'Krieg und Frieden' - Band 1, Teil 1 - Kapitel 01 - 17

  • Den Abschnitt habe ich nun auch beendet.

    Seite 35 (Ende Kapitel VI):

    „Wenn alle nur auf Grund ihrer Überzeugungen Krieg führen würden“, sagte er, „dann würde es überhaupt keine Kriege geben.“


    Das war der erste Satz, den ich mir unterstrichen habe, SiCollier. :)


    Was mir an dem Buch besonders gut gefällt, ist, dass Tolstoi die historischen Gegebenheiten im Dialog bringt. So erfährt der Leser verschiedene Ansichten und zugleich einiges über die Charaktere.


    Herzhaft lachen musste ich über den Vergleich:


    „... und so wurde der Vicomte der Gesellschaft in der prächtigsten und für ihn selbst am vorteilhaftesten Beleuchtung vorgesetzt, wie ein mit Gemüse garniertes Roastbeef auf einer heißen Schüssel.“ (Bergengruen, dtv 19932, S.18.)



    Makaber oder einfach schlecht übersetzt.

    Französisch war damals in Adels- oder gehobenen -kreisen schon sehr verbreitet, denke ich. Ob es aber zu dem Zeitpunkt als das Buch veröffentlicht wurde (es erschien zuerst 1868/69 in Moskau), noch so verbreitet war?


    Vielleicht hat Tolstoi die französischen Passagen einfließen lassen, um seiner Geschichte mehr Authentizität zu verleihen. Interessant finde ich die Stelle am Ende des 5. Kapitels. Fürst Ippolit entschuldigt sich, eine Geschichte russisch erzählen zu müssen. Tolstoi schreibt:


    Und Fürst Ippolit begann mit einer Aussprache Russisch zu sprechen wie ein Franzose, der etwa ein Jahr in Rußland gewesen ist.“ (Bergengruen, dtv 19932, S.30.)


    Mit anderen Worten, ein Russe spricht seine Muttersprache, als wäre es eine Fremdsprache. Und die Anekdote, die zu nichts anderem offenbar dient, als zu einer Ablenkung, wird in einem einfachen Satzbau mit teils französischen Ausdrücken vorgebracht.

    Am Damenbart würde mich eher interessieren, was einen Autor bewegt, so ein ungewöhnliches Detail in sein Buch aufzunehmen?


    Der „kaum wahrnehmbare schwarze“ Schnurbart der kleinen Fürstin, der dann erstaunlich oft Erwähnung findet, hat mich auch überrascht. Überhaupt finde ich interessant, wie ausführlich Tolstoi Oberlippe und Unterlippe beschreibt. Wie er von kühlen und warmen Mienen bzw. Äußerungen spricht.



    In mancher Hinsicht erinnert mich das Buch an die Jane Austen Romane; die spielen ja so ungefähr zur gleichen Zeit.


    Das stimmt. Ein auffälliger Unterschied sind jedoch die ausführlichen Beschreibungen des Äußeren der Charaktere. Und noch etwas finde ich in dem Zusammenhang auffällig. Jane Austen geht davon aus, dass der Leser mit der gesellschaftlichen Etikette vertraut ist. Sie gibt keine Erklärungen, wenn ein Charakter einen Fauxpas begeht. Tolstoi, der das Französische einfließen lässt, so als ginge er davon aus, dass seine Leser dies auch beherrschen, weist uns darauf hin, welche gesellschaftlichen Fehltritte Pierre begeht. Pierre, der nicht nur nicht weiß, wie man einen Salon betritt oder wieder verlässt, begeht kurz hintereinander zwei Unhöflichkeiten.


    Vorher hatte er eine Dame verlassen, ohne sie bis zu Ende angehört zu haben; jetzt hielt er eine Dame, die ihn verlassen wollte, durch sein Gespräch auf.“ (Bergengruen, dtv 19932, S.16.)


