Kriegsromane - Gibt es so etwas noch?

  • Generation Kill von Evan Wright


    Kurzbeschreibung
    „Unbestechlich, brillant geschrieben … bewegend.“ 3sat Kulturzeit. Zwei Monate lang begleitete der amerikanische Journalist Evan Wright - ausgerüstet mit Stift, Papier und einem Schutzanzug gegen chemische Waffen - eine Einheit des First Recon Battallion im Irakkrieg. Diese Elite-Einheit mit dem selbst gewählten Kampfnamen „Erstes Selbstmord-Kommando“ operierte vor den vordersten Frontlinien und fungierte als eine Art Köder, um Gegner aus ihren Verstecken zu locken. Vom ersten Tag des Krieges an war dieses Kommando auf sich gestellt, bewegte sich direkt in irakische Stellungen hinein und spürte „Hinterhalte“ auf. Wright war als „eingebetteter Journalist“ Teil der Truppe. Aus umittelbarer Nähe erzählt er die beunruhigende Geschichte junger Menschen, die zu eiskalten Killern ausgebildet und von ihrer Regierung in diesen „Krieg gegen den Terror“ geschickt wurden. „Wir sind nicht hierher gekommen, um dieses Land zu befreien, es ist jetzt genauso beschissen wie vorher“, so ihr desillusioniertes Fazit. Wright lässt nichts aus, beschönigt nichts - die Siege und die Niederlagen, die Euphorie und das Grauen, die physischen, moralischen und emotionalen Spannungen, unter denen die Soldaten leben - und widersteht damit den Erwartungen der Pentagon-Strategen, die die Journalisten zu regierungs-freundlichen Vermittlern der Frontereignisse instrumentalisieren wollten. Da sind Sergeant Colbert, der kühle Profi, der es schafft, diese schwierige Truppe zusammenzuhalten; Corporal Trombley, der Schüchterne, der seine Lust am Töten entdeckt; Lieutenant Fick, ein Harvard-Absolvent, der seinen Vorgesetzten herausfordert, aber seine Kameraden deckt; ein Marine, der gerade noch damit geprahlt hat, zwei Iraker „umgemäht“ zu haben, und zusammenbricht, als er erfährt, dass es zwei junge Hirten waren. Zwei Monate im Wüstensand, dreißig Tage ohne Dusche, kein Raum für Intimität. Die Männer schlafen in selbst gegrabenen Löchern, verrichten ihre Notdurft auf Befehl und kommen für Wochen nicht aus ihren Stiefeln und Uniformen heraus. Wright schreibt nicht nur das Porträt einer an der Invasion beteiligten Kampftruppe, sondern das Porträt einer ganzen Generation. Die 23 Männer, zum Teil Afghanistan-Veteranen, sind erst Anfang zwanzig, manche auch jünger, und sie gehören der ersten Generation amerikanischer Soldaten an, die mit Videospielen, Reality-TV und Internetpornografie groß geworden ist. Sie schießen jetzt auf lebende Ziele, so wie sie als Jugendliche virtuell geschossen haben; ihr „War Game“ findet jetzt im richtigen Leben statt. Sie putschen sich mit weichen Drogen auf, um ohne Schlaf durchhalten zu können. Das höchste Lob für einen Kameraden ist: „Du bist ein eiskalter Killer.“ Diese Jungen sind keine Idealisten, die im Krieg ihre Unschuld verlieren; sie sind „Krieger“, denen es gleichgültig ist, wofür sie kämpfen.


    Evan Wright ist Reporter für das Musikmagazin Rolling Stone. Er schreibt außerdem für Time, The Los Angeles Weekly und die New York Times. Für seine Reportage aus dem Irak wurde er mit dem National Magazine Award for Excellence in Reporting 2004 ausgezeichnet. "Ich habe versucht, ein brutal ehrliches Buch über den Krieg zu schreiben. Die Wahrheit über den Krieg macht nicht viele glücklich."



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  • Wenn Nicht-Romane auch gelten, muss ich das hier anbringen, "The junior officer's reading club" von Patrick Hennessey.


