Die Erde nach dem dritten Weltkrieg - in zwei Lagern stehen sich Menschen und Percents gegenüber. Die Einen haben sich beinahe selbst zerstört mit dem Wunsch, Gott zu spielen. Die Anderen wurden von ihnen als optimale Soldaten erschaffen, die jederzeit ersetzbar sind. Beide hassen sich abgrundtief. Und im Verborgenen lebt Joy mit ihrem Clan, einer Bande von überlebenden Menschen. Schon von klein an lernt sie, die Percents zu hassen und ihnen mehr als nur den Tod und die Sonne an den Hals zu wünschen. Über ihnen allen liegt der Schatten von Dark Canopy, einer Maschine, die den Himmel künstlich verdunkelt, um die Menschen jeden Tag an ihre Frevel denken zu lassen.
Als Joy bei einem Tauschhandel ihre Freundin Amber an die Percents verliert, sinnt sie darauf, sie zurück zu holen. Doch der Plan geht schief - und nun ist Joy selbst in den Händen der Feinde. Sie wird einem jungen Anwärter - Neél - zugeteilt und soll seine Soldatin im Chivy, einem Lauf, einem Spiel um Rang und Namen der Krieger werden. Neél ist alles andere, als begeistert. Beide strapazieren und reizen sich während der Vorbereitungen auf das Chivy bis aufs Blut. Mit mehr Glück als Verstand bleibt Joy weiterhin am Leben und lernt so einiges über die Percents. Dinge, die sie nicht weiß. Dinge, die sie gar nicht wissen will. Dinge, die ihr Leben langsam verändern...
Hurra, eine Dystopie! Und das aus Deutschland! Das waren eigentlich die ersten beiden Gedanken, die mir bei der Ankündigung von "Dark Canopy" durch den Kopf schossen. Die Autorin Jennifer Benkau kannte ich vom Namen her, allerdings noch von keinem Buch, was aber der Neugier keinen Abbruch tat. Also her mit dem Buch. Von Script5 bekommt man wie gewohnt eine sehr schöne Aufmachung, mit tollem Cover, edlen schwarzen Vorsatzseiten und Lesebändchen. Dinge, die mich persönlich freuen und das Buch für mich noch ein bißchen schöner machen.
Sobald man die erste Seite aufschlägt, ist man mitten drin in der Geschichte. Ob man will oder nicht.
Man lernt sofort Charaktere kennen, die man sympathisch findet, die man mit Argwohn beäugt oder herzlich liebt oder hasst. Mit Joy selbst ging es mir zum Beispiel so - ich mochte sie, ich verstand sie, doch an einigen Stellen hätte ich ihr am liebsten eine gewaltige Gardinenpredigt gehalten. Diese Tatsache hat neben vielen lautstark geäußerten Emotionen während des Lesens auch wunderbar dafür gesorgt, dass die Geschichte weder langweilig, noch vorhersehbar wurde, was ein eindeutiger Pluspunkt für mich ist.
Das Setting in der Welt, in der Dark Canopy täglich für die Dunkelheit sorgt, und in der die Menschen mit dem Leben klarkommen müssen, was ihre Vorfahren erschaffen haben, ist auch sehr interessant angelegt. Der Grundgedanke ist nicht neu und auch die Geschichte der Percents ist keine literarische Neuerfindung des Rades. Aber ich für meinen Teil habe das auch gar nicht erwartet! Dafür ist die Grundlage solide überdacht und formuliert - und das Buch entwickelt innerhalb weniger Seiten einen Sog, der den Leser von der Couch mit ins Geschehen reißt, was ab und an nicht ohne Kratzer und Flüche geht.
Die Liebesgeschichte ist erfrischend anders - keine sofortigen Treueschwüre oder seitenlange Lobeshymnen auf das perfekte Gegenüber. Die Gefühle werden geradeaus geäußert, kurz, aber nicht schmerzlos und so gehen sie auch wirklich unter die Haut des Lesers. Dahin, wo sie hingehören.
Das Ende verspricht einen hoffentlich ebenbürtigen, wenn nicht sogar besseren, Teil 2. Ich verschiebe das Nägelkauen dann erst einmal auf 2013.
Vielen Dank an dieser Stelle an den Verlag, die Obereulen, Mulle und die Mitleser für das Buch und die tolle Leserunde!