Muss Grass sagen, "Was gesagt werden muss" ?

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Ggf. muss auch über einen nuklearen Erstschlag mit taktischen Atomwaffen nachgedacht werden. Eine Entscheidung die sich ganz sicher niemand leicht machen wird. In Anbetracht des Notwehrrechts Israels aber durchaus vertretbar.



    Abgesehen von der GG Diskussion - wenn ich sowas lese muss ich kotzen.
    Missachtung jeglichen Lebens, Missachtung der Folgen.


    Sich über Fussballhooligans aufregen und dann sowas ablassen, mein lieber Scholli.


    Erstschlag! Man möchte dich rütteln bis du zur Besinnung kommst.

  • Hallo magali,


    da hast Du was völlig falsch verstanden.
    Meine Frage bezog sich auf das "Künstlerische" als solches, auf das Lyrische an diesem "Gedicht". Und diesbezüglich war die Frage so gestellt, wie ich sie gestellt hatte: Würde man einen solchen TEXT (erst mal ohne Beurteilung des (politischen-Tabu-)Themas) unbenommen als "Gedicht" ansehen, hätte den TEXT jemand x-Beliebiges als "Gedicht" zur Publikation eingereicht?


    Ich sage einfach weiterhin frech und frei: NEIN. Ich finde einfach nichts Lyrisches an diesem Text, maße mir als Nullachtfünfzehn-Leser (und Schreiber) dieses Urteil an. Man möge mich zerpflücken dafür - gern.


    So, und als zweites wäre dann der Inhalt als solches, die Botschaft, die Intention, der Tabubruch (insoweit gebe ich Dir recht, das ist einer!), zu beurteilen: Was will uns der Autor sagen? Und, auch nicht ganz unwichtig: Werte ich
    a) das, WAS er sagt, als gut, nachvollziehbar, oder auch falsch, und
    b) ist für mich das WIE akzeptabel (dies jetzt auf den reinen Inhalt und "Ton" und nicht die literarische Form bezogen)?


    Der Inhalt dieses "Textes" ist, wie Du richtig sagst, keinesfalls "political correct"; da ich diese Vokabel absolut nicht mag, wäre es also ein Grund, Grass' Text aufgeschlossen gegenüberzutreten. Trotzdem bleibt bei mir ein irgendwie "falsches Gefühl" zurück ...


    Viele Grüße
    Nikola


    PS: Bitte eines nicht verwechseln: Dass ein Künstler kritisch sein kann, soll, muss, wenn er sich als politisch, sozialkritisch oder wie und wo auch immer verortet, bedeutet nicht, dass ich den Inhalt seiner Kritik und die "künstlerische Darstellung" allein deshalb gutheißen muss, weil sie gegen den Strich der Mehrheit gebürstet ist.


    Es gibt sehr viele sehr kritische Künstler, es gibt Satire, die so böse ist, dass es einen schaudert, und trotzdem sage ich: Gut so. Andererseits gibt es Künstler, die diese Intention einfach nicht haben, die unterhalten wollen, nicht mehr und nicht weniger. Ich finde, wir sollten jedem das Seine lassen.


    Und last not least: Es wäre traurig, wenn die Worte eines Mannes, der den Literaturnobelpreis bekommen hat, nicht zu Diskussionen anregten. Auch unser verflossener Bundespräsident hat zu Diskussionen angeregt, und das nicht etwa, weil "man" sein Tun gut fand. Womit wir wieder beim Anfang wären: Deklaration des Textes als Gedicht: (Nur) weil Grass es eben als solches definiert hat?

  • Zitat

    Original von beisswenger
    Bei allem Respekt, lieber Voltaire, ich finde es geht hier noch sehr sachlich zu - von wenigen Ausreißern abgesehen. Und Kritik an der Regierung Israels ist keinesfalls mit Antiisraelisch gleichzusetzen.


    Dem schließe ich mich an. Kritik an bestimmten Strömungen innerhalb eines Staates heißt nicht, den Staat als solches oder seine Bewohner in Frage zu stellen.

  • Zitat

    Original von agu


    Dem schließe ich mich an. Kritik an bestimmten Strömungen innerhalb eines Staates heißt nicht, den Staat als solches oder seine Bewohner in Frage zu stellen.



    .....was hier aber leider - wenn auch zwischen den Zeilen - gemacht wird. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Touché! Ich musste auch an Sarrazin denken, der sich brüstet, das gesagt zu haben, "was viele insgeheim denken". :pille


    Hatten wir das schon ?
    Broder


    Ich finde es scharfsinnig, obschon polemisch.

    "Literatur ist die Verteidigung gegen die Angriffe des Lebens."


    "...if you don't know who I am - then maybe your best course would be to tread lightly."

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von newmoon ()


  • !!!


