179 Minuten, Ungekürzte Ausgabe
Verlag: Der Hörverlag
Sprecher: Christian Brückner, Dieter Mann, Udo Schenk, Isabella Archan, u.a.
Kurzbeschreibung:
Vom Schnee umkreist jenen Moment im Leben des René Descartes, da dieser im Winter des Jahres 1619 in einem süddeutschen Städtchen, einer Vision gehorchend, zu philosophieren beginnt. Das Erzählgedicht endet in einem anderen Winter, 30 Jahre später, mit dem plötzlichen Tod des Philosophen. In fortlaufenden Szenen werden Jugend und Reife des großen Denkers an der Schwelle der Neuzeit ineinandergespiegelt nach der Regie eines Traums.
Über den Autor:
Durs Grünbein, 1962 in Dresden geboren, studierte Theaterwissenschaft in Berlin, wo er seit 1987 als freier Autor lebt. Er debütierte 1988 mit dem Band Grauzone morgens, 1991 folgte Schädelbasislektion. 1994 veröffentlichte er die Lyrikbände Falten und Fallen (mit dem Peter-Huchel-Preis ausgezeichnet) und Den Teuren Toten. 33 Epitaphe sowie Von der üblen Seite. 1995 erhielt er den Georg-Büchner-Preis.
Über die Sprecher:
Christian Brückner, in Schlesien geboren und in Köln aufgewachsen, ist der wohl berühmteste deutsche Synchron- und Hörbuchsprecher. Das magische Timbre seiner Stimme ist ein Phänomen. Er hat Marlon Brando und Harvey Keitel gesprochen — und natürlich Robert de Niro.
Dieter Mann, geboren 1941, wird er von der Süddeutschen Zeitung und Literaturen als bester »Vorleser« gefeiert. Für den Schauspieler stehen »denken, mitfühlen, mitteilen« im Mittelpunkt seiner Interpretation.
Der deutsche Schauspieler Udo Schenk, geboren 1953 in Wittenberge, absolvierte seine Ausbildung an der Theaterhochschule Leipzig. Von 1975 bis 1985 war er am Maxim-Gorki-Theater in Berlin engagiert und flüchtete dann, 1985 in den Westen. Seither war er in über 100 Film- und Fernseh-Produktionen zu sehen, so unter anderem in den Serien 'Tatort', 'Der Alte' oder 'Balko', ebenso in den Kinofilmen 'Dach über'm Kopf' (1980) und 'Der Geschichtenerzähler' (1989).
Darüber hinaus ist Udo Schenk die deutsche Stimme vieler Hollywood-Schauspieler, zum Beispiel die von Gary Oldman in 'Air Force One', von Ralph Fiennes in 'Der englische Patient' und 'Harry Potter und der Feuerkelch' und Kevin Spacey in 'Die üblichen Verdächtigen'.
Mein Eindruck:
Durs Grünbeins langes, komplexes Prosagedicht hat eine interessante Ausgangsposition. Es handelt von Descartes und dem kalten, kargen Winter, den er in Deutschland verbrachte.
Der berühmte Christian Brückner spricht die Verszeilen.
Dazwischen die Stimmen der beiden Hauptdarsteller Descartes und sein Diener Gillot im Dialog.
Und dann gibt es noch eine Frauenstimme (Isabella Archan), die die Kapitel ansagt und am Schluß die Nebenfigur Mary spricht.
Die Sprecher sind alle wirklich gut, wenn auch Dieter Mann als 23 Jahre junger Descartes eine zu alte Stimme hat. Mir gefällt er dennoch und Udo Schenk als Gillot ist absolut passend.
Die Gespräche wirken durch die Gegensätzlichkeit der Personen. Descartes Diener Gillot ist empfindsam, impulsiv und tatkräftig.
Der Denker und Philosoph Descartes schlussfolgert kühl, fast wissenschaftlich.
Ein sich gut ergänzendes Duo.
(Obwohl an einer Stelle des Buches auch mal angedeutet wird, dass Descartes in Wirklichkeit alleine war und seine Gespräche mit Gillot nur imaginierte.)
Die beiden fühlen sich wie gestrandete im schneeverdeckten Kaff bei Ulm im kalten Winter 1619, geprägt von ersten Ereignissen des vor kurzen beginnenden 30jährigen Krieges.
Daher ist ihr Gemütszustand stellenweise von Melancholie geprägt, von Descartes meist jedoch auch mit Rationalität erklärt, der er gelegentlich mit Ironie begegnet. Er schafft es, wichtige Themen durchzudenken.
Durs Grünbein schreibt sprachmächtig, gut durchdacht und äußerst genau. Der Text hat aufgrund der Länge manchmal auch etwas einschüchterndes, und ist auch nicht ganz unanstrengend. Grünbein schreibt perfekt, und seine Sätze werden im Hörbuch adäquat gesprochen. Die Qualität des Hörbuchs zeigt sich daran, dass die Figuren lebendig wirken.