Steven Kasher, Mark Michaelson:Least Wanted: A Century of American Mugshots

  • Das Buch zeigt Bilder aus der Verbrecherkartei amerikanischer Gefängnisse und Polizeistationen.


    Das Buch enthält Dokumente und Fotografien verdächtiger Personen aus der umfangreichen Sammlung des Verfassers, zwangsweise bei Verhaftung bei der Polizei gemacht zur Personenfeststellung, zusammen mit den Fingerabdrücken und den wichtigsten biografischen Daten der Personen. Fahndungsfotos. Der Titel des Buches ist mehrdeutig. Die Personen sind kleine Fische, keine "most wanted" Prominente unter den Verbrechern. Sie sind gesellschaftlich Benachteiligte, Herumtreiber, Trickbetrüger, leichte Damen- least wanted, underdogs. Und die Fotos die da gezeigt werden, sind für die Fotografierten ebenfalls die "least wanted" Aufnahmen ihres Lebens.


    Der Fotoband ist aus verschiedenen Gründen sehr interessant anzusehen- historisch, fotografisch, psychologisch.


    Fotografieren ist immer eine spezielle soziale Situation und hebelt gängige Interaktionsrituale aus. Fotografen dürfen einiges, was Fremden normalerweise nicht gestattet ist- anstarren, eine Pose vorgeben... bei Verbrecherfotos ist die Situation noch eine ganz andere, weil die Fotografierten keine Einwilligung zur Ablichtung geben.


    Die dabei entstehenden Bilder sind extrem spannend.


    Weil sie zwar formal Portraits gleichen, aber derangierten, unwilligen, übellaunigen, nicht auf Ästhetik optimierten Portraits. Die Fotos funktionieren trotz des meist unprofessionellen Fotografen, trotz der unbehaglichen Situation, trotz der gelegentlich verdreckten und schlecht gekleideten, ungeschminkten Personen auf den Bildern sehr gut, in dem Sinne, dass sie eindrucksvolle Charakterstudien darzustellen scheinen und der Betrachter nicht anders kann, als Schönheit zu suchen und zu finden in den Bildern.


    Historisch interessant sind die Fotos, weil die Unterschicht, die kleinen Ganoven, sonst nicht in Büchern auftauchen. Sie sind nicht prominent und man kann annehmen, das einige von Ihnen nur für Passfotos oder die Verbrecherkartei fotografiert wurden. So sind diese Fotos auch ein großartiges Zeitdokument.


    Der Fotoband gehört zu den spannendsten, die ich im letzten Jahr las, Druck und Aufmachung sind gut, auch wenn bei der Dicke des Buchblockes ein gerundeter Rücken schön gewesen wäre (wegen der Haltbarkeit und weil ein gerader Rücken den Buchblock bei dem Gewicht auf dem Regal schleifen lässt) und ein Lesebändchen hätte dem Buch auch gut gestanden. Die englischen Texte sind nicht essentiell für das Buch, die Fotos funktionieren auch ohne zu lesen.