'Die Vermessung der Welt' - Seiten 195 – Ende

  • Bin jetzt auch durch. Ja, das Alter geht an unseren beiden Hauptpersonen nicht spurlos vorbei. Auch Humboldt letzte Expedition ist wohl nicht mehr so befriedigend, da er mehr auf Empfängen ist und keine Zeit mehr für die Froschungen bleibt. So stimmt er dann auch eher Gauss zu: zuviel Gerede und keine Wissenschaft.


    Das letzte Kapitel ist Eugen gewidmet, ja er scheint sich ganz gut zu machen. Ich denke auch im Schatten seines grossen Vaters konnte er sich nicht gut entwickeln. Und im Vergleich zu ihm war er vlt. "dumm", aber immer noch schlauer als viele andere.

  • Zitat

    Original von Amalia
    Das letzte Kapitel ist Eugen gewidmet, ja er scheint sich ganz gut zu machen. Ich denke auch im Schatten seines grossen Vaters konnte er sich nicht gut entwickeln. Und im Vergleich zu ihm war er vlt. "dumm", aber immer noch schlauer als viele andere.


    Diese Überlegung teile ich.

  • Gequält habe ich mich zwar überhaupt nicht mit dem letzten Abschnitt, dennoch las er sich nicht mehr ganz so leicht wie der mittlere. Die vorigen haben mir besser gefallen, den zwei folgenden Aussagen kann ich mich voll und ganz anschließen:


    Zitat

    Original von Grisu
    ... es scheint jetzt irgendwie politisch zu werden....


    Zitat

    Original von Lumos
    Irgendwie war da die Luft raus :gruebel.


    Trotzdem hat mir das Buch wirklich gut gefallen! Und auch das Altern gehört zum Leben dazu, deswegen fand ich es gut, dass dies nicht verschwiegen wurde. Älter zu werden ist nicht schön und ich könnte mir vorstellen, dass es damals, ohne zahlreiche Hilfsmittel und Medikamente, noch sehr viel schwieriger und mühsamer war. Von daher passt für mich dieser Abschluss.


    Ich überlege immer noch, warum Eugen in den letzten Kapiteln so viel Raum bekommen hat. Sollten dadurch die gesellschaftliche und politische Situation in Deutschland verdeutlicht werden? Oder der Blick in die Zukunft gewandt? Für mich hätte diese zusätzliche Hauptperson nicht sein müssen, auch wenn ich das letzte Kapitel und vor allem die Aussage des Kapitäns: "Die Zeit der großen Navigatoren sei vorbei" als schönen Schluss empfunden habe.


    Zitat

    Original von Macska
    Was ich mich frage, ob Gauß als Vater überhaupt Gefühle für seine Kinder hatte oder nicht.


    Natürlich hatte Gauß Gefühle für seine Kinder, dass merkt man sehr deutlich in der Abschiedsszene. Er hat von Eugen etwas anderes erwartet und konnte nicht anerkennen, dass er ganz anders ist als er selbst. Außerdem war damals eine andere Zeit und Kinder wurden grundsätzlich ganz anders behandelt als heute, man denke nur an die Kindheit von Gauß und vor allem von Humboldt.


    Zitat

    Original von Lesehest
    ...wenn man Humboldt und Gauss nicht derart lächerlich dargestellt hätte


    Schade, dass ich die Leserunde verpasst habe, ich hätte nämlich Lesehest gerne gefragt, warum sie die beiden so derart lächerlich fand. (Vielleicht liest du ja noch mit, eine Antwort würde mich wirklich sehr interessieren). Ich habe das Buch ganz und gar nicht so gelesen! Im Gegenteil -meine Bewunderung für diese beiden Genies ist erst gewachsen. Und ich fand es sehr erfrischend und vor allem menschlich, dass sie mit ihren Stärken, aber auch mit ihren Schwächen dargestellt wurden. Endlich einmal nicht dauerndes schielen auf political correctness.


