Finsterau - Anna Maria Schenkel

  • Erschienen: 03/2012
    125 Seiten
    ISBN- 13: 978-3-455-40381-7


    Kurzbeschreibung:


    Ein kleines Dorf im Bayerischen Wald, 1944: Schwanger kehrt die junge Afra zurück in die Enge ihres Elternhauses, das sie Jahre zuvor verlassen hat. Als Albert geboren wird, nehmen die Auseinandersetzungen mit dem strenggläubigen Vater zu, dem das Kind im Wege ist. Dann eines Tages ist Afra tot, blutüberströmt liegt sie neben ihrem schwerverletzten Sohn in der karg eingerichteten Wohnstube … Einmal mehr hat Andrea Maria Schenkel einen historischen Mordfall in einen atemberaubend spannenden Krimi verwandelt.


    Über den Autor:


    Andrea Maria Schenkel, 1962 geboren, gilt als eine der renommiertesten Kriminalautorinnen Deutschlands. 2006 erschien ihr Debüt "Tannöd", mit dem sie großes Aufsehen erregte. Der Roman wurde 2007 mit dem Deutschen Krimi-Preis, dem Friedrich-Glauser-Preis und der Corine ausgezeichnet. 2008 folgte der renommierte Martin Beck Award für den besten internationalen Kriminalroman. Das Buch wurde in bislang 20 Sprachen übersetzt und fürs Kino verfilmt. Auch für ihr zweites Buch "Kalteis" bekam sie begeisterte Kritiken und erhielt 2008 erneut den Deutschen Krimi-Preis. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Regensburg.


    Meine Meinung:


    Der Stil von Andrea Maria Schenkel passt zu dem Thema, das sie sich diesmal (wieder?) gewählt hat- trocken, fast emotionslos, fast dokumentarsich erzählt die Autorin die Geschichte eines Justizirrtums, die Geschichte einer Tragödie in der Nachkriegszeit. Leider aber bleiben zu viele Fragen offen, die Geschichte wird erzählt, aber nicht zu Ende erzählt. Der Schluß kommt abrupt und ohne die losen Fäden zu verknüpfen, schade drum. So reicht es nur zu einem gut, nicht zu einem sehr gut.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend Hjort- Rosenfeld Die Schuld die man trägt. :lesend Kirk A. Denton The Columbia Companion to modern Chinese Literature

  • Gibt es von dir hier eine Leseempfehlung?


    8 Punkte vergibst du für dieses Buch - aber du schreibst auch:


    Zitat

    Leider aber bleiben zu viele Fragen offen, die Geschichte wird erzählt, aber nicht zu Ende erzählt. Der Schluß kommt abrupt und ohne die losen Fäden zu verknüpfen, schade drum.


    :gruebel :gruebel

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Die acht Punkte kamen nicht von mir, ich hatte vergesen zu punkten und jetzt sieben gegeben. Eine klare Leseempfehlung gebe ich dann, wenn man das Buch nicht bezahlen muß- das Preis- Leistungsverhältnis ist schlicht untragbar.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend Hjort- Rosenfeld Die Schuld die man trägt. :lesend Kirk A. Denton The Columbia Companion to modern Chinese Literature

  • Zitat

    Eine klare Leseempfehlung gebe ich dann, wenn man das Buch nicht bezahlen muß- das Preis- Leistungsverhältnis ist schlicht untragbar.


    Selbst wenn es an dem Buch gar nicht zu bemängeln gäbe, würde ich niemals für ein so dünnes Büchlein 17€ ausgeben.
    Ich habe es mir jetzt aus der Bücherei geholt und bin schon gespannt. Die vorherigen Bücher der Autorin haben mir gefallen.

  • Für mich war es das erste Buch von der Autorin und aufgrund der vielen Lobeshymnen zu den Vorgängern war ich natürlich dementsprechend gespannt.


