Die Piratenpartei

  • Hallo in den letzter Zeit taucht ja immer wieder die Piratenpartei in den Medien auf und bei den letzten Wahlen im Saarland waren sie scheinbar auch nicht wirklich schlecht.



    Wikipedia schreibt dazu:


    Als Piratenpartei bezeichnen sich in verschiedenen Ländern gegründete Parteien, welche in ihrem Programm die Stärkung der Bürgerrechte, mehr direkte Demokratie und Mitbestimmung, die Reform des Urheber- und Patentrechts, freien Wissensaustausch (Open Access), besseren Datenschutz, die Achtung der grundrechtlich garantierten Privatsphäre, mehr Transparenz und Informationsfreiheit, freie Bildung und verwandte Themen propagieren.


    Quelle:http://de.wikipedia.org/wiki/Piratenpartei



    Was haltet ihr von dieser recht neuen Partei, im Vergleich zu den üblichen Verdächtigen hört sich das ganze ja nicht so schlecht an.

  • Die Piraten zeigen zumindest aktuell auf, wie man Leute offensichtlich für Politik gewinnen kann und motivieren kann zur Wahl zur gehen.
    Konzepte der kompletten Basisdemokratie, vollkommenen Transparenz etc. sind einfach derzeit im Auge der Menschen ein wichtiges Pfund.


    Fraglich für mich ist, wie lange eine Parte ohne wirkliches Profil (Inhaltlich als auch insbesondere personell) tatsächlich eine so gewichtige Rolle spielen kann.

    Viele Grüße
    Thomas


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    wyrd bid ful aræd - Das Schicksal ist unausweichlich

  • Ich muss sagen, dass ich es irgendwie beängstigend finde, dass die Piraten soviel Zustimmung haben. Immerhin besteht ihr Parteiprogramm gefühlt aus einem einzigen Punkt: Internet-Freiheit.


    Das schlägt für mich in dieselbe Kerbe wie die ACTA-Demos auf und mit Facebook.
    Wenn nämlich alle frustrierten Jugendlichen und Post-Jugendlichen endlich ihre Hintern mal aus dem Computerstuhl erheben und Piraten wählen oder gegen ein EU-Übereinkommen demonstrieren zeigt uns das, was alles möglich werden könnte, sollten die sich wirklich alle mal mobilisieren und mit geballter Power ihren Willen durchsetzen.


    Natürlich ist es gut, dass die Unzufriedenheit der Bürger mal nicht durch Nicht- oder Protestwahlen, sondern durch tatsächliche rechtmäßige Wahlvorgänge zum Ausdruck kommt, aber es sollte uns trotzdem zu denken geben.

  • Zitat

    Original von Dori
    Ich muss sagen, dass ich es irgendwie beängstigend finde, dass die Piraten soviel Zustimmung haben. Immerhin besteht ihr Parteiprogramm gefühlt aus einem einzigen Punkt: Internet-Freiheit.


    Das schlägt für mich in dieselbe Kerbe wie die ACTA-Demos auf und mit Facebook.
    Wenn nämlich alle frustrierten Jugendlichen und Post-Jugendlichen endlich ihre Hintern mal aus dem Computerstuhl erheben und Piraten wählen oder gegen ein EU-Übereinkommen demonstrieren zeigt uns das, was alles möglich werden könnte, sollten die sich wirklich alle mal mobilisieren und mit geballter Power ihren Willen durchsetzen.


    Natürlich ist es gut, dass die Unzufriedenheit der Bürger mal nicht durch Nicht- oder Protestwahlen, sondern durch tatsächliche rechtmäßige Wahlvorgänge zum Ausdruck kommt, aber es sollte uns trotzdem zu denken geben.


    Ich denke die Zustimmung kommt daher, das viele den großen Parteien einfach nicht mehr vertrauen, das beste Beispiel ist die FDP, bei den letzten Bundestagswahlen haben sie große Versprechungen gemacht und keine davon eingehalten, sie sind davon ausgegangen das der Wähler das einfach so akzeptiert und damit haben sie sich ihr eigenes Grab geschaufelt.


