Klappentext:
"Dann kommen uns zwei Männer entgegen. Einer von ihnen ist Beamter, er trägt Uniform. Neben ihm läuft ein kleiner, unscheinbarer Mann. Der Kleine lächelt höflich, fast ein wenig verlegen und grüßt leise. Erst im Vorbeigehen sehe ich, dass er an den Beamten gefesselt ist. Schnell sind sie vorbei und wir gehen weiter, bis Heidi S. mich am Arm packt und zischelt: Das war er!
Ich bin begriffsstutzig. Wer er?
Der L.!
Ich kann es nicht glauben. Dieser schwächliche, farblose Mann mit dem weichen Babygesicht soll Mario L. sein der Täter, der die kleine Ayla auf bestialische Weise umgebracht hat? Ich bekomme eine Gänsehaut "
Claudia Puhlfürst, die bekannte Zwickauer Krimiautorin, hat in ihren bisher erschienenen sechs Romanen schon von vielen Mördern und Verbrechen erzählt. Doch diesmal ist alles anders. Nicht sie entwickelt in ihrer Phantasie Figuren und Schauplätze, sondern das Leben weist ihr den Weg und die Geschichten, die sie vor den Lesern ausbreitet, sind alle wahr ...
Nach umfangreichen Recherchen und Gesprächen mit Ermittlern und Betroffenen erzählt Puhlfürst die größten authentischen Verbrechen der letzten Jahre. Dabei dokumentiert sie solch Aufsehen erregende und aufwühlende Fälle wie den Mord an der kleinen Michelle aus Leipzig, die vierfache Bluttat von Eislingen oder die grausame Tat, der Ayla zum Opfer fiel. Trotzdem sie ihr angestammtes Metier als Psycho-Thriller-Expertin verlässt, erzählt sie diese Geschichten meisterhaft, mit vielen leisen Tönen, ohne Sensationslust. Seismografisch nimmt sie Personen und Orte ins Visier und liefert genaue und lesenswerte Reportagen.
Rezension:
Einen Blick hinter die Kulissen von vier authentischen Kriminalfällen gewährt Claudia Puhlfürst dem Leser in diesem Buch.
1. Der Fall Andreas H. und Frederik B. (Vierfachmord in Eislingen)
Ostern 2009 wird die Familie von Andreas brutal ermordet. Erst werden seine Schwestern erschossen, anschließend seine Eltern. Nur er überlebt, weil er bei einem Freund übernachtet hat. Oder? Im Laufe der Ermittlungen kommt zu Tage, dass der Vater überaus dominant war und gerade mit seinem Sohn immer wieder aneinander geriet. Andreas wird zusammen mit seinem Freund Frederik verhaftet. Wie kam es, dass diese jungen Männer zu Mördern wurden?
2. Der Fall Mario L. (Ayla aus Zwickau)
Im Dezember 2005 sieht die Autorin bei einer Buchlesung in der der JVA Zwickau Mario L. Sie kann es nicht glauben, dass dieser farblose, schwächliche Mann der Mörder der kleinen Ayla aus Zwickau seien soll. Doch eben besagter Mario L. entführte am 17. Mai 2005 die sechsjährige Ayla, direkt vor dem elterlichen Haus, missbrauchte und tötete sie. Bereits kurze Zeit später wird er festgenommen, aber wie kam es dazu, dass dieser Mann, der bereits wegen sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen verurteilt wurde, wieder die Möglichkeit bekommen hat, ein Kind in seine Gewalt zu bringen?
3. Der Fall Daniel V. (Michelle aus Leipzig)
Am 18. August 2008 kommt die achtjährige Michelle aus dem Hort nicht mehr nach Hause. Am 21. August 2008 wird ihr Körper in einem Tümpel im Stötteritzer Wäldchen entdeckt. Doch wer brachte sie um und warum? Die Polizei steht ohne heiße Spur da, wochen- und monatelang kommen ihre Ermittlungen nicht voran. Nur die Presse, die scheint einen Insider zu haben, denn immer wieder tauchen nicht-öffentliche Ermittlungsergebnisse in der Öffentlichkeit auf. Im Februar 2009 wird ein letzter Versuch gestartet, diesen Mord aufzuklären: Ein Massenspeicheltest soll an allen Männern er Umgebung durchgeführt werden. Am 8. März 2009 stellt sich der Täter, um dem Speicheltest zuvor zu kommen und Daniel V. war erst 18 Jahre alt, als er Michelle ermordete. Doch warum?
4. Der Fall Egidius S. (Würger von Aachen)
Egidius S. ist arbeitslos, in 3. Ehe verheiratet und Vater eines Sohnes. Als er bei einem Einbruch erwischt wird, gibt er freiwillig bei der Polizei einen Speicheltest ab - und kann so zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen, das bereits Jahre zurückliegt. Denn er brachte die junge Frau seinerzeit um, nachdem er sie vergewaltigt hatte - seine DNA war in ihr. Im Ganzen können dem "treusorgenden" Ehemann 5 Morde nachgewiesen werden, 07/1983, 02/1984, 08/1984, 10/1987 und 06/1990. Doch Egidius S. wurde erst im August 2007 verhaftet. Hat er noch mehr Morde begangen? Warum sind so große Lücken zwischen den Taten und warum hörte er so plötzlich auf?
Diesen vier Mordfällen ist Claudia Puhlfürst auf den Grund gegangen. Sie hat recherchiert und dargelegt, wie es zu den jeweiligen Taten kam, hat mögliche Motive offen gelegt und auch die Fälle verfolgt, nachdem sie nicht mehr so präsent in der Öffentlichkeit vertreten waren. Dieses Buch behandelt die reinen Fakten, nichts ist hinzugedichtet worden, alles was darin beschrieben ist, fand so statt, wurde so ermittelt und ging so in die Kriminal- und Gerichtsakten ein. Klar und deutlich schildert die Autorin diese Fälle, ohne diese jedoch zu verreißen, wie es die Tagespresse so gerne macht. An einige Fälle kann auch ich mich noch erinnern, doch wie vielen anderen, fehlte mir das Hindergrundwissen, gerade nachdem die öffentlichen Medien nicht mehr darüber berichtet haben.