Kurzbeschreibung
Thomas war damals noch fast ein Kind, aber an die Ereignisse im verschlafenen mitteldeutschen Bad Guldenberg, während des Sommers 1957, erinnert er sich genau: wie er sich bei den Zigeunern verdingte und dafür von seinem Vater, dem Apotheker, streng bestraft wurde und wie er in diesen heißen Tagen seine erste, schüchterne Liebe zu Elske, der um so vieles Älteren, erlebte. Aber auch andere erinnern sich: Da sind Bürgermeister Kruschkatz, Dr. Spodeck, der alteingesessene Arzt, und die sanfte Krämersfrau Gertrude Fischlinger. Und da ist auch Marlene, die nur durch den Opfertod ihrer Mutter den faschistischen Terror überlebt hat. Sie alle tragen ihren Teil bei zur Erinnerung an jenen Sommer, als die Zigeuner ihr Lager mitten in der Stadt aufschlugen, als eine Untersuchungskommission vom Bezirk kam und Horn sich das Leben nahm.
„Ein meisterhafter Roman“, urteilte Hans Ulrich Probst in seiner Laudatio zum Solothurner Literaturpreis 2000, „den ich für eines der wichtigsten Bücher aus 40 Jahren DDR-Literatur überhaupt halte.“
Angaben über den Autor
Christoph Hein, geboren 1944 in Heinzendorf/Schlesien, lebt in Berlin. Sein Werk, für das er mit zahlreichen renommierten Literaturpreisen ausgezeichnet worden ist, erscheint im Suhrkamp Verlag.
Eigene Meinung
Der Einstieg in das erste Kapitel erzeugte bei mir Spannung.
„Erinnere dich.
Ich versuche es.
Du mußt dich erinnern.
Es ist lange her. Jahre sind vergangen. […]“
Derartige Wortwechsel sind jedem der acht Kapitel vorangestellt und ziehen sich wie ein Gespräch aus dem Off dadurch durch das ganze Buch. Wer dort genau mit wem spricht, wird leider nie aufgeklärt. So muss der Leser bei seiner Vermutung bleiben. Und Vermutungen können viele angestellt werden, da sich in diesem Roman, fünf Figuren finden, die als Protagonisten agieren. Der Apothekerjunge Thomas, Bürgermeister Kruschkatz, Dr. Spodeck, Gertrude Fischlinger und Marlene erzählen in ihnen zugeordneten Abschnitten, wie sie den Sommer 1957 in Bad Guldenberg erlebt haben. Diese verschiedenen Personen immer näher kennenzulernen und das Leben der Stadt aus ihrem Blickwinkel zu betrachten fand ich äußerst interessant. Die verschiedenen Winkel kommen insbesondere in Bezug auf die Zigeuner zu tragen, die mitten in der Stadt ihr Lager aufgebaut haben.
Dabei taucht der Museumsleiter Horn zwischendurch in den Erzählungen auf. Aber er kommt nie selbst zu Wort. Herr Horn bleibt somit den Roman hindurch präsent, dennoch habe ich ihn nie wirklich fassen können.
Der Roman selbst, ist in der ehemaligen DDR situiert und läuft unter dem Genre der „DDR- Literatur“. Für mich war in dem Roman selbst nur wenig ersichtlich, was ihn deutlich in diese Zeit setzt, außer dem Jahr und dem Ort. Vor allem das Wissen, dass er zur DDR- Literatur gehört, hat mich aufmerksam gemacht, Anzeichen im Buch selbst zu finden. Diese Anzeichen fand ich rückblickend etwas in der Rolle des Bürgermeisters und der Erzählung von ihm sowie auch ein wenig bei der Krämersfrau Gertrude Fischlinger.
Ich vermute jedoch, dass jemand, der noch Erinnerungen an die DDR hat und vielleicht sogar in ihr aufgewachsen ist, noch mehr Anzeichen bemerken kann. Als die Mauer fiel, war ich noch keine drei Jahre alt, so dass ich keine eigenen Erinnerungen an diese Zeit habe. Auch meine geschichtlichen Kenntnisse sind bezüglich der DDR nicht sehr groß, was sich aber hoffentlich noch etwas ändern wird.
Der Schreibstil von Hein hat mir sehr gut gefallen. Es kam nie Langeweile auf und ich bin über keine merkwürdigen Formulierungen gestolpert.
Fazit:
Das Buch ist lesenswert. Gekonnt hält der Autor den Leser bei der Stange und gibt ihm häppchenweise immer mehr Informationen über die einzelnen Protagonisten, die den Sommer 1957 erleben. Diese vielen Perspektiven machen für mich das Buch auch aus.
Am Ende des Buchs stirbt Horn, der für mich leider immer zu sehr im Hintergrund war und den ich als Figur auch nicht fassen konnte. Er bleibt eher ein Phantom. Das fand ich etwas schade und hätte mir mehr gewünscht, auch in Hinblick auf seinen Tod, der immerhin den Titel des Romans bestimmt. Hier gibt es von mir einen Abzug.
Liebe Grüße,
Imandra