Rosa Straussenfedern - Hanna Krall

  • Zum Inhalt:
    „Dies ist ein Buch über das, was mir Menschen in fünfzig Jahren schrieben und erzählten“ steht auf der Rückseite des für mein Empfinden wunderschön gestalteten Schutzumschlages. Kein durchgehender Text ist es, trotzdem linear, zeitlich eingeordnet von 1960 bis 2009. Notizen sind es, Briefe, Fragmentarisches und Literarisches.


    Die Autorin:
    Hanna Krall wurde 1935 geboren. Sie lebt in Warschau, unterlag lange Jahre lang einem Publikationsverbot und wird heute mit nationalen und internationalen Preisen geehrt.



    Meine Meinung:
    Wieder einmal ein schmaler Band von Hanna Krall, 208 Seiten sind es diesmal, neben den Texten gibt es ein alphabetisches Verzeichnis der zu Wort Kommenden sowie zahlreiche hilfreiche Anmerkungen.


    „Ein Buch voller Rätsel“, so behauptet der Klappentext – ich halte dagegen: Wer Hanna Krall von „Die Untermieterin“ oder „Dem Herrgott zuvorkommen“ begleitet hat bis zu den jüngsten Büchern „Eine ausnehmend lange Linie“ und „Herzkönig“, für den reduzieren sich die Rätsel auf einige wenige. Es ist ein ungewöhnliches Buch, autobiografisch sicherlich, es deutet vieles aus dem Leben der Autorin an und es zeigt noch viel deutlicher, welchem Thema sie sich verschrieben hat, was das große Thema ihrer Literatur, vielleicht sogar ihres Lebens ist, nämlich: Den verfolgten Juden die Stimme, ihnen ihr Gesicht, ihre Gestalt, ihre ganz persönliche Geschichte und damit ihre Würde wiederzugeben. Es sind allesamt nur kurze Stücke, von zwei Sätzen bis zu einigen wenigen Seiten, schnell zu lesen, aber gar nicht schnell aus dem Kopf zu bekommen. Nicht nur den Verfolgten und Deportierten gibt sie Raum, auch die resp. ihre eigene Situation in Polen durch die Jahre findet sich dargestellt, aber punktuell und reduziert, ohne große Ausschmückungen, ohne durch Erklärungen zu verdeutlichen.


    Zwei Schriftbilder prägen das Buch, die Stimme der Autorin ist von denen anderer, hier kursiv gedruckt, bemerkenswert gut zu unterscheiden. Und die Stimme der Hanna Krall ist hier so deutlich wie in ihren anderen Büchern: lakonisch, ohne Gefühlsduselei beschreibt, nein, berichtet sie, lässt ihre Sprache in Herz und Kopf des Lesers ihre Wirkung entfalten, wohl wissend, dass sie ihm, dem Leser, nur so die Angst, das Grauen, das Entsetzen, den Schmerz und Hunger, das Allein- und Ausgeliefertsein wirklich nahebringen kann. Für mich ist es immer wieder verblüffend, mit welcher Ruhe und wie im Grunde still sie erzählen kann.


    Ihre Gesprächspartner in Wort und Schrift tragen teils klingende Namen, Jan Karski beispielsweise oder Marek Edelmann, aber ebenso be- und anrührend sind die Stimmen der anderen Menschen, deren Namen nur wenige kennen; was sie zu sagen haben, ist ebenso wichtig, ebenso beeindruckend, ebenso mein Herz zerreißend.


    „Rosa Straussenfedern“ gehört für mich zu den Highlights dieser Schriftstellerin, deren Bücher ich wieder und wieder lese. Das Buch ist ungewöhnlich und eigen. Wie ein Zettelkasten, so dachte ich zunächst, aber letztlich empfinde ich es als „Hanna Krall konzentriert“.


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