    Ich habe dieses voltaire-Zitat anfangs leider überlesen.


    Wollte ihm ja gerade für seine letzten beiden Beiträge danken, aber wenn ich sowas lese, dann wird mir doch ganz anders. "Taktische Atomwaffen" - so sehr ihm das anti-israelische Geschreibsel aufstößt, so sehr scheint er militaristische Propaganda und dazugehörige Euphemismen verinnerlicht zu haben. Das übertrifft tatsächlich alle meine Vorurteile, die ich über den Mikrokosmos Militär habe.


    Carl Schmitt in Reinkultur.

  • Zitat

    Original von Odin68
    2. GG könnt weiß Gott einfach seinen Mund halten. Aber wir leben in einer Zeit wo jeder alles sagen MUSS. Anders scheint es nicht zu gehen und anders wäre anscheinend langweilig. Das alles endet da, wo ich es ganz bestimmt nicht haben möchte.


    Ich habe fertig.


    Warum sollte er denn seinen Mund halten? Als engagierter Bürger seine Meinung zu sagen, ist doch das, wozu uns Politiker und Medien in schönen Sonntagsreden immer aufgefordert haben. Tatsächlich hätte man aber nach wie vor lieber die Variante, die brav ihre Steuer zahlt und ansonsten das Maul hält.


    Man sollte eher an unsere Medien die Frage richten, warum es eigentlich kein größeres Thema ist, wenn über eine Milliarde € deutscher Steuergelder dafür ausgegeben werden, um die atomare Aufrüstung eines Staates zu fördern, während man sonst doch immer so wohlfeil seiner Besorgnis wegen der atomaren Ambitionen anderer Länder Ausdruck verleiht.
    Allein dafür, dies einmal ins Rampenlicht gerückt zu haben, gebührt Grass ungeachtet der literarischen Qualitäten seines Werkes Dank.


    Die ganze moralische Erbärmlichkeit unserer Regierung sollte häufiger in den Fokus gerückt werden; z.B. das Deutschland als eines von wenigen Ländern gegen eine überwältigende Mehrheit von Staaten die Aufnahme der Palästinenser in die UNESCO ablehnte. Während man Lippenbekenntnisse zu einem unabhängigen Palästinenserstaat abgibt, unterstützt man tatsächlich die ultrarechte und unnachgiebige Politik der Regierung Netanyahu. Dies hat nichts mit der Verantwortung für den Holocaust zu tun, aber viel mit Prinzipienlosigkeit. Es ist bemerkenswert, daß Österreich, das ja eigentlich auch Lehren aus dem Holocaust ziehen müsste, die geistige Unabhängigkeit besitzt, zu eigenständigen und zu den Auffassungen unserer Regierung völlig entgegengesetzen Positionen zu gelangen.

  • @Solea


    ja, ich finde, daß Du träumst. Sowhl von einem Ideal-Israel, das es nicht gibt, als auch von dem, was Grass in seinem Gedicht gesagt haben soll.
    Grass sagt nicht, daß Israel Hauptschuldiger ist am derzeitigen Konflikt. Er sagt, daß wir übersehen, daß Israel Atommacht ist und zwar eine unkontrollierte. Er sagt, daß wir auf diesem Auge blind sind.
    Er fordert die Kontrolle Israels ebenso wie die des Iran. Das atomare Potential beider Staaten muß gleichermaßen kontrolliert werden.
    Das steht in dem Gedicht.


    Carl Schmitt und Voltaire zu vergleichen ist, öhm, pikant.
    Ich kenne beide gut. :grin




    Nikola_Hahn


    natürlich kannst Du Deine Meinung darüber äußern, was Du für ein Gedicht hältst und was nicht.


    Was aber heißt: Du findest nichts 'Lyrisches' daran?
    Was ist das Lyrische? Gibt es das an sich? Sind das Deine Erwartungen angesichts der gewählten Form?
    Wie sind Deine Erfahrungen mit zeitgenössischer Lyrik? Liest Du Brinkmann? Das ist einer von denen, bei denen Gedicht und Prosa ineinander übergehen. Oder Florian Günther? Oder Ginzburg?
    Kaschnitz arbeitet in Ansätzen immer wieder auf diese Weise oder auch René Char, das sind nur Beispiele, die mir auf dei Schnelle einfallen. Die Lyrik ist voll davon seit dem 20. Jahrhundert.
    Dazu kommt das sogenannte politische Lehrgedicht des 20. Jahrhunderts, wichtigstr Vertreter Brecht. Darin geht es nicht um inneres Erleben, sondern darum, Denkvorgänge anzuregen. Solche Texte wirken oft grob, holzschnittartig, belehrend bis zur Peinlichkeit.
    Man muß es nicht mögen, aber es ist eine (EINE) Form der zeitgenössischen Lyrik.