    Das Buch war schon mal deshalb interessant, weil es hier mal ein Engländer ist, der von Afghanistan erzählt. Das Buch fand ich sehr gut, nicht zuletzt den letzten Teil, wo er, ähnlich wie Fick, sehr gut transportiert hat, wie ihn der Krieg verändert hat, weshalb er rechtzeitig den Dienst quittieren musste.
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  • "Black Hawk Down" von Mark Bowden. Die Geschichte kennt man wohl vor allem aus dem Film, das Buch ist noch mal so gut, weil es auch auf die Hintergründe eingeht.
    Das ist der berüchtigte, sehr fehlgeschlagenen Einsatz in Somalia 1993, wo alles schiefgegangen ist, was nur schiefgehen konnte.
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  • "Flags of our fathers" von James Bradley und Ron Powers


    Ebenfalls vielleicht bekannt durch den gleichnamigen Film, erzählt es die Geschichte von Iwo Jima 1945, dem berühmten Foto, aber in erster Linie die Geschichten der 6 jungen Männer, die man darauf sieht, von denen einer Bradleys Vater war, der wohl noch am meisten Glück von ihnen allen hatte, da drei die Insel nicht lebend verlassen haben. Das Buch hat mich auch ziemlich beeindruckt.
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  • Zum Thema Sachbuch und Krieg kann ich von Heike Groos "Ein schöner Tag zum Sterben" empfehlen, die als Budneswehrärztin mehrfach in Afghanistan war. Besonders gut finde ich, dass sie "Quereinsteigerin" ist und daher einen entsprechend differenzierten Blick hat. Angenehm auch, dass sie Inhalte nicht nur sachlich sondern auch schriftstellerisch gut transportieren kann.

  • Von Andrea Camilleri gibt es ein kurzes Buch, dass Italien in der Kriegszeit 1943 zeigt:


    Von der Liebe zum Radfahren – Andrea Camilleri


    Kurzbeschreibung:
    Mit dem Fahrrad durch den Krieg: eine wahre Geschichte! Juli 1943: Auf Sizilien stehen sich deutsche und alliierte Truppen gegenüber. In dieser gefährlichen Situation flüchtet sich der junge Andrea Camilleri mit seiner Familie in die Villa einer Tante in Serradifalco. Nur den Vater müssen sie zurücklassen. Als Andrea es vor Sehnsucht nicht mehr aushält, fährt er mit seinem Fahrrad über zerbombte Straßen und Minenfelder bis nach Porto Empedocle, um seinen Vater zu finden. Und er schwört sich: Wenn er diese Fahrt überlebt, wird er seinem Fahrrad zum Dank eine Geschichte widmen. Hier ist sie. Mit Bildern des berühmten Fotografen Robert Capa.

  • In Stahlgewittern (Ernst Jünger)
    Sicherlich auch ein Klassiker, wie man hört. Ich habe das Buch allerdings noch nicht gelesen.


    Zitat

    "Johnny zieht in den Krieg" ist ein US-amerikanischer Anti-Kriegsfilm aus dem Jahr 1971 von Dalton Trumbo, der seinen eigenen Roman von 1939 verfilmte. Buch und Film schildern das Schicksal des 21-jährigen Joe (Johnny) Bonham, der freiwillig für die USA in den Ersten Weltkrieg zieht und schwer verwundet wird.(Wikipedia)


    Ich kenne nur die Verfilmung und die geht wirklich an die Substanz. Die Szene des Mannes ohne Arme und Beine aus dem Metallica-Video zu "One" ist aus dem Film und der ist wirklich erschütternd.

  • Ernst Jüngers "In Stahlgewittern" ist ein durchaus interessantes Buch; aber es ist eben auch ein Buch welches den Krieg heroisiert, ihn verherrlicht. Man sollte dieses Buch mit "kritischem Blick" lesen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Simonow hat auch mehrere Kriegsbücher geschrieben, z.B. "Man wird nicht als Soldat geboren"
    Diese Bücher gibt es gebraucht bei Amazon. Sind halt nicht mehr aktuell und werden nicht mehr verlegt.

  • Menschen im Krieg - von Marge Piercy - das hat mich vor ein oder zwei Jahren völlig fasziniert.


    (Das Papier der Ausgabe war leider schon nach 3 oder 4 Jahren völlig fleckig, wie bei alten Fotos manchmal chemische Reaktionen vorkommen)


    aber der Inhalt hatte es in sich - ich such mal meine Rezi von damals und verlinke sie dann hier.


    Verschiedene Nationalitäten und Sichtweisen auf den Krieg, ein Kryptologe, Frauen, Politiker - alles war vertreten - und es waren dann eher die Auswirkungen auf die beteiligen Menschen als die Gesamtkriegslage, die dort beschrieben wurden. Für mich in dem Lesejahr 2009 das Lesehighlight.


    EDIT: Link

    Binchen
    :write
    Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält. (William Somerset Maugham) ;-)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von binchen ()

  • ..ich verfolge den thread, und muss sagen, ....dass ich sprachlos bin welche Menge es über Kriegsliteratur gibt.


    Ich habe mich damit eigentlich nie beschäftigt. Mein/e Krieg/e haben mir gereicht und ich mir geschworen, nie, nie darüber zu schreiben.


    Ich hab's dennoch getan, weil der Verlag, und vorallem meine Vietnamesische Tochter darauf bestanden haben, es zu erzählen.


