. Es ist ja klar, dass irgendetwas passiert sein muss, das sie so werden ließ, wie sie wurde. Gerade Alice im Wunderland, diese Flucht in eine andere Welt...


    Ich finde es nach wie vor schade, dass man nicht erfährt, was in Cathys früher Kindheit vielleicht geschehen ist. Sie ist einfach nur böse im Buch, und das wird ihr wahrscheinlich nicht gerecht.

  • Ich mag es selbst kaum glauben, aber am Ende hatte ich doch fast so etwas wie Mitleid mit Cathy/Kate. Mit dazu beigetragen hat auch die von Charlotte zitierte Aussage über Cathy. Sie weiß das sie anders ist und fühlt sich eventuell dadurch auch einsam bzw. von Feinden umzingelt. Sie hat Angst, dass jeder ihr weh tun möchte. Und ich interpretiere daraus mal für mich, bevor ihr von anderen weh getan wird, dann tut sie anderen weh. Und dabei hat sie sich an die Leute gehalten, die sie wohl am meisten geliebt haben, zuerst ihre Eltern, dann ihren Mann und schließlich Faye, die in ihr ja auch eine Tochter gesehen hat. Also scheint Cathy´s Verhalten auch so eine Art Selbstschutz zu sein. Am Ende ihres Lebens steht sie allein da, von Schmerzen gezeichnet und mehr oder weniger einsam. Für mich daher auch irgendwie verständlich, dass sie dann selbst den Schlußstrich zieht.


    Lee ist neben Samuel Hamilton eine meiner Lieblingsfiguren im Buch. Er ist ein Mann der Tat und macht, was gemacht werden muss. Außerdem ist er für mich mehr Vater von Aron und Caleb als Adam. Er nimmt die Jungen so an wie sie sind, mit allen Ecken und Kanten. Er zeigt Liebe und Strenge und was ich auch sehr wichtig finde, er ist für sie da und hört einfach zu. Dabei schreibt er ihnen in der Regel nicht vor was sie machen sollen, sondern gibt ihnen mehr Denkanstöße.
    Lustig fand ich auch die Stelle, als er in dem von Samuel Hamilton geklauten Büchlein etwas nachgeschaut hat und er sich vorgestellt hat, das die beiden sich im Himmel treffen und sich gegenseitig viel zu erzählen haben.


    Ebenfalls hat mich Abra beeindruckt. Obwohl sie doch sehr jung ist und seit Ewigkeiten mit Aron zusammen ist, erkennt sie doch das er in einer Scheinwelt lebt und er von ihr ein Idealbild hat, dem sie aber nicht entspricht. Und sie hat den Mut und die Kraft Caleb aufzufangen und ihm Halt zu geben.


    Ich weiß allerdings nicht, ob ich das Ende des Buches richtig verstanden habe, aber vielleicht könnt ihr mir ja helfen. Ich habe es so verstanden, das Adam am Ende Caleb alles vergibt. Und er sagt am Ende "Timschal". Timschal hatte ich vorher so aufgefaßt, das jeder eine Wahl hat sich selbst zu entscheiden und nichts vorbestimmt oder vorgeschrieben ist, oder habe ich das falsch verstanden? Ich würde das dann so frei übersetzen, obwohl Caleb vielleicht Schuld war das Aron sich freiwillig zur Armee gemeldet hat ( weil er ihn mit der Mutter überrumpelt hatte ) und später ums Leben gekommen ist, lag letzten Endes doch die Entscheidung darüber bei Aron selbst, d.h. er hat sich selbst für die Armee entschieden, auch wenn Calebs Verhalten der Auslöser war.


    Und am Ende des Buches heißt es, Adam schlief ein. Einschlafen im Sinne von Schlafen oder Einschlafen im Sinne von tot sein?

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Ich habe es so aufgefasst, dass Adam nach diesem letzten, versöhnenden Wort Timschal stirbt. Aber es ist ein sanftes hinübergleiten, daher "er schlief ein".


    Ich glaube: Timschal beinhaltet, dass Adam Cal von Schuld freispricht, denn er eignet sich dabei Lees Interpretation aus Kap.47 Abschnitt 2 an, dass das Wort den Menschen frei macht.

    Zitat

    "Es gab ihm das Recht, ein Mensch zu sein, ein von jedem anderen Menschen sich unterscheidender Mensch.
    Timschal .... du kannst."


    Auch im Sinne von Thou mayest, wie Lee mit Adam im Abschnitt 2 von Kapitel 24 erläutert.


    In nachhinein denke ich, dass die ganzen Diskussionen zwischen Lee, Adam und Samuel das Buch durch, sehr viel Weisheit beinhalten und etwas ganz Besonderes sind.


  • Für mich war dieses letzte "Timschal" so etwas wie ein Segenswunsch für Caleb, im Sinne von: "Du machst das schon! Du wirst dein Leben meistern, wenn du nur etwas tust!"


    Die Diskussionen über GOTT und die Welt, Gut und Böse, Leben und Tod durch das ganze Buch hindurch habe ich auch sehr genossen.

  • Ich bin schon seit letztem Wochenende fertig mit dem Buch... Irgendwie habe ich noch gar nichts geschrieben, da die LR so verlassen wirkte...


    Also alles in allem muss ich einfach sagen, dass Jenseits von Eden ein Buch ist, das mich völlig in seinen Bann zog. Ich hatte wirklich ein wenig Bedenken zuerst, habe mich dann voll auf das Buch eingelassen und es hat sich gelohnt.


    Vor allem das Ende hat mir gefallen. Das mit dem Timschal hast du ja schon schön beschrieben, Clare.


    Ohne das Forum hier wäre ich wohl nie auf das Buch gestoßen. Mit all den Weisheiten ist es wirklich eine große Bereicherung!


  • Die Leserunde wirkte inzwischen etwas verlassen, weil alle sonst fertig waren. Wenn du noch etwas geschrieben hättest, dann hätte ich schon noch mal rein geschaut.
    Aber so ist es halt, auch wenn alle immer sagen, später anfangen wäre ja kein Problem: Wenn das Hauptfeld fertig ist, dann ist die eigentliche Aktivität der LR vorbei.
    Schön, dass dich das Buch auch so begeistert hat. :wave

  • Zitat

    Original von Clare
    Die Leserunde wirkte inzwischen etwas verlassen, weil alle sonst fertig waren. Wenn du noch etwas geschrieben hättest, dann hätte ich schon noch mal rein geschaut.
    Aber so ist es halt, auch wenn alle immer sagen, später anfangen wäre ja kein Problem: Wenn das Hauptfeld fertig ist, dann ist die eigentliche Aktivität der LR vorbei.
    Schön, dass dich das Buch auch so begeistert hat. :wave


    Oh, ich hatte aber gar nicht später angefangen - ich habe einfach so lang (einen Monat) gebraucht...
    Ich hatte vielmehr auch das Gefühl, dass eigentlich mehr mitlesen wollten, als dann tatsächlich da waren...


    Ja, war wirklich ein tolles Buch! :-)