    Ähnlich sehe ich das übrigens auch mit den Grünen, sie wurden in Baden-Württemberg als die große Rettung gefeiert und bis jetzt haben sie nicht wirklich etwas bewegt und sollten sie nicht bald mal etwas machen, werden sie wohl bei den nächsten Wahlen genauso bluten wie die FDP.


    Das sind nun nur zwei Beispiele, aber es gibt nicht wirklich Alternativen, SPD und CDU können die Bürger nicht mehr erreichen, Die Linke polarisiert zwar, ist aber auch nicht wirklich zu gebrauchen und sonst bleibt da keiner mehr.


    Die Piraten sind schwer einzuschätzen und in den Punkten stimme ich dir zu Dori, aber vielleicht bringen sie die großen dazu mal wieder etwas mehr auf das Volk zu hören und nicht einfach ihr eigenes Ding zu drehen.

  • Zitat

    Original von Whooomaster
    Die Piraten sind schwer einzuschätzen und in den Punkten stimme ich dir zu Dori, aber vielleicht bringen sie die großen dazu mal wieder etwas mehr auf das Volk zu hören und nicht einfach ihr eigenes Ding zu drehen.


    Was genau verstehst Du denn unter "auf das Volk zu hören"? Wir haben momentan wohl die opportunistischste Kanzlerin die wir je hatten - sobald sie Gefahr läuft, mit ihren Positionen unpopulär zu werden, wird sich mal eben um 180° gedreht, egal, ob Atomausstieg, Mindestlohn oder Bundespräsident - Merkel hört dem Volk zu wie kaum ein Kanzler vor ihr. Ob sie ihren Worten auch Taten folgen läßt, steht auf einem anderen Blatt, aber im Gegensatz zu den Piraten hätte sie immerhin die Möglichkeit, Taten folgen zu lassen.


    Bei den Piraten finde ich sehr spannend, wie genau die Bürgerbeteiligung aussehen soll. Ich denke nicht, daß man wirklich sämtliche Abstimmungen aus den Parlamenten ins Internet stellen wird, wie ja schon manche Zeitung unkte, aber auch sonst wird es spannend werden, wie die Piraten einen Kurs finden wollen zwischen handlungsfähiger Fraktion und Bürgerbeteiligung. Solange man in der Opposition ist, wird sowas ja evtl noch funktionieren, aber spätestens in Regierungsverantwortung dürfte das Märchen direkte Bürgerbeteiligung auch bei den Piraten ausgeträumt sein.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Ich persönlich finde, dass die Piraten die bisher intelligenteste Partei sind, die jemals die politische Bühne betreten hat.
    Wenn einer das "Rattenfänger-von-Hameln-Prinzip" verstanden hat, dann die Piraten.


    Ihre Erfolge schreibe ich mal ganz salopp ihrem Versprechen zu, im Internet alles kostenlos erhältlich zu machen.
    Musik, Literatur, Filme, Serien ... wählt uns, und ihr bekommt alles für lau.


    Und wie die Kinder aus dem Märchen, folgen immer mehr dieser betörenden Melodie, ohne zu wissen, wohin die Reise wirklich gehen soll.


    Einerseits ist es gut, dass der corpus politicus mal 'ne Frischzellenkur bekommt.
    Aber bisher sehe ich da keine Verjüngung, sondern eher eine intensive Behandlung mit Botox.

  • Naja, noch haben die Piraten keine eindeutige Position zu vielen Themen. Dafür wurden sie ja auch ursprünglich nicht gegründet, sondern eben, um sich mit einem Thema zu befassen, bei dem die großen Parteien nicht wirklich auf dem neuesten Stand sind. Aber das entwickelt sich ja - als die Grünen in den Bundestag eingezogen sind, war die Situation doch ähnlich. Und die sind da ja auch reingewachsen (man könnte auch sagen, sie haben sich mittlerweile etwas zu sehr angepasst...)


    Abgesehen davon, dass die Piraten ja nun nicht einfach nur für "Keine Kontrolle, alles umsonst" stehen, sondern einfach für eine umfassende Reform der aktuellen Gesetze, die einfach den technischen Gegebenheiten nicht mehr gewachsen sind, sowie auch wichtigen Themen wie Datenschutz. Und ach ja, auch Demos gegen Acta halte ich für gut und wichtig - mit Acta wären beispielsweise Foren wie dieses hier in der Form wohl gar nicht mehr möglich. Aber egal, das wird nun wirklich OT...