    Kannte sich „die Gesellschaft“ zu der Zeit, in der Tolstoi seinen Roman verfasst, nicht mehr mit der Etikette aus? Ist dies eine versteckte Kritik? Eine Belehrung? :gruebel

  • Tolstoi, der das Französische einfließen lässt, so als ginge er davon aus, dass seine Leser dies auch beherrschen, weist uns darauf hin, welche gesellschaftlichen Fehltritte Pierre begeht. Pierre, der nicht nur nicht weiß, wie man einen Salon betritt oder wieder verlässt, begeht kurz hintereinander zwei Unhöflichkeiten.


    Vorher hatte er eine Dame verlassen, ohne sie bis zu Ende angehört zu haben; jetzt hielt er eine Dame, die ihn verlassen wollte, durch sein Gespräch auf.“ (Bergengruen, dtv 19932, S.16.)


    Kannte sich „die Gesellschaft“ zu der Zeit, in der Tolstoi seinen Roman verfasst, nicht mehr mit der Etikette aus? Ist dies eine versteckte Kritik? Eine Belehrung? :gruebel

    So kompliziert? :grin

    Ich dachte ganz einfach, Tolstoi beschreibt Pierre tolpatschiges Verhalten, um dem Leser seine Art nahezubringen. Dass er sehr genau beschreibt, erlebt man noch öfter.

  • Das stimmt. Ein auffälliger Unterschied sind jedoch die ausführlichen Beschreibungen des Äußeren der Charaktere. Und noch etwas finde ich in dem Zusammenhang auffällig. Jane Austen geht davon aus, dass der Leser mit der gesellschaftlichen Etikette vertraut ist. Sie gibt keine Erklärungen, wenn ein Charakter einen Fauxpas begeht. Tolstoi, der das Französische einfließen lässt, so als ginge er davon aus, dass seine Leser dies auch beherrschen, weist uns darauf hin, welche gesellschaftlichen Fehltritte Pierre begeht.

    Stimmt. Das fällt mir jetzt erst auf, da Du es erwähnst. Einerseits richtet er sich an ein eher gebildetes Publikum (ein Bauer wird zu jener Zeit auch kaum Zeit gehabt zu haben, so ein Buch zu lesen, zumal in Russland), andererseits erklärt er alles für "Nichteingeweihte". Allerdings - ich bin ja schon sehr weit im Buch - schreibt Tolstoi sehr ausführlich - noch ausführlicher als Stifter. So gesehen paßt das dann wieder irgendwie.

    Kannte sich „die Gesellschaft“ zu der Zeit, in der Tolstoi seinen Roman verfasst, nicht mehr mit der Etikette aus? Ist dies eine versteckte Kritik? Eine Belehrung?

    :gruebel Das wäre natürlich auch eine Erklärung. Wobei mades Einwurf auch seine Berechtigung hat. Fragen können wir den Autor leider nicht mehr. ;-)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Das stimmt. Ein auffälliger Unterschied sind jedoch die ausführlichen Beschreibungen des Äußeren der Charaktere.

    Was ich vergessen hatte: ich meinte das jetzt nicht auf den Schreibstil oder die Figurenzeichnung, sondern auf das allgemeine zeitliche Umfeld bezogen:

    "In beiden Fällen geht es um die Oberschicht, und in beiden Fällen sucht die nach Möglichkeiten, sich den Tag irgendwie zu vertreiben. Nur daß die in Rußland in Bezug auf „Zeit totschlagen“ vermutlich wesentlich „effektiver“ waren als in England. Und auch rücksichtsloser in Bezug auf das „gemeine Volk“; es gab ja noch die Leibeigenschaft."


    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Was ich vergessen hatte: ich meinte das jetzt nicht auf den Schreibstil oder die Figurenzeichnung, sondern auf das allgemeine zeitliche Umfeld bezogen:

    "In beiden Fällen geht es um die Oberschicht, und in beiden Fällen sucht die nach Möglichkeiten, sich den Tag irgendwie zu vertreiben. Nur daß die in Rußland in Bezug auf „Zeit totschlagen“ vermutlich wesentlich „effektiver“ waren als in England. Und auch rücksichtsloser in Bezug auf das „gemeine Volk“; es gab ja noch die Leibeigenschaft."



