Anils Geist – Michael Ondaatje

  • Hanser Verlag, 2000
    326 Seiten


    Originaltitel: Anil's Ghost
    Aus dem Englischen von Melanie Walz.


    Kurzbeschreibung:
    Anil Tissera kehrt nach Jahren zurück in ihre Heimat Sri Lanka. Als Rechtsmedizinerin soll sie Beweise dafür liefern, dass in dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Land nicht nur Rebellen Terror ausüben, sondern auch die Regierung. Es beginnt eine spannende Spurensuche, die ganz unterschiedliche Menschen zusammenführt. Sarath, der Archäologe, Ananda, der Künstler und Anil suchen jeder auf seine Weise nach der Wahrheit, der Liebe und nach der Ursache eines Verbrechens.


    Über den Autor:
    Michael Ondaatje wurde 1943 in Sri Lanka geboren, ist holländisch-tamilisch-singhalesischer Abstammung und lebt heute in Kanada. Seit 1971 unterrichtet er am Glendon College der York University (Toronto) Gegenwartsliteratur. Seine Bücher wurden mehrfach mit dem höchsten Kanadischen Literaturpreis ausgezeichnet, und für seinen Roman "Der englische Patient" erhielt er 1992 den Booker-Preis.


    Mein Eindruck:
    Wieder einmal lässt mich die literarische Weltreise zu einem Buch greifen, dass in einem Land handelt, von dem ich nicht viel weiß. Diesmal ist es Sri Lanka.


    Ondaatjes Figuren geben sich meist zurückhaltend, obwohl es offensichtlich ist, dass sie emotionale Menschen sind. Das gilt auf jeden Fall für die Rechtsmedizinerin Anil, die in Sri Lanka geboren ist und nach Jahren zurückkehrt, um für Amnesty International Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen.
    Anil, die ihren ungewöhnlichen Namen im Alter von 13 ihrem störrischen Bruder abgekauft hat, da sie ihren eigenen Name nicht mochte, kommt nicht nur des Berufes wegen zurück, sondern auch wegen ihrer Heimat. Auch Ondaatje ist in Si Lanka geboren. Ich denke, daher ist er nah dran an seiner Hauptfigur.


    Es ist eine gefährliche Zeit der Rückkehr, denn in dieser Zeit herrschte in Sri Lanka Bürgerkrieg mit blutigen Auseinandersetzungen zwischen Singhalesen und Tamilen. Der Krieg kostet viele Opfer und Ondaatje macht deutlich, das Grausamkeiten auf Seiten der Guerillas und Rebellen wie auf der Regierung herrscht. Grausam die Leiden der Opfer von Antipersonenmienen, Entführungen oder Folter.


    Anil arbeitet mit dem Archäologen Sarath Diyasena zusammen. Eine weitere wichtige Figur im Roman ist Saraths Bruder Gamani, ein Arzt, der völlig von den schlimmen Zuständen des Bürgerkriegs beherrscht wird.


    Als Thriller kann ich dieses Buch kaum sehen, obwohl es ein paar Zutaten, z.B. die forensische Tätigkeiten sowie Teile der Handlungsführung, enthalten sind.
    Der Roman ist harter Stoff und nicht immer einfach zu lesen, da sich Ondaatje viele Abschweifungen erlaubt.
    Es gibt Passagen, die in der Vergangenheit angesiedelt sind. Erwähnen möchte ich die mit Anil in Amerika, als sie mit einer Kollegin forensische Themen anhand von klassischen amerikanischen Filmen analysiert.


    Es bleibt die Schwäche des Romans, dass Ondaatje auf nur 320 Seiten zu viel erzählt.
    Am Ende bin ich, abgesehen von den erwähnten kleinen Einwänden ,dann aber doch ganz zufrieden, da die Themen und Motive des Buches von Bedeutung sind. Ein informatives Buch!