    Ich jedenfalls finde es spannend, zu sehen, wohin die Reise bei den Piraten geht und gut und wichtig, dass es sie gibt. Es muss sich einfach jemand mit diesen Themen befassen.

  • Ich freue mich über jede demokratische Partei, die "mehr Bürgerrechte" nicht nur proklamiert, sondern sich auch dran macht, sie zu verwirklichen. In diesem - für uns so essentiell wichtigen - Bereich hat es in den letzten Jahrzehnten kontinuierliche Einschränkungen gegeben, die leider für die Menge der Menschen thematisch eher nicht so interessant waren wie für die Politiker, die in den Anfängen des jetzigen politischen Systems unser Grundgesetz definiert haben.


    Auf politischem Sektor gibt es leider nur wenige Beispiele für konsequente Haltung zu den Rechten der Bürger. So war es (ausgerechnet) eine FDP-Politikerin, die damalige und heutige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die ihrer konsequenten Haltung zur Einschränkung eines gesetzlich verankerten Grundrechtes auch Taten folgen ließ. Wikipedia formuliert es so: "Am 14. Dezember 1995 kündigte sie aus Protest gegen die geplante akustische Wohnraumüberwachung im Rahmen des Großen Lauschangriffs, der von ihrer Partei in einer Mitgliederbefragung befürwortet worden war, ihren Rücktritt an und schied am 17. Januar 1996 aus dem Amt aus." Die Seltenheit solch einer Haltung wäre nochmals ein Grund für Bürger, selbst aktiv zu werden


    Dass die Piraten mit ihrer Thematik als politische Rattenfänger eingestuft werden halte ich für ziemlich weit hergeholt. Subtile Rattenfängerei in mehr oder weniger großer Ausprägung kennzeichnet per se aus meiner Perspektive die großen politischen Wahl-Rituale, besonders ausgeprägt in den Randparteien und dort - schon seit langer Zeit und kaum gesellschaftlich/juristisch/politisch behindert - in der rechten Ecke, die die es sich ja explizit auf die Fahnen geschrieben hat, zu tarnen und zu täuschen.


    Dass "die Menschen" den Piraten angeblich folgen werden wie "die Kinder dem Rattenfänger von Hameln" ist, wenn ich es genau betrachte, eine grobe Unterschätzung ihrer Intelligenz und ähnelt aus meiner Perspektive der Ignoranz mancher Politiker, wenn sie von den "Menschen da draußen" sprechen, die angeblich dieses oder jenes wollen oder brauchen.


    Denn die "Menschen da draußen" sind der eigentliche Souverän, der den politischen Parteien lediglich das Recht übertragen hat, bestmögliche Rahmenbedingungen für sie selbst als Bürger dieses Staates zu schaffen. Das ist leider bei Vielen (vielleicht vor Bequemlichkeit oder erlernter Hilflosigkeit?) stark in den Hintergrund des Bewusstseins getreten.


    Das böse Buhwort mit B, die Basisdemokratie, trägt diesem Verhalt lediglich Rechnung und setzt Bürger in die Verantwortlichkeit ein, die einem Souverän zusteht. Aber das hört sich schon wieder nach "Arbeit" an, denn es erfordert die Teilhabe an politischen Prozessen und macht dem mehr oder weniger hilflosen Meckern aus der Stammtisch- und Kaffeelounge-Distanz den Gar-Aus.


    Ich beobachte das Werden der Piraten mit Spannung. Manches erinnert mich an die Verteufelung der Grünen in ihrer Anfangszeit. Aber "Basisdemokratie" ist für mich ein guter Anfang, und technisches Know-How in die Juristen-überfrachtete und von Lobbyisten eingezwängte Parteienlandschaft zu bringen ist ein guter, frischer Impuls aus meiner Perspektive.


    Daraus sollte aber noch weitaus mehr werden.

