Fortunas Flug - Victoria Schlederer

  • Klappentext


    Wien 1913: Klatschkolumnistin Stella Schönthal ist eigentlich nur dem neuesten Skandal der Wiener K.-u.-k.-Gesellschaft auf der Spur, als sie Zeugin einer Bluttat wird. Der geniale Konstrukteur des Luftschiffes „Fortuna” nimmt sich vor ihren Augen das Leben. Neugierig beginnt Stella Nachforschungen anzustellen. Hängt sein Tod mit dem bevorstehenden Jungfernflug der „Fortuna” zusammen? Welches Geheimnis umgibt das Luftschiff? Und was will der mysteriöse Graf Trubic von Stella? Ihre Ermittlungen führen sie bis nach Prag und schließlich über die Grenzen unserer Welt hinaus ...


    Über die Autorin


    Victoria Schlederer wurde 1985 in Wien geboren, wo sie nach mehreren Auslandssemestern in Rotterdam derzeit wieder ihren Wohnsitz hat. Sie studiert Politikwissenschaft und Slawistik und ist als freie Journalistin tätig. Neben dem Schreiben gilt ihre Faszination dem Reisen, Sprachen und der Vergangenheit.
    2009 hat sie sich mit ihrem Debut-Roman "Des Teufels Maskerade" gegen aberhunderte Teilnehmer durchgesetzt und den Heyne-Wettbewerb "Magische Bestseller" gewonnen.


    Meine Meinung


    Wenn ein junger, fescher Offizier, aus gutem und reichem Hause, vor den Altar tritt, um ein Dienstmädchen zu ehelichen, so ist das ein gefundenes Fressen für die Klatschpresse. Und wenn besagter Offizier an jener wichtigen Stelle „Nein“ sagt, dann lacht das Herz der Kolumnistin Stella Schönthal erst recht. Ihr detektivischer Spürsinn freilich erwacht, als sie auf dieser denkwürdigen Veranstaltung außerdem Zeugin eines Selbstmordes wird. Ihre Recherchen haben ungeahnte Folgen und führen sie in neue, unbekannte Kreise: der Selbstmörder war kein geringerer als der Konstrukteur des Luftschiffes Fortuna, Stolz und möglicherweise mit schwarzer Magie ausgestattete Geheimwaffe der kaiserlichen Luftflotte. Stella lernt den mysteriösen und überaus zynischen Graf Felix Trubic kennen, und gegen seinen Willen versuchen sie gemeinsam, die Rätsel rund um die Fortuna zu entwirren. Ehe sich Stella versieht, verliert sie nicht nur ihre Anstellung als Gesellschafterin, sondern findet sich auch in den Diensten des Büros für okkulte Angelegenheiten wieder – und bekommt Unterricht in Magie von einer überaus berühmten Persönlichkeit in unerwarteter Erscheinungsform. All diese neuen Erkenntnisse kann Stella gut gebrauchen, denn es geschehen neue Selbstmorde, und die Fortuna rüstet für ihren Jungfernflug...


    Mir hat das Buch ganz außerordentlich gut gefallen. Wie schon in ihrem Erstlingswerk „Des Teufels Maskerade“ entführt die Autorin wieder in das Wien von vor 100 Jahren. Mit ihrem herausragenden Gefühl für Sprache gelingt es ihr, ein buntes und authentisches Bild der Kaiserstadt heraufzubeschwören. Beim Lesen konnte ich sie quasi vor mir sehen: die alten Straßen voller Droschken und Automobilen; die feschen Offiziere mit ihren nicht immer standesgemäßen Begleiterinnen. Würdige Adelige und unterhaltsame Lebedamen, die von einer Jause im Kaffeehaus zur eleganten abendlichen Soiree eilen.
    Stella ist eine herrlich unkonventionelle Heldin; wahrlich kein süßes Wiener Mädl, sondern eine erwachsene Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben steht und dennoch ihren Sinn für das Wunderbare nicht verloren hat.
    Ihr zur Seite stehen eine Reihe Personen, die man bereits aus der „Maskerade“ kennt und deren Wiedersehen Freude bereitet: Graf Trubic, Baron Sirco und Sir Lysander, der noch immer an den Folgen einer fehlgeschlagenen Magie leidet. Zum Verständnis der „Fortuna“ ist es übrigens nicht notwendig, die „Maskerade“ gelesen zu haben. Lediglich die eine oder andere Anspielung macht so dann Sinn.


    Das liebliche Coverbild mit dem leicht bekleideten Mädchen (Fräulein Schönthal würde sich hüten, in so einem Hauch von Nichts in der Öffentlichkeit aufzutreten!) täuscht: „Fortunas“ Flug ist kein typischer Fantasyroman und bietet erst recht keine romantischen Verstrickungen. Sondern viel eher einen historischen Kriminalfall mit phantastischen Elementen. Kein Buch zum Abschalten oder zum „eben mal zur Entspannung“ Lesen. Aber wer sich darauf einlässt, wird mit einer wunderbar authentischen Geschichte belohnt, voller Wortwitz, eleganter Dialoge und Zeitgeist, und einer Handlung, die mit allen ihren Irrungen und Wirrungen immer spannend, aber niemals vorhersehbar ist.


    Ich kann gar nicht anderes, als 10 Punkte zu vergeben!


    lg, A.

  • "Des Teufels Maskerade" gefiel mir ausnehmend gut, sodaß ich mit hohen Erwartungen an Schlederers zweiten Roman "Fortunas Flug" heranging.
    Nun, sprachlich und was die Figurenzeichnung betrifft, wurde ich auch nicht enttäuscht, wieder gelingt es der jungen Autorin, mit ihrem Schreibstil und ihren blumigen Formulierungen die Donaumonarchie für einige Stunden auferstehen zu lassen. Wie auch schon in ihrem Erstlingswerk, wissen auch diesmal die Figuren durch und durch zu überzeugen - und es gibt ja sogar ein Wiedersehen mit einigen Bekannten, etwa Sir Lysander. Die Erzählerin Stella gewinnt schnell das Herz des Lesers und gefällt mit ihrer unkonventionellen, saloppen Art.
    Doch wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten: als durchgehend spannend kann ich "Fortunas Flug" nicht reinen Gewissens bezeichnen, an einigen Stellen wären Straffungen vorteilhaft gewesen. Überhaupt schwächelt der Roman für mich ein wenig, was den Inhalt betrifft - so grandios Schreibstil, Atmosphäre und Figurenzeichnung sind, so konstruiert wirkt mitunter die Handlung.
    7 Punkte