    Grass' Gedicht ist kein sehr gut formuliertes, der Autor ist noch viel zu gebannt von seiner erschreckenden Erkenntnis und steht unter dem Druck, alles unbedingt und jetzt aussprechen zu müssen.
    Es drängt ihn zu schreiben, als ob er mit dem Leben im Rückstand wäre, um es in Abwandlung eines berühmten Gedichts von René Char aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts auszudrücken. Grass hat seine starke Emotionalität mit Mühe in der Form seines Gedichts gebändigt. Es knirscht ein bißchen. Aber die Erkentnisse kommen klar heraus, ebenso die Aussagen.



    beisswenger


    are you for real?




    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Nikola_Hahn


    natürlich kannst Du Deine Meinung darüber äußern, was Du für ein Gedicht hältst und was nicht.


    Das freut mich doch :-]



    Zitat

    Original von magali
    Was aber heißt: Du findest nichts 'Lyrisches' daran?
    Was ist das Lyrische? Gibt es das an sich? Sind das Deine Erwartungen angesichts der gewählten Form?
    Wie sind Deine Erfahrungen mit zeitgenössischer Lyrik? Liest Du Brinkmann? Das ist einer von denen, bei denen Gedicht und Prosa ineinander übergehen. Oder Florian Günther? Oder Ginzburg?


    Jupp, das meinte ich! Ohne, dass ich alle diese Werke gelesen hätte, maße ich mir meine Meinung an und lasse mich gern belehren. Lyrisch ist für mich genau das NICHT:


    Zitat

    Original von magali
    Grass' Gedicht ist kein sehr gut formuliertes, der Autor ist noch viel zu gebannt von seiner erschreckenden Erkenntnis und steht unter dem Druck, alles unbedingt und jetzt aussprechen zu müssen.
    Es drängt ihn zu schreiben, als ob er mit dem Leben im Rückstand wäre, um es in Abwandlung eines berühmten Gedichts von René Char aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts auszudrücken. Grass hat seine starke Emotionalität mit Mühe in der Form seines Gedichts gebändigt. Es knirscht ein bißchen. Aber die Erkentnisse kommen klar heraus, ebenso die Aussagen.



    Diese Aussage, ohne Autornamen gelesen, würde ich für einen jungen "Wilden" gelten lassen, für jemand, der am Anfang seiner Schrifststellerkarriere steht, bei dem die Worte schneller sprudeln als der Verstand sie zu reifen Werken formen kann. Noch mehr als Prosa ist für mich Lyrik eine Verdichtung, ein kunstvoller Umgang mit Sprache, der durchaus sperrig sein kann, aber eben eines NICHT: schlecht formuliert.
    Und gedrängt und rausgehauen? Das ist ja wohl die erste Stufe des Schreibprozesses. Danach fängt die (lyrische) Arbeit an. Sonst kann es ein bloßes Statement (mit einer durchaus klaren Aussage!) bleiben.


    Ach ja, erinnern wir uns (böse, jaja :nono) Wie lange schriftstellert der Mann?
    Und hat er nicht irgendeinen Preis bekommen ... :wave


    Viele Grüße :write
    Nikola

  • Zitat

    Original von Nikola_Hahn
    Ach ja, erinnern wir uns (böse, jaja :nono) Wie lange schriftstellert der Mann?
    Und hat er nicht irgendeinen Preis bekommen ... :wave


    Er hat. Aber nicht für Lyrik.
    Guess why.
    :grin




    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Voltaire
    .....und das jemand den Holocaust leugnet ist auch völlig okay. Wenn's denn mal wieder gegen Israel geht - und sei es auch nur verbal - dann scheint es offensichtlich egal zu sein mit wem man sich verbündet.


    meinst du mit deiner aussage, dass g. grass den holocaust leugnet.


    Zitat aus grass gedicht: "
    jetzt aber, weil aus meinem Land,
    das von ureigenen Verbrechen,
    die ohne Vergleich sind,
    Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird...."


    wo bitte leugnet er den holocaust? er schreibt explizit davon....


  • Ich denke,er meint den Iran.

    Liebe Grüße,Beate

    "Viel mehr, als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind."
    Albus Dumbledore

  • Zitat

    Original von Nikola_Hahn


    Ts! Was bleibt mir da noch zu sagen??? Außer vielleicht: Super gekontert :chen
    Nikola


    Die Vorlage war so schön. :-)
    Auf gut deutsch: SCNR
    :grin



    Es bleibt noch eine Menge zu sagen. Ich weiß, daß Du auch Gedichte schreibst. Deswegen wären ein paar Worte von Dir zu Deinem Argument, daß Du das 'Lyrische' vermißt, alles andere als verkehrt. Oder warum der Text so gar kein 'Gedicht' ist in Deinen Augen.