    Die erste Ernüchterung kam beim Auspacken des Büchleins. So schmal hatte ich es mir wirklich nicht vorgestellt. 124 Seiten, kein Lesebändchen, kein Glossar, kein Nachwort, in dem erklärt hätte werden können, welche Teile der Geschichte auf dem realen Mordfall beruhen und welche erfunden wurden. Gerade letzteres hätte ich sehr interessant gefunden und es hätte meiner Meinung nach das Buch gut abgerundet. So muss der interessierte Leser selber im Internet suchen, nur um herauszufinden, dass der Mordfall, den das Buch beschreibt, damals gar nicht in Finsterau, sondern in Kempten im Allgäu stattgefunden hat. Insgesamt für den Preis ein enttäuschendes Konzept. Da nutzt auch das gelungene Cover nicht, das die düstere Atmosphäre des Buches gleich auf den ersten Blick erkennbar macht.


    Aber nun zum Inhalt: Da es, wie erwähnt, für mich die erste Begegnung mit Frau Schenkels literarischem Werk ist, kann ich nicht beurteilen, inwiefern Finsterau den anderen Büchern ähnelt. Aus verschiedenen Perspektiven wird erzählt, was sich damals ereignet hat.


    Die junge Afra lässt sich von einem französischen Zwangsarbeiter schwängern und kommt mit dem "Bankert" zu ihren Eltern zurück. Während die Mutter sich damit arrangiert, wie sie sich mit allem in ihrem Leben arrangiert, fällt es dem tiefkatholischen Vater sehr schwer, mit der schon immer rebellischen Tochter und nun auch noch der Schande des unehelichen Kindes zurechtzukommen. Die Streitereien in dem armen Haushalt sind im ganzen Dorf bekannt und als Afra und das Kind eines Tages erschlagen in der Stube liegen, ist der Hauptverdächtige schnell ausgemacht.


    Doch war es wirklich der Vater, dessen Geist schon seit einiger Zeit immer mehr verwirrt ist und der sich an die Tat nicht wirklich erinnern kann?


    18 Jahre später wird der Fall durch einen Zufall wieder aufgerollt und neu ermittelt.


    Trotz der Kürze des Buches wurden die verschiedenen Personen gut charakterisiert und das ärmliche Leben der Familie sehr deutlich dargestellt.


    Der Sprachstil von Andrea Maria Schenkel gefällt mir gut, klare, knappe Sätze, in denen trotzdem alles Wesentliche steht. Allerdings hätte ich mir wirklich ein Glossar gewünscht, denn obwohl ich Süddeutsche bin, waren mir viele der verwendeten Begriffe nicht geläufig. Das mag der Handlung, die ja in den 1940er Jahren spielt, angemessen sein, trübt aber mein Lesevergnügen im 21. Jahrhundert nicht unwesentlich.


    Dem Inhalt würde ich daher 4 Punkte (von 5) geben, in Zusammenhang mit der Aufmachung des Buches gibt es in der Gesamtbewertung allerdings nur 3.

  • 1944 kehrt die junge Afra nach Finsterau, zu ihren strenggläubigen Eltern zurück. Ihre Arbeit als Kellnerin in der Stadt hat sie verloren, da sie ein uneheliches Kind, noch dazu von einem Franzosen, erwartet. Ihre Eltern, die alle vier früher geborenen Kinder im Babyalter verloren haben, leben sehr beengt und in großer Armut, ihr Vater Johann wird nur durch seinen starken katholischen Glauben aufrecht erhalten. Schon als Kind hatte sich Afra nicht nach seinen Wünschen entwickelt, sie war eigensinnig und gab Widerworte. Doch die Geburt eines unehelichen Enkels ist ein besonders schwerer Schlag für den Vater, der mehr als seine Frau Theres unter der Schande leidet und zu Afra ein sehr gespanntes Verhältnis hat.
    Drei Jahre nach ihrer Rückkehr werden Afra und ihr kleiner Sohn erschlagen. Der Hauptverdächtige ist natürlich ihr Vater, der desorientiert wirkt und keine Aussage macht. Er wird verhaftet und aufgrund seiner zunehmenden Demenz in eine Heil- und Pflegeanstalt eingewiesen.