    So hatte ich Dich auch verstanden, SiCollier.:wave


    So kompliziert? :grin

    Ich dachte ganz einfach, Tolstoi beschreibt Pierre tolpatschiges Verhalten, um dem Leser seine Art nahezubringen. Dass er sehr genau beschreibt, erlebt man noch öfter.


    Es wird schon so sein, wie Du, SiCollier, und made meint: Es ist einfach der Schreibstil von Tolstoi. Ich bin nur durch die ausgiebige Lektüre von Jane Austens Büchern anderes gewöhnt. Daher ist mir aufgefallen, dass an der Stelle Tolstoi nicht nur Pierres Fauxpas ausführlich beschreibt, sondern auch noch exakt erklärt, worin dessen Ungehörigkeit besteht. Denn sonst wäre uns heutigen Lesern dies in der Deutlichkeit mit größter Wahrscheinlichkeit nicht bewusst. Wir bräuchten wieder eine Fußnote, die uns darauf hinweist. :grin

  • Denn sonst wäre uns heutigenLesern dies in der Deutlichkeit mit größter Wahrscheinlichkeit nicht bewusst.Wir bräuchten wieder eine Fußnote, die uns darauf hinweist.

    Stimmt, das trifft vermutlich auf viele ältere Texte zu.


    OT

    Sogar auf Jane Austen. Ich besitze eine Ausgabe von "Pride And Prejudice" (dt. "Stolz und Vorurteil"), in der Text und Anmerkungen im Verhältnis 1 : 1 sind. Wenn ich das Buch das nächste Mal lese, will ich diese Ausgabe incl. Anmerkungen nehmen - und muß dann entsprechend Zeit einplanen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich fange dann mal als erster Nachzügler ganz allmählich an. Und ich sage gleich dazu, dass ich »Krieg und Frieden« schon zweimal probiert und zweimal abgebrochen habe. Ich will diesmal unbedingt durchhalten.


    Diesmal habe ich mir vorgenommen, mich vor allem auf die historischen Bezüge zu konzentrieren. Hoffentlich hilft mir das weiter.


    Insofern fand ich die ersten fünf Kapitel, die ich bis jetzt gelesen habe, schon recht ertragreich.


    - Ob es sich bei der Hofdame Anna Scherer und dem erwähnten Baron Funke um historische Personen handelt, weiß ich nicht. Aber es ist zumindest sehr stimmig, im Umfeld der Kaiserinmutter viele Protégés mit deutschen Namen zu finden, nachdem diese Kaiserinmutter eine gebürtige Württembergerin war.

    - Genua und Lucca als Apanagen der Bonapartes: Lucca war 1805 gerade von Napoleon an seine Schwester Elisa (respektive deren Göttergatten Baciocchi) gegeben worden, aber Genua hatte er meines Wissens einfach nur annektiert und zu einem französischen Departement gemacht. Insofern weiß ich nicht, was Anna Pawlowna da genau meint.

    - Die Attacke auf den Fürsten Wasili impliziert ja, er hätte Bonaparte zuvor verteidigt oder sei ein Gegner des heraufziehenden Kriegs. Irgendwie kann ich mir, so wie er sich im Gespräch benimmt, gar nicht vorstellen, dass er überhaupt eine ausgeprägte Meinung hat – außer von sich selbst und vielleicht seinen missratenen Söhnen.

    - Das Misstrauen gegen Österreich ist schön geschildert. (Und war wohl beidseitig.) Dass Österreich zögerlicher war, einen Krieg zu beginnen, erklärt sich für mich allein schon aus der geographischen Lage.

