Christa Faust - Hardcore Angel

  • Die Autorin: Christa Faust ist eine der Autorinnen, die weiß worüber sie schreibt, da sie das Millieu kennt. Pornos hat sie zwar keine gedreht - und auch noch keinen erschossen soweit ich weiß - aber sie hat sicherlich lange geung im Sexgeschäft gearbeitet um einige Erfahrungen aus erster Hand in ihre Romane einzuarbeiten. Sie hat für Fetischmagazine gemodelt, am Timessquare gestrippt und als Domina gearbeitet.


    "Christa Faust is a Veronica in a world of Betties" Quentin Tarantino


    Das Buch: Eigentlich hatte sie sich aus dem aktiven Geschäft verabschiedet und ihre eigene Agentur aufgemacht, doch einen alten Freund kann sie nun auch wieder nicht hängen lassen. Ist nur eine Scene, schnell im Kasten.


    Doch anstatt im Bett landet Angel Dare mißhandelt und angeschossen im Kofferaum eines Honda Civic.


    "I would take more than bullets to stop Angel Dare!" (Covertext)


    Ihr einziger Verbündeter ist der Fahrer/Bodyguard ihrer Firma, und zusammen versuchen die beiden etwas Licht in das Dunkel dieses Falls zu bringen. Angel wird inzwischen wegen Mordes an ihrem alten Freund Sam gesucht und steht außerdem immer noch auf irgendjemandes Abschussliste.
    Doch so eine Liste hat Angel Dare auch….




    Meine Rezension: Die Hard Case Crime-Serie setzt sich zusammen aus alten, in der klassischen Hardboiled-Periode und später davon beeinflussten entstandenen Werken, welche größtenteils bisher nie ungekürzt und -bearbeiten erschienen sind und modernen Autoren, die sich der Noir-Tradition verpflichtet fühlen, wie zB. die beiden Herausgeber der Serie, Max Phillips und Richard Aleas, die beide mit eigenen Büchern in der Serie vertreten sind, oder aber Max Alan Collins, ein enger Freund und "Nachlassverwalter" des Hardboiledkönigs Mickey Spillane.
    Ein Großteil der Hardboiled- und Noirliteratur spielt in der Halbwelt zwischen Verbrechen und Amusement, seien es die Speakeasys der Prohibition, billige Absteigen wo man für Geld alles kaufen kann oder das Showbiz, im Zwischenraum zwischen Schein und Sein in der Unterhaltungsindustrie.


    Es ist also nur konsequent das Christa Faust ihren Roman "Money Shot" im Pornomillieu angesiedelt hat. Sie benutzt allerdings dieses Geschäft nur als Hintergrund, als Kulisse und verhindert so, das ihr Roman selbst zur Pornographie wird.
    Natürlich geht es auch um Sex,. natürlich erinnert sich Angel immer wieder an alte Mitstreiter und Kollegen - würde die Autorin diese Themen komplett ausblenden verlöre die ganze Geschichte an Glaubwürdigkeit.
    Und Christa Faust schafft es tatsächlich niemals obszön, schmutzig oder auch nur anrüchig werden zu lassen (wobei eine streng katholisch erzogene Heranwachsende durchaus an einigen Stellen erröten könnte...)


    Ansonsten ist es einfach ein Geschäft, ein Job, in dem man gut ist und etwas erreiche kann, auch finanziell, um sich dann möglicherweise etwas anderem zuzuwenden, doch verschweigt die Autorin keineswegs die Schattenseiten: Drogensucht und Medikamentenmissbrauch zum Beispiel, und anderes, was in diesem Fall den Plot darstellt.



    Traditionell sind Frauen in der Hardboiledliteratur diejenigen, die mit ihrem Charme und ihren Verführungskünsten die Männer ins Unglück stoßen - und dafür am Ende allerdings die Quittung bekommen.


    Durch ihre Arbeit ist Angel Dare natürlich das Objekt der Begierde für unzählige Männer, also Femme fatale de luxe sozusagen. Doch bei der Aufklärung dieses Falles hilft ihr das herzlich wenig - da hilft vor allem der "Gute Samariter" welcher selbstlos, aus einer Mischung aus Pflicht und Ehrgefühl handelnde, an ihrer Seite kämpft. Obschon sowohl die Autorin als auch ihre Schöpfung absolut emanzipiert und eigenständig sind gönnt Christa Faust ihrer Figur einen "Ritter in schimmernder Rüstung" an ihrer Seite, ohne Angel Dare hier zur hilflosen "Jungfrau in Not" zu degradieren, sie aber andererseits nicht zur pistolenschwingenden Dirty Harriet" verkommen lässt, die alles umlegt was auch nur entfernt einem Bösewicht ähnlich sieht. Natürlich will sie Rache für das an ihr und ihrem Freund begangene Unrecht - und natürlich bekommt sie diese - aber sie bleibt dabei immer menschlich und, auch das gesteht Christa Faust ihr zu, durchaus verletzlich.
    Überhaupt ist Angel Dare - die selbst diese Geschichte erzählt - eine der Hardboiled-Figuren die mit sich selber dem Leser gegenüber am ehrlichsten sind, ohne dabei zum Jammerlappen (Jammerlappin?) zu verkommen.
    Angel gesteht sich - bei aller toughnes - durchaus Schwächen ein, und sei es das jetzt lieber in den starken Armen ihres Retters liegen und vögeln würde anstatt irgendwo rumzulaufen und böse Jungs zu suchen. Es ist diese Ehrlichkeit und das Eingestehen der eigenen Schwächen die die Figur der Angel Dare so glaubwürdig macht.


    Christa Faust hat mit "Money Shot" einen der frühen Höhepunkte der Hard Case Crime-Reihe geschaffen und sich gleichzeitig als ernstzunehmende Schriftstellering etabliert, von der wir hoffentlich auch in Deutschland noch einiges hören werden.




    edit: Eine eben erst entdeckte Satzverschwurbelung...

  • Sehr aufschlussreiche Rezi. Herzlichen Dank dafür. Ich habe den Titel gleich mal auf meine Wunschliste gesetzt. Scheint ein Buch für mich zu sein. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.