Klappentext:
Ihr 50. Geburtstag ist für die Berliner Bankmanagerin Julia Kilchberg Anlass, Bilanz zu ziehen. Das Leben war gut zu ihr, sie hat alles – und doch fehlt ihr so viel. Tief sitzt noch immer die Trauer um ihren ersten Mann Hannes, den sie so früh verlor. Als sie sich in den wesentlich jüngeren Kunsthändler Rupert Andersen verliebt, sieht Julia es zunächst als Affäre. Doch zwischen ihr und Rupert besteht ein ebenso unsichtbares wie untrennbares Band. Gegen jede Vernunft glaubt Julia, in diesem jungen Mann die wiedergeborene große Liebe ihres Lebens zu entdecken – Hannes, der genau in jenem bitteren Wintermonat vor dreißig Jahren starb, als Rupert geboren wurde. Ist sie damit auf einem Irrweg? Oder gibt es eine rätselhafte Welt der Spiritualität, durch die sie finden könnte, was ihr all die Jahre fehlte?
Meine Meinung:
Julia Kilchberg ist eine Oberzicke. Zum Lachen geht sie in den Keller, damit niemand sieht, wie sie die Contenance verliert. Mitgefühl ist ihr fremd, ihre Karriere geht ihr über alles. Erfolgreich im Bankhaus Kremer gehört sie zu den Topmanagern, wobei ihr auch immer bewusst ist, dass sie damit auf der Abschussliste jüngerer Bewerber steht. Immer wieder muss sie sich im Beruf beweisen, menschliche Schwächen sind ihr ein Gräuel, Unfähigkeit ist für sie wie die Pest. Ihr Egoismus ist enorm, bei allem steht ihr Wohlbefinden an erster Stelle, was sie macht ist richtig, gut und verständlich, machen andere das Gleiche, regt sie sich darüber auf und fühlt sich verraten und gedemütigt. Christian Pfannenschmidt hat wirklich Mut, ein ganzes Buch mit so einer unsympathischen Protagonistin zu gestalten, der man auch nicht ansatzweise nahe kommt und deren Verhalten permanentes Kopfschütteln auslöst. Selbst nach der Lektüre hat man nicht den Eindruck einer Änderung, so wie die Inhaltsangabe es uns vorgaukelt.
Früh zur Witwe geworden glaubt Julia nicht mehr an die Liebe. Sie arrangiert sich mit ihrem Leben, investiert in eine große Karriere und ist stolz auf ihren Erfolg. Gleichzeitig ist sie aber auch so überheblich, dass sie sich nicht vorstellen kann, ausgebootet zu werden. Intrigiert man gegen sie, intrigiert sie zurück. Ihrer besten Freundin Fanny schüttet sie gerne mal ihr Herz aus, hört im Gegenzug aber nicht zu, die Probleme anderer sind ihr fremd. Mit ihrem Freund, einem erfolgreichen Rechtsanwalt, hat sie sich arrangiert, Hauptsache komplikationslos, tauchen Probleme auf, verzieht sich jeder in seine eigene Wohnung. Bis sie den Kunsthändler Rupert kennen lernt, wesentlich jünger als sie und viel fordernder, als alle Bekanntschaften vorher. Kann er sie wirklich attraktiv finden und sich ein Leben mit ihr vorstellen können? Und warum erinnert er sie so sehr an Hannes, ihren verstorbenen Mann? In kurzen Rückblenden erfahren wir dann mehr von ihm und ihrer großen, verzweifelten Liebe.
Der Autor schafft es einfach nicht, Julia dem Leser auch nur ansatzweise nahe zu bringen. Im Gegenteil, man hat eher das Gefühl, ihre Schicksalsschläge sind selbst verschuldet. Erschreckend außerdem, wie sorglos und unbedarft mit Treue, Liebe und Vertrauen umgegangen wird, wichtige Bausteine in jeder Beziehung eigentlich. Fast jeder Protagonist tritt sie hier mit Füßen, Seitensprünge werden sportlich gesehen, Freundschaft wirkt oft einseitig. Fragen, auf die es keine eindeutigen Antworten gibt, passen nicht in das Muster eines Realistikers, mit aller Macht werden Auflösungen gesucht, die es so nicht geben kann. Findet man sie nicht, liegt es natürlich in der Schuld der anderen. Leider wirken auch die Nebencharaktere nicht überzeugend, ihr Verhalten ist sprunghaft, auch sie wirken sehr oberflächlich und egoistisch. Eine wirkliche Entwicklung ist nicht auszumachen, hier soll dem Leser etwas verkauft werden, was nicht glaubwürdig wirkt und er nicht nachempfinden kann.
Fazit
Schuster, bleib bei deinen Leisten – was bei Drehbüchern funktioniert, muss bei Romanen nicht unbedingt gelingen. Die geringen Moralvorstellungen sind erschreckend, der Egoismus ohnegleichen. Leider kann die Geschichte auch nicht ansatzweise halten, was die Inhaltsangabe eigentlich verspricht.
LG
Patty