    - Nikolai Nowosilzew musste ich googeln. Ein enger Vertrauter und wichtiger Berater von Zar Alexander, der wesentlich am Zustandekommen der Koalition gegen Frankreich beteiligt war

    - Räumung von Malta: Malta hatte Napoleon auf dem Weg zu seinem Ägyptenfeldzug besetzt. Die Insel ging dann, wie Ägypten auch, an die Briten verloren. Laut dem Frieden von Amiens (der schon gescheitert war) hätte Großbritannien Malta räumen sollen, wollte diesen wichtigen Mittelmeerstützpunkt aber natürlich nicht herausrücken

    - Witzig: die Abneigung Anna Pawlownas gegen Preußen

    - Lavater: Priester, Philosoph und Vertreter der Physiognomik, die aus Gesichtszügen, Schädelform und Körperstatur auf den Charakter eines Menschen schließen will

    - Die Königskrönung in Mailand war meines Wissens der ausschlaggebende Grund, warum Österreich sich letztlich doch zum Krieg gegen Frankreich entschloss. Eigentlich war in den letzten Friedensverträgen klargestellt worden, Italien und Frankreich müssten stets voneinander unabhängig bleiben. Dass Napoleon diese beiden Länder nun in Personalunion regierte (als Kaiser von Frankreich und König von Italien) konnte man als Verstoß gegen diese Bestimmung auffassen. Napoleon hatte auch bis zum Schluss verzweifelt versucht, einen seiner Brüder dazu zu überreden, sich die Krone aufsetzen zu lassen. Die lehnten aber allesamt dankend ab.


    Der gesamte Verlauf des Abends schildert für mich in erster Linie die Oberflächlichkeit der »guten Gesellschaft«, in der es nur darauf ankommt, zur richtigen Zeit das Richtige zu sagen und sogar zu denken und zu fühlen, wo selbstständige Gedanken vollkommen fehl am Platz und ernsthafte Diskussionen unerwünscht sind. Die Anwesenden kamen mir, mit wenigen Ausnahmen, alle ungeheuer leer vor. Krieg ist keine Frage von Tod und Leben, nichts, worüber man einen zweiten Gedanken verliert oder das einen irgendwie berührt – man ist dafür, weil man als ordentlicher Russe halt für den Krieg ist. Selbst die Geschichte von der Ermordung Enghiens – über die man sich natürlich im Prinzip gebührlich entsetzt – verkommt zur netten Anekdote, bei der man sicherheitshalber die Hausherrin anguckt, um zu prüfen, welches Gesicht man aufsetzen soll, und bei der das höchste Ausmaß der Anteilnahme erreicht ist, wenn man die Handarbeitsnadel für einen Moment in den Stoff steckt, um anschließend »Reizend!« zu sagen.

    Ich konnte sehr gut mit dem Fürsten Andrei mitfühlen, der schon bei der Ankunft miesepetrig wirkt; ich fand's auch alles unerträglich.


    Leid taten mir Pierre und die alte Fürstin Drubezkaja, Anna Michailowna. Pierre, weil schon abzusehen ist, dass er mit seiner jugendlichen Naivität jemandem ins offene Messer laufen wird, und die alte Tante, weil sie in dem Geklüngel, das den eigentlichen Kern dieser Gesellschaft bildet, dem Spiel von Eine-Hand-wäscht-die-andere, nichts mehr zu geben hat und aufs Betteln angewiesen ist.


    Zum Thema »Damenbart«: Vielleicht galt das damals tatsächlich als »rassig«? Interessant fand ich auch die Erwähnung der Zähne – über die Malerin Elisabeth Vigée-Lebrun hieß es in einem Zeitungsartikel, sie habe als eine der ersten die von ihr Porträtierten mit leicht geöffnetem Mund lächeln lassen. Für damalige Verhältnisse etwas Unerhörtes.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

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  • Inzwischen bin ich bis einschließlich Kapitel 8 vorgedrungen, also bis zu Pierres Ehrenwort, seine Lebensweise zu ändern (so rasch und spontan, wie Pierre dieses Versprechen gibt, kann man schon ahnen, was es ihm vermutlich wert ist).


