KLAPPENTEXT:
Durch einen anonymen Brief erfährt Juno von ihrem Erbe: ein Fischerhaus in der Bretagne. Aber wider Erwarten ist sie nicht die Einzige, die sich für das Haus interessiert. Die französische Kellnerin Julie hat sich dort eingenistet, und auch Jan, ein Architekt aus Deutschland, ist oft zu Besuch. Acht Jahre nach dem Tod ihres Vaters eröffnet sich für Juno ein neuer Blick in die Vergangenheit. Die Reise in die Bretagne wird für sie zu einer Reise in ihre Familiengeschichte. In eine Kindheit, in der sie glücklich war und mit ihren Eltern ein scheinbar idyllisches Vorstadtleben geführt hat. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem alles anders wurde.
ZUM AUTOR:
(Quelle: Dumont)
Lisa-Maria Seydlitz wurde 1985 in Mannheim geboren, wo sie inzwischen auch wieder lebt. Sie studierte am Institut für Literarisches Schreiben der Universität Hildesheim sowie an der Université de Provence Aix-Marseille. Sie war Herausgeberin der Literaturzeitschrift BELLA triste und Stipendiatin des Klagenfurter Literaturkurses. ›Sommertöchter‹ ist ihr erster Roman.
EIGENE MEINUNG:
Was habe ich erwartet? Was habe ich bekommen? Erwartet habe ich einen locker leichten, vielleicht sogar etwas oberflächlichen Roman eines Sommers, voller Lachen und Freude. Bekommen habe ich eine wundervolle Geschichte voller Sehnsüchte, Hoffnung und Glück.
„Diese drei Menschen im Garten, dachte sie, die wissen nicht, wie viel Glück sie haben, wie sehr sie beneidet werden.“ (S.148)
In diesem kleinen Büchlein, das eigentlich ein bisschen unscheinbar wirkt, steckt eine große Geschichte. Juno lebt mit ihrer Familie in einem kleinen Häuschen mit Garten. Ein scheinbar idyllisches und sehr harmonisches Leben. Traumhaft und so, wie jedes Kind sich das wünscht. Was Juno nicht ahnt: sie lebt in einem Geflecht aus Lügen, denn ihr Vater hat ein Geheimnis. Ein Geheimnis, das einige der Charaktere des Buches zu erdrücken scheint.
So vermutlich auch Junos Vater. Er ist psychisch so angeschlagen, dass er sogar in eine Klinik muss. Warum weiß Juno nicht so genau, ihre Mutter scheint es zu ahnen, hält ihrem Mann aber trotz schwerer Krankheit und den damit verbunden Schwierigkeiten bedingungslos die Treue. Als ihr Vater sich das Leben nimmt, verändert sich auch Junos Leben. Sie hat Trennungsängste und Beziehungsstörungen, kann sich nur schwer auf andere Menschen und Nähe einlassen, weiß nicht mehr so genau wie glücklich sein geht. Wie es sich anfühlt glücklich zu sein. Bis sie eines Tages in das Fischerhaus in der Bretagne zieht und Julie kennen lernt, die so anders ist als sie. Und dennoch gibt es eine Verbindung zwischen den Beiden, die Juno hilft, wieder Fuß zu fassen im Leben.
Zart und ausdrucksstark, so habe ich Lisa-Marie Seydlitz Debüt, das mich sehr bewegt hat, empfunden. Es gelingt ihr ausgesprochen gut Junos verschiedene Lebensstationen und Erinnerungen so zu verknüpfen, dass ihr Leben langsam zu dem des Lesers wird. Manchmal haben mich die Zeitsprünge etwas verwirrt, da ich oft auch nicht wusste wie alt Juno zu diesem Zeitpunkt ist. Dies ist aber kein schwerwiegender Kritikpunkt, denn gerade diese Verästelung der Dinge gibt dem Roman den gewissen Charme und ist wichtig, um auf den Punkt der Geschichte zu gelangen.
Besonders begeistert haben mich die psychologischen Aspekte, von denen ich nicht zu viel verraten möchte, da ich sonst den Kern des Buches zu sehr vorwegnehme. Aber es ist interessant zu sehen, wie unterschiedlich Glück definiert wird und wie unterschiedlich Menschen sich daraus definieren.
FAZIT:
„Sommertöchter“ ist ein wunderbarer, leiser, aber sehr starker Roman, der mit wundervollem Ambiente eine Familiengeschichte zaubert, die berührt, bewegt und begeistert.