Die große Hitze – Jörg Mauthe

  • Die große Hitze oder Die Errettung Österreichs durch den Legationsrat Dr. Tuzzi
    (Originalausgabe 1974 – Verlag Fritz Molden, Wien-München-Zürich)


    Klappentext
    Eine Hitzeperiode von unvorstellbarem Ausmaß überfällt in einer nahen Zukunft, die nicht zu übersehende Ähnlichkeiten mit der Gegenwart aufweist, Österreich und hat eine katastrophale Trockenheit zur Folge. Als nach zweiunddreißig Monaten selbst der vergangenheitsorientierte Beamtenstaat zusammenzubrechen droht, erreicht den Legationsrat Dr. Tuzzi, Mitglied des „Interministeriellen Komitees für Sonderfragen“, der dringliche Auftrag, Wasser zu beschaffen. Zu diesem Zwecke sei, wie der Auftrag weiter lautet, der Kontakt mit den Zwergen aufzunehmen.
    Unerschrocken und begünstigt durch den Umstand, daß der Ministerialrat Dr. Twaroch, zuständig für die Zwergenfrage, im Krankheitszustand weilt, macht sich Dr. Tuzzi an die scheinbar unmögliche Bewältigung der Aufgabe. Und der Legationsrat merkt bald, daß die Auffindung der Zwerge vordergründig eine Frage gesellschaftlicher Beziehungen ist …


    Vorsicht, Satire. Dieser Roman handelt von Ministerial-, Oberministerial-, Legations- und anderen Räten und nicht zuletzt von der unaufhaltsamen Verösterreicherung der ganzen Welt!
    Hermanovskys parodistisches Talent, Musils Ironie, Nestroys Sarkasmus, Qualtingers tiefgründiger Unernst – ein Wiener Praliné, höchstwahrscheinlich vergiftet.



    Über den Autor (Quelle: http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.m/m354140.htm)
    Mauthe, Jörg, * 11. 5. 1924 Wien, † 29. 1. 1986 ebenda, Journalist, Schriftsteller und Kulturpolitiker (ÖVP). 1950-55 Leiter der "Abteilung Wort" des US-Radiosenders Rot-Weiß-Rot, für den er mit P. Weiser, W. Davy und I. Bachmann die Serie "Radiofamilie" sowie die kritisch-satirische Wochensendung "Der Watschenmann" (1950-55 und 1967-74) gestaltete; 1967-74 Kulturredakteur und Programmplaner für den ORF (Fernsehen). 1978-86 Wiener Stadtrat, bis 1983 Abgeordneter zum Wiener Landtag und Mitglied des Wiener Gemeinderats.


    ***
    Hier noch ein interessanter Artikel auf ZEIT-ONLINE:
    http://www.zeit.de/1992/04/dic…zwergerln/komplettansicht



    Meine Meinung
    Ich habe mich beim Lesen dieses Buches königlich amüsiert!


    Jörg Mauthe zeichnet darin zum einen die eher private Seite des Legationsrates Dr. Tuzzi sehr genau (Herkunft, Kindheit, umfangreiche Auflistung seiner Schwärmereien und Liebschaften ---> „Persönlichkeitsbildung eines Österreichischen Legationsrats“ xD). Zum anderen schildert er detailliert das berufliche Leben dieses Vollblutbeamten – mit allem, was dazu gehört.


    Ein Glanzlicht (von vielen) war dabei für mich das „Dritte Zwischenkapitel“, das sich ausschließlich mit den Grußformeln (bzw. „der ordnenden Macht des Grüßens“) im „Interministeriellen Komitee für Sonderfragen“ beschäftigt. Dem nichtösterreichischen Leser wird allerdings gleich in der Überschrift wenig Hoffnung gemacht, das darin Beschriebene wirklich begreifen zu können.
    Herrlich!


    Großartig auch, wie Dr. Tuzzi die stenografierten Protokolle der Ministerratssitzungen „übersetzt“. Im Hand- bzw. Wortumdrehen wird da aus belanglosem Geschwätz Geschichtsbuchtaugliches. Einfach nur köstlich!


    Und überhaupt: An dem ganzen Buch hat mich, neben diesem wohl typisch österreichischen Sinn für Abseitiges und Skurriles, die große sprachliche Genauigkeit von Jörg Mauthe beeindruckt. Die Art, wie er Dinge beschreibt, seine teils sehr verschachtelten Sätze, die sich auch schon mal über eine halbe Seite erstrecken – vom Feinsten. (Sein – im besten Sinne altmodisch wirkender – Schreibstil erinnerte mich manchmal an den von Hermann Hesse, wenngleich die beiden Schriftsteller inhaltlich natürlich gar nichts gemein haben.)


    Unter anderem deshalb ist „Die große Hitze“ keine ganz leichte Lektüre, kein Buch, das man so locker-flockig nebenbei „wegliest“, sondern eher eines, das eine gewisse Aufmerksamkeit fordert.
    Aber dafür gibt’s dann auch großes komisches Kino.
    Mir, als Nichtösterreicher, sind vermutlich sogar noch viele Feinheiten und Anspielungen entgangen, aber das macht nichts, denn ich habe mich auch so oft genug vor Lachen gebogen.


    Fazit
    „Die große Hitze“ ist für mich ein Juwel feiner satirischer Erzählkunst – ein großartiges Buch!


    (Obwohl mich manchmal die Befürchtung beschlich, dass Mauthes Schilderungen in Wahrheit gar nicht satirisch überspitzt, sondern nur eine sehr genaue Beschreibung der Realität sind. :chen)


    Weitere Ausgaben von „Die große Hitze“
    http://www.amazon.de/gro%C3%9F…egationsrat/dp/370080346X (2 Kundenrezensionen)


    http://www.amazon.de/Die-Gro%C…egationsrat/dp/3217050045



    LG
    Prof. Elsenbrink