Titel: Imperium
Autor: Christian Kracht
Verlag: Kiepenheuer und Witsch
Erschienen: Februar 2012
Seitenzahl: 242
ISBN-10: 3462041312
ISBN-13: 978-3462041316
Preis: 18.99 EUR
Der Schweizer Autor Christian Kracht wurde 1966 in Saanen geboren und hat mit diesem Buch das „Deutsche Feuilleton“ in helle Aufregung versetzt.
Was war passiert?
Christian Kracht erzählt in diesem Buch die Geschichte des Aussteigers August Engelhardt. Engelhardt kauft sich ein kleines Eiland in der Südsee und widmet sich fortan dem Ernten und Verarbeiten von Kokosnüssen. Zudem will dieser fast schon fanatische Vegetarier einen „sonnenanbetenden Kokosnussorden“ gründen – Engelhardt predigt die Kokosnuss als alleinige Nahrung. Darüber hinaus sind auch Nacktheit und Naturnähe Eckpfeiler seiner Ordensphilosophie.
Die Geschichte spielt um 1902 und die Person des August Engelhardt soll historisch verbürgt sein.
Nun hat sich auch ein Rezensent des SPIEGEL dieses Buches angenommen und man fragt sich, welches Buch der SPIEGEL-Rezensent Georg Diez eigentlich gelesen? „Imperium“ von Kracht kann es schwerlich gewesen sein.
Diez tituliert Kracht in diesem Buch „als Türsteher rechten Gedankenguts“, wirft ihm vor „Sympathisant für koreanische Diktatoren“ zu sein und fragt nach der Geisteshaltung des Autors im Zusammenhang mit dem Briefwechsel im Jahre 2004 mit dem politischen Wirrkopf David Woodhard.
Namhafte Autoren sprangen Kracht zur Seite. In einem offenen Brief nannten sie die Kritik „bösartig und perfide“. Unterzeichner dieses Briefes waren u.a. Daniel Kehlmann, Peter Stamm, Monika Maron, Elfriede Jelinek, Kathrin Schmidt und Feridun Zaimoglu.
Es geht hier auch um die Frage, ob man den Autor eines Buches auch für die Äußerungen seiner Protagonisten „haftbar“ machen kann.
Und auch die oftmals Unsinn schreibende Iris Radisch meinte, auch sie müsse sich zu Wort melden. Sie fragt wie „….politisch Literaturkritik sein darf….“ schafft es dann aber nicht eine vernünftige Antwort zu geben.
Sie wirft den Verfassern des offenen Briefes vor, diese würden sich anmaßen, zu wissen was Literaturkritik darf, kann und was dort erlaubt sei.
Radisch schreibt wörtlich:
„Das ist zwar korrektes Literaturseminarwissen, aber dennoch Unsinn. Figurenrede, Ironie, Maskenspiel und die Freiheit der Kunst machen einen Roman und seinen Verfasser nicht per se unangreifbar. Sie sind kein ästhetischer Schutzwall, hinter den kein Kritiker mehr einen Blick werfen darf, ohne Angst vor Beschwerden bei seinen Vorgesetzten haben zu müssen.“
Leider hat Radisch – wie so oft – mal wieder überhaupt nichts begriffen. Aber wer auf der ZEIT-Gehaltsliste steht, darf offensichtlich Unsinniges daher schwafeln.
Kritik an einem Buch muss erlaubt sein, die Kritik kann auch gern vernichtend sein – aber trotzdem darf Kritik nicht irgendwelche Unwahrheiten oder der Unwahrheit nahekommende Spekulation und Unterstellungen das Wort reden. Und genau das ist es was Diez macht. Vielleicht sollte der SPIEGEL zukünftig seine Hände von literarischen Themen weglassen; in der Vergangenheit hatten sie davon schon keine Ahnung und das Beispiel „Imperium“ zeigt, dass sich daran auch nichts geändert hat.
So ist dieser „vermeintliche Literaturskandal“ nichts anderes als ein laues Lüftchen im Wasserglas. Aber so durften sich wohl die Verkaufszahlen über sehr schöne Zuwächse freuen.
Christian Kracht schreibt in einer „leicht verdrechselten“ Sprache, etwas ungewohnt aber nicht unangenehm und einige seiner Episoden erinnerten mich an die Karikaturen aus dem „Simplicissimus“, der politisch-satirischen Zeitschrift, die bis zum Ende der Weimarer Republik existierte. Kracht schafft es, wenn auch eher unterschwellig ironisch, das wilhelminische Zeitalter mit einem leicht amüsierten Hauch zu schildern, wobei er aber hier nicht durchgängig in dieser Form erzählt.
Im Ergebnis ist dieser Roman angenehm zu lesen; ein Highlight der Literatur wird er aber ganz sicher nicht werden und der Verlag müsste dem SPIEGEL für dessen Peinlichkeit doch eigentlich dankbar sein; denn kann es eine bessere Werbung geben?
Interessant sind in diesem Zusammenhang die Meinungen des „Kollegiums der Literaturkritik-Kardinäle“. Wo die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG hellauf begeistert ist, ist die TAZ eher ernüchtert und enttäuscht. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG meint feststellen zu müssen, dass der Autor noch nie so „locker und freudvoll“ geschrieben hätte. Die ZEIT sieht nicht nur Anklänge bei Mann, Kafka und Hesse, nein, sie holt auch noch Fontane und von Keyserling mit ins Boot. Naja – die ZEIT eben.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU scheint in Person der Rezensentin Sabine Vogel ein wenig genervt von diesem Buch. Vogel bemängelt, den Versuch von Kracht in „Thomas-Mann-Ton“ zu schreiben. Die kühle Zeichnung der Figuren sieht sie als „unlebendig und staffagenhaft“. Ihr Urteil gipfelt darin, dass sie das pathetische Schwadronieren von Krachts Hauptfigur als „grauenhaften Rollenprosakitsch“ ansieht und das „Imperium“ für sie nichts anderes ist als „gedrechselter Quatsch“.
Mich hat dieses Buch gut unterhalten und genau genommen ist auch das allein für mich wichtig. Was habe ich letztendlich mit diesen Literaturkritikern zu tun? Glücklicherweise nichts.
Für dieses Buch gibt es von mir eine freundliche Leseempfehlung und den Rat, vielleicht das SPIEGEL-Abo zu kündigen.