    18 Jahre später erzählt ein angetrunkener umherziehender Händler, in diesem Mordfall laufe der Schuldige noch frei herum. Man beginnt sich wieder für den als erledigt betrachteten Fall zu interessieren.
    Wie schon in den vorausgehenden Romanen hat die Autorin einen historischen Fall aus Bayern als Inspiration für "Finsterau" gewählt. Die Vorgeschichte, der Mord und die neuen Ermittlungen werden nicht chronologisch erzählt, sondern in kurzen Kapiteln, die sowohl in der Perspektive (Blickwinkel verschiedener Personen: Vater und Mutter, Afra, diverse Polizeibeamte, Staatsanwalt) als auch in der Reihenfolge der Ereignisse hin und herspringen. Dieses Vorgehen sorgt zunächst für eine gewisse Verwirrung beim Leser, nach und nach ergibt sich jedoch aus den divergierenden Aussagen, die nicht auf Lügen, sondern auf Missverständnisse bei der Kommunikation der Ermittelnden zurückgehen, ein ganzes - und unerwartetes - Bild. Die Stimmung des Romans ist so düster und bedrückend wie sein Cover, das eine geschlossene (Stall?)tür eines bayerischen Kleinhofs zeigt. Die geistige "Enge", die Bigotterie des Lebens im ländlichen Bayern der Nachkriegszeit wird dem Leser gut vermittelt. Der Schluss war mir etwas zu abrupt, ich hätte gern mehr über das spätere Leben von Afras Eltern erfahren.
    Da sicherlich vom Verlag auch ein Verkauf des Romans über die bayerischen Landesgrenzen hinaus angestrebt wird, betrachte ich das Fehlen eines Glossars als entscheidenden Mangel. Obwohl ich seit langer Zeit in Bayern lebe, habe ich nicht alle Ausdrücke verstanden. Ein Nichtbayer ganz ohne Kenntnisse der hiesigen Mundart dürfte sich bei der Lektüre größeren Schwierigkeiten gegenübersehen. ;-)
    Die originelle, etwas andere Erzählweise von Andrea Maria Schenkel hat mir wieder gut gefallen, deshalb vergebe ich eine Leseempfehlung für Krimileser mit Bayerisch-Kenntnissen.
    Ich vergebe 7 Punkte.

  • Nachdem ich schon im November bei Frau Schenkel in der Autorenlesung zu "Finsterau" war, hatte ich nun endlich die Gelegenheit, das Büchlein zu lesen - und mehr als ein Büchlein ist es ja wirklich nicht.


    Was soll ich sagen... ich habe generell Schwierigkeiten mit Krimis unter 200 Seiten, weil mir die Geschichten meist zu wenig tiefgründig und verwickelt sind. Ich mag lieber Krimis mit mehreren Handlungssträngen, wo man sich richtig auf die Handlung einlassen muss, mehrmals in die Irre geführt wird, um dann zum Schluss die Auflösung präsentiert zu bekommen.
    Das alles ist bei "Finsterau" leider nicht der Fall. Der Roman folgt ziemlich 1:1 dem Strickmuster von "Tannöd", bleibt aber spannungsmäßig doch einiges dahinter zurück. Der Ausgangsfall bietet ja eigentlich eine Menge Potential - eine junge Frau mit einem unehelichen Kind, die in der Dorfgesellschaft nicht wirklich akzeptiert wird und noch dazu ständig mit ihrem Vater im Clinch liegt, wird ermordet, der offensichtlich demente Vater wird als Täter "überführt", obwohl es keine handfesten Beweise gibt und er sein Geständnis in de Gerichtsverhandlung widerruft - da hätte man sicher eine Menge draus machen können. So aber wird im Prinzip das, was Frau Schenkel in der Zeitungsnotiz gelesen hat, von ihr etwas ausgeschmückt und immer wieder erzählt neu erzählt, zwar aus verschiedenen Perspektiven, aber ohne, dass wirklich echte Spannung aufkommt.
    Es wirkt alles so oberflächlich, die Darstellung der Personen, die Schilderung der Ermittlungen - auf mich wirkt es, als hätte sich die Autorin nicht wirklich Gedanken darüber gemacht, was sie in ihrem Buch eigentlich erzählen will und wie man daraus einen guten Krimi macht. Zuletzt wird das ganze sehr abrupt aufgelöst

    und es bleiben viele Fragen offen.