    Zuvor dürfen wir die ehelichen Verstimmungen im Hause Bolkonski miterleben. Gut, dass Andrei sich so sicher ist, er müsse bei seiner Frau keine Sorge um seine Ehre haben. Ich hatte mich bei dem Gespräch zwischen Ippolit und dem Vicomte schon gefragt, von wem Lisa eigentlich schwanger ist.


    Andrei zeigt gegenüber Lisa seine unangenehmste Seite, und er benimmt sich ziemlich ungerecht, wie ich finde. Zwar muss ich bei Lisa immer eher an eine Ente denken als an ein Eichhörnchen, aber sie tat mir in diesem Abschnitt tatsächlich leid, vor allem, als ihr Mann sich weigert, ihre (berechtigte!) Angst vor der nahenden Geburt zur Kenntnis zu nehmen. Dass sie ein doofes Huhn ist, bleibt davon unbenommen.


    Für Andrei symbolisiert seine Frau die Fülle der gesellschaftlichen Zwänge, und das "System" der Beziehungen und des gegenseitigen Gebens und Nehmens, aus dem er ausbrechen möchte. Sieht man sehr schön, als Lisa erwähnt, wie einfach Andrei doch Flügeladjutant werden könnte; man müsse ja nur die alte Schnepfe Anna Pawlowna ein paar Fäden ziehen lassen ... Das will Andrei aber nicht. Er will nicht aus Gefälligkeit befördert werden, nicht deswegeen, weil er jemanden kennt oder jemandem einen Gefallen getan hat. Er will sich seine Stellung in der Welt verdienen, er will etwas leisten und dafür Anerkennung erhalten. Dass Leistung natürlich in seinen Kreisen nicht zählt, ja, dass sie nicht einmal wahrgenommen wird, dass es nur auf Empfehlungen und "Netzwerken" ankommt, das verkraftet er nicht.
    Gar kein so unaktuelles Thema.


    Als Gegenentwurf erscheint ihm die Figur Napoleon Bonapartes: einer, der es aufgrund seiner Leistungen, aufgrund seines Genies, seiner Willens- und Tatkraft zum mächtigsten Mann der Welt gebracht hat. (Ist natürlich auch ganz witzig, weil vermutlich kaum jemand seiner Frau und ihrem gesellschaftlichen Netzwerk so viel verdankt wie Napoleon Bonaparte.)


    Andrei will also in den Krieg. Weg von der "Weiberherrschaft" des Zivillebens, rein ins Militärleben, wo Disziplin, Mut, Ordnung und Durchsetzungskraft regieren.

    Das kann ja heiter werden.

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  • Wow, du schreibst aber fleißig. Ich habe ja bei Leserunden auch immer jede Menge Gedanken. Es ist mir aber oft zu mühsam, jeden einzelnen auszuformulieren. Also beschränke ich mich auf die wichtigsten und hoffe, dass andere Teilnehmer den Rest übernehmen. Funktioniert meistens nicht. :lache

  • Josefa ist selbst Autorin, oder? Merkt man irgendwie.

    Du meinst, weil ich mich selbst so gern quatschen höre? Öhm... ja, da könnte was dran sein. :grin

    Ich mache aber auch langsam, damit Richie, Rouge und Lesebiene bald aufschließen können,

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  • Na gut. Dann kann ich ja ganz gemütlich weitermachen. Und ihr sagt mir, wenn ich nerve.


    Inzwischen habe ich den Abschnitt auch durch.


    Im nächsten Kapitel kriegen wir gleich einen schönen Eindruck von Disziplin, Mut und Ordnung des russischen Offizierskorps in Friedenszeiten. Am meisten bedauert habe ich ja den Bären. Und das Fenster. Fürst Wasili kann ich inzwischen auch verstehen, wenn er seine Söhne, jeden auf seine Art, für Vollpfosten hält.