    Wir können auch darüber diskutieren, wohin es uns bringt, wenn wir die These aufstellen, Grass habe ein schlechtes Gedicht geschrieben.
    Oder einen schlechten Prosatext.
    Oder einen guten Prosatext, aber ein schlechtes Gedicht.
    Ob das einen Einfluß auf den Inhalt hat.
    Ob eine falsch gewählte Form und eine schlechte Ausführung die Grundgedanken einer Aussage schlecht und falsch machen, etwa.
    Wir können da einige Hypothesen durchspielen.


    Was ich auch immer noch nicht verstehe, ist Deine Ausgangsfrage, was passiert wäre, hätte Otto Müller diesen Text an eine Zeitung geschickt. Ich füge an, daß das nicht allein Deine Frage ist, ich höre sie immer wieder, und nicht nur in Bezug auf Grass. Ich hatte vor einiger Zeit hier im Forum mal ein Scharmützel deswegen mit einer fast dreißig Jahre jüngeren Eule wegen Peter Handke. Ich hielt den Standpunkt damals für die Kurzsichtigkeit der neuen Generation.


    Ich verstehe das Argument immer noch nicht,. Otto Müller hat den Text nicht geschrieben. Ein Schriftsteller mit langjähriger Berufserfahrung hat's getan.
    In meinen Augen lassen sich die beiden Fakten nicht voneinander trennen.
    Ich kann nicht diskutieren, was passiert, wenn der Himmel grün wäre. Wir sehen ihn blau, das beruht auf bestimmten physikalischen Gegebenheiten.
    Wenn ich sage, nehmen wir an, der Himmel wäre grün und dann frage: was passiert dann? was liegt dann vor?


    In dem Fall kann ich einerseits die Wirksamkeit bestehender physikalisch-chemischer Grundsätze demonstrieren
    oder eine fiktive Gegenwelt entwerfen. Also z.B. einen Fanatsy oder SciFi-Roman entwicklen.


    Entweder die Realität oder die Fantasie.


    Also: hätte Otto Müller den Text geschrieben und an eine Zeitung geschickt, hätte bereits nach dem Öffnen des Umschlags jemand in der Poststelle gesagt: mal wieder 'n Irrer, und das Ding aussortiert. (Ich habe jahrelang in der Poststelle einer Zeitungsredaktion gejobbt :grin).
    Hätte Otto Müller den Brief an einen Redakteur adressiert, hätte es in der Kaffepause was zum Lästern gegeben. Eventeull wäre eine Diskussion über Israel angestoßen worden. Aber es wäre intern geblieben, neimand hätte weiters davon gehört.


    Welchen Schluß kann man daraus ziehen? Daß sich Otto Müller nicht einfach so an eine Zeitungsredaktion wenden kann.
    Weiterer Schluß: will Otto Müller gegen Israels Säbelrasseln protestieren, muß er sich etwas andere einfallen lassen. Er kann privat Flugblätter drucken und verteilen, er kann es den NachbarInnen übern Gartenzaun erklären, er kann einen Leserbrief schreiben (und hoffen, daß der gedruckt wird, was nicht selbstverständlich ist), er kann sich politischen Gruppen anschließen, die in diesem Bereich arbeiten und vielleicht kann er sein Gedicht eines Tages bei einer Veranstaltung solcher Gruppen vorlesen.
    Kurz: er nutzt die Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung stehen.


    Grass hat nach einen jahrzehntelangen Schriftstellerleben, in dem er politisch immer engagiert war, andere Möglichkeiten. Die wurden ihm nicht geschenkt, die hat er sich erarbeitet. Er nutzt sie, um sich zu äußern.


    Der Himmel ist blau.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Iran ist für westlichen Antisemitismus nicht verantwortlich, für den Holocaust erst recht nicht. Im Gegenteil hat der Leiter der iranischen Legation in Paris während des II. Weltkriegs mindestens zweitausend Juden die Flucht ermöglicht, darunter vielen, die nicht Iraner waren. Ähnliches können nicht viele Länder von sich behaupten.
    Was soll also der ständige Verweis auf Ahmadinejads Ansichten, so unerfreulich sie auch sein mögen? Soll er damit zum neuen "neuen" Hitler aufgebaut werden (nachdem der alte "neue" Hitler, Saddam Hussein, ja schon mitsamt hunderttausenden Zivilisten erledigt wurde)? Sind abstoßende historische Ansichten von Staatsmännern neuerdings eine Rechtfertigung für Militärschläge?
    Bei anderen Völkermorden sind wir selbst ja auch nicht so zimperlich. Die Verleugnung des armenischen Genozids als offizielle türkische Staatspolitik hat uns z.B. noch nie davon abgehalten, türkische Präsidenten und Ministerpräsidenten bei uns zu empfangen.