    Das einzige, was das Buch für mich aufwertet, ist, dass die Autorin aus meiner Heimat kommt, es für mich also ein Vergnügen war, ihre Sprache zu lesen. Ich habe kein Glossar gebraucht, konnte die Menschen in meinem Kopf regelrecht reden hören (auch wenn ich manche Begriffe, wenn schon, dann gleich im Dialekt hätte stehen lassen und nicht so halb eingedeutscht). Ebenso kenne ich den Ort Finsterau im Bayer. Wald und das dortige Freilichtmuseum, wo man u.a. auch solche Häusler-Hütten besichtigen kann. Von daher wurden die Geschichte, das "Setting" und die Personen in meinem Kopf sehr lebendig und das Buch hat mir für ein paar Stunden einen kleinen "touch of home" hier im hessischen Exil beschert.


    Deswegen bekommt diese ansonsten unspektakuläre Büchlein von mir auch noch gnadenhalber 5 von 10 Eulenpunkten, die ich ihm sicher nicht gegeben hätte, hätte es in einer mir gänzlich unvertrauten Gegend gespielt.


    LG, Bella

  • x Autorin: Andrea Maria Schenkel
    x Originaltitel: Finsterau
    x Genre: Krimi
    x Erscheinungsdatum: 05. März 2012
    x bei Hoffmann und Campe
    x 375 Seiten
    x ISBN: 3455403816
    x Erste Sätze: Hermann Müller. Roswitha Haimerl stand da, den Mantel zugeknöpft, die Tasche unter dem Arm. “Hermann, ich geh jetzt heim. Ich hab die Schankstube aufgeräumt und die Stühle hochgestellt, bis auf die beim Tisch in der Ecke. Da sitzt wieder so ein windiger Krattler, den musst schon selber rausschmeißen. ‘zahlt hat er schon.”


    Klappentext:


    Ein kleines Dorf im Bayerischen Wald, 1944: Schwanger kehrt die junge Afra zurück in die Enge ihres Elternhauses, das sie Jahre zuvor verlassen hat. Als Albert geboren wird, nehmen die Auseinandersetzungen mit dem strenggläubigen Vater zu, dem das Kind im Wege ist. Dann eines Tages ist Afra tot, blutüberströmt liegt sie neben ihrem schwerverletzten Sohn in der karg eingerichteten Wohnstube …


    Einmal mehr hat Andrea Maria Schenkel einen historischen Mordfall in einen atemberaubend spannenden Krimi verwandelt.


    Rezension:


    “Finsterau” von Andrea Maria Schenkel wollte ich unbedingt lesen, obwohl ich eigentlich keine Krimis mag. Vor Jahren hatte ich ihr Debüt “Tannöd” gelesen, welches mich damals richtig fesseln konnte – und so kam ich an “Finsterau”, das aus dem selben Holz geschnitzt ist, nicht vorbei.


    Der Plott in diesem Buch beruht auf einem historischen Mordfall, der jedoch nicht in Bayern stattfand – den Ort im Bayerischen Wald hat die Autorin selbst ausgewählt und so abgelegen wie Finsterau liegt hätte sie wohl keinen Schauplatz finden können, der besser zur Geschichte passen würde.


    Der Schreibstil in “Finsterau” ist einfach, prägnant und von vielen gesprochenen Sätzen in bayerischer Mundart durchsetzt, was den Eindruck einer derben und einfachen Atmosphäre erweckt. Die Story an sich setzt sich dabei aus verschiedenen Handlungssträngen auf zwei Zeitebenen zusammen, wobei zwischen den verschiedenen Charakteren, allen voran Afra, dem Opfer und Johann, ihrem Vater, von Kapitel zu Kapitel gewechselt wird und sich dabei die ganze Geschichte wie ein Puzzle zusammensetzt.


    Die Geschichte an sich hat meiner Meinung nach wirklich Potenzial, aber man hätte sicher noch etwas mehr rausholen können. Trotz der verschiedenen Perspektiven wirkte das Ganze mehr wie ein Zeitungsbericht auf mich – alles ist sehr sachlich gehalten und es wird kaum mit Emotionen gespielt (allerdings könnte es sein, das genau das einen Krimi ausmacht – das Genre liegt mir ja normalerweise überhaupt nicht).


    Fest steht: Wer “Tannöd” mochte, wird “Finsterau” auf jeden Fall auch gut finden.


    Fazit:


    Glaubwürdig, interessant und authentisch, ruft aber leider kaum eine Emotion hervor.


    Bewertung:


    5 von 10 Sternen