Frank Goosen - Sommerfest

  • Titel: Sommerfest
    Autor: Frank Goosen
    Verlag: Kiepenheuer und Witsch
    Erschienen: Februar 2012
    Seitenzahl: 318
    ISBN-10: 3462043862
    ISBN-13: 978-3462043860
    Preis: 19.99 EUR


    Der Klappentext beschreibt dieses Buch als ein "hinreißendes Roadmovie" und trifft es damit eigentlich sehr gut.


    Der Hauptprotagonist Stefan Zöllner kommt nach zehn Jahren zurück in seine Heimatstadt Bochum um das Reihenhaus seiner Eltern zu verkaufen. Stefan ist Schauspieler und lebt in München. Sein Heimaturlaub darf nicht mehr als zwei Tage dauern, wartet doch in München ein Vorsprechen für eine Fernsehserie auf ihn; und da sein Vertrag am Theater nicht verlängert wurde, ist er auf diese Fernsehrolle schon sehr angewiesen.


    Für Stefan ist es auch eine Reise zurück in die Vergangenheit. Omma Luise und Tante Änne warten genauso auf ihn, wie auch seine alten Kumpels Toto, Frank und dessen Frau Karin. Und dann ist da natürlich auch noch Charlotte, von allen nur Charlie genannt. Irgendwie haben Stefan und Charlie nie genau geklärt wie es eigentlich um sie beide steht, obwohl Stefan mit Charlie mehr verbindet als mit jeder anderen Frau.


    Stefan erinnert sich an das Leben zwischen Schrebergärten, Kneipen, Bergbau und Fussball. Alles ist ihm wieder gegenwärtig und die zehn Jahre, die er nicht in Bochum war, scheinen zu einer einzigen Sekunde geschrumpft zu sein, die verschiedenen Charaktere über die Frank Goosen schreibt wirken authentisch und lebensecht. Man spürt seine Zuneigung zu den Menschen aus dieser Region; man könnte fast sagen, dieses Buch hat er mit seinem "Herzblut" geschrieben. Nichts wirkt aufgesetzt oder künstlich aufgebläht - hier werden die Menschen und das Leben so beschrieben wie sie und es auch real sind.


    Wehmütig, manchmal auch komisch - aber immer lebensecht und warmherzig, das ist das was diesen ganz besonderen Reiz dieses Buches ausmacht. Nach wenigen Seiten ist dem Leser klar, dass der Autor genau weiß worüber er schreibt - da schreibt einer über seinesgleichen, über die Menschen und den Menschenschlag der ihm (dem Autor) offensichtlich sehr ans Herz gewachsen ist. Menschen die so sind wie er selbst.


    Das Leben ist nicht immer einfach und es hat auch seine ganz fiesen Tücken und die meisten Dinge sind eben nicht so easy wie sie zu sein scheinen. Trotzdem gibt es zum Leben eben keine vernünftige Alternative.


    Frank Goosen, ein Autor, der Leben so beschreibt wie Leben eben ist.


    Für dieses Buch gibt es von mir eine unbedingte Leseempfehlung. Und wie die Sache mit Charlie endet - das wird hier nicht verraten, das möge bitteschön jeder selbst nachlesen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Stefan, in Bochum beheimatet, aber schon seit zehn Jahren Münchener, muss wegen des Verkaufs seines Elternhauses für ein Wochenende - ganz kurz - in seiner frühere Heimat.
    Und hier trifft er sie: seine Omma Luise und all die Bekannten aus Jugendjahren und vergangenen Tagen.
    Die zwei Tage in der alten Ruhrpottmetropole werden zu einer (unfreiwilligen) Revivaltour für Stefan, der doch vor zehn Jahren unbedingt weg wollte, damit er nicht versauert.
    Es kommt, wie es kommen muss und Stefan wird zum Sommerfest der Spielvereinigung mit alten Bekannten und dem anschließenden Happening auf der gesperten A40, dem bekannten Kulturevent, eingeladen.
    In diesen nur zwei Tagen in Bochum zieht Stefans bisheriges Leben an ihm vorbei und er stellt sich ständig die Frage, ob er nicht doch hierhin gehört.


    Die Geschichte ist sehr humorvoll, voller Ruhrpott-Lokalkolorit, aber auch Tragik spielt hier eine Rolle.
    Da Stefan Mitte 40 ist, spricht diese Geschichte vor allem diejenigen an, die in den 70er und 80er Jahren auch ihre Kindheit in NRW, speziell im Ruhrgebiet erlebt haben. Hier werden tatsächlich eine Menge Erinnerungen wach.


    Frank Goosen hat einen klasse Roman, voller Schwung, im sozial benachteiligten Bochum über stillgelegten Zechen und rekultivierten Gruben geschrieben, wo doch irgendwie die Menschen gleich und die Zeit stehengeblieben ist. Sehr authentisch.


    10 Punkte

  • Hier sollte eine Rezension von mir stehen.


    Da es mir aber, nachdem ich Voltaires Rezension gelesen habe, beim besten Willen nicht gelingen will, etwas anderes/ergänzendes zu schreiben, schließe ich mich einfach den Rezensionen von Voltaire und auch Anton an: Ein wirklich außergewöhnliches "Heimat"-Buch - auch für Nicht-Bochumer!

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Das Buch liegt hier auch schon seit längerem auf einem Stapel. Ja, ich weiß auch auf welchem. :lache Im Wohnzimmer :knuddel1 Mal sehen, wann es an die Reihe kommt.
    Mir fällt die Wahl des nächsten Buches immer schwer - häufig schieben sich andere Titel zwischen meine Planung. :bruell

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)