Aus dem Französischen von Andreas Riehle
Die Übersetzung wurde gefördert durch litprom, der Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2012
178 Seiten
Kurzbeschreibung:
Klappentext: An der Straße von Rabat nach Salé wartet eine Menschenmenge auf die Ankunft Hassans II., des Königs von Marokko. Mitten darin zwei Jungen.
Khalid stammt aus einem herrschaftlichen Haus im reichsten Viertel der Stadt, Omar aus der armen Vorstadt. Dennoch sind sie unzertrennlich. Omar liebt Khalid, den feingliedrigen Jungen mit der zarten Haut und den überspannten Ideen. Und Khalid Omar, der mit seinen vierzehn Jahren schon die Verantwortung für seinen Vater trägt. Der ist wie ein kleines Kind, seit Omars Mutter die Familie verlassen hat.
Doch unter dieser Beziehung der beiden ungleichen Jungen lauern Abgründe. Und jetzt ist überdies Khalid ausgewählt, als reichster und bester Schüler der Klasse dem König die Hand zu küssen. Er hat Omar nichts davon gesagt. Dieser Verrat lässt die Kluft zwischen beiden aufbrechen - und verlangt ein Opfer.
Lakonisch, dramatisch, mit kunstvoller Theatralik erzählt der marokkanische Autor Abdellah Taïa, wie Liebe umschlägt in Gewalt unter einem von sozialer Ungleichheit und Tabus geprägten despotischen Regime.
Über den Autor:
Abdellah Taïa, 1973 in Rabat geboren, lebt seit 1999 in Paris. Mit seinen vielbeachteten Romanen Une mélancolie arabe (2008), und L'armée du salut (2006) und der Offenlegung seiner Homosexualität durchbrach er ein Tabu der arabischen Welt.
Mein Eindruck:
Der Roman beginnt mit einer langen Traumsequenz, bei der die Furcht, aber auch das Begehren eines marokkanischen Jugendlichen zum Ausdruck kommt.
Im zweiten Kapitel, das im Jahr 1987 ansetzt, wird die Erzählweise weniger verwirrend.
Im Mittelpunkt steht die Liebe zwischen zwei Jungen, Khaled und Omer, einer lebt im Wohlstand, der andere ärmlicher und in einer zerrütteten Familie. Das ist auch der Grund, warum sich die beiden Jungen so eng aneinander schließen. Die Dialoge zwischen ihnen sind durch einen glaubhaften Ton gelungen. Sie sind intellektuell, mögen Literatur, zum Beispiel Alphonse Daudet, unterhalten sich über Filme von Fellini, und geben sich zynisch und abgeklärt.
Es werden zwei Tage mit ihnen erzählt. Im letzten Abschnitt wagt der Autor einen Perspektivwechsel und erzählt aus Sicht einer Frau, die Dienerin von Khaleds Vater. Sie ist beiden Jungen sehr zugetan.
Ein beeindruckendes Buch, aber so ganz klar war die vom Autor gewählte kunstvolle Erzählform nicht. Die Rätselhaftigkeit des Textes führt dazu, dass man noch eine Weile über das Buch nachdenken wird.