    Das tue ich mir nie wieder an

  • Zu erwähnen ist auch Walter Kempowskis Echolot-Projekt:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Echolot


    Wobei das gerade kein klassischer Kriegsroman ist.


    In Amerika sind Kriegsromane nach wie vor ein weit verbreitetes Genre. Da kommt hier nur ein Bruchteil von an, vor allem werden in Deutschland meiner Wahrnehmung nach ausschließlich die kriegskritischen Texte wahrgenommen. Es gibt aber nach wie vor, wenn nicht direkt verherrlichende, so zumindest heroisierende Romane (nach dem Motto, Krieg ist die Hölle, aber die tapferen Jungs retten unser Vaterland und alles, was uns heilig ist).

  • Dieses Buch hat mich lange nicht los gelassen. Es hat mir anhand von vielen Kleinigkeiten gezeigt, was Krieg bedeutet...und ich glaube, ich habe erst durch dieses Buch richtig begriffen, wovon meine Großeltern sprachen, wenn sie von ihren Kriegserlebnissen berichteten... :gruebel


    Kurzbeschreibung
    Ein Musiker trotzt dem Irrsinn des Bürgerkriegs in Sarajevo: Inmitten der Ruinen, dem feindlichen Beschuss ausgesetzt, spielt er auf seinem Cello das Adagio von Albinoni, zweiundzwanzig Tage lang …


    Zu Beginn der neunziger Jahre wird das belagerte Sarajevo aus den Bergen ringsum Tag und Nacht beschossen. Die Bürger der Stadt leben in Angst, Nahrung und Wasser werden knapp. Eines Tages muss ein Mann von seinem Fenster aus mit ansehen, wie eine Mörsergranate zweiundzwanzig Menschen tötet, die vor der Bäckerei unten Schlange stehen. Der Mann ist Cellist, und er trifft eine unglaublich mutige Entscheidung: Jeden Tag um vier Uhr nachmittags zieht er seinen Frack an, setzt sich mit seinem Cello auf die Geröllhalden vor seinem Haus und spielt das Adagio in G-Dur von Albinoni. Zweiundzwanzig Tage lang, zum Gedenken an die Toten.


    Die Bürger von Sarajevo hören ihm zu, darunter eine Scharfschützin, ein verängstigter Familienvater und ein einsamer, alter Mann. Sie alle sind verzweifelt, träumen vom alten oder einem neuen Sarajevo, wollen dem Hass und der Furcht entfliehen. Und sie alle werden vom Spiel des Cellisten berührt.


    Ein bewegender Roman, der auf einer wahren Begebenheit beruht und der inmitten von Krieg und Zerstörung Zeichen von Hoffnung und Menschlichkeit entdeckt

  • Zitat

    Original von Eskalina
    Dieses Buch hat mich lange nicht los gelassen. Es hat mir anhand von vielen Kleinigkeiten gezeigt, was Krieg bedeutet...und ich glaube, ich habe erst durch dieses Buch richtig begriffen, wovon meine Großeltern sprachen, wenn sie von ihren Kriegserlebnissen berichteten... :gruebel
    [...]
    Ein bewegender Roman, der auf einer wahren Begebenheit beruht und der inmitten von Krieg und Zerstörung Zeichen von Hoffnung und Menschlichkeit entdeckt


    Ok, ich glaub ich muss es wirklich noch lesen. Dieses Buch wurde auch gewaehlt, als hier in der Stadt die Aktion "One Book One Calgary" statt fand. Ist ja auch ein kanadischer Autor. Die Bevoelkerung der ganzen Stadt wurde aufgerufen dieses Buch zu lesen. Begleitend dazu schuf die Buecherei hunderte von Exemplaren an und bot laufend Lesekreise und diverse Veranstaltungen an. Alles sah wirklich super interessant aus - nur zeitlich passte es fuer mich leider gar nicht, so dass ich nicht mitmachen konnte. Tut mir immer noch etwas weh ...

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Zitat

    Original von AlexBerg
    Interessant ist es nun zu sehen, wie sich Intellektuelle in den nach wie vor vom Krieg betroffenen Ländern wie dem Irak und Afghanistan, um nur die klassischen Beispiele zu nennen, mit der Thematik auseinandersetzten.


    Das ist in der Tat interessant. Einen aktuellen Roman über den Irak- oder den Afghanistankrieg, geschrieben von einem Iraker oder Afghanen, habe ich noch nicht gefunden, allerdings gibt es einige stark autobiopraphische Erzählungen von Einheimischen, die in Buchform auf Deutsch vorliegen.
    Ich kann mir vorstellen, dass es eines gewissen Abstandes bedarf, um als selbst Betroffener einen Kriegsroman schreiben zu können. So lange noch geschossen wird, ist das wahrscheinlich zu viel verlangt.