    Dann wechseln wir den Schauplatz und gehen von Sankt Petersburg nach Moskau und vom Hochadel eine Etage tiefer - ich vermute mal, zum Neuadel? Jedenfalls ist schon auffällig, dass der Graf Rostow nur schlechtes Französisch und in Gesellschaft sogar ungeniert russisch spricht, sehr im Gegensatz zu dem, was wir in den allererlauchtigsten Kreisen von Sankt Petersburg gesehen haben. Außerdem ist er "nur" Graf. Wenn ich das Wikipedia richtig entnehme, wurde dieser Titel von Peter dem Großen überhaupt erst eingeführt. Außerdem sagt die Gräfin ja sogar, sie hätte keine Ahnung, wie sie mit solch vornehmen Fürsten und Fürstinnen umgehen sollte, die Anna Michailowna in Sankt Petersburg zu ihrer Bekanntschaft zählt.


    Sympathisch finde ich, dass die Rostows das offenbar auch gar nicht wirklich wissen wollen. Man lebt eher bürgerlich, auf freundschaftlichem Fuß miteinander und mit den Nachbarn, mit herumtobenden Kindern, die man gern verwöhnt und denen man auch ein wenig harmlose Romantik gestattet.


    Die einzigen beiden aus dem "Jungvolk", die bei mir schon einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, sind Sonja, die als arme Verwandte offenbar versuchen möchte, sich den Erben Nikolai zu krallen, und der vielgerühmte Boris, der Sohn der alten Fürstin Anna Michailowna Drubezkaja. Boris macht nicht nur auf Pierre einen guten Eindruck, auf mich auch.


    Mein Mitleid mit der Fürstin Drubezkaja ist inzwischen verflogen; jetzt habe ich eher Mitleid mit ihrer Umgebung. Die hat das Schnorren ja wirklich zur Kunstfertigkeit entwickelt.


    Und die Rostows scheinen zu naiv, um Gegenleistungen einzufordern (wie man das eigentlich erwarten könnte). Dabei leben sie anscheinend weit über ihre Verhältnisse. Die Straße, in der ihr Haus liegt, ist laut Wikipedia eine absolute Prachtstraße. Einen ganzen Palast im Schickimicki-Viertel und einen Koch für x-tausend Rubel muss man sich allerdings auch leisten können.


    Armer Dmitri.


    Und auch eine interessante Frage: Als Boris Pierre aufsucht, stapft der ja gerade durch sein Zimmer und plant die Kanalüberquerung, mit der Napoleon im Jahr 1805 England bedrohte. Wie bekannt waren denn Napoleons Pläne? Immerhin erwähnt Pierre den Vizeadmiral Villeneuve. Ich kenne mich mit der militärischen Seite zwar nicht besonders gut aus, aber meines Wissens hätte Villeneuve 1805 die französische Flotte der britischen Bewachung entziehen und vereinen (was gelang) und die englischen Schiffe von den britischen Inseln weglocken sollen (was nicht gelang), damit Napoleon ungehindert übersetzen konnte. Wenn natürlich dieses Ablenkungsmanöver so bekannt war, dass schon die unehelichen Söhne russischer Aristokraten darüber spekulierten, dann erklärt das irgendwie, weshalb die Briten nicht darauf hereinfielen...

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

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  • Hier kommt die nächste Nachzüglerin. Und hoffentlich noch ein paar mehr.


    Den ersten Abschnitt hatte ich ja schon letztes Jahr gelesen; im Projekt Gutenberg. Die Ausgabe dort wurde von L. Albert Hauff (laut Wikipeida) übersetzt. Jetzt lese ich die Übersetzung von Werner Bergengruen. Ich musste irgendwann beim Lesen feststellen, dass es doch einen gewaltigen Unterschied für mich macht, welche Übersetzung ich lese. Bergengruen wirkt ernster auf mich. Bei Hauff kommen mir einige Sachen viel enthusiastischer und lebendiger/verrückter vor. Z. B. wirkte Pierre bei Hauff direkt sympatisch auf mich. Bei Bergengruen war zunächst das Gegenteil der Fall. Oder die Szene mit der Trinkwette am Fenster war bei Hauff sehr lebendig und mir kam es vor, als würde ich einen typischen alten Film schauen, in denen junge Leute lauthals feiern und irgendwie Gegenstände rumfliegen. (Mir fällt leider kein Film als Beispiel ein.)


