Aus unserer losen Reihe "Meine Geschichte" oder Berichte aus dem wahren Leben, heute: Der Doc beim Reifen-Doc.
Vorab sollte ich gestehen, daß ich ein leicht gestörtes Verhältnis zu Reifen habe. Zumindest erscheint es mir so, da ich überdurchschnittlich oft beim Reifenhändler meines geringsten Misstrauens zu Gast bin - so auch vergangenen Dienstag.
Bisher schien sich dieses seltsame Verhältnis zum schwarzen Gold der Motorisierung nur auf Motorradreifen zu beschränken, bei denen ich es in schöner Regelmässigkeit zu Wege bringe Nägel oder Hopfenklammern in voller Fahrt aufzugabeln. Doch vergangenen Dienstag schien diese Serie zu reissen, als ich nach einem (wieder mal) harten Arbeitstag einen relativ platten Hinterreifen am Auto feststellen musste.
Die rettende Tankstelle mit dem Luftspendergerät war gottlob nur einen Katzensprung entfernt, aber es war klar, daß es dieses Problem nicht nur temporär zu lösen galt - also auf dem Nachhauseweg zum Reifenhändler gedüst. Nach einem kurzen Hallo in der warmen Meisterbude war klar, daß die Jungs zur Zeit nichts, aber rein gar nichts zu tun haben. Jeder hat mittlerweile schon Winterreifen drauf oder rutscht noch gar bis zum Frühjahr mit seinen Sommerreifen durch die Gegend. Es war also plötzlich geschäftiges Treiben rund um meine Karre, weil jeder dabei sein wollte, wenn nach tagelangem Rumsitzen endlich mal ein Kunde sich verirrt hatte.
Die Diagnose war niederschmetternd. Ein Nagel, der in meiner Erinnerung mittlerweile so lang, wie ein Bi-Händer-Schwert zu sein schien, wurde als Ursache des Defekts beschuldigt. Der Reifen (eh schon über acht Jahre alt) war nicht mehr zu retten und wurde zur Einäscherung freigegeben. Doch ein neuer Reifen musste her. Nun mag es verwunderlich klingen, doch von all den Millionen von Reifen, die ich dort fein aufgestapelt und etikettiert bewundern durfte, schien nur ein Einziger zu meinem Auto zu passen. Der Reifen-Doc: "Hmm...das ist jetzt aber blöd. Du weißt ja, daß Du in so einem Fall schon beide Reifen tauschen musst. Wir haben aber nur einen da."
Nun gut, der eine Reifen wurde also ersetzt und vereinbart, daß Nr. 2 bestellt wird und heute, also am Rosenmontag, montiert werden kann. Ich solle vorher aber sicherheitshalber nochmal anrufen, ob der begehrte Gummi auch wirklich geliefert wurde. Gesagt getan. Vorhin habe ich dort angerufen und es war zum Haareraufen. Wie gesagt, die Jungs hatten letzte Woche NICHTS zu tun und es sah auch nicht so aus, als ob die letzten Tage plötzlich 20000 Kunden ihre Reifen wechseln lassen wollten. Deshalb war ich auch leicht irritiert, als sich das Gespräch folgendermassen entwickelt hat.
Doc "Ich ruf' an wegen dem Reifendingens von letzter Woche Dienstag, blablabla..."
Reifendoc, erstaunt "Welcher Reifen?"
Doc "Na dieser Reifen mit dem ellenlangen Nagel drin, wo sie nur noch einen da hatten."
Reifendoc, noch erstaunter "Was für ein Auto war'n das?"
Doc "Hä? Na so ein Golf..."
Reifendoc, debil "Sommer- oder Winterreifen?"
Doc, mit fester Stimme "Winter"
Reifendoc "Auf welchen Namen ging denn das?"
Doc, mit geschlossenen Augen bis zehn zählend "Doc"
Reifendoc "Aaah...jaaa... Yo, der Reifen ist da."
Ok, zugegebener Maßen weiß ich natürlich nicht, ob der Reifenhändler im Lauf der vergangenen paar Tage nicht doch dermaßen mit Kundenwünschen überhäuft wurde, daß er sich an mich und meinen Bi-Händer-Schwertnagel nicht mehr entsinnen konnte oder ob es am Rosenmontag gelegen hat, aber das Gespräch hat mich kurzzeitig aus der Spur geworfen.
Gruss und schönen Rosenmontag noch,
Doc, der sich jetzt Hinterreifen Nr. 2 holen geht