Die Nacht von Shyness- Leanne Hall

  • Es gibt Dinge, die kannst du nur im Dunkeln sagen. »Wusstest du, dass die Sonne hier nicht aufgeht?« Sie lacht laut und herzhaft. Dann verebbt ihr Lachen. »Das ist dein Ernst, oder?« Ich nicke. »In ganz Shyness. Völlige Dunkelheit.« Sie stützt den Kopf auf. Ich sehe ihr an, dass sie überlegt, ob sie mir glauben soll. Ob ich spinne oder nicht. Ich weiß nicht, wie lange ich noch dasitzen kann, ohne sie zu berühren. Am Stadtrand von Shyness, wo ewige Dunkelheit herrscht, trifft Wolfboy ein merkwürdiges Mädchen. Sein Name ist Wildgirl und es erklärt Wolfboy zum Fremdenführer für eine Nacht. Auf ihrer Tour durch Shyness kommen sie nicht nur den zuckerabhängigen Kidds in die Quere, sondern auch verrückten Affen, ewigen Träumern, Döner-verkaufenden Wahrsagerinnen, teuflischen Psychiatern und einer großen Liebe – denn eine Nacht ist lang genug, um zwei Leben zu verändern.

    Die Idee zu "Die Nacht von Shyness" ist ebenso originell wie ausgefallen. Sie ist mit nichts zu vergleichen, was ich bisher gelesen habe und hat mich mit dieser Andersartigkeit überzeugt. Einem speziellen Genre kann man dieses Buch nicht zuordnen, da es von allem ein wenig besitzt, was von der Autorin zu einer spannenden Handlung verwoben wurde. Mit viel Feingefühl für die Dunkelheit und für die, die in ihr Leben, hat Leanne Hall einen anderen Ort erschaffen, der die Frage aufwirft; was passiert, wenn die Sonne nicht mehr aufgeht? "Die Nacht von Shyness" besitzt Kurzweil, trotz der Handlungsdauer von einer Nacht, was an dem straffen und komplexen Plot liegen mag, der mehr wie Tage anmutet und den Leser durch diese einzigartige Abenteuer fliegen lässt. Es besitzt eine gewisse Intensität und eine Tiefgründigkeit, die Lesespaß für jene garantiert, die sich auf dieses etwas andere Abenteuer einzulassen bereit sind.


    Wie die Handlung so sind auch die Figuren alles andere als stereotypisch. Sie besitzen eine Komplexität und Originalität, die ihren Facettenreichtum hervorragend zur Geltung bringt. Mit viel Lebendigkeit und einem ausgefallenen Hintergrund, sind sie alles andere als eindimensional und wirken in ihrer Verletzlichkeit umso authentischer.


    Mit einem intensiven Erzählstil und einer sowohl flüssigen, als auch jugendlichen Art zu Schreiben hat Leanne Hall einen echten Pageturner geschaffen, der dem Leser die Nacht näher bringt. Dieser Schreibstil passt sich jederzeit der jeweiligen Situation und Stimmung an und schafft eine authentische Atmosphäre, die düster ist, aber dennoch einiges an Licht bereithält.


    Das Cover passt hervorragend zu dieser Geschichte. Diese Schlichtheit spiegelt optimal die Schnörkellosigkeit des Inhalts wieder und auch das Schwarz ist mehr als angemessen.

  • Zwei Jugendliche aus zwei verschiedenen Welten, die aber eins verbindet: die Einsamkeit.


    Zunächst möchte ich auf das doch sehr außergewöhnliche Cover eingehen, was mich erhrlich gesagt, zu Tode erschreckt hat ;) Auf den ersten Blick scheint es völlig normal, auch konnte ich den speziellen Überzug nicht ertasten, aber als ich das Buch auf den Nachttisch gelegt und das Licht gelöscht habe, hat es im Dunkeln geleuchtet! Wow! Ein super Extra, wie ich finde.


    Am Anfang hatte ich so meine Schwierigkeiten in die Geschichte hineinzukommen. Die Protagonisten Wildgirl und Wolfboy wechseln sich mit dem Erzählen in der Ich-Perspektive ab und so muss man zu Beginn jedes Kapitels kurz überlegen, aus wessen Sicht wir nun in die Story eintauchen. Ich habe es sowohl positiv als auch negativ wahrgenommen. Positiv, weil man von beiden Protagonisten wusste, was sie gerade denken und negativ, weil ich mich auf keinen der beiden so richtig einlassen konnte.


    Wir bekommen ein klares Bild von der immer dunklen Stadt Shyness gezeichnet. Da Wildgirl aus einer “normalen” Stadt kommt und Wolfboy aus Shyness, werden für den Leser erst so die Unterschiede zwischen den Städten deutlich. Durch die Dialoge und das Erforschen der Umgebung, bekommen wir diese sehr genau beschrieben und können uns so ein eigene Vorstellung machen. An manchen Stellen haben mich die Beschreibungen zum Nachdenken angeregt, denn Shyness ist nicht nur in der Dunkelheit versunken, sondern auch ein wenig im Chaos (verständlich wenn viele weggezogen sind und das Gesetz quasi selber in die Hand genommen wurde).


    Die Spannung hat für mich erst nach dem ersten Drittel eingestzt, weil vorher einige Vorstellungen und Erklärungen abgehandelt werden mussten, die einen typischen Einstieg ausmachen. Teilweise hatte ich wirklich Probleme dem Geschehen zu folgen, weil die Gedankensprünge sehr schnell und oft vonstattengehen. Manche Themen hätten ein bisschen ausführlicher behandelt werden können, weil ich mich oft gefragt habe: “Ja, und weiter?”


    Die Charaktere der Protagonisten waren sympathisch und authentisch. Ihre Normalität hat sie dem Leser näher gebracht, denn jeder der beiden hat sein Päckchen zu tragen und seine eigene Art damit umzugehen. Obwohl die Geschichte nur die Zeit von einer Nacht umfasst, wird deutlich, wie sehr sich Wildgirl und Wolfboy gegenseitig beeinflussen. Mich hat Wolfboy vom ersten Auftritt an fasziniert und am Ende war ich überzeugt, dass er ein guter und starker Charakter ist, den es zu erleben lohnt.


    Insgesamt hat mir der Roman aber dennoch gut gefallen und ich bin schon gespannt wie die Geschichte zwischen Wildgirl und Wolfboy weitergeht. Die Autorin verrät in einem Interview, dass sie bereits am zweiten Teil schreibt und dieser ist auch nötig, denn der Schluss hat einen “offenes-Ende-Charakter”. Ein paar Fantasyelemente sind auch eingebaut, wenn auch nur sehr versteckt und dezent. Für mich ist es ein Jugendbuch mit Potential nach oben. Die Story um zwei Außenseiter, die eine gemeinsame, abenteuerlustige Nacht miteinander verbringen, sollte umbedingt fortgesetzt werden und vielleicht sind dann auch die kleinen Dinge, die mich stören, ausgebügelt.


    8 Punkte