    Ich finde, Krieg und Frieden liest sich bis jetzt sehr gut. Ich bin richtig gespannt, wohin es mich führen wird. Bis jetzt war es fpr mich eine Art Einführung der Personen. Ich habe kein Problem mit den vielen Personen. Bei den Bücher von Marion Zimmer Bradley habe ich schlimmeres erlebt. Seitdem bin ich abgehärtet. Die Personen, die wichtig sind, werden schon noch oft genug auftauchen. Und notfalls schaue ich halt mal in die Personenliste.


    Ich könnte mich gerade etwas Ohrfeigen. Eigentlich hatte ich schon so einige Gedanken beim Lesen, mir sie aber nicht aufgeschrieben. Das sollte ich beim Weiterlesen schleunigst ändern.


    Mal überlegen ...

    Ah ja. Im Moment bewegen wir uns ja in der oberen Gesellschaftsschicht. Ob das wohl so bleiben wird? Ich bin gespannt.

    Interssant finde ich auch, wie das Thema angesprochen wird, wie viel Freiraum man jungen Mädchen mit jungen Heiratskandidaten lassen soll. Die Gräfin Rostowa war das, glaube ich, die ihre Töchter unterschiedlich erzogen hat. Die modernere Variante, den Mädchen mehr Freiraum zu lassen, dafür erzählen sie ihrer Mutter "alles", kommt meiner Meinung nach positiver herüber. Es ist schon interessant, welche Themen Tolstoi so anschneidet.


    Ja, ja. Die obere Gesellschaft und ihre "Freizeitaktivitäten". Ich wollte gar nicht so leben wie sie. Ich finde solche gesellschaftlichen Abende zwar ganz nett und interessant. Aber ich hasse diese falschen Höflichkeiten, diese Zwänge. Ein Graus.

    Sasaornifee :eiskristall

    _______________________
    "Ich habe nicht mehr Ambitionen zum Fliegen als ein verdammter Strandlöper!" - Die Insel der Tausend Leuchttürme - Walter Moers

  • Ich verfolge diese Leserunde weiterhin sehr aufmerksam.

    Es ist interessant, wie immer wieder neue Gedanken auftauchen.

    Ich musste irgendwann beim Lesen feststellen, dass es doch einen gewaltigen Unterschied für mich macht, welche Übersetzung ich lese. Bergengruen wirkt ernster auf mich. Bei Hauff kommen mir einige Sachen viel enthusiastischer und lebendiger/verrückter vor. Z. B. wirkte Pierre bei Hauff direkt sympatisch auf mich. Bei Bergengruen war zunächst das Gegenteil der Fall.

    Dass man eine Person anders beurteilt, wenn man ein Buch ein zweites Mal liest und dessen Entwicklung bereits kennt, kann ich ja gut verstehen. Aber dass Pierre in zwei unterschiedlichen Übersetzungen auf dich, sasaornifee, anders wirkt, ist doch erstaunlich.

  • Ich verfolge diese Leserunde weiterhin sehr aufmerksam.

    Es ist interessant, wie immer wieder neue Gedanken auftauchen.

    Sehr schön. :-)



    Dass man eine Person anders beurteilt, wenn man ein Buch ein zweites Mal liest und dessen Entwicklung bereits kennt, kann ich ja gut verstehen. Aber dass Pierre in zwei unterschiedlichen Übersetzungen auf dich, sasaornifee, anders wirkt, ist doch erstaunlich.

    Ja, ich habe mir sogar gewisse Stellen von Hauff noch einmal durchgelesen, um zu vergleichen, ob ich mich nicht geirrt habe.

    Sasaornifee :eiskristall

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