    Wissen Sie, Intelligenz ist ein Rasiermesser: Man kann sie sinnvoll nutzen, sich damit aber ebenso gut auch die Gurgel durchschneiden. Im Grunde ihres Wesens ist sie ungesund. Lem


    The farther one travels, the less one knows. George Harrison

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Holle ()

  • Zitat

    Original von Holle
    Ich beobachte das Werden der Piraten mit Spannung. Manches erinnert mich an die Verteufelung der Grünen in ihrer Anfangszeit. Aber "Basisdemokratie" ist für mich ein guter Anfang, und technisches Know-How in die Juristen-überfrachtete und von Lobbyisten eingezwängte Parteienlandschaft zu bringen ist ein guter, frischer Impuls aus meiner Perspektive.


    Daraus sollte aber noch weitaus mehr werden.


    Bitte keine billige Polemik gegenüber Juristen. :bruell


    Ansonsten ist es schon sehr interessant zu beobachten, wie den etablierten Parteien der Arsch auf Grundeis geht. Darum versuchen sie auch die Piraten zu verteufeln und lächerlich zu machen, anstatt vielleicht selbst einfach nach Problemlösungen zu suchen.


    Damals bei Grünen ist diese lächerliche Konfrontationspolitik schon in die Hause gegangen (Man denke nur an Holger Börners "Dachlatten") und auch heute wird es den Piraten eher nutzen als schaden.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Holle
    Das böse Buhwort mit B, die Basisdemokratie, trägt diesem Verhalt lediglich Rechnung und setzt Bürger in die Verantwortlichkeit ein, die einem Souverän zusteht. Aber das hört sich schon wieder nach "Arbeit" an, denn es erfordert die Teilhabe an politischen Prozessen und macht dem mehr oder weniger hilflosen Meckern aus der Stammtisch- und Kaffeelounge-Distanz den Gar-Aus.


    Genau das sehe ich als das große Problem der Basis-Demokratie: Wenn selbst angehende Landtags-Piraten in Talkshows sagen, daß sie sich in dieses oder jenes Thema noch nicht eingearbeitet haben, wie kann man dann von normalsterblichen Bürgern verlangen, dies zu tun, um bei der Basisdemokratie ein sinnvolles Statement einzubringen? Oder will man (polemisch ausgedrückt) wirklich nur eine Stammtischdemokratie von Wählern, die ihr Wissen aus Boulevardblättern entnehmen und nicht einmal das Grundgesetz (aner-)kennen?

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Zitat

    Original von LeSeebär


    Genau das sehe ich als das große Problem der Basis-Demokratie: Wenn selbst angehende Landtags-Piraten in Talkshows sagen, daß sie sich in dieses oder jenes Thema noch nicht eingearbeitet haben, wie kann man dann von normalsterblichen Bürgern verlangen, dies zu tun, um bei der Basisdemokratie ein sinnvolles Statement einzubringen? Oder will man (polemisch ausgedrückt) wirklich nur eine Stammtischdemokratie von Wählern, die ihr Wissen aus Boulevardblättern entnehmen und nicht einmal das Grundgesetz (aner-)kennen?


    Leider muss man aber auch immer wieder feststellen, dass auch sehr viele Abgeordnete nicht in die Themen eingearbeitet sind über die sie letztendlich abstimmen müssen. Mancheiner hebt da den Arm ohne zu wissen für was oder wogegen er gerade abgestimmt hat. Nur würde es niemand dieser gewählten Volksvertreter zugeben - sind sie doch alle nach eigenem Dafürhalten Alleskönner und Alleswisser.... :grin

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Leider muss man aber auch immer wieder feststellen, dass auch sehr viele Abgeordnete nicht in die Themen eingearbeitet sind über die sie letztendlich abstimmen müssen. Mancheiner hebt da den Arm ohne zu wissen für was oder wogegen er gerade abgestimmt hat. Nur würde es niemand dieser gewählten Volksvertreter zugeben - sind sie doch alle nach eigenem Dafürhalten Alleskönner und Alleswisser.... :grin


    Stimme uneingeschränkt zu. Trotzdem spricht das doch nicht dafür, dieses Verfahren auf die ganze Gesellschaft auszuweiten, bei denen imho wesentlich mehr Leute (prozentual) keine Lust oder Zeit haben, sich in die Themen einzuarbeiten.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Zitat

    Original von Voltaire


    Leider muss man aber auch immer wieder feststellen, dass auch sehr viele Abgeordnete nicht in die Themen eingearbeitet sind über die sie letztendlich abstimmen müssen. Mancheiner hebt da den Arm ohne zu wissen für was oder wogegen er gerade abgestimmt hat. Nur würde es niemand dieser gewählten Volksvertreter zugeben - sind sie doch alle nach eigenem Dafürhalten Alleskönner und Alleswisser.... :grin


    Widerspruch. Es gibt genug Politiker im Bund und in den Landesparlamenten, die offen zugeben, dass sie nicht alle Einzelheiten, über die sie abstimmen, überblicken, weil sie diese in der Masse und der Spezifizierung gar nicht überblicken können.


    Die eigentliche Arbeit in den Parlamenten findet in den Ausschüssen statt. Da werden Spezialisten in den Parteien gebraucht, die die Themen bearbeiten und durchblicken. Auf diese Spezialisten muss man sich dann (notgedrungen) verlassen, wenn es um Abstimmungen im Plenum geht.


    Aus der Arbeit in Kommunalparlamenten weiß ich, wie schwer sich kleine Parteien tun, die mit wenigen Mandatsträgern fast alle Ausschüsse belegen müssen, ohne sich richtig einarbeiten zu können. Größere Fraktionen haben es da leichter.


    Angesichts dieser Arbeitsgestaltung ergibt sich ein gewisses Problem, das durch die durchaus ehrenwerten Prinzipien der Piraten entsteht:
    Im Saarland legen die Piraten Wert darauf, bei jedem Thema individuell (also jeder Abgeordneter nach seiner eigenen Position) zu entscheiden. Das ist eigentlich logisch, denn wenn vier Leute (so groß ist die saarländische Piratenfraktion) zusammenkommen, gibt es oft fünf Meinungen ...


    Die Zusammenarbeit mit anderen Fraktionen (sprich: Regierungsfähigkeit) hängt aber sehr davon ab, ob man sich prinzipiell auf die Partner verlassen kann, was bei den Piraten unmöglich wäre.


    Fazit: Als alternative Protestpartei haben die Piraten einen gewissen Charme, und es wird spannend sein, ihre Entwicklung zu verfolgen. Aber Politik lebt nicht nur von Opposition. Wenn die Piraten irgendwann (mit)regieren wollen, werden sie sich von manchen Prinzipien verabschieden müssen.

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Huhu Voltaire:

    Zitat

    Bitte keine billige Polemik gegenüber Juristen. :bruell


    Wenn du dir die Anzahl der Volljuristen allein unter den Regierungsmitgliedern anschaust, sind wir mittlerweile wieder bei 50%. (Quelle: Bundestag.de).


    Wikipedia sagt zu dieser Tendenz:

    Zitat

    "Die bevorzugte Anstellung von Volljuristen im höheren Dienst der öffentlichen Verwaltung (das sogenannte Juristenprivileg) findet sich auch in der Bundesregierung wieder. Bezogen auf den Beginn der Bundesregierung und inklusive des Bundeskanzlers betrug der Anteil der Juristen abgesehen von 1998–2002 immer mindestens 25 Prozent."


    Das nenne ich "überfrachtet", denn mir fehlt eine Abbildung des representativen Durchschnitts der Menschen, die in unserem Land wohnen, in dem höchsten politischen Gremium, das dieses Land darstellen und organisieren soll. Hierdurch fallen Perspektiven, die sich aus der unterschiedlichen Lebensrealität der Berufsgruppen ergeben, zugunsten juristischer Spitzfindigkeiten unter den Tisch.


    Insofern finde ich deine Wertung "Polemik" unzutreffend .... und der Begriff "billig" erledigt sich von selbst.


    Darüber hinaus stimme ich dir und LeSeebär zu: Ein Ministerposten ist nicht verbunden mit einer beruflichen Qualifikation für das jeweilige Amt, nimmt man mal die allgemeine Intelligenz, Durchsetzungsvermögen und die Redebegabung aus, die gebraucht wird, um politischen Willen und daraus erfolgende Konsequenzen so darstellen zu können, dass sie möglichst schwer anfechtbar sind, sowohl vom politischen Gegner als auch von der Öffentlichkeit.


    Ein Minister wird unterstützt durch eine große Menge Menschen, die sich um einzelne Arbeitsbereiche des jeweiligen Amtes herum gruppieren.


    Da müssten sich die Piraten, sollten sie an politischem Gewicht gewinnen, nicht zu viele Sorgen machen. Wie es aussehen würde, wenn ein Pirat Außenminister würde, hab ich mal als Beispiel angeführt, das muss nicht gelesen werden, hilft aber zum Verständnis, warum bei einer Kabinettsumbildung Minister einfach mal vom Bereich "Familie etc." in den Bereich "Arbeit" wechseln können.


    Zitat

    OT: Beispiel: Auswärtiges Amt

    Quelle: auswaertiges-amt.de


    Für das immer mal wieder gerne beschworene Schreckgespenst des "losgelassenen Volkes" im Falle einer Basis-Demokratie würde ich mich einfach mal umschauen, z.B. im europäischen Umland bis hinauf in den hohen Norden. Es gibt durchaus noch Beispiele, in denen die Bürger sich ohne (zu Recht anzweifelbare) "fachkompetente" Zwischeninstanzen direkt an der Strukturierung menschengerechteren Zusammenlebens beteiligen können.


    Ich denke, dass Menschen, deren Grundbedürfnisse (Arbeit /Wohnen/ Kranken- und Altersversorgung sowie größtmögliche (Bewegungs-)Freiheit) im Lot sind, sich anders orientieren würden als ausgerechnet hin zu Umsturz und Chaos, trotz ihrer individuellen Unterschiede.

    Wissen Sie, Intelligenz ist ein Rasiermesser: Man kann sie sinnvoll nutzen, sich damit aber ebenso gut auch die Gurgel durchschneiden. Im Grunde ihres Wesens ist sie ungesund. Lem


    The farther one travels, the less one knows. George Harrison

  • Zitat

    Original von churchill: Die Zusammenarbeit mit anderen Fraktionen (sprich: Regierungsfähigkeit) hängt aber sehr davon ab, ob man sich prinzipiell auf die Partner verlassen kann, was bei den Piraten unmöglich wäre.


    Ganz allgemein gesprochen: Wenn man sich die deutsche Politik der letzten Jahre ansieht, dann frage ich mich, wo ich eine gewisse Verlässlichkeit bei den etablierten Parteien finden darf.
    Vor der Wahl große Versprechen, nach der Wahl ist nichts mehr wahr und mit dem Fingerzeig auf den Koalitionspartner werden Zusagen vom Tisch gefegt und wenn gar nichts mehr hilft, dann geht die Koalitionsehe mit der Vertrauensfrage in die Brüche.


    Die Piraten mögen (noch) nicht ernst zu nehmen sein, sie greifen aber Themen auf, die die Bevölkerung ansprechen und die die Bürgerparteien abseits von Schwarz und Rot nicht besetzen. Es bleibt abzuwarten, ob die Piraten es schaffen werden, Ordnung und Struktur in ihre Partei zu bringen und ein vernünftiges Programm aufzustellen, mit dem sich arbeiten lässt.
    Mit Blick auf die Vergangenheit der Grünen scheint nichts unmöglich, auch wenn diese ehemalige Randpartei eine Richtung eingeschlagen hat, die nicht mehr bei allen Anhängern der ersten Stunde auf Begeisterung stößt.

  • Zitat

    Die Piraten mögen (noch) nicht ernst zu nehmen sein, sie greifen aber Themen auf, die die Bevölkerung ansprechen und die die Bürgerparteien abseits von Schwarz und Rot nicht besetzen.