    Die verschiedensten Ansichten zu dem Buch finde ich sehr interessant. Für mich war es ein tolles Buch, das ich sicher nochmals lesen werde. Und - wie bei einigen meiner Vorschreiber - das Interesse an Gauß und vor allem Humboldt ist geweckt.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ich hab mich auch nicht mit dem letzten Abschnitt gequält. Durch das Altern der Protagonisten sind zwar keine großen spannenden Szenen dabei gewesen, aber stattdessen besticht dieser Teil durch eine ganz andere Art.


    Mich hat fasziniert, wie sehr sich die beiden mit der Zeit verändert haben. Humboldt bricht zu seiner letzten Reise nach Asien auf, die sich als Farce herausstellt, da er nur auf Empfängen und nicht auf Forschungstouren gehen darf. Ihm selber fällt dabei gar nicht auf, wie sehr ihn seine "Assistenten" ersetzen.
    Mit dem Ruhm sind auch viele Anhänger und Fans dazugekommen, die für eine Erkundung der Welt nicht gerade förderlich sind.


    Zu Bonpland noch: er kann selber nicht beantworten, warum er eigentlich mit Humboldt reist. Und so kriegen wir wohl nie eine Antwort, warum er sich da durchgequält hat. Lachen musste ich, als Humboldt erzählt, dass Bonpland in Paraguay unter Arrest stehe, und Gauß nur fragt, wer dieser Kerl eigentlich sei. :lache


    Besonders herrlich fand ich die Gespräche zwischen Humboldt und Gauß, wie schön sie immer aneinander vorbei redeten :lache Nur wenn es um Messgenauigkeit geht, sind sie sich wieder einig.


    Die Rolle von Eugen und diese Studentensache passte meiner Meinung nach irgendwie nicht besonders gut zum Rest des Buches. Am Ende ist Eugen seinem Vater ähnlicher als er denkt, aber das Ende war überhaupt nicht passend.


    Zu guter Letzt fand ich nicht, dass Humboldt und Gauß lächerlich dargestellt wurden. Ich fand sie faszinierend, amüsant, schräg,... aber vor allem eins: menschlich. Gerade das macht den Charme des Buches aus. Wenn man alles nur so beschreiben würde, wie es war, wäre es wohl eher eine trockene Biographie geworden. Man darf hierbei nicht vergessen, dass es ein fiktionaler Roman ist, der auf wahren Begebenheiten beruht.

  • Morgaine, schön von dir zu hören! :wave Noch mehr freut es mich, dass du das Buch bis zum Ende gelesen und so wie es sich anhört auch genossen hast!


    Zitat

    Original von Morgaine Mich hat fasziniert, wie sehr sich die beiden mit der Zeit verändert haben.


    Damit hast du recht. Das ist mir beim Lesen gar nicht so bewusst geworden - die äußerlichen Veränderungen des Alterns zwar schon, aber nicht die Veränderung der inneren Charakterzüge, die ja auch damit einhergeht. Ich staune immer noch über den doch recht jungen Autor, der meiner Meinung nach sehr viel Lebensweisheit in das Buch hineingebracht hat. :anbet


    Neben Humboldt ist auch Gauß äußeren Zwängen unterworfen und muss für den Unterhalt seiner Familie Tätigkeiten erledigen, die er eigentlich gar nicht machen möchte. Bei beiden ist es nicht so, dass ihr bedeutendes Lebenswerk ihnen Freiheit gibt, sondern es bindet sie noch mehr an Konventionen. Trotzdem fand ich es versöhnlich, als Gauß Minna am Ende nicht mehr ganz so schrecklich findet.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ja das Buch hat mir gefallen und ich danke dir, dass ich endlich dazu gekommen bin es zu lesen :knuddel1


    Zitat

    Original von Lese-rina
    Bei beiden ist es nicht so, dass ihr bedeutendes Lebenswerk ihnen Freiheit gibt, sondern es bindet sie noch mehr an Konventionen. Trotzdem fand ich es versöhnlich, als Gauß Minna am Ende nicht mehr ganz so schrecklich findet.


    Gerade durch ihren Bekanntheitsgrad sind sie immer stärker in ihren Forschungen eingeschränkt gewesen.
    Gauß ist mit dem Alter weicher geworden, dabei ist es nicht nur Minna, die er nicht mehr ganz so schrecklich findet. Sondern er muss sich auch eingestehen, dass ihm seine Kinder fehlen.