Der Mann, der da nach oben will, ist Karl Siebrecht, sechzehnjähriges Waisenkind aus der brandenburgischen Provinz, der zu Beginn des 20. Jhds nur ein Ziel hat: nach Berlin zu ziehen und die große Stadt zu erobern. Schon auf der Zugfahrt in die Stadt lernt er Rieke kennen, eine freche, aber ungemein lebenstaugliche Göre, Halbwaise, die mit ihrem Vater, einem Quartalssäufer, und ihrer kleinen Schwester in einer finstren Mansardenwohnung auf dem Wedding lebt. Und da Karl, endlich in Berlin angekommen, so überhaupt keinen Plan hat und dort ganz schnell unter die Räder zu kommen droht, nimmt sich Rieke seiner an, bringt ihn bei einer „Schlummermutter“ in ihrer Mietskaserne unter und lehrt ihn, wie man sich durch Gelegenheitsjobs in dieser gnadenlosen Metropole über Wasser hält. Bald stößt noch Kalli Flau, ein desertierter Leichtmatrose, zu ihnen und zu Dritt gelingt es den Freunden, irgendwie über die Runden zu kommen. Doch sehr bald merkt Karl, dass Botenjunge, Hilfsmaurer und Gepäckträger nicht die Sorte Beruf sind, mit denen man es weit bringen kann und, nur widerwillig unterstützt von seinen zwei Freunden, beginnt Karl, erste Gehversuche als eigenständiger Unternehmer zu starten.
Es ist die Geschichte eines Mannes, der von unerschütterlichem Ehrgeiz getrieben, einen Weg aus dem Dreck sucht. Ein moralischer Mensch und einer, der für Berliner Verhältnisse eindeutig zu wenig Ellenbogen besitzt, der in dieser Stadt Gefahr läuft, unterzugehen, der ihr aber auch vom ersten Augenblick an verfallen ist. Doch sein Ziel, es zu etwas zu bringen, ständig vor Augen, lernt er im Laufe der Zeit, mit harten Bandagen zu kämpfen.
Gegenpol zu diesem so unberlinischen Berliner ist Rieke, mit allen Wassern gewaschen, aber frei von jeglichem Ehrgeiz. Sie kann kämpfen, etwa um die Nähmaschine, die ihren Lebensunterhalt sichern soll, ist dann aber auch sehr schnell zufrieden. Genug Essen auf dem Tisch, eine kleine Wohnung, einen Mann, den sie liebt: das ist ausreichend für ein glückliches Leben.
Doch das reicht Karl Siebrecht nicht, er ist eine durchaus ambivalente Figur. Zwar ist er integer, loyal und keineswegs frei von Moral, doch lässt ihn die Verbissenheit, mit der er seine Ziele verfolgt, die Bedürfnisse selbst seiner engsten Freunde aus den Augen verlieren. Er ist zwar tüchtig, bescheiden und auf Unabhängigkeit bedacht, und doch erlebt er immer wieder Rückschläge, von denen er sich nur mit Hilfe seiner Freunde, Frauen und Gönner erholen kann. Es ist ein ständiges auf und ab, und nicht nur persönliche Fehler, sondern auch die Weltgeschichte, Weltkrieg und Wirtschaftskrise, werfen ihm auf seinem Weg nach oben immer wieder Knüppel zwischen die Beine.
Neben Karl und seinen verbissenen Versuchen, auf die Sonnenseite des Lebens zu gelangen, steht aber Berlin im Mittelpunkt der Geschichte, seine Entwicklung ist fast genauso spannend wie die des Helden: Beginnend in der Gründerzeit, wo unter unmenschlichsten Bedingungen die Häuserblocks hochgezogen werden, die heute begehrte Altbauwohnungen sind, damals jedoch kaum bewohnbare Unterkünfte für die Ärmsten der Armen waren und wo eine falsche Bemerkung einen aus dem schlecht bezahlten Knochenjob wieder in die Arbeitslosigkeit katapultieren konnte, über die Hyperinflation nach dem ersten Weltkrieg und der folgenden Wirtschaftskrise: immer entsteht ein schillerndes Bild dieser Stadt, man hat den Kohlgeruch in der Nase, man hört das Treiben auf der Straße. Und man erfasst einen kleinen Zipfel des Wesens der Berliner, stammen sie nun aus dem Grunewald oder dem Wedding und stellt überrascht fest: die sind heute noch genauso drauf :grin.
Ein faszinierendes Stück deutscher Geschichte.