    :write


    Ich sage mal so: auch die Grünen waren mal Piraten.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Wir haben in Deutschland einen guten Grund, eine repräsentative Demokratie zu haben - zu viel Macht beim Volk ist schon einmal gründlich schiefgegangen (siehe Weimar). Wie leicht Massen auch in unserer gebrannten Gesellschaft zu bewegen sind (auch für vollkommen hirnverbrannte Aktionen und Meinungen), habe ich zu oft erlebt, als dass ich ein großer Fan der Basisdemokratie werden könnte. Dazu kommt, dass ich mir nicht anmaßen würde, komplexe politische Themen wirklich kompetent beurteilen zu können - auch wenn ich täglich mehrere Zeitungen lese und mich als recht informiert bezeichnen mag. Daher - lieber das System, das wir haben, als eine Basisdemokratie, die Politik gemäß der BILD-Schlagzeilen macht.


    Die Piraten an sich finde ich trotzdem sehr faszinierend, und mich ärgert es, dass ich keine Zeit habe, um mich bei der Programmarbeit zu engagieren. Ich denke, dass man aktuell bei den Piraten mehr bewegen könnte, als bei jeder renommierten Partei, wenn man sich einbringt und dort Arbeit leistet (auch wenn ich als Autorin natürlich ein Problem mit den kursierenden Ideen zum Urheberrecht habe, aber es bringt m.E. mehr, als Betroffener mit den Piraten zu reden und den Standpunkt der Kulturschaffenden deutlich zu machen, als sie zu verteufeln).
    Was mich vor allem fasziniert, ist der "frische Wind". Irgendwie scheinen sich die Leute bei den Piraten mehr angesprochen zu fühlen, als bei den renommierten Parteien - vielleicht auch wegen der Ideen, Politik transparent zu machen und den basisdemokratischen Ansätzen, die der Politikfrustration entgegenkommen. Vielleicht hilft der Erfolg der Piraten, dass allgemein wieder mehr Bewusstsein dafür entsteht, dass es in unserer Demokratie kein "die da oben" und "das Volk" gibt, sondern dass wir Repräsentanten haben und grundsätzlich jeder die Möglichkeit hat, selbst Repräsentant zu werden (wenn er/ sie genug Leute in seiner Partei und darüber hinaus von sich überzeugt) oder eine neue Partei zu gründen.
    Es wäre zumindest zu begrüßen.


    Viele Grüße :wave
    Heike

    Der Bernsteinbund - Historischer Roman - Juni 2010 im Aufbau-Verlag
    Die Tote im Nebel - Historischer Kriminalroman - März 2013 im Gmeiner-Verlag

    Rabenerbe/ Rabenbund - DSA-Fantasyromane - 2017/2018 bei Ulisses

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  • Natürlich war das mit "billiger Polemik" im Hinblick auf die Juristerei als Scherz gemeint. Aber ohne entsprechenden Smiley sind Scherze wohl kaum noch erkennbar. Wie sind die Menschen in früheren Zeiten bloß ohne die Smileys ausgekommen? Es muss eine grausame Zeit gewesen sein. Smileylose Zeit. :-(


    Und es sind übrigens nicht die Juristen die den höchsten Anteil am Höheren Dienst in der öffentlichen Verwaltung darstellen. Es ist die Berufsgruppe der Lehrer. Denn auch die Schulen sind Teil der öffentlichen Verwaltung.


    Glücklicherweise sitzen Juristen in den Regierungen und in den Parlamenten. Nichts ist schlimmer als Gesetzentwürfe nichtjuristischer Mitglieder der Parlamente. Gerade mit solchen Ergüssen habe ich sehr oft zu tun. Rechtsförmlich und materiell zumeist eine einzige Katastrophe. Und was sind denn schon "juristische Spitzfindigkeiten" gegen eine Geschäftsordnungsdebatte auf einem Juso-Kongress. :grin

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


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  • Sinnloser Verein.
    Bringen keinen frischen Wind in Garnichts. Das ist bloß der sterile Duft der Hochglanz-Werbung für Konsumprodukte.
    Propagieren das Internet als schöne neue Welt. :pille
    Glatte Verwechslung des Digitalen mit dem Realen.
    Gut für den kleinen Aufreger zwischendurch, wenn die LilaPause-Riegel mal ausgegangen sind.


    :sleep


    Weckt mich, wenn was wirklich Neues kommt.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus


  • Spielst du jetzt das Spiel der FDP? Ich bin entsetzt? Geradezu schockiert. :yikes :yikes

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