Becker, Oliver: Die Sehnsucht der Krähentochter

  • Zitat

    Teichdorf im Schwarzwald um 1640. Nach drei ruhigen Jahren kehrt der Krieg zurück nach Baden. Doch noch schlimmer als das heranrückende französische Heer ist für die Teichdorfer Dorfbewohner die Bedrohung durch einen spanischen Söldnertrupp und die Heilige Inquisition. Selbst vor Hexenverbrennungen schreckt man nicht mehr zurück. Bernina, die Besitzerin des Petersthal-Hofes, ist in großer Sorge um ihre Mutter, die Krähenfrau , die aufgrund ihrer besonderen Heilkräfte ins Visier der Inquisitoren gerät. Als dann noch ihr Mann Anselmo verschwindet nehmen die schrecklichen Ereignisse ihren Lauf (Quelle: Klappentext)


    Zitat

    „Was ist passiert? Was ist mit Mutter?“ Ihre Stimme hing etwas verloren in der in der klaren Nachtluft, deren Kälte sie sofort umschlang. „Genaues weiß ich nicht. Aber ich befürchte, etwas wirklich Böses bahnt sich an. Morgen ist die Kirchenweihfeier.“ Anselmo schien die nächsten Worte förmlich auszuspucken. „Das große Fest soll anscheinend mit Blut begonnen werden.“ (Zitat S. 7)


    Erschreckende Worte, die schon für einen spannenden Einstieg in das zweite Abenteuer der Krähentochter sorgen. Der zweite Teil spielt drei Jahre nach dem ersten Teil, und baut geschickt auf diesen auf. Dies wird im Verlauf des Buches besonders bei der Protagonistin Benina sehr deutlich, die eine gehörige Entwicklung mitmacht, und an einigen Punkten Fragen aufwirft, wenn man den ersten Band nicht kennt. Dies werden Quereinsteiger, wie ich, schnell merken. Obwohl an einigen Stellen gewisse Grundkenntnisse der Protagonisten vorausgesetzt werden, macht das Lesen trotzdem großen Spaß, denn Belina, aber auch ihr Mann und andere Figuren aus dem ersten Teil sind einfach nur herrlich geschildert. Lebendig, liebenswert und einmalig sind nur drei der Adjektive, die mir sofort in den Sinn kommen. Auch neue Charaktere werden genauso detailliert und sicher eingeführt. Man erkennt die Liebe des Autors zu al seinen Figuren. Durch Ecken und Kanten ist jede realistisch und auf ihre Weise interessant.


    Genauso authentisch und vielseitig die Protagonisten von Oliver Becker gestaltet wurden, ist auch die düstere Stimmung des Mittelalters. Dabei versucht er jedoch nicht auf die häufig blutigen Taten detailliert einzugehen, sondern mit wenigen, wichtigen Beispielen geschickt eine realistische Atmosphäre zu schaffen, die trotzdem das Kopfkino anregt und nicht den Eindruck vermittelt, dass es hier um Grausamkeit geht, sondern auch um die Vermittlung der gesamten historischen Perspektive. Gekonnt baut er den 30jährigen Krieg ein, und lässt den Leser diese Zeit hautnah erleben. Dabei wird es mit keiner Seite langweilig. Neben der historischen und spannenden Seite, kommt durch die eingebaute Liebesgeschichte zwischen Benina und ihrem Mann ein Hauch Romantik auf, der Liebe, Glauben und Gefühle der Menschen des 17. Jahrhunderts noch anschaulicher darstellt.


    Abgerundet wird der Inhalt und die geschichtlichen Fakten des 30 jährigen Krieges durch den präzisen Stil des Autors. Dem Autor gelingt es mit kurzen Sätzen, ausgewählten Worten und dem Augenmerk auf den wesentlichen Details, eine Stimmung zu erschaffen, wie ich es selten bei einem historischen Roman erlebt habe. Er sorgt für einen so angenehmen Lesefluss, dass ich überrascht war, als ich plötzlich auf der letzten Seite angekommen war. Auch der Schluss ist perfekt gelungen. Logisch, konsequent und sogar leicht überraschend. Ich empfand ihn als sehr angenehm, wobei ich hier aber nicht mehr verraten möchte.


    Aus diesen Gründen bekommt das Spiel fünf Sterne, obwohl ich den ersten Teil nicht gelesen habe und ich stellenweise sichtbar gemerkt habe, dass mir diese Kenntnisse fehlen. Allerdings konnte mich der Autor inhaltlich und stilistisch überzeugen, und da nehme ich dies gerne in Kauf. Schließlich ist es ihm damit gelungen, dass ich mir zum Geburtstag den ersten Teil gewünscht